OGH 1Ob131/13s

OGH1Ob131/13s19.9.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** AG, *****, vertreten durch Mag. Egon Stöger, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Y***** W*****, vertreten durch Tramposch & Partner, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 9.739,50 EUR sA über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 8. Mai 2013, GZ 2 R 9/13g‑27, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Kitzbühel vom 23. November 2012, GZ 2 C 184/12g‑22, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der damals 18‑jährige Beklagte war Ende Jänner/Anfang Februar 2010 im Rahmen eines von seiner niederländischen Schule organisierten Schikurses als Gast in einem von der Klägerin versicherten Hotel untergebracht. Er überlastete dabei die Waschbeckenhalterung in einem Gastzimmer, was einen erheblichen Wasserschaden durch das austretende Leitungswasser in diesem Zimmer sowie in den darunter liegenden Geschoßen zur Folge hatte. Die Klägerin erbrachte als Sachversicherer Geldleistungen zur Abdeckung der Schadensbehebungskosten an ihren Versicherungsnehmer.

Sie begehrt nun unter Berufung auf § 67 VersVG Schadenersatz und bringt dazu im Wesentlichen vor, der Beklagte habe im Zuge eines Raufhandels den Schaden zumindest grob fahrlässig herbeigeführt. Auf den Schadenersatzanspruch sei die Verjährungsfrist des § 1489 ABGB anzuwenden. § 1111 Satz 2 ABGB habe in diesem Zusammenhang keine Bedeutung. Anders als bei einem Mietvertrag bleibe bei einem Beherbergungs‑ und Gastaufnahmevertrag der Gastwirt Inhaber des Zimmers. Darüber hinaus sei der Schaden nicht nur im Hotelzimmer selbst entstanden, sondern auch an anderen Teilen des Hauses.

Der Beklagte bestritt jegliches Verschulden an der Schadensverursachung und wandte im Wesentlichen den Verfall allfälliger Ersatzansprüche im Sinn des § 1111 ABGB ein. Auch bei einem Beherbergungsvertrag überwiege das Element des Bestandvertrags. Der Regelungszweck des § 1111 ABGB, der Vermieter solle möglichst schnell allfällige Beschädigungen am Mietobjekt prüfen und gerichtlich geltend machen, um eine rasche Klärung der Sachlage herbeizuführen, sei auf Beherbergungsverträge umso mehr anwendbar, kämen dort doch besonders häufig Mieterwechsel vor.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren wegen Präklusion nach § 1111 ABGB ab. Nach dieser Bestimmung müsse der Schadenersatzanspruch aus einem Bestandverhältnis innerhalb eines Jahres ab Rückstellung der Bestandsache erhoben werden. Im vorliegenden Fall sei zwar offengeblieben, ob der Beherbergungsvertrag mit der Schule des Beklagten oder mit diesem selbst geschlossen worden sei. Ein solcher Vertrag beinhalte im Wesentlichen die Bestandteile eines Bestandvertrags, weshalb die Präklusivfrist des § 1111 ABGB darauf anzuwenden sei. Da die Klage fast zwei Jahre nach Rückstellung des beschädigten Bestandgegenstands eingebracht worden sei, sei sie abzuweisen.

Das Berufungsgericht hob das erstgerichtliche Urteil auf und erklärte den „Revisionsrekurs“ (richtig: Rekurs) an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Ein Gastaufnahmevertrag unterscheide sich in verschiedener Hinsicht von einem Bestandvertrag nach § 1090 ABGB, handle es sich doch um einen aus Mietvertrags‑, Dienstvertrags‑, Werkvertrags‑ und Kaufvertragselementen gemischten Vertrag. Bei einem üblichen Beherbergungsvertrag mit einem Gastwirt im Rahmen eines Schulschikurses träfen den Hotelgast keine Erhaltungspflichten, das Mobiliar werde ‑ im Gegensatz zu einem typischen Mietvertrag über ein Zimmer, eine Wohnung oder ein Haus zu Wohnzwecken ‑ ebenso wie bestimmte Dienstleistungen (Wäschereinigung ...) zur Verfügung gestellt; schließlich dürfe ein Hotelgast nach der Verkehrsauffassung auch keine wesentlichen Veränderungen in seinem Hotelzimmer vornehmen und auch andere Gäste nicht aufnehmen, was im Rahmen eines Mietverhältnisses toleriert werden müsse. Damit träten die echten bestandvertraglichen Elemente des Beherbergungsvertrags im Vergleich zu einem üblichen Mietvertrag stark zurück. Dem Gast komme nicht jene Verfügungsgewalt über das ihm zugewiesene Zimmer zu wie einem Mieter; seine Stellung sei eher einem vom Wohnungsinhaber vorübergehend aufgenommenen Gast denn einem echten Bestandnehmer vergleichbar. Das Argument, § 1111 ABGB bezwecke, nach der Beendigung des Bestandverhältnisses und Rückstellung des Bestandgegenstands möglichst rasch Klarheit über die gegenseitigen Ansprüche der Vertragspartner zu schaffen, sei zwar angesichts des raschen Wechsels von Gästen bei Beherbergungsverträgen verständlich. Eine derartige Sichtweise würde aber die allgemeinen Verjährungsfristen für sämtliche alltäglichen Massengeschäfte in Frage stellen. Darüber hinaus scheine gerade aufgrund der im Tourismus evidenten Auslandsbeteiligung eine Präklusivfrist von bloß einem Jahr unangemessen kurz. Letztlich sei der in § 1111 ABGB geregelte Fall der Rückstellung eines beschädigten Bestandgegenstands nicht mit dem hier zu beurteilenden vergleichbar, in dem die Handlung eines Hotelgastes ursächlich für größere Schäden am gesamten Haus sei. Damit sei eine Anwendung des § 1111 ABGB auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt abzulehnen. Da sich der Oberste Gerichtshof mit der zu beantwortenden Abgrenzungsfrage noch nicht auseinandergesetzt habe, scheine eine höchstgerichtliche Klarstellung geboten.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Rekurs des Beklagten ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Unstrittig ist, dass sich der Beklagte als Teil einer Schülergruppe im Sporthotel mit dem Zweck aufgehalten hat, dort an einem Schikurs teilzunehmen. Schließt ein Hotelunternehmen einen Vertrag über die Aufnahme von Schülern zur Abhaltung einer Wintersportwoche ab, kommt ein Gastaufnahme- oder Beherbergungsvertrag zustande (vgl dazu Gimpel‑Hinteregger , Schulschikurse und Schneemangel, JBl 1991, 7 [8 f]). Gegenstand des Rekursverfahrens ist die Frage nach der Anwendbarkeit des § 1111 Satz 1 ABGB auf ein solches Vertragsverhältnis.

Nach § 1111 ABGB haftet der Bestandnehmer bei Beschädigung oder missbräuchlicher Abnützung des Bestandobjekts sowohl für eigenes Verschulden als auch für jenes des Afterbestandnehmers. Nach Satz 2 dieser Bestimmung muss der Bestandgeber den Ersatz aus dieser Haftung längstens binnen einem Jahr nach Zurückstellung des Bestandstücks gerichtlich fordern, widrigenfalls das Recht erlischt. § 1111 ABGB normiert eine schadenersatzrechtliche Haftung des Mieters oder Pächters. Die einjährige Präklusivfrist gilt nur für vertragliche Schadenersatzansprüche (dazu 4 Ob 258/98i = SZ 71/169; vgl auch die Entscheidungen zu RIS-Justiz RS0020748, RS0020483), wogegen für Ersatzansprüche gegen andere Personen, die etwa deliktisch für die Beschädigung der Bestandsache haften, die Verjährungsfrist des § 1489 ABGB heranzuziehen ist.

Das Erstgericht hat es zwar ausdrücklich als „offen“ angesehen, ob der vom Versicherungsnehmer der Klägerin abgeschlossene Beherbergungsvertrag mit der „Schule des Beklagten“ oder mit diesem selbst zustandegekommen ist. Der Beklagte hat während des gesamten Verfahrens zwar nie ausdrücklich behauptet, Vertragspartner des Beherbergungsunternehmers gewesen zu sein. Er hat sich aber immer als Gast bezeichnet, wobei er wohl auch nicht veranlasst war, konkreteres Tatsachenvorbringen zum Vertragsverhältnis mit dem Hotelier zu erstatten, weil auch die Klägerin ‑ wenn auch im Rahmen von rechtlichen Ausführungen ‑ davon ausgegangen war, der Beklagte sei Vertragspartner ihres Versicherungsnehmers geworden. Nach dem derzeitigen Verfahrensstand können die geltend gemachten Schadenersatzansprüche daher nicht schon allein deshalb der allgemeinen Verjährungsbestimmung des § 1489 ABGB unterstellt werden, weil eine vertragliche Haftung des Beklagten zu verneinen wäre.

Bereits das Berufungsgericht hat zutreffend festgehalten, dass ein Beherbergungsvertrag, wie er Grundlage für den Aufenthalt des Beklagten im Hotel war, Elemente eines Mietvertrags, aber auch solche des Dienstvertrags, Werkvertrags und Kaufvertrags enthält und damit eine Beurteilung als Vertrag sui generis rechtfertigt (RIS-Justiz RS0020600; vgl auch RS0020591; RS0020596). Bei derartigen gemischten Verträgen ist für die Beurteilung jeder einzelnen Leistungspflicht die jeweils sachgerechteste Norm aus dem jeweiligen Vertragstyp heranzuziehen (RIS‑Justiz RS0020600).

Beim Aufenthalt in einem Beherbergungsbetrieb während eines Schulschikurses steht zwar typischerweise die Unterbringung im Vordergrund, daneben kommt aber auch der Verpflegung und weiteren Leistungen des Beherbergungsbetriebs wie etwa der Reinigung oder der Zurverfügungstellung von Freizeiteinrichtungen keine unwesentliche Bedeutung zu. Ein solcher Beherbergungsvertrag unterscheidet sich damit ganz erheblich von einem Miet- oder Pachtvertrag nach § 1091 ABGB. Das gilt auch für die vertragliche Stellung eines Hotelgastes im Vergleich zur Rechtsposition eines Bestandnehmers gerade bei Beendigung des Vertragsverhältnisses, was einer Anwendung der Frist des § 1111 ABGB gerade auf den hier vorliegenden Beherbergungsvertrag entgegensteht.

Der Bestandnehmer ist Rechtsbesitzer und genießt als solcher Rechtsschutz, wenn er die Sache innehat. Er erhält diese Stellung mit der Übergabe der Bestandsache. Als Sachinhaber kraft schuldrechtlichen Anspruchs ist seine Position gegenüber Eingriffen Dritter nach der Rechtsprechung in Analogie zu § 372 ABGB geschützt (RIS‑Justiz RS0106815; RS0010644; Klicka/Reidinger in Schwimann/Kodek, ABGB4 Rz 6; Eccher in KBB³ § 372 ABGB Rz 3 mwN). Ist der Bestandgegenstand eine unbewegliche Sache, werden den Bestandnehmern auch petitorische Ansprüche auf Unterlassung gegen Dritte gewährt (7 Ob 654/89 = SZ 62/204 [verst Senat]; RIS‑Justiz RS0010655; Klicka/Reidinger aaO; dagegen Spielbüchler in Rummel, ABGB³ § 372 Rz 5). Diese Stärkung der Rechte des Bestandnehmers gegenüber Dritten bringt zum Ausdruck, dass der (Raum‑)Mieter eine über den persönlichen Anspruch gegen den Vermieter auf Gewährung der Leistung (Unterbringung) hinausgehende Beziehung zur Sache hat. Diese besondere Beziehung des Mieters zur Bestandsache kommt zum Einen in der Individualisierung des Bestandobjekts zum Ausdruck. Sie zeigt sich aber auch darin, dass der Bestandgeber Änderungen durch den Bestandnehmer im Rahmen der vereinbarungsgemäßen Verwendung zu dulden hat, wenn sie nicht wesentlich sind, leicht beseitigt werden können und keine wichtigen Interessen des Bestandgebers beeinträchtigt werden (vgl Iro in KBB³ § 1098 ABGB Rz 3). Nach ganz herrschender Ansicht obliegen dem Bestandnehmer ‑ unabhängig von der Erhaltungspflicht des Bestandgebers ‑ kleinere Reparaturen, etwa an Malerei oder Tapezierung, und die verkehrsübliche Wartung von Einrichtungsgegenständen (vgl Iro aaO § 1096 ABGB Rz 4; Binder in Schwimann, ABGB³ § 1096 Rz 73; Nademleinsky in Schwimann, ABGB‑TaKom² § 1096 Rz 5).

Ein Beherbergungsvertrag, insbesondere wenn er die Unterbringung im Rahmen eines Schulschikurses zum Gegenstand hat, ist üblicherweise nicht auf die bloße Überlassung einer bestimmten Räumlichkeit gerichtet. Grundsätzlich obliegt dem Hotelbetreiber die Überwachung der Hotelzimmer, ihrer Einrichtung und deren Benützung. Nicht der Gast, sondern ‑ losgelöst von Fragen der Erhaltungspflicht ‑ der Beherberger muss auftauchende Mängel beheben, ihm steht der Zutritt (etwa zu Kontroll- oder Reinigungszwecken) zu einem Hotelzimmer regelmäßig unabhängig vom Willen des Gastes zu. Demgegenüber kann der Bestandgeber bei einem Bestandverhältnis über Räumlichkeiten nach dem Gesetz den Zutritt nur verlangen, wenn dies zur Wahrung seiner schutzwürdigen Interessen erforderlich und dem Bestandnehmer zumutbar ist (Iro aaO § 1098 ABGB Rz 4 mwN). Der Oberste Gerichtshof hat daher bereits in der Entscheidung 6 Ob 657/78 (SZ 51/116) festgehalten, dass dem Hotelgast „über das ihm zugewiesene Zimmer nicht jene tatsächliche Verfügungsgewalt zu[‑kommt], der sich der Mieter, ja selbst der Untermieter freut“, und ausgesprochen, dass der Hotelinhaber und nicht der Gast Wohnungsinhaber im Sinne des § 1318 ABGB ist. Die Ausfolgung des Schlüssels zum ‑ regelmäßig nach der Wahl des Hotelbetreibers individualisierten ‑ Zimmer verschafft dem Hotelgast daher keine über den Zweck einer kurzfristigen Unterbringung hinausgehende Beziehung zur Sache und daher um so weniger dem einzelnen Teilnehmer eines Schulschikurses. Davon unterscheidet sich die Übergabe des mit Vertrag nach Wahl des Bestandnehmers bestimmten Objekts, der neben der Innehabung uneingeschränkt den Willen zum Besitz aufweist. Dem tragen auch die Vorschriften über die Beendigung des Bestandverhältnisses Rechnung. Bei dieser schuldet der Bestandnehmer gemäß § 1109 ABGB die Rückstellung der Bestandsache, nämlich bei unbeweglichen Sachen die Besitzverschaffung am Bestandobjekt entsprechend der Verkehrsübung (Würth in Rummel, ABGB³ §§ 1109, 1110 ABGB Rz 4; Nademleinsky aaO §§ 1109, 1110 ABGB Rz 1). Daran knüpft die Frist des § 1111 Satz 2 ABGB an.

§ 1111 ABGB normiert eine verschuldensabhängige Haftung des Bestandnehmers für Beschädigung oder missbräuchliche Abnützung des Bestandobjekts und befristet die gerichtliche Geltendmachung darauf gestützter Ersatzansprüche mit einem Jahr ab Zurückstellung des Bestandobjekts. Die Frist beginnt mit der Zurückstellung des Bestandstücks zu laufen. Zweck der Befristung ist es, die Ansprüche des Bestandgebers gegen den Bestandnehmer nach Rückstellung der Bestandsache möglichst rasch einer Klärung zuzuführen (RIS‑Justiz RS0036961; RS0020733 [T2]). Der Bestandgeber hat daher nach Rückstellung der Bestandsache von sich aus tätig zu werden und die Bestandsache auf Mängel zu untersuchen (RIS-Justiz RS0020733 [T1]). Die Rückstellung des Bestandobjekts nach § 1111 ABGB ist aber nicht völlig der Rückstellung nach § 1109 ABGB gleichzuhalten, weil der Fristenlauf auch dann ausgelöst wird, wenn es sich bei der Rückstellung nicht in dem von § 1109 ABGB geforderten oder sonst vereinbarten Zustand befindet (RIS-Justiz RS0020833; vgl auch RS0020785; RS0110891).

Dass die Präklusivfrist des § 1111 zweiter Satz ABGB (erst) mit Rückstellung der Bestandsache beginnt, lässt sich damit erklären, dass auch während der Bestanddauer verursachte Schäden nicht unbedingt zu einem endgültigen Nachteil des Bestandgebers führen müssen, hat doch der Bestandnehmer die Pflicht, derartige Schäden bis zur Rückstellung wieder zu beheben. Die tatsächliche Behebung wird wohl auch den Regelfall darstellen; rechtswidrig ist insoweit die Rückstellung einer beschädigten Bestandsache (vgl Riss in ABGB‑ON 1.01, § 1111 ABGB Rz 2 mwN). Regelmäßig wird daher erst die Rückstellung der Bestandsache den Bestandgeber in die Lage versetzen, sich aufgrund eigener Sachherrschaft ein endgültiges Bild von Beschädigungen, Veränderungen oder übermäßigen Abnutzungen des Bestandobjekts zu machen (6 Ob 25/11m = MietSlg 63.164/16). Umgekehrt ist ein Schadenersatzanspruch bis zum Ablauf der Jahresfrist durchsetzbar, auch wenn ein mehr als drei Jahre vorher dem Bestandgeber schon bekannt gewordener Schaden noch nicht beseitigt wird. Insgesamt liegt der kurzen Präklusivfrist die ausgewogene Berücksichtigung der Interessen beider Parteien des Bestandvertrags zu Grunde.

Dem Rekurswerber ist zwar zuzugestehen, dass auch der Vertragspartner eines Beherbergungsvertrags, in dessen Rahmen ihm ein Hotelzimmer zur Verfügung gestellt wird, dieses nach Ablauf der vereinbarten Benützungsdauer zurückzustellen hat. Das geschieht regelmäßig durch die Ausfolgung des Zimmerschlüssels an der Rezeption. Eine förmliche Übergabe ist damit im Allgemeinen nicht verbunden und auch nicht notwendig, weil beim typischen Beherbergungsvertrag die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Unterkunft nicht im gleichen Ausmaß auf den Vertagspartner übergeht, wie das beim Bestandvertrag über Räume am Beginn des Bestandverhältnisses der Fall ist. Vielmehr dauert die Verfügungsgewalt des Beherbergers, dem regelmäßig auch das tägliche Aufräumen und Reinigen des Zimmers obliegt, für die Dauer der Beherbergung fort. Dazu kommt, dass der Beherberger ‑ selbst bei atypisch lang dauernder Gastaufnahme ‑ die Selbstreparatur von Schäden durch den Gast nicht erwarten kann und auch insofern keine mit der beim Bestandvertrag vergleichbare Situation besteht. Insgesamt sprechen keine Gründe dafür, die Fristverkürzung zu Gunsten des Bestandnehmers auch für Beherbergungsverträge als sachgerechter anzusehen als die Anwendung der allgemeinen Verjährungsfristen des § 1489 ABGB. Damit besteht aber auch kein Anlass, den Anwendungsbereich des § 1111 zweiter Satz ABGB auf einen Beherbergungsvertrag, wie hier zur Unterbringung von Teilnehmern an einem Schulschikurs, auszudehnen.

Entgegen der Ansicht des Beklagten kann ein solches Vertragsverhältnis auch nicht mit einem vertraglich eingeräumten (entgeltlichen) Nutzungsrecht an einer Ferienwohnung gleichgesetzt werden, das die Rechtsprechung als Mietvertrag im Sinn des § 49 Abs 2 Z 5 JN qualifiziert (1 Ob 279/01p; 6 Ob 77/08d). Gegenstand eines solchen Vertrags ist die Überlassung eines Objekts, ohne dass die sonst für die Annahme eines gemischten Vertragsverhältnisses erforderlichen Leistungen nennenswert ins Gewicht fallen würden. Auch aus der Entscheidung 3 Ob 145/10k kann für den Standpunkt des Beklagten nichts gewonnen werden. Die Überlassung eines Krans für eine bestimmte Zeit bringt es regelmäßig mit sich, dass dem Vertragspartner erst durch die Rückstellung die erforderliche Sachherrschaft eingeräumt wird, die es ihm ermöglicht, sich ein Bild über den Zustand des von ihm überlassenen Krans zu machen.

Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass im Rahmen eines Beherbergungsvertrags zur Unterbringung von Teilnehmern an einem Schulschikurs dem Nutzer eines Zimmers nicht die gleiche Verfügungsgewalt wie einem Bestandnehmer zukommt und der Beherberger nicht erst durch die Räumung in die Lage versetzt wird, sich ein Bild vom Zustand des Zimmers und seiner Einrichtung zu machen. Wegen dieses Unterschieds zu einem typischen Bestandverhältnis nach § 1091 ABGB ist die Anwendung der Frist des § 1111 zweiter Satz ABGB auf ein solches Vertragsverhältnis nicht geboten. Für die von der Klägerin geltend gemachten Forderungen wegen der Beschädigung des Zimmers ist damit die Verjährungsfrist des § 1489 ABGB heranzuziehen, weswegen es auch keiner Unterscheidung im Hinblick auf die ihr zur Klageführung zur Verfügung stehende Frist zwischen Schäden unmittelbar am Bestandobjekt und solchen, die sich aufgrund des Erstschadens auf andere Teile des Gebäudes ausgedehnt haben, bedarf.

Insgesamt erweist sich somit die Entscheidung des Berufungsgerichts als zutreffend. Wenn das Berufungsgericht die Ergänzung der Feststellungen für erforderlich erachtet, kann dem der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten (vgl Kodek in Rechberger³ § 519 ZPO Rz 26 mwN; RIS‑Justiz RS0042179).

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO, weil die Rekurserhebung zur Klarstellung der Rechtslage beigetragen hat.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte