OGH 1Ob111/08t

OGH1Ob111/08t10.6.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Kindesentführungssache des mj ***** Mursel ***** D*****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Vaters Haci ***** D*****, vertreten durch Dr. Raimund Danner, Mag. Albert H. Reiterer und Dr. Walter Brandl, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 27. Dezember 2007, GZ 21 R 438/07v, 21 R 439/07s und 21 R 440/07p-204, womit die Rekurse gegen die Beschlüsse des Bezirksgerichts Salzburg vom 4. Oktober 2006 und vom 9. Oktober 2006, GZ 20 P 158/06a-59 und 70, zurückgewiesen wurden und dessen Beschluss vom 19. Juni 2007, GZ 20 P 158/06a-157, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird als verspätet zurückgewiesen.

Der Antrag der Mutter Nuray K*****, vertreten durch Mag. Bernhard Kontur, Rechtsanwalt in Salzburg, auf Zuspruch der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekursfrist beträgt gemäß § 5 Abs 3 des Bundesgesetzes vom 9. Juni 1988 zur Durchführung des Übereinkommens vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung iVm § 65 Abs 1 AußStrG 14 Tage. Die Rekursentscheidung wurde dem Vertreter des Revisionsrekurswerbers am 7. 2. 2008 zugestellt, sodass die Revisionsrekursfrist mit Ablauf des 21. 2. 2008 endete. Der am 6. 3. 2008 zur Post gegebene außerordentliche Revisionsrekurs ist daher verspätet.

Nach § 46 Abs 3 AußStrG können Beschlüsse auch nach Ablauf der Rekursfrist angefochten werden, wenn ihre Abänderung oder Aufhebung mit keinem Nachteil für eine andere Person verbunden ist. Dies gilt gemäß § 71 Abs 4 AußStrG auch im Verfahren über den Revisionsrekurs (10 Ob 49/06p; 1 Ob 5/07b uva). Voraussetzung ist, dass die materiellrechtliche oder die verfahrensrechtliche Stellung einer vom Rechtsmittelwerber verschiedenen Person nicht nachteilig berührt wird (RIS-Justiz RS0007180). Bei den Beschlüssen, die sich ohne Nachteil eines Dritten ändern lassen, handelt es sich um solche, die weder der formellen noch der materiellen Rechtskraft fähig sind (RIS-Justiz RS0007084). Nach den §§ 42, 43 AußStrG werden Beschlüsse des Außerstreitverfahrens grundsätzlich, soweit sie nicht bloß verfahrensleitend sind, formell und materiell rechtskräftig (3 Ob 216/07x).

Mit Beschluss des Erstgerichts vom 24. 8. 2006, ON 42, wurde der Mutter aufgetragen, den Minderjährigen in die Niederlande zurückzuführen. Mit vom nunmehr angefochtenen Beschluss des Rekursgerichts bestätigten Beschluss des Erstgerichts vom 19. 6. 2007, ON 157, wurde der Vollzug zur Durchsetzung dieser Entscheidung eingestellt, weil die zwangsweise Vollstreckung der Rückführungsanordnung zu einer massiven Gefährdung des (psychischen) Kindeswohls führen würde. Ließe man das verspätete Rechtsmittel zu, bedeutete dies einen (massiven) Eingriff in die materiellrechtliche und auch in die verfahrensrechtliche Stellung des Kindes und auch der Mutter.

Gleiches gilt für die mit dem angefochtenen Beschluss rechtskräftig gewordenen Verfügungen des Erstgerichts in den Beschlüssen ON 59 und 70.

Die Zulassung der nachträglichen Anfechtung im Sinn des § 46 Abs 3 AußStrG iVm § 71 Abs 4 AußStrG kommt daher nicht in Betracht. Der Revisionsrekurs ist somit als verspätet zurückzuweisen.

Zumal die Mutter nicht zur Erstattung einer Revisionsrekursbeantwortung aufgefordert wurde, sind deren Kosten nicht zuzusprechen.

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