Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen. Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Klägerin ist Berechtigte mehrerer Marken, die die Buchstabenfolge „ÖWD" enthalten, und Inhaberin der Domains „www.oewd.at " und „www.owd.at ", unter denen sie ihre Dienstleistungen im Bereich Bewachungs- und Schutzdienste bewirbt.
Die Beklagte bietet unter ihrer Domain „www.t *****.de" Dienstleistungen in den Bereichen Veranstaltungsschutz, Objektschutz, Personenschutz, Arbeitsschutz sowie Anlagen- und Maschinensicherheit an.
Berechtigte Inhaberin der Domain „www.öwd.at" ist eine ehemalige Mitarbeiterin der Klägerin (in der Folge: Domaininhaberin). Bei Aufruf dieser Domain am 1. 6. 2007 wurde der Nutzer automatisch auf die Homepage der Beklagten weitergeleitet.
Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragt die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Internet-Domain „www.öwd.at" oder eine verwechselbar ähnliche Internet-Domain zur Bewerbung eigener Sicherheitsdienstleistungen zu verwenden oder zu benutzen, insbesondere dadurch, dass Internetnutzer bei Aufruf der Domain „www.öwd.at" auf die Homepage der Beklagten, wie beispielsweise die Homepage „www.t *****.de", umgeleitet werden. Bei Aufruf der Domain „www.öwd.at" werde man auf eine Website der Beklagten weitergeleitet. Registrierte Inhaberin dieser Domain sei die ehemalige Mitarbeiterin der Klägerin und nunmehrige Lebensgefährtin eines Angestellten der Beklagten, der ebenfalls früher für die Klägerin gearbeitet habe. Die Beklagte greife durch wissentliche und planmäßige Verwendung der Domain „www.öwd.at" in Namens-, Marken- und Kennzeichenrechte der Klägerin ein und erwecke den unrichtigen Eindruck, mit der Klägerin in geschäftlicher Verbindung zu stehen. Die Beklagte verstoße gegen § 43 ABGB, §§ 1, 9 UWG und § 10 MSchG.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrags. Die Beklagte könne dem Sicherungsbegehren nicht entsprechen, weil die Domain nicht auf sie registriert sei und sie mit der Domaininhaberin nichts zu tun habe; die Beklagte benutze die Website der Domaininhaberin nicht und könne auf die beanstandete Verknüpfung keinen Einfluss nehmen. Die Beklagte nehme nicht das Recht in Anspruch, in Namens-, Kennzeichen- oder Markenrechte der Klägerin eingreifen zu dürfen und mache dies auch nicht. Auf der Website unter der Domain „www.öwd.at" würden keine Rechte der Klägerin verletzt. Die Beklagte habe keine Rechte und Befugnisse an dieser Website. Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Die Klägerin habe kein schlüssiges Vorbringen dazu erstattet, warum die Beklagte für allenfalls aus dem Erwerb und dem Gebrauch der Domain „www.öwd.at" resultierende Eingriffe in Namens-, Kennzeichen- und Markenrechte der Klägerin haften solle. Dass die Domaininhaberin nach den Behauptungen die Lebensgefährtin eines Mitarbeiters der Beklagten sei, lasse weder auf eine unmittelbare Täterschaft der Beklagten beim Erwerb und Gebrauch der Domain, noch auf ihre Funktion als Mittäterin, Anstifterin oder Gehilfin iSd § 18 UWG schließen. Es fehle auch Vorbringen dazu, auf Grund welcher Rechte an der Domain es der Beklagten möglich wäre, die beanstandete Verknüpfung zwischen der Website der Domaininhaberin und ihrer eigenen Homepage zu unterbinden.
Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss dahin ab, dass es dem Sicherungsantrag stattgab; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur rechtlichen Abwehrmöglichkeit gegen die von einem Dritten veranlasste Weiterleitung des Besuchers seiner Website auf die Seite eines Mitbewerbers zulässig sei. Gemäß § 18 UWG könne der Inhaber eines Unternehmens auch dann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn die Handlung im Betrieb seines Unternehmens von einer anderen Person begangen worden sei. Der Inhaber eines Unternehmens hafte für wettbewerbswidrige Handlungen aller Personen unabhängig von deren rechtlicher Stellung, sofern die Handlung dem Unternehmen zugute komme und der Inhaber des Unternehmens für deren Abstellung sorgen könne; dabei komme es nur auf die rechtliche, nicht auf die faktische Möglichkeit einer Abstellung an. Die Beklagte könne das gegen § 10 Abs 1 Z 1 MSchG verstoßende Verhalten der Domaininhaberin durch Einbringung einer auf § 81 Abs 1 UrhG gestützten Klage abstellen. Das ausschließliche Recht auf Verbreitung von Werkstücken komme nämlich gem §§ 16, 24 Abs 1 UrhG dem Urheber oder Werknutzungsberechtigten zu; dass das Werk bereits veröffentlicht sei, ändere daran nichts. Durch die Weiterleitung von Internet-Nutzern, die die Domain „www.öwd.at" aufgerufen hätten, auf eine Website der Beklagten habe die Domaininhaberin nicht nur Markenrechte der Klägerin, sondern auch das ausschließliche Verbreitungsrecht der Beklagten an deren Website verletzt. Dagegen könne sich die Beklagte nach § 81 Abs 1 UrhG zur Wehr setzen. Dass sie dies getan und die Domaininhaberin zur Unterlassung aufgefordert hätte, habe die Beklagte nicht behauptet; vielmehr habe sie das Verhalten der Domaininhaberin in ihrer Äußerung zum Sicherungsantrag als rechtmäßig verteidigt. Der Tatbestand des § 18 UWG sei daher verwirklicht, ohne dass es weiter darauf ankäme, ob die Beklagte unmittelbare Änderungen an der Website der Domaininhaberin vornehmen könne.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zur Fortentwicklung der Rechtsprechung zur Verteilung der Beweislast im Zusammenhang mit der Beteiligung an gesetzwidrigem Verhalten eines Dritten zulässig; das Rechtsmittel ist im Ergebnis aber nicht berechtigt.
1. Die Beklagte macht geltend, die Haftung für Handlungen im Betrieb eines Unternehmens nach § 18 UWG setze ein Handeln des Täters als Glied der Organisation des Unternehmens voraus. Daran fehle es im Anlassfall, weil die Domaininhaberin in keiner Rechtsbeziehung zur Beklagten stehe. Eine Handlung des Täters im Interesse des Unternehmens führe erst dann zur Haftung des Unternehmers, wenn sie zusätzlich im Betrieb des Unternehmens erfolgt sei, weil der Unternehmer erst dann Einfluss auf sie nehmen könne.
1.1. Ein Unternehmer haftet im Rahmen des § 18 UWG, § 54 Abs 1 MSchG für rechtswidriges Verhalten anderer Personen, sofern die Handlung im Betrieb seines Unternehmens begangen worden ist.
1.2. Wenn auch die Bestimmungen über die zivilrechtliche
Unternehmerhaftung weit auszulegen sind (4 Ob 134/01m = ÖBl 2003, 22
= SZ 74/151 - Das versteckte Mikrofon mwN), setzt die Haftung des
Unternehmers doch voraus, dass der Täter als Glied der Organisation des Unternehmens gehandelt hat (4 Ob 353/78 = ÖBl 1979, 70 - Glasware mwN; 4 Ob 92/06t). Solches trifft nach der Rechtsprechung auf Personen zu, die zwar nicht Arbeitnehmer oder Beauftragte des Unternehmens sind, aber dennoch - wenngleich in lockerer Form - in den Betrieb eingegliedert und - in welcher Form auch immer - dauernd oder vorübergehend für diesen tätig sind (RIS-Justiz RS0079689 [T2]; 4 Ob 227/04t), etwa weil sie in seinem Auftrag aufgrund eines Werkvertrags, eines Bevollmächtigungsvertrags, eines freien Arbeitsvertrags udgl bestimmte Arbeiten für das Unternehmen verrichten (RIS-Justiz RS0079689 [T7]; 4 Ob 227/04t). Für eine Zurechnung erforderlich ist, dass der Dritte im Zusammenhang mit dem Betrieb des Unternehmens handelt und seine Handlung in den
gewerblichen Tätigkeitsbereich des Unternehmens fällt (4 Ob 134/01m =
ÖBl 2003, 22 = SZ 74/151 - Das versteckte Mikrofon).
1.3. Eine solche Tätigkeit als Glied der Organisation des Unternehmens kann ohne - wenn auch nur lose - Eingliederung in den Geschäftsbetrieb des Unternehmens nicht angenommen werden (4 Ob 353/78 = ÖBl 1979, 70 - Glasware; 4 Ob 92/06t). Für eine Haftung des Unternehmers reicht es auch nicht, dass der Dritte im Interesse des Unternehmens tätig wird und dass die Tätigkeit diesem zugute kommt (4 Ob 54/00w mwN; 4 Ob 134/01m = ÖBl 2003, 22 = SZ 74/151 - Das versteckte Mikrofon).
1.4. Nach diesen Grundsätzen greift es zu kurz, wenn es das Rekursgericht für eine Haftung der Beklagten nach § 18 UWG genügen lässt, dass es ihr möglich sei, das beanstandete Verhalten der Domaininhaberin abzustellen bzw abstellen zu lassen. Die Beklagte muss sich fremdes Verhalten auch nicht allein deshalb zurechnen lassen, weil ihr die Handlung der Domaininhaberin nützt. Ist nämlich die Domaininhaberin - wie hier - in keiner Weise in den Betrieb der Beklagten eingegliedert und ist auch nicht bescheinigt, dass sie im Zusammenhang mit dem Betrieb der Beklagten gehandelt hat, kann die Beklagte für das Verhalten der Domaininhaberin nicht gem § 18 UWG, § 54 Abs 1 MSchG haftbar gemacht werden. Einen Sachverhalt, aus dem ein Zusammenhang im zuvor beschriebenen Sinn abgeleitet werden könnte, hat die dafür behauptungs- und bescheinigungsbelastete Klägerin nicht vorgetragen. Dass die Domaininhaberin die Lebensgefährtin eines ehemaligen Mitarbeiters der Klägerin sei, der nunmehr für die Beklagte arbeite, stellt den geforderten organisatorischen oder sachlichen Zusammenhang zwischen der Domaininhaberin und dem Unternehmen der Beklagten jedenfalls nicht her. Für die Beklagte ist damit aber noch nichts gewonnen.
2. Die Klägerin wirft der Beklagten im Sicherungsantrag vor, durch wissentliche und planmäßige Verwendung der Domain „www.öwd.at" in ihre Namens-, Marken- und Kennzeichenrechte einzugreifen. Dieser Vorwurf enthält die Behauptung, die Beklagte wirke zumindest als Mittäterin an der von der Domaininhaberin veranlassten automatischen Weiterleitung von Besuchern der Website der Domaininhaberin auf die Website der Beklagten mit.
2.1. Eine Haftung der Beklagten als unmittelbare Täterin oder als Mittäterin setzt tatbestandsmäßiges Handeln voraus (RIS-Justiz RS0079765 [T30]).
2.2. Im Zusammenhang mit Domain Grabbing hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass das Vorliegen des subjektiven Tatbestandselements der Vermarktungs- oder Behinderungsabsicht für den Kläger im Einzelfall oft nur schwer nachweisbar ist; der Vorsatz kann sich aber aus Indizien ergeben. Es muss daher genügen, dass der Kläger einen Sachverhalt beweist (bescheinigt), aus dem kein nachvollziehbares Eigeninteresse des Beklagten am Erwerb der Domain erkennbar ist. Dies wird etwa dann der Fall sein, wenn die gewählte Domain gleich wie das Kennzeichen des Klägers lautet, hingegen mit dem eigenen Namen oder der eigenen Tätigkeit des Beklagten in keinerlei Zusammenhang steht
(4 Ob 139/01x = ecolex 2001, 923 [Schanda] = MR 2001, 245 [Korn] =
RdW 2001, 737 = WBl 2001, 540 - taeglichalles.at; vgl zur Beweislastverschiebung auch RIS-Justiz RS0040249 und RS0005394).
2.3. Diese Grundsätze sind sinngemäß auch im Anlassfall anzuwenden. Die Klägerin hat bescheinigt, dass die Beklagte unwidersprochen zulässt, dass die - Marken- und Kennzeichenrechte der Klägerin verletzende - Domain „www.öwd.at" dazu verwendet wird, um am Angebot der Klägerin interessierte Internetnutzer auf ihre Website umzuleiten. Dass sie davon keine Kenntnis hätte, hat die Beklagte nicht eingewendet. Die Klägerin hat damit einen Sachverhalt bescheinigt, der dem äußeren Tatbild einer Mittäterschaft der Beklagten an der rechtsverletzenden Handlung der Domaininhaberin entspricht, weil er - nach der Lebenserfahrung - auf eine zugrundeliegende Absprache der Beklagten mit der Domaininhaberin schließen lässt, bringt doch die beanstandete Vorgangsweise allein der Beklagten als der Mitbewerberin der Klägerin geschäftliche Vorteile. Für ein Eigeninteresse der Domaininhaberin an einer solchen Umleitung fehlt jeder Anhaltspunkt. Bei dieser Sachlage wäre es - den zuvor aufgezeigten Grundsätzen zur Beweislast entsprechend - nach den Grundsätzen von Treu und Glauben der Beklagten oblegen darzulegen, dass sie die Domaininhaberin nicht veranlasst hat, die - die Marken- und Kennzeichenrechte der Klägerin verletzende - Domain dazu zu verwenden, am Angebot der Klägerin interessierte Internetnutzer auf die Website der Beklagten umzuleiten.
Die Beklagte hat dazu nichts vorgebracht; sie hat auch nicht behauptet, der beanstandeten Verwendung der Domain durch Abmahnung der Domaininhaberin entgegengetreten zu sein. Auch im Verfahren hat sie sich nicht vom Verhalten der Domaininhaberin distanziert, sondern sie hat es vielmehr als nicht rechtsverletzend verteidigt. Die Beklagte hat sich damit von dem nach dem äußeren Sachverhalt hinreichend bescheinigten Verdacht der Mittäterschaft der Beklagten an der Markenrechts- und Kennzeichenverletzung (§ 10 Abs 1 MSchG, § 9 Abs 1 UWG) bzw am Verstoß gegen § 1 UWG durch Umleiten von am Angebot der Klägerin interessierten Internetnutzern zu ihrem eigenen Angebot nicht entlastet. Das Rekursgericht hat dem Sicherungsbegehren daher im Ergebnis zu Recht stattgegeben.
3. Von der im Rechtsmittel unter dem Rechtsmittelgrund der Aktenwidrigkeit aufgeworfenen Frage, ob die Domaininhaberin - wie das Rekursgericht meint - ein an der Website der Beklagten bestehendes ausschließliches Verbreitungsrecht verletzt habe, hängt die Entscheidung nicht ab.
- 4. Dem Revisionsrekurs ist nicht Folge zu geben.
- 5. Der Ausspruch über die Kosten der Klägerin gründet sich auf § 393 Abs 1 EO, derjenige über die Kosten der Beklagten auf § 393 Abs 1 EO iVm §§ 40, 50 Abs 1, 52 ZPO.
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