OGH 17Ob22/23v

OGH17Ob22/23v4.12.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch die Präsidentin Hon.‑Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen Mag. Malesich und Dr. Kodek und die Hofräte Dr. Stefula und MMag. Sloboda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. G* L*, Rechtsanwalt, *, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der R* GmbH *, gegen die beklagte Partei O* AG *, vertreten durch Dr. Martin Stossier, Rechtsanwalt in Wels, wegen 230.099,48 EUR sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 29. August 2023, GZ 1 R 88/23a‑59, mit dem das Urteil des Landesgerichts Wels vom 31. März 2023, GZ 1 Cg 19/20v‑54, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0170OB00022.23V.1204.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Insolvenzrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 2.109,60 EUR (darin 351,60 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Die im Geschäftsfeld der Arbeitskräfteüberlassung tätige Schuldnerin trat am 13. Juli 2018 der nunmehr vom Insolvenzverwalter der Schuldnerin nach §§ 30 und 31 IO geklagten Bank zur Sicherung eines am selben Tag aufgenommenen Kredits global ihre bestehenden und zukünftigen Kundenforderungen ab. Die externe Buchhalterin setzte den jeweiligen Globalzessionsvermerk. Dies erfolgte in der Form, dass auf jedem Kundenkontoblatt der Schuldnerin jeweils nachfolgender Vermerk gesetzt wurde, der automatisiert auch auf jeder OP-Liste aufschien: „Sämtliche bestehende und zukünftigen Forderungen auf diesem Konto sind an die [Beklagte] zediert ab Datum der Globalzessionsvereinbarung vom 13. Juli 2018.“

[2] Der Kläger vertritt – soweit für die Frage der Zulässigkeit seines Rekurses nach § 519 Abs 2 iVm § 502 Abs 1 ZPO von Relevanz – die Ansicht, wenn ein Kunde der Schuldnerin bereits seine Schuld gezahlt habe, bevor die an ihn ergangene Rechnung gebucht worden sei, so könne die Forderung gegen ihn nicht mehr wirksam an die beklagte Bank abgetreten worden sein, weil in diesem Fall ein Buchvermerk auf der OP‑Liste nicht möglich gewesen sei. Das Berufungsgericht vertrat hierzu die Ansicht, dass aus buchhalterischer Sicht jedenfalls in der Zeit zwischen der Buchung der Ausgangsrechnung und der Buchung des bereits erfolgten Zahlungseingangs eine offene Forderung vorgelegen und somit ein Buchvermerk sehr wohl möglich gewesen sei. Es ließ aber den Rekurs mit der Begründung zu, es existiere keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Zulässigkeit von Buchvermerken bei bereits beglichenen Forderungen.

[3] Die vom Rekursgericht als erheblich iSd § 519 Abs 2 iVm § 502 Abs 1 ZPO angesehene Frage ist hier nicht entscheidungsrelevant. Die Zurückweisung des Rekurses wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 Satz 4 iVm § 528a ZPO).

Rechtliche Beurteilung

[4] Nicht nur eine bereits bestehende, sondern auch eine künftige Forderung kann abgetreten werden. Voraussetzung für Letzteres ist, dass die Forderung nach der Person des Schuldners und nach dem Grundverhältnis, aus dem in Zukunft die Forderung zwischen den beteiligten Personen entstehen soll, bestimmt ist (RS0032827).

[5] Die für die Sicherungszession zudem erforderliche Publizität (vgl statt vieler 17 Ob 15/20k) kann auch durch einen Vermerk in den Geschäftsbüchern des Schuldners erzielt werden (jüngst 17 Ob 9/20b [Pkt 1]). Führt der Zedent – wie hier die Schuldnerin – Kundenkonten und OP-Listen, müssen die Zessionsvermerke in beiden aufscheinen (17 Ob 9/20b [Pkt 2]).

[6] Dies war hier nach den Feststellungen der Fall. Diesen ist nämlich nicht zu entnehmen, dass es sich bei den streitgegenständlichen Kundenforderungen um solche handelte, für die erst nach dem 13. Juli 2018 ein Kundenkonto angelegt wurde. Vielmehr kann die Feststellung, dass der jeweilige Globalzessionsvermerk in der Form erfolgte, dass auf jedem Kundenkontoblatt der Schuldnerin jeweils der betreffende Vermerk gesetzt wurde, nur dahin verstanden werden, dass alle Kunden, die im weiteren Verlauf jene Zahlungen leisteten, bei denen zwischen den Prozessparteien nunmehr strittig ist, ob die Gläubigerstellung auf die Beklagte wirksam überging, bereits buchhalterisch erfasst waren (vgl auch Beilage ./2: „Wurde in der EDV‑Buchhaltung ... eingespeichert“). Damit sind aber die für eine Sicherungszession von der Rechtsprechung für den Buchvermerk aufgestellten Voraussetzungen hier grundsätzlich erfüllt.

[7] Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Nach ständiger neuerer Rechtsprechung findet im Zwischenstreit über die mangels erheblicher Rechtsfrage verneinte Zulässigkeit des Rekurses gegen einen Aufhebungsbeschluss iSd § 519 Abs 1 Z 2 ZPO ein Kostenvorbehalt nach § 52 ZPO nicht statt. Da die Beklagte in ihrer Rekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rekurses hingewiesen hat, sind ihr die Kosten der Rechtsmittelbeantwortung als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung zweckmäßig zuzusprechen (RS0035979 [T20]; RS0123222).

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