European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:E131329
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der außerordentlichen Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.639,70 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 439,95 EUR Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
[1] Der Kläger und seine Frau sind Hälfteeigentümer einer Liegenschaft, die in einem Versteigerungsverfahren zum Stichtag 6. Februar 2018 mit 168.000 EUR geschätzt wurde. Auf der Liegenschaft haften zugunsten der beklagten Bank die Pfandrechte CLNR 4 im Höchstbetrag von 150.000 EUR und CLNR 7 im Höchstbetrag von 50.000 EUR. Vor diesen Pfandrechten ist zu CLNR 3 das Pfandrecht einer Raiffeisenbank im Höchstbetrag von 200.000 EUR einverleibt. Die Parteien streiten über die Frage, ob die Beklagte aufgrund von § 149 Abs 1 Satz 2 IO der Löschung der auf dem Hälftanteil des Klägers haftenden Pfandrechte zustimmen muss. Dem liegt (zusammengefasst) folgender Sachverhalt zugrunde:
[2] In einem über das Vermögen des Klägers geführten Sanierungsverfahren hatte die Beklagte eine Forderung von insgesamt 475.782,91 EUR angemeldet und insofern auch ihr Absonderungsrecht am Liegenschaftsanteil geltend gemacht. Die Raiffeisenbank hatte eine Forderung von 270.917,48 EUR angemeldet und ebenfalls ihr – gegenüber jenem der Beklagten vorrangiges – Absonderungsrecht am Liegenschaftsanteil geltend gemacht. Der Insolvenzverwalter erkannte beide Forderungen in vollem Umfang an.
[3] Am 24. Juli 2017 nahmen die Gläubiger einen Sanierungsplan an. Danach sollten sie 20 % der Forderungen erhalten, und zwar 3 % binnen 14 Tagen, 7 % bis 24. Juli 2018 und 10 % bis 24. Juli 2019. Das Gericht bestätigte den Sanierungsplan am 25. Juli 2017 und sprach aus, dass das Insolvenzverfahren mit Rechtskraft dieses Beschlusses aufgehoben sei. Der Beschluss wurde am selben Tag in der Insolvenzdatei bekannt gemacht. Am 8. August 2017 bestätigte das Gericht die Rechtskraft des Beschlusses.
[4] Der Kläger leistete an die Beklagte bis zum Schluss der Verhandlung erster Instanz die ersten beiden Quotenzahlungen (nur) auf Basis von 254.123,43 EUR, und zwar 14.273,48 EUR und 17.788,71 EUR. Der (vorrangigen) Raiffeisenbank zahlte der Kläger aufgrund ihres Pfandrechts in Raten 9.700 EUR. Weiters leistete er ihr Quotenzahlungen von 30.366,74 EUR.
[5] Der Kläger begehrt die Einwilligung der Beklagten in die Löschung der auf seinem Hälfteanteil einverleibten Höchstbetragspfandrechte. Er stützt sich auf § 149 Abs 1 Satz 2 IO, wonach die gesicherten Forderungen bei Bestätigung des Sanierungsplans mit dem „Wert der Sache begrenzt [sind], an der Absonderungsrechte bestehen“. Die Liegenschaft habe maximal einen Wert von 200.000 EUR. Angesichts des vorrangigen Pfandrechts der Raiffeisenbank sei die Forderung der Beklagten weder derzeit noch bei Bestätigung des Sanierungsplans gedeckt bzw gedeckt gewesen. Damit bestehe ein Anspruch auf Löschung. Auf eine Tilgung der dem vorrangigen Pfandrecht der Raiffeisenbank zugrunde liegenden Forderung komme es nicht an, sie werde auch nicht behauptet. Er sei mit der Quotenzahlung nicht in Verzug, weil die Beklagte eine Forderung eingemahnt habe, die ihr nicht zustehe. Die Beklagte sei nicht berechtigt, „den vollen Betrag ihres Absonderungsanspruchs und gleichzeitig die Quote der gesamten angemeldeten Forderung im Insolvenzverfahren zu erlangen“. Zudem würde sich ein allfälliges Wiederaufleben ohnehin nicht auf die eigenständigen Rechtsfolgen des § 149 Abs 1 Satz 2 IO auswirken.
[6] Die Beklagte beantragt die Abweisung des Begehrens. Einerseits betrage der Wert der Liegenschaft über 400.000 EUR. Andererseits greife § 149 Abs 1 Satz 2 IO richtigerweise nur dann, wenn die gesicherten Forderungen, begrenzt mit dem Wert des Absonderungsguts, beglichen worden seien. Der Kläger könne die Löschung des Pfandrechts daher nur dann beantragen, wenn an die Gläubiger „aus der Verwertung der Pfandsache“ ein Betrag gezahlt worden sei, der dem Wert der Pfandsache entspreche. Gleiches gelte, wenn der Masseverwalter Zahlungen an die Pfandgläubiger leiste, die dem Wert der Liegenschaft entsprächen. Überhaupt sei für die Löschung die Begleichung aller Forderungen zu fordern: Die an einen geschätzten Wert der Liegenschaft anknüpfende Rechtsansicht des Klägers sei problematisch, weil der Absonderungsgläubiger dadurch ein Recht verlöre, wenn sich in einer späteren Exekution ein höherer Erlös ergebe. Zudem sei das Sanierungsverfahren „gescheitert“, weil der Kläger trotz qualifizierter Mahnungen die fälligen Raten nicht vollständig gezahlt habe.
[7] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Bei einer fingierten Verwertung hätte die Beklagte angesichts des Gesamtwerts der Liegenschaft von 168.000 EUR und des vorrangigen Pfandrechts keine Zahlung erhalten. Daher sei die Sachhaftung grundsätzlich „gehemmt“ gewesen. Zu einem endgültigen Erlöschen sei es aber nicht gekommen, weil die unterbliebene Quotenzahlung zu einem Wiederaufleben der Forderungen geführt habe. Das stehe der Löschung entgegen.
[8] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig sei.
[9] Die Löschung der Pfandrechte käme nach 9 Ob 17/15p erst nach Tilgung der pfandrechtlich sichergestellten Forderungen bis zum Wert der Pfandsache in Betracht. Das habe der Kläger nicht behauptet. Daher sei die Klage schon aufgrund seines Vorbringens abzuweisen.
[10] In der außerordentlichen Revision macht der Kläger geltend, dass es entgegen der Auffassung der Vorinstanzen nicht darauf ankomme, dass die pfandrechtlich sichergestellten Forderungen tatsächlich getilgt worden wären. Entscheidend sei, dass die Forderung der Beklagten im Zeitpunkt der Bestätigung des Sanierungsplans aufgrund des vorrangigen Pfandrechts nicht gedeckt gewesen wäre.
[11] Die Beklagte hält dem in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung entgegen, dass § 149 Abs 1 Satz 2 IO nur anwendbar sei, wenn die sichergestellten Forderungen bis zum Wert der Liegenschaft beglichen worden seien. Das habe der Kläger nicht behauptet. Zudem komme es nicht auf den Wert der Liegenschaft bei Bestätigung des Sanierungsplans an, sondern auf den Wert bei Begleichen der gesicherten Forderungen. Dies ergebe sich auch aus der Entscheidung 9 Ob 17/15p.
Rechtliche Beurteilung
[12] Die außerordentliche Revision ist zulässig, weil die Auslegung von § 149 Abs 1 Satz 2 IO einer Klarstellung bedarf. Sie ist aber im Ergebnis nicht berechtigt.
[13] 1. § 149 Abs 1 Satz 2 IO wurde mit dem IRÄG 2010 eingefügt. § 149 Abs 1 IO lautet seither wie folgt:
Die Ansprüche der Aussonderungsberechtigten und der Absonderungsgläubiger werden durch den Sanierungsplan nicht berührt. Wird der Sanierungsplan bestätigt, so sind die gesicherten Forderungen mit dem Wert der Sache begrenzt, an der Absonderungsrechte bestehen. Gläubiger, deren Forderungen durch Absonderungsrechte zum Teil gedeckt sind, nehmen mit dem Ausfall (§ 132 Abs 6) am Sanierungsplanverfahren teil; solange dieser jedoch nicht endgültig feststeht, sind sie bei der Erfüllung des Sanierungsplans mit dem mutmaßlichen Ausfall zu berücksichtigen.
[14] Die Materialien zu Satz 2 führen dazu Folgendes aus (EB zur RV des IRÄG 2010, 612 BlgNR 24. GP 23):
Durch den bestätigten Sanierungsplan wird der Schuldner von seiner persönlichen Haftung befreit. Soweit die Konkursforderung im Absonderungsrecht Deckung findet, bleibt diese (reine) Sachhaftung aufrecht. Dem Absonderungsgläubiger haftet nur mehr das Absonderungsgut. Bei einer Verwertung könnte der Gläubiger daher nicht mehr bekommen als die Sache wert ist. Insofern ist es nur konsequent, dass der Absonderungsgläubiger im Fall des Sanierungsplans (bei dem eine Verwertung kontraproduktiv wäre, insbesondere wenn die Sache zum Fortbetrieb benötigt wird) das Absonderungsgut freigeben muss, wenn die gesicherte Forderung bis zum Wert des Absonderungsguts beglichen wird. Dies soll klargestellt werden. Wird der Sanierungsplan bestätigt, können die gesicherten Forderungen daher nicht höher sein als der Wert des Absonderungsguts zum Zeitpunkt der Bestätigung. Ein neuerliches Ansteigen der gesicherten Forderungen (ausgehend vom bereinigten, mit dem Wert des Absonderungsguts begrenzten Stand) wird dadurch nicht gehindert.
[15] 2. Im vorliegenden Fall ist strittig, ob § 149 Abs 1 Satz 2 IO die Löschung eines Pfandrechts ermöglicht, wenn dieses Recht bei einer fiktiven Verwertung im Zeitpunkt der Bestätigung des Sanierungsplans aufgrund des Wertes der Liegenschaft nicht gedeckt gewesen wäre. Dies setzte voraus, dass
(a) es auf den Wert der Liegenschaft zu diesem Zeitpunkt ankäme,
(b) ein tatsächliches Begleichen vorrangiger (forderungsbekleideter) Pfandrechte nicht erforderlich wäre, und
(c) die gesicherte Forderung in diesem Fall endgültig erlöschen würde.
[16] Gesetzestext und Erläuterungen geben dazu keine klare Antwort: § 149 Abs 1 Satz 2 IO „begrenzt“ die „gesicherten Forderungen“ mit dem Wert der Sache. Das spricht für ein Erlöschen im darüber hinausgehenden Umfang, ohne dass es auf ein in der Bestimmung nicht genanntes Begleichen der gedeckten Forderungen ankäme. Hingegen ergibt sich aus dem Wortlaut nicht, auf welchen Zeitpunkt es ankommt. Die Materialien sehen im letztgenannten Punkt die Bestätigung des Sanierungsplans als maßgebend an (die Forderungen könnten „nicht höher“ sein als der Wert zu diesem Zeitpunkt). Sie halten aber ein „neuerliches Ansteigen“ der Forderung für möglich. Weiters verlangen sie ein Begleichen „der gesicherten Forderung“ bis zum Wert des Absonderungsguts.
[17] 3. Der Oberste Gerichtshof hat bisher zu § 149 Abs 1 Satz 2 IO nur in 9 Ob 17/15p Stellung genommen (die zu dieser Entscheidung in RIS‑Justiz RS0130517 gleichgestellte Entscheidung 1 Ob 88/17y enthält insofern nicht einmal ein obiter dictum).
[18] Gegenstand von 9 Ob 17/15p war eine Hypothekarklage gegen Miteigentümer nach Bestätigung eines Sanierungs- und eines Zahlungsplans. Der Beklagte wandte ein, dass die Forderung bei Bestätigung des Sanierungsplans aufgrund des schlechten Pfandranges nicht im Wert der Liegenschaft gedeckt gewesen sei. Der 9. Senat führte aus, dass aus § 149 Abs 1 Satz 2 IO nicht folge, dass die Forderungen der Absonderungsgläubiger ohne „entsprechendes“ Begleichen der gesicherten Forderungen untergingen. Vielmehr müssten jene Forderungen, die im Wert der Sache gedeckt seien, getilgt werden. Nur dann erlösche im Übrigen die Sachhaftung, und der Schuldner könne Löschung begehren. Solange weder eine Löschung noch eine Begleichung erfolgt sei, könne der Schuldner der Hypothekarklage nicht mit „hypothetischen Erwägungen“ zur Deckung der Forderung entgegentreten. Solange das Pfandrecht bestehe, könne der Gläubiger dessen Verwertung erwirken.
[19] Der Entscheidung liegt offenkundig die Ansicht zugrunde, dass das Löschen von Pfandrechten erst möglich ist, wenn alle gesicherten Forderungen, die im Wert der Sache gedeckt sind, getilgt wurden. Weiters soll erst aus der so durchsetzbaren Löschung des Pfandrechts oder aus dem Bestehen des Löschungsanspruchs folgen, dass der Gläubiger die gesicherte Forderung nicht mehr aufgrund des Absonderungsrechts durchsetzen kann. Für eine solche Durchsetzung kommen die Pfandklage oder – bei Vorliegen eines Titels – die Exekution durch Zwangsverwaltung oder Zwangsversteigerung im Rang des Pfandrechts in Betracht.
[20] 4. Die Lehre ist nicht einheitlich:
[21] 4.1. Vor der Entscheidung 9 Ob 17/15p wurden im Kern zwei Auffassungen vertreten:
[22] (a) Nach einer eher schuldnerfreundlichen Ansicht sollte für die „Begrenzung“ der Forderungen der Zeitpunkt der Bestätigung des Sanierungsplans maßgebend sein, wobei nicht gedeckte Pfandrechte gelöscht werden könnten:
[23] Mohr (Der Sanierungsplan, in Konecny, IRÄG 2010 [2010] 117 [125]; ähnlich ÖJZ 2010, 887 [896]) nahm an, dass pfandrechtlich gesicherte Forderungen auf den Betrag reduziert würden, der bei einer fiktiven Verteilung im Zeitpunkt der Bestätigung des Sanierungsplans auf sie entfiele. Dies sei im Verfahren über eine Hypothekarklage wahrzunehmen, bei vor Bestätigung des Sanierungsplans entstandenen Titeln mit Oppositionsklage. Aus der Bestimmung folge weiters, dass Absonderungsgläubiger die Sache „freigeben“ müssten, wenn die gesicherte Forderung bis zum Wert der Sache beglichen werde. Dabei zitierte Mohr (anders als später 9 Ob 17/15p) die diesbezügliche Stelle der Materialien zutreffend im Singular. Zu „begleichen“ ist daher nur die im konkreten Fall strittige Forderung, und auch diese nur soweit, als sie unter Bedachtnahme auf vorrangig sichergestellte Forderungen im Wert der Sache gedeckt ist; bei ganz fehlender Deckung also überhaupt nicht. Dass auch vorrangig sichergestellte Forderungen beglichen werden müssten, ist daher nach Mohr nicht erforderlich.
[24] Ähnlich äußerten sich Mohr/Riel (Das IRÄG 2010 aus Bankensicht, RdW 2010, 615 [617]) und Reckenzaun (Neues bei Aus- und Absonderungsrechten, in Konecny, IRÄG 2010, 95 [103 f]): Nach § 149 Abs 1 Satz 2 IO könne die Löschung „lästiger“, im Wert der Sache nicht gedeckter Pfandrechte durchgesetzt werden, weil die Forderung eines Gläubigers im aussichtslosen Rang „auf ihren Wert von null begrenzt“ sei (Mohr/Riel). Für Absonderungsgläubiger, die überhaupt keine Deckung erwarten könnten, ende mit dem Sanierungsplan auch die Realhaftung (Reckenzaun). Reckenzaun hielt darüber hinaus ausdrücklich fest, dass es für die Sachhaftung unerheblich sei, ob der Schuldner die Quote pünktlich zahle oder in Verzug gerate. Ein allfälliges Wiederaufleben der Forderung betreffe nur die persönliche Haftung des Schuldners, nicht aber eine nach § 149 Abs 1 Satz 2 IO erloschene Sachhaftung.
[25] (b) Demgegenüber sprachen sich Weissel (Die neue Rechtsstellung des Absonderungsgläubigers nach dem IRÄG 2010, ÖBA 2011, 391 ff) und Hämmerle (Absonderungsrechte und Drittsicherheiten, ÖBA 2011, 641 [647 ff]) im Ergebnis gegen ein Erlöschen der Pfandrechte nach Maßgabe des Wertes bei Bestätigung des Sanierungsplans aus, vielmehr komme es auf den „aktuellen“ Wert an. Die Auffassung Mohrs, wonach auf eine fiktive Verwertung im Zeitpunkt der Bestätigung des Sanierungsplans abzustellen sei, lasse die berechtigten Interessen des Sicherungsnehmers zu kurz kommen (Weissel, ÖBA 2011, 396). Aus § 149 Abs 1 Satz 2 IO ergebe sich nur, dass der Schuldner ein Recht auf Lastenfreistellung „Zug um Zug gegen Abgeltung des aktuellen Werts der belasteten Sache“ habe; ein von einem solchen Angebot unabhängiger Anspruch auf Löschung nicht gedeckter Pfandrechte bestehe nicht (Hämmerle, ÖBA 2011, 647 f).
[26] 4.2. Die Entscheidung 9 Ob 17/15p wurde in weiterer Folge überwiegend abgelehnt:
[27] (a) Nach Konecny (Glosse, EvBl 2016/85) verfehlt sie Wortlaut und Zweck von § 149 Abs 1 Satz 2 IO. Diese Bestimmung solle eine „kontraproduktive“ Verwertung verhindern, bei der die Pfandsache verloren gehe, ohne dass der die Verwertung betreibende Gläubiger etwas bekomme. Das sei nicht auf die Variante zu beschränken, dass vorrangige Pfandrechte tatsächlich schon beglichen seien. Vielmehr begrenze schon der unzureichende Sachwert die Forderung. Der Schuldner könne daher gegen die Pfandklage einwenden, der Gläubiger habe (derzeit) mangels gesicherter Forderung keinen Anspruch auf Befriedigung aus der Sache. Das gelte nicht nur bei schon erfolgter Zahlung, sondern auch während der Tilgung gedeckter Forderungen und sogar vor Zahlungsbeginn. Die Löschung des Pfandrechts könne hingegen erst nach Zahlung eines dem Sachwert entsprechenden Betrags erfolgen. Denn gedeckte, aber noch nicht gezahlte Forderungen könnten wegfallen und nachrangige Pfandrechte dadurch wieder relevant werden. Für diesen Ausnahmefall seien sie einstweilen im Grundbuch zu lassen.
[28] Aus dieser Auffassung folgt, dass die Durchsetzung der gesicherten Forderung zunächst (nur, aber immerhin) gehemmt ist; zu löschen ist ein bei Bestätigung des Sanierungsplans ungedecktes Pfandrecht aber erst dann, wenn die vorrangigen (gedeckten) Pfandrechte durch Zahlung erloschen sind. Zum für die Wertermittlung maßgebenden Zeitpunkt äußerte sich Konecny in der Glosse nicht; in einem älteren Übersichtsaufsatz hatte er auf die Bestätigung des Sanierungsplans abgestellt (Das Insolvenzrechtsänderungsgesetz, ZIK 2010, 82 [88]).
[29] (b) Noch schuldnerfreundlicher äußerten sich Reckenzaun (Sachhaftung nach Sanierungsplan, Zak 2016, 107 ff), Nunner-Krautgasser/Anzenberger (in KLS § 149 Rz 7 f), Jelinek (Die Liegenschaftshypothek im Insolvenzverfahren, in Jaufer/Nunner-Krautgasser/Schummer, Unternehmenskrise und Sicherheiten [2017] 37 [59 ff]) und Widhalm-Budak/Riel (Aus der Sache volle Haftung? ZIK 2016, 46 ff).
[30] Nach diesen Autoren besteht ein Löschungsanspruch schon dann, wenn das Pfandrecht im Fall einer Verwertung nicht gedeckt wäre; auf ein tatsächliches Begleichen vorrangiger Forderungen komme es nicht an (so ausdrücklich Reckenzaun und Nunner-Krautgasser/Anzenberger, implizit [mangels Nennens dieser Bedingung] auch Widhalm-Budak/Riel und Jelinek). Unterschiedlich beurteilen sie allerdings den für die Wertermittlung relevanten Zeitpunkt: Nach Reckenzaun und Nunner-Krautgasser/Anzenberger ist der Wert bei Bestätigung des Sanierungsplans maßgebend, Widhalm-Budak/Riel stellen demgegenüber, wie sich aus dem Zusammenhang ergibt, auf jenen bei Schluss der Verhandlung im Löschungsprozess ab (ähnlich schon Widhalm-Budak, Die Änderungen durch das IRÄG 2010 bei Absonderungsrechten und bei der Anfechtung,in Konecny,Insolvenz-Forum 2009 [2010] 105 [115 f]). Jelinek lässt diese Frage offen.
[31] Reckenzaun, Jelinek und Widhalm-Budak/Riel führen zudem (wie Konecny) aus, der Schuldner könne unabhängig von einer Löschung des Pfandrechts im Verfahren über die Hypothekarklage einwenden, dass die Pfandforderung nach § 149 Abs 1 Satz 2 IO nicht mehr bestehe; bei einem schon anhängigen Exekutionsverfahren könne er dies mit Oppositionsklage geltend machen.
[32] (c) Hingegen stimmte Hämmerle der Entscheidung 9 Ob 17/15p zu (Glosse, ÖBA 2016, 451). Die Durchsetzung der gesicherten Forderung sei tatsächlich erst mit der Löschung des Pfandrechts ausgeschlossen. Diese wiederum setze voraus, dass der Schuldner die auf der Sache haftenden Lasten bis zum Wert der Liegenschaft beglichen habe. Maßgebend sei dabei der Wert im Zeitpunkt des Löschungsbegehrens.
[33] 4.3. Zuletzt nahm Csoklich umfassend zur Problematik Stellung (in Konecny, Insolvenz-Forum 2017 [2018] 17 [22 ff]). Er teilt die Auffassung der Mehrheit im Schrifttum, dass der Wert der Sache im Zeitpunkt der Bestätigung des Zahlungsplans maßgebend sei (25 f) und der Schuldner bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 149 Abs 1 Satz 2 IO einer Durchsetzung der pfandrechtlich gesicherten Forderung mit Einwand gegen die Pfandklage oder mit Oppositionsklage entgegentreten könne (28 ff). Anders als Reckenzaun (in Konecny, IRÄG 2010, 104) nimmt er jedoch an, dass die Begrenzung der Forderung auch in Bezug auf die Sachhaftung wegfällt, wenn die Forderung nach § 156a IO wieder auflebt; solange dies möglich sei, könne das Pfandrecht nicht gelöscht werden (26 ff, 31 f). Weiters teilt er die Ansicht Konecnys (EvBl 2016/85), dass die Löschung auch das Begleichen aller gedeckten Forderungen voraussetze (29, 31).
[34] 4.4. Insgesamt ist die Lage im Schrifttum daher unübersichtlich. Zwar wird die in 9 Ob 17/15p vertretene Auffassung, dass § 149 Abs 1 Satz 2 IO die gerichtliche Durchsetzung einer sichergestellten Forderung erst nach Löschung des Pfandrechts ausschließe, praktisch einhellig abgelehnt (anders nur Hämmerle). Strittig sind aber sowohl der für die Wertermittlung maßgebende Zeitpunkt (Bestätigung des Sanierungsplans [Csoklich, Konecny, Mohr, Nunner-Krautgasser/Anzenberger Reckenzaun] oder Schluss der Verhandlung [Hämmerle, Weissel, Widhalm-Budak/Riel]) als auch die Frage, ob (zumindest) für den Löschungsanspruch ein Begleichen vorrangiger Forderungen erforderlich ist (dafür Csoklich, Hämmerle, Konecny;dagegen [zumindest implizit] Jelinek, Mohr, Nunner-Krautgasser/Anzenberger; Reckenzaun, Widhalm-Budak/Riel). Csoklich nennt als weitere Bedingung für die Löschung, dass ein Wiederaufleben der Forderung nach § 156a IO ausgeschlossen sein müsse.
[35] 5. Der Senat hat dazu Folgendes erwogen:
[36] 5.1. Auszugehen ist vom Regelungszweck des § 149 Abs 1 Satz 2 IO.
[37] (a) Nach § 149 Abs 1 Satz 1 IO werden Ansprüche der Absonderungsgläubiger durch den Sanierungsplan nicht berührt. Diese Regelung betrifft nicht nur das Absonderungsrecht (Pfandrecht) als solches, sondern auch (und sogar primär) die dadurch gesicherte Forderung. Diese bleibt für das Geltendmachen der Sachhaftung trotz Annahme des Sanierungsplans (also unabhängig von der Quote) im Umfang des Pfandrechts aufrecht. Wäre es anders, führte die Reduktion der Forderung auf die Quote wegen der Akzessorietät des Pfandrechts zu dessen anteiligem Erlöschen. In weiterer Folge wird durch § 149 Abs 1 Satz 3 IO die persönliche von der Sachhaftung getrennt, die Quote wird nur von jenem Teil der Forderung berechnet, die nicht durch das Absonderungsrecht gedeckt ist.
[38] (b) Bleibt die Forderung im Umfang des Pfandrechts aufrecht, so kann der Gläubiger sie durch Pfandklage oder, wenn er bereits über einen Titel verfügt, durch Zwangsversteigerung (allenfalls auch Zwangsverwaltung) durchsetzen. Hier greift nun § 149 Abs 1 Satz 2 IO: Die Bestimmung soll nach den Materialien (oben 1.) eine „kontraproduktive“ – also typischerweise dem Interesse der Gläubigergesamtheit an der Sanierung des Unternehmens zuwiderlaufende – Verwertung verhindern. Zu diesem Zweck ordnet sie eine Begrenzung „der gesicherten Forderungen“ mit dem Wert der Sache an. Maßgebend für die Durchsetzbarkeit ist daher nicht mehr, wie sich aus Satz 1 der Bestimmung ergäbe, der Umfang des jeweiligen Pfandrechts, sondern dessen tatsächliche Deckung im Wert der Sache. Damit ist zwar eine „kontraproduktive“ Verwertung nicht ganz ausgeschlossen, weil Absonderungsberechtigte, deren Forderungen gedeckt sind, die Sachhaftung weiterhin geltend machen können. Insofern können dem Schuldner daher nur die im Zusammenhang mit Sanierungsplänen üblichen Rückstehungs- oder Ratenvereinbarungen helfen. Anderes soll nun aber für Gläubiger gelten, deren Forderung im Wert der Liegenschaft nicht mehr gedeckt ist.
[39] (c) Solche Gläubiger konnten vor der Neuregelung aufgrund von § 149 Abs 1 Satz 1 IO die Verwertung erzwingen. § 39 Abs 1 Z 8 EO stand dem nicht entgegen: Nach dieser Bestimmung ist das Exekutionsverfahren nur dann einzustellen, wenn der zu erwartende Erlös die Exekutionskosten insgesamt nicht übersteigt; ob er dem Betreibenden oder vorrangigen Pfandgläubigern zukommt, ist irrelevant (Jakusch in Angst/Oberhammer, EO3 § 39 EO Rz 47 mwN; RS0001516). Vorrangige Pfandgläubiger konnten die Versteigerung daher nur durch Einlösung verhindern (§ 200 Z 2 EO), der Schuldner nur durch Zahlung.
[40] Eine durch einen nicht gedeckten Pfandgläubiger erzwungene Verwertung scheint zwar auf den ersten Blick sinnlos zu sein, weil sie nicht zu seiner Befriedigung führte und der Gläubiger zudem die (nach § 216 EO keine Vorzugspost bildenden) Verfahrenskosten tragen müsste. Aber schon das Drohen mit der Verwertung kann unter Umständen dazu führen, dass der Schuldner im Sanierungsplan nachteilige Bedingungen akzeptiert oder nach dessen Bestätigung Zahlungen leistet, die über das hinausgehen, was der Gläubiger im Fall einer Verwertung erhielte (Konecny, EvBl 2016/85; ausführlich Jelinek, in Jaufer/Nunner-Krautgasser/Schummer, Unternehmenskrise 59 f). Beides erschwerte die Sanierung des Unternehmens und liegt daher nicht im Interesse der Gläubigermehrheit, die durch Zustimmung zum Sanierungsplan eine Sanierung ermöglichen wollte. § 149 Abs 1 Satz 2 IO soll ein solches Ausnutzen einer bloß formalen, durch den Wert der Sache aber nicht gedeckten Berechtigung verhindern und dadurch die von der Gläubigermehrheit gewünschte Sanierung fördern.
[41] 5.2. Aufgrund dieses Regelungszwecks muss die gerichtliche Durchsetzung einer durch ein Absonderungsrecht gesicherten Forderung von vornherein ausgeschlossen sein, soweit sie aufgrund des Werts der Sache nicht zur Befriedigung des Gläubigers führen könnte. Daher muss der Schuldner die Begrenzung der Forderung gegen die Pfandklage einwenden können, und im Fall eines bereits vorhandenen Titels muss ihm die Oppositionsklage zur Verfügung stehen. Dies gilt unabhängig davon, ob das Pfandrecht gelöscht ist oder nicht. Die gegenteilige – in der Lehre praktisch einhellig abgelehnte (oben 4.2. und 4.3.) – Ansicht der Entscheidung 9 Ob 17/15p, wonach die Forderung im Ergebnis akzessorisch zum Pfandrecht wäre, wird vom hier erkennenden Fachsenat nicht geteilt.
[42] Beim Einwand gegen die Hypothekarklage oder in der Oppositionsklage wird der Schuldner auf dieser Grundlage behaupten und beweisen müssen, dass bei Bestätigung des Sanierungsplans (zur Maßgeblichkeit dieses Zeitpunkts unten 5.5.) vorrangig sichergestellte Forderungen in einer Höhe bestanden, die zu einer – zumindest teilweisen – Begrenzung der Forderung des Gläubigers führten. Dies wäre nicht der Fall, wenn ein Pfandrecht (etwa wegen fehlender Geschäftsfähigkeit) materiell unwirksam wäre, was das Gericht bei einem entsprechenden Vorbringen des Gläubigers als Vorfrage zu beurteilen hätte. Zur Klarstellung ist weiters festzuhalten, dass es schon nach dem Wortlaut des § 149 Abs 1 Satz 2 IO („gesicherte Forderungen“) für die Begrenzung der Haftung nur auf die Höhe der vorrangig sichergestellten Forderungen ankommt; eine allenfalls höhere, aber nicht mehr ausgenutzte Pfanddeckung (etwa wegen schon erfolgter Rückzahlung) ist unerheblich.
[43] 5.3. Weiters folgt aus dem dargestellten Regelungszweck, dass die Anwendung von § 149 Abs 1 Satz 2 IO jedenfalls in Bezug auf die Durchsetzung der Forderung nicht davon abhängen kann, ob die Forderungen von vorrangigen Pfandgläubigern, die im Wert der Sache gedeckt wären, tatsächlich beglichen wurden. Entschiede man anders, wäre § 149 Abs 1 Satz 2 IO im Fall von Rückstehungs- oder Ratenvereinbarungen mit gedeckten Pfandgläubigern praktisch unanwendbar. Ein solches Verständnis kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, würde es doch – wie in der Lehre zutreffend ausgeführt (oben 4.2. und 4.3.) – den Regelungszweck von § 149 Abs 1 Satz 2 IO grundlegend verfehlen. Die Möglichkeit nicht gedeckter Pfandgläubiger, aufgrund einer möglichen Verwertung Druck auf den Schuldner auszuüben, bliebe im Regelfall bestehen.
[44] Diese Auslegung ist auch durch den Wortlaut der Bestimmung und die Materialien gedeckt: § 149 Abs 1 Satz 2 IO sind „die gesicherten Forderungen“ (Plural) mit dem Wert der Sache begrenzt. Die Forderungen können also insgesamt nur in einer Höhe bestehen, die dem Wert der Sache entspricht. Hingegen formulieren die Erläuterungen, dass der Gläubiger das Absonderungsgut freigeben müsse, wenn „die gesicherte Forderung“ (Singular) bis zum Wert des Absonderungsguts beglichen werde. In Bezug auf das „Freigeben“ (die Zustimmung zur Löschung) und damit umso mehr für den Ausschluss der gerichtlichen Durchsetzung kommt es daher nur darauf an, ob und wie weit die konkret strittige Forderung aufgrund des Ranges des sie sichernden Pfandrechts gedeckt ist oder nicht.
[45] 5.4. Die letztgenannte Formulierung der Materialien („Freigeben“) spricht vordergründig dafür, dass § 149 Abs 1 Satz 2 IO auch einen Anspruch auf Löschung des Pfandrechts begründet. Das trifft aber nur in eingeschränktem Ausmaß zu.
[46] (a) Zwar bestünde – wegen der Akzessorietät dieses Sicherungsrechts – ein Anspruch auf Löschung des Pfandrechts, wenn § 149 Abs 1 Satz 2 IO tatsächlich zu einem endgültigen Erlöschen der Forderung führte. Letzteres trifft allerdings nach Auffassung des Senats, der sich insofern der Ansicht Csoklichs (oben 4.3.) anschließt, nicht zu.
[47] Grund dafür ist die § 156a IO zugrunde liegende Wertung. Nach dieser Bestimmung werden „der Nachlass und die sonstigen Begünstigungen, die der Sanierungsplan gewährt, […] für diejenigen Gläubiger hinfällig, gegenüber welchen der Schuldner mit der Erfüllung des Sanierungsplans in Verzug gerät“. Der bestätigte Sanierungsplan ermöglicht daher nur die Sanierung, er führt sie noch nicht endgültig herbei. Dem liegt die Wertung zugrunde, dass Begünstigungen, die im Interesse der Sanierung gewährt werden, bei Scheitern der Sanierung – denn nur in diesem Fall wird in der Regel qualifizierter Verzug eintreten – nicht mehr gerechtfertigt sind und daher wegfallen müssen.
[48] Es mag zutreffen, dass § 156a Abs 1 IO nach Auffassung des Gesetzgebers nur die persönliche Haftung des Schuldners erfassen sollte (so im Ergebnis Reckenzaun in Konecny, IRÄG 2010, 103). Die Begrenzung der Sachhaftung nach § 149 Abs 1 Satz 2 IO ist aber ebenso eine im Interesse der Sanierung gewährte Begünstigung wie die Kürzung der persönlichen Forderung (hier des Forderungsausfalls) auf die Quote. Dass Erstere sich nicht aus dem Inhalt des Sanierungsplans, sondern unmittelbar aus dem Gesetz ergibt, begründet keinen tragfähigen Unterschied, da die Rechtsfolge des § 149 Abs 1 Satz 2 IO zwingend vom Vorliegen eines bestätigten Sanierungsplans abhängt.
[49] Auf dieser Grundlage wäre es ein nicht aufzulösender Widerspruch, wenn die „Begrenzung“ der Haftung durch § 149 Abs 1 Satz 2 IO von einem mit dem Wiederaufleben der persönlichen Haftung typischerweise verbundenen Scheitern der Sanierung unberührt bliebe und sofort zu einer endgültigen Befreiung des Schuldners führte. Dies hätte zur Folge, dass bei einem nach Scheitern der Sanierung nicht unwahrscheinlichen Folgekonkurs eine Wertsteigerung der Liegenschaft der Gläubigergesamtheit zugute käme. Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Insolvenzrechts könnte – bei Verfehlen des Sanierungszwecks – eine so weitgehende Aushöhlung der Sachhaftung nicht rechtfertigen.
[50] (b) Aus § 156a Abs 1 IO ist daher abzuleiten, dass die „Begrenzung“ der gesicherten Forderung nach § 149 Abs 1 Satz 2 IO zunächst nur eine Hemmung des Anspruchs bewirkt, die zur Abweisung der Pfandklage und gegebenenfalls zum Erfolg der Oppositionsklage führt. Eine Löschung des Pfandrechts ist demgegenüber erst dann möglich, wenn die dem Pfandgläubiger zustehende Quote zur Gänze erfüllt ist. Denn erst damit steht fest, dass die durch den Sanierungsplan herbeigeführten „Begünstigungen“ des Schuldners, zu denen auch die Begrenzung der gesicherten Forderung nach § 149 Abs 1 Satz 2 IO gehört, nicht mehr wegfallen können.
[51] (c) Auch in Bezug auf die Löschung muss demgegenüber (entgegen Konecny, EvBl 2016/85, Hämmerle, ÖBA 2011, 647 f, und Csoklich in Konecny, Insolvenz-Forum 2017, 29, 31) unerheblich sein, ob vorrangig sichergestellte Forderungen beglichen wurden oder nicht.
[52] Dieses Erfordernis lässt sich weder aus dem Wortlaut von § 149 Abs 1 Satz 2 IO noch aus den Materialien ableiten, die – worauf Mohr (in Konecny, IRÄG 2010, 125) zutreffend hinweist – auf das Begleichen „der gesicherten Forderung“ abstellen und damit eindeutig an der konkret strittigen und nicht an der Gesamtheit der Forderungen anknüpfen. Auch sonst ist kein Grund erkennbar, weshalb die vorrangig sichergestellten Forderungen tatsächlich beglichen sein müssten. Zweck des Sanierungsplans ist es, dem Schuldner einen Neubeginn zu ermöglichen. Dazu gehört auch die Möglichkeit, Kredite für eine mögliche Erweiterung des Unternehmens aufzunehmen. Dies würde – angesichts der für Sanierungspläne typischen Rückstehungs- oder Ratenvereinbarungen mit gedeckten Pfandgläubigern – deutlich erschwert, wenn ein nicht gedecktes Pfandrecht erst nach tatsächlichem Begleichen aller vorrangig gesicherten und im Wert der Sache gedeckten Forderungen und damit möglicherweise erst lange nach der Bestätigung des Sanierungsplans gelöscht werden könnte. Die eher theoretische Möglichkeit, dass vorrangige Forderungen nach der Bestätigung des Zahlungsplans „wegfallen“ könnten (Konecny aaO), wiegt nicht so schwer, dass sie ein dem Zweck der Sanierung entgegenstehendes Aufrechtbleiben des Pfandrechts rechtfertigen könnte. Andere (überzeugende) Gründe werden in der Lehre (auch in der sonst sehr ausführlich begründeten Abhandlung von Csoklich) und in der in diese Richtung weisenden Entscheidung 9 Ob 17/15p nicht genannt.
[53] 5.5. Sowohl für die Hemmung der gesicherten Forderung als auch für die Löschung des Pfandrechts ist – im Sinn der insofern überwiegenden Lehre (oben 4.) – der Wert der Sache und die Höhe vorrangiger Forderungen bei Bestätigung des Sanierungsplans maßgebend.
[54] (a) Der Wortlaut von § 149 Abs 1 Satz 2 IO ließe zwar auch die Auffassung zu, dass es auf die Verhältnisse bei Schluss der Verhandlung im jeweiligen Verfahren ankomme (Pfandklage, Oppositionsklage, Klage auf Zustimmung zur Löschung des Pfandrechts). Die Materialien halten allerdings ausdrücklich den Wert bei Bestätigung des Pfandrechts für maßgebend (oben 1.); gleiches muss für die Höhe vorrangiger Forderungen gelten. Historische Auslegung spricht daher eindeutig für diese Ansicht.
[55] (b) Das Abstellen auf die Verhältnisse bei Bestätigung des Sanierungsplans führt zu einer Gleichbehandlung aller Absonderungsberechtigten. Dadurch können Zufälligkeiten vermieden werden, die sich bei Maßgeblichkeit des jeweiligen Schlusses der Verhandlung durch Wertänderungen der Sache ergeben könnten. Weiters ist sichergestellt, dass die Berechtigten nicht schlechter, aber auch nicht besser stehen als bei einer Verwertung im Insolvenzverfahren, die durch den Abschluss des Sanierungsplans und durch Rückstehungs- oder Ratenvereinbarungen mit den gedeckten Pfandgläubigern vermieden wurde.
[56] (c) Letztlich führt die Maßgeblichkeit der Verhältnisse bei Bestätigung des Sanierungsplans zu einer (wenngleich nur eingeschränkten) Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Zwar sieht die IO kein eigenes Verfahren (insbesondere) zur Feststellung des Wertes der Pfandsache vor. Die vorläufige Feststellung des Ausfalls nach § 156b IO hätte insofern nur Indizwirkung (zu den beschränkten Wirkungen einer solchen Entscheidung Nunner-Krautgasser/ Anzenberger in KLS § 156b IO Rz 13 ff); eine endgültige Klärung kann immer nur im Prozess erfolgen. Die Höhe vorrangiger Forderungen wird allerdings in der Regel unstrittig sein, und bei Vorliegen eines Schätzgutachtens könnten sowohl der Schuldner als auch die betroffenen Pfandgläubiger von Anfang an entsprechend disponieren. Insbesondere der Schuldner hätte daher eine (gewisse) Sicherheit (eine „verlässliche Kalkulationsbasis“, Csoklich in Konecny, Insolvenz-Forum 2017, 25), dass er bei Erfüllung der Quote (oben 5.4.) die Löschung bestimmter Pfandrechte erwirken könnte, ohne dass es auf Wertveränderungen der Liegenschaft ankäme.
[57] 6. Aufgrund dieser Erwägungen muss die außerordentliche Revision des Klägers scheitern. Denn es ist im konkreten Fall unstrittig, dass er die Quote noch nicht erfüllt hat, sodass ein Wiederaufleben zumindest eintreten könnte. Solange das möglich ist, kann das Pfandrecht nicht gelöscht werden. Auf die Frage, ob das Wiederaufleben tatsächlich eingetreten ist, kommt es auf dieser Grundlage nicht an.
[58] 7. Die dieser Entscheidung zugrunde liegenden Erwägungen können wie folgt zusammengefasst werden:
Bei einem Sanierungsplan sind die Forderungen der Absonderungsgläubiger nach § 149 Abs 1 Satz 2 IO insgesamt auf den Wert der Sache im Zeitpunkt von dessen Bestätigung begrenzt. Dies kann der Schuldner in Bezug auf eine konkrete Forderung mit Einwand gegen die Pfandklage oder mit Oppositionsklage geltend machen, ohne dass er vorrangige Forderungen tatsächlich beglichen haben müsste.
Die Begrenzung fällt weg, wenn der Schuldner gegenüber dem Absonderungsgläubiger mit der Erfüllung des Sanierungsplans in qualifizierten Verzug gerät.
Ein Anspruch auf Löschung des Pfandrechts besteht jedenfalls erst bei vollständiger Erfüllung des Sanierungsplans gegenüber dem Absonderungsgläubiger.
[59] 8. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50, 41 ZPO.
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