OGH 16Ok3/23m

OGH16Ok3/23m11.5.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Kartellobergericht durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Parzmayr und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Kartellrechtssache der Antragstellerin Bundeswettbewerbsbehörde, Wien 3, Radetzkystraße 2, gegen die Antragsgegnerinnen 1. H*gesellschaft m.b.H., *, 2. H*gesellschaft m.b.H., *, 3. Ö* GmbH, *, und 4. S* GmbH, *, die Erst- und Drittantragsgegnerinnen vertreten durch die Saxinger, Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, die Zweit- und Viertantragsgegnerinnen vertreten durch die Haslinger/Nagele Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Verhängung einer Geldbuße gemäß § 29 Z 1 lit a und d KartG, über den Rekurs der Antragsgegnerinnen gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Kartellgericht vom 16. Februar 2023, GZ 28 Kt 6/20x‑69, mit welchem ihr Antrag auf Berichtigung des Beschlusses dieses Gerichts vom 23. November 2022, GZ 28 Kt 6/20x‑62, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0160OK00003.23M.0511.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

 

Begründung:

[1] Mit rechtskräftigem Beschluss vom 23. 11. 2022 („Bußgeldentscheidung“) verhängte das Erstgericht über die Antragsgegnerinnen wegen Zuwiderhandlungen gegen § 1 KartG und Art 101 AEUV durch Preisabsprachen, Marktaufteilungen sowie einen unzulässigen Informationsaustausch bei öffentlichen und privaten Ausschreibungen im Bereich Hoch- und Tiefbau im Zeitraum von Juli 2002 bis Oktober 2017 eine Geldbuße in Höhe von 26,33 Mio EUR. Dem lag der Vorwurf zugrunde, die Antragsgegnerinnen hätten sich bei solchen Bauvorhaben jahrzehntelang an einheitlichen und fortgesetzten kartellrechtswidrigen Vereinbarungen sowie aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen beteiligt.

[2] Nach Einleitung des Geldbußenverfahrens durch die Antragstellerin führte diese mit den Antragsgegnern Gespräche über eine „einvernehmliche Beendigung“ (Settlement) des Kartellverfahrens, mit der Folge, dass die Antragsgegnerinnen das von der Antragstellerin – aufgrund dieser Gespräche modifizierte – Tatsachenvorbringen zu den ihnen vorgeworfenen Wettbewerbsverstößen außer Streit stellten und die Angemessenheit der beantragten Geldbuße in der genannten Höhe „anerkannten“. Auf dieser Grundlage fasste das Kartellgericht den Beschluss vom 23. 11. 2022.

[3] Mit Antrag vom 18. 1. 2023 beantragen die Antragsgegnerinnen, diesen Beschluss in folgenden Punkten als offenbar unrichtig zu berichtigen:

[4] 1. Die Wiedergabe des Vorbringens der Antragstellerin zur Erstreckung der Gesamtzuwiderhandlung auch auf Bauvorhaben in Deutschland sei verkürzt, missverständlich und somit unrichtig. Die Textpassage, wonach die Antragstellerin den Vorwurf einer Erstreckung der Gesamtzuwiderhandlung auf Deutschland erhoben habe, sei daher zu streichen.

[5] 2. Die Feststellungen seien insoweit offenbar unrichtig, als einzelne Antragsgegnerinnen wettbewerbsbeschränkende Handlungen – über bestimmte namentlich genannte Bauvorhaben hinaus – nicht bei sieben (weiteren) Bauvorhaben im Burgenland gesetzt hätten, sondern nur bei weiteren vier solcher Bauvorhaben.

[6] 3. Das – von den Antragsgegnerinnen außer Streit gestellte – Vorbringen der Antragstellerin sowie die darauf basierende Feststellung, die Antragsgegnerinnen wären an der Gesamtzuwiderhandlung in erheblichem Ausmaß beteiligt gewesen, sei aufgrund eines offenbaren Irrtums des Kartellgerichts unvollständig geblieben und dahin zu ergänzen, dass diese im Vergleich zu den marktführenden Unternehmen – allein aufgrund ihrer geringeren Marktpräsenz in Österreich – nicht federführend und im selben Umfang wie diese an der österreichischen Gesamtzuwiderhandlung beteiligt waren, zumal sie in manchen Bundesländern gar nicht und in anderen nur zeitweise tätig wurden.

[7] 4. Die der rechtlichen Beurteilung zugrundegelegte Annahme, die Antragsgegnerinnen hätten durch ihre Beteiligung am Kartell „zwangsläufig“ eine Bereicherung erzielt, finde im „modifizierten“ Vorbringen der Antragstellerin keine Deckung und sei von den Antragsgegnerinnen auch nicht „anerkannt“ (außer Streit gestellt) worden. Auch insoweit liege daher eine offenbare Unrichtigkeit vor.

[8] Die Antragstellerin äußerte sich zum Berichtigungsantrag zusammengefasst (nur allgemein) dahin, dass die Möglichkeit einer Entscheidungsberichtigung auf jene Fälle zu beschränken sei, in denen der Entscheidungswille des Gerichts vom Inhalt der Entscheidung abweiche.

[9] Der Bundeskartellanwalt wies in seiner Gegenäußerung darauf hin, dass es im Ermessen des Kartellgerichts liege, welche Teile des Vorbringens der Antragstellerin es wiedergebe und „wie es sich zum Verhältnis von geheimen Absprachen unter Wettbewerbern und der allgemeinen Möglichkeit der Bereicherung äußere“.

[10] Das Erstgericht wies den Antrag auf Berichtigung hinsichtlich des oben genannten Punktes 1 zurück. Im Übrigen wies es den Antrag ab. Es begründete seine Entscheidung wie folgt:

[11] 1. Zur angestrebten Berichtigung der Darstellung des Vorbringens der Antragstellerin zur Erstreckung der Gesamtzuwiderhandlung auch auf Bauvorhaben in Deutschland ging es davon aus, dass den Antragsgegnerinnen ein schutzwürdiges Interesse an der Berichtigung fehle. Es sei nicht erkennbar, welchen Nachteil die Wiedergabe dieses Antragsvorbringens für die Antragsgegnerinnen haben könnte, weil weder im Spruch der Bußgeldentscheidung noch in den darin getroffenen Feststellungen darauf Bezug genommen werde. Davon abgesehen liege auch kein berichtigungsfähiger Fehler vor, weil die Antragstellerin ihr Vorbringen zur Erstreckung der Gesamtzuwiderhandlung auf Deutschland nicht „zurückgezogen“ habe und die Behauptung einer solchen Erstreckung nicht notwendig impliziere, dass die Antragsgegnerinnen selbst an bestimmten wettbewerbswidrigen Handlungen bei deutschen Bauvorhaben teilgenommen hätten.

[12] 2. Zur begehrten Berichtigung der Feststellung einer Beteiligung der Antragsgegnerinnen an Wettbewerbsverstößen bei Bauvorhaben im Burgenland habe die Antragstellerin ihre Vorwürfe zuletzt auf drei Bauvorhaben im Bereich Hochbau sowie auf (weitere) sieben „sonstige“ Bauvorhaben gestützt. Die in der Bußgeldentscheidung getroffene Feststellung entspreche diesem außer Streit gestellten Vorbringen und sei daher nicht offenbar unrichtig.

[13] 3. Das Vorbringen der Antragstellerin zur bloß „untergeordneten“ Beteiligung der Antragsgegnerinnen an den Wettbewerbsverstößen und die dementsprechende – aufgrund der Außerstreitstellung durch die Antragsgegnerinnen getroffene – Feststellung sei in der Bußgeldentscheidung richtig wiedergegeben worden bzw erfolgt. Die Antragstellerin sei zuletzt davon ausgegangen, dass die bereits in ihrem verfahrenseinleitenden Antrag behauptete Beteiligung der Antragsgegnerinnen an den Wettbewerbsverstößen „in erheblichem Ausmaß“, deren dort behauptete „zentrale Beteiligung an der Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung“ sowie die Bezeichnung der Antragsgegnerinnen als „Hauptbeteiligte an der Gesamtzuwiderhandlung“ nicht ausschließe, dass sie im Vergleich zu den marktführenden Unternehmen aufgrund ihrer geringeren Marktpräsenz in Österreich nicht „federführend“ und im selben Umfang wie diese Marktführer an der Gesamtzuwiderhandlung beteiligt gewesen seien. Dies habe das Kartellgericht dahin verstanden, dass die Antragstellerin ihr Vorbringen nicht auf eine untergeordnete Beteiligung der Antragsgegnerinnen an den Wettbewerbsverstößen eingeschränkt, sondern ihr ursprüngliches Vorbringen zu einer Beteiligung „in erheblichem Ausmaß“ aufrecht erhalten habe. Aufgrund der umfassenden Außerstreitstellung durch die Antragsgegnerinnen sei dies auch den in der Bußgeldentscheidung getroffenen Feststellungen zugrunde gelegt worden. Mit deren Berichtigung werde daher eine unzulässige Änderung des Entscheidungswillens des Gerichts angestrebt.

[14] 4. Auch die beanstandete Feststellung, wonach bei den Antragsgegnerinnen durch ihre Beteiligung an den Wettbewerbsverstößen „zwangsläufig“ eine Bereicherung eingetreten sei, habe im – von den Antragsgegnerinnen außer Streit gestellten – Vorbringen der Antragstellerin Deckung gefunden. Diese habe es nur aus rechtlichen Gründen für nicht erforderlich gehalten, die Höhe der Bereicherung zu ermitteln; sie sei aber davon ausgegangen, dass eine solche bei den Antragsgegnerinnen eingetreten sei.

[15] Dagegen richtet sich der – von der Antragstellerin und dem Bundeskartellanwalt nicht beantwortete –Rekurs der Antragsgegnerinnen mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dem Erstgericht die angestrebte Berichtigung des Beschlusses vom 23. 11. 2022 aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

[16] Dem Rekurs kommtkeine Berechtigung zu:

[17] 1. Hat das Erstgericht einen Berichtigungsantrag abgewiesen und kann im Verfahren (wie hier in der Hauptsache) keine weitere anfechtbare Entscheidung mehr ergehen, ist der Rekurs dagegen zulässig (RS0121303). Dies hat gemäß § 38 KartG iVm § 41 AußStrG auch im außerstreitigen Kartellrechtsverfahren zu gelten.

2. Grundsätzliches zur Berichtigung:

[18] 2.1. Gemäß § 38 KartG entscheiden das Kartellgericht und das Kartellobergericht in Angelegenheiten nach diesem Bundesgesetz im Verfahren außer Streitsachen. Nach § 41 AußStrG sind die Bestimmungen der Zivilprozessordnung über die Ergänzung und Berichtigung von Entscheidungen sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 430 iVm § 419 ZPO kann das Gericht, das einen Beschluss gefasst hat, jederzeit Schreib- und Rechenfehler oder andere offenbare Unrichtigkeiten in diesem Beschluss oder Abweichungen der Ausfertigung von der gefällten Entscheidung berichtigen.

[19] 2.2. Eine Berichtigung nach § 419 ZPO ist zulässig, wenn das, was ausgesprochen wurde, offensichtlich nicht dem Willen des Gerichts zur Zeit der Fällung der Entscheidung entsprochen hat und sich dies aus dem „ganzen Zusammenhang“, insbesondere aus den Entscheidungsgründen ergibt (RS0041418; vgl etwa auch RS0041519). Sie findet ihre theoretische Grundlage darin, dass der materielle Gehalt der Entscheidung durch den Entscheidungswillen des Gerichts bestimmt wird. Die offenbare Unrichtigkeit, welche einer Berichtigung iSd § 419 Abs 1 ZPO zugänglich ist, darf daher nur die Wiedergabe des zur Zeit der Entscheidung bestehenden Entscheidungswillens des erkennenden Richters nach außen betreffen. Es muss sich um eine Diskrepanz zwischen Gewolltem und Erklärtem handeln (RS0041489). Diese muss für das Gericht und die Parteien offenkundig und ohne Weiteres erkennbar sein (RS0041362). Eine rechtlich unrichtige, aber so gewollte Entscheidung ist nicht berichtigungsfähig (RS0041418 [T6]). Da § 419 ZPO nicht zwischen Spruch und Entscheidungsgründen unterscheidet, kommt auch eine bloße Berichtigung der Begründung in Betracht (vgl 4 Ob 156/09h; 9 ObA 11/21i; M. Bydlinski in Fasching/Konecny³ § 419 ZPO Rz 3; Rechberger in Rechberger 4 § 419 ZPO Rz 1).

[20] 2.3. Als berichtigungsfähig werden etwa offenbare Berechnungsfehler oder Fehler in der Wahl eines Ausdrucks (RS0041527), offenkundige Schreibfehler, solche Auslassungen bzw klar erkennbar irrige Ausführungen angesehen (Deixler‑Hübner in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG² § 41 Rz 3); ebenso überflüssige oder klar erkennbar nicht zur Sache gehörende Ausführungen (MBydlinski aaO Rz 8).

[21] 2.4. Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Berichtigungsantrags ist – neben einer offenbaren Unrichtigkeit iSd § 419 ZPO – ein Rechtsschutzbedürfnis der die Berichtigung begehrenden Partei (RS0037976; vgl auch RS0041630). Fehlt dieses, ist ihr Berichtigungsantrag zurückzuweisen (M. Bydlinski aaO Rz 8).

3. Beurteilung des vorliegenden Falls:

[22] 3.1. Dass den Antragsgegnerinnen kein Rechtsschutzinteresse an einer Berichtigung der Wiedergabe des Vorbringens der Antragstellerin zur Erstreckung der Gesamtzuwiderhandlung (auch) auf Bauvorhaben in Deutschland zukommt, begegnet schon deshalb keinen Bedenken, weil diesem Vorbringen weder für die Feststellungen noch für die darauf beruhende rechtliche Beurteilung Bedeutung zukommt. Auch wenn der festgestellte Sachverhalt sonst weitgehend auf dem außer Streit gestellten Antragsvorbringen beruht, traf das Kartellgericht in seiner Bußgeldentscheidung zum hier zu beurteilenden Vorbringen (Erstreckung der Gesamtzuwiderhandlung auf deutsche Bauvorhaben) gerade keine Feststellung.

[23] Soweit die Rekurswerber auch argumentieren, dass die (ihrer Ansicht nach offenbar unrichtige) Wiedergabe des Antragsvorbringens ihre Teilnahme an wettbewerbswidrigen Handlungen bei deutschen Bauprojekten „suggeriere“ und ihnen daher (auch) insoweit die Gefahr einer zivilrechtlichen Inanspruchnahme durch geschädigte Auftraggeber drohe, ist darauf hinzuweisen, dass § 37i Abs 2 KartG nur hinsichtlich der rechtskräftigen Feststellungen einer Wettbewerbsverletzung eine Bindung in einem allfälligen Schadenersatzprozess anordnet. Dass sich die Antragsgegnerinnen an wettbewerbswidrigen Handlungen bei Bauvorhaben in Deutschland beteiligt hätten, wurde aber nicht festgestellt.

[24] Im Übrigen begründet die bloße Wiedergabe des Vorbringens der Antragstellerin zur Erstreckung der Gesamtzuwiderhandlung auch auf deutsche Bauvorhaben auch – wovon bereits das Erstgericht zutreffend ausging – keine offenbare Unrichtigkeit iSd § 419 ZPO:

[25] Das inkriminierte – in der Bußgeldentscheidung wiedergegebene – Vorbringen der Antragstellerin bezog sich auf die Gesamtzuwiderhandlung der an den Wettbewerbsverstößen beteiligten (insgesamt rund 40) Unternehmen. Eine solche Gesamtzuwiderhandlung ist allgemein durch ein kontinuierliches wettbewerbswidriges Verhalten der Kartellbeteiligten mit einem einheitlichen wirtschaftlichen Ziel gekennzeichnet. Es begründet die Verantwortlichkeit auch für solche Verhaltensweisen, an denen ein betroffenes Unternehmen selbst nicht beteiligt war, sofern diese im Rahmen der Grundvereinbarung erfolgten und das Unternehmen wusste oder wissen musste, dass es sich an einem auf eine Wettbewerbsverfälschung abzielenden Gesamtkartell beteiligt, es vom Verhalten der anderen Kartellmitglieder wusste, wissen musste oder dieses zumindest voraussehen hätte müssen, und das Unternehmen bereit war, „das Risiko auf sich zu nehmen“ (16 Ok 5/08; 5 Ob 39/11p, jeweils mwN zur Rechtsprechung des EuGH). Von einer solchen – eine Mitverantwortlichkeit aller Kartellteilnehmer begründenden – Gesamtzuwiderhandlung sind die wettbewerbswidrigen Einzelhandlungen der beteiligten Unternehmen (hier der Antragsgegnerinnen) zu unterscheiden. Nur zu letzteren, nicht aber hinsichtlich der Gesamtzuwiderhandlung als solcher, zog die Antragstellerin ihr ursprüngliches Vorbringen zurück. Dass dieses im Bußgeldbescheid dahin wiedergegeben wurde, dass sich die Gesamtzuwiderhandlung der am Kartell beteiligten Unternehmen – zu denen neben den Antragsgegnern eben auch andere Kartellbeteiligte zählen – auch auf Bauvorhaben in Deutschland erstreckt habe, begründet daher keine (offenbare) Unrichtigkeit.

[26] 3.2. Auf die in erster Instanz angestrebte Berichtigung der Feststellung zur Anzahl jener Bauvorhaben im Burgenland, bei denen sich die Antragsgegnerinnen an wettbewerbsbeschränkenden Handlungen beteiligt haben, kommen sie in ihrem Rechtsmittel nicht mehr zurück. Darauf ist somit nicht weiter einzugehen.

[27] 3.3. Soweit die Antragsgegnerinnen in ihrem Rechtsmittel nach wie vor auf dem Standpunkt stehen, das Kartellgericht habe das von ihnen anerkannte Vorbringen der Antragstellerin auch insoweit unrichtig wiedergegeben und auf dieser Basis die unrichtige Feststellung getroffen, dass sie an der Gesamtzuwiderhandlung in „erheblichem Ausmaß“ beteiligt gewesen wären, zeigen sie ebenfalls keinen berichtigungsfähigen Fehler der Bußgeldentscheidung auf.

Das „modifizierte“ Vorbringen der Antragstellerin lautete wie folgt:

„Die Formulierung der unmittelbaren Beteiligung der Antragsgegnerinnen als 'im erheblichen Ausmaß beteiligt' […] sowie betreffend eine 'zentrale Beteiligung an der Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung' sowie die Bezeichnung der Antragsgegnerinnen als 'Hauptbeteiligte an der Gesamtzuwiderhandlung' […] schließt nach dem Verständnis der BWB [Anm: Bundeswettbewerbsbehörde] nicht aus, dass die Antragsgegnerinnen im Vergleich zu den marktführenden Unternehmen schon allein aufgrund ihrer geringeren Marktpräsenz in Österreich nicht federführend und nicht im selben Umfang wie diese an der österreichweiten Gesamtzuwiderhandlung beteiligt waren, zumal die Antragsgegnerinnen in manchen Bundesländern gar nicht und in anderen nur zeitweise tätig waren.“

[28] Dass das Erstgericht dieses Vorbringen in seiner Bußgeldentscheidung dahin wiedergab, dass die Antragsgegnerinnen an kartellrechtswidrigen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen „in ganz erheblichem Ausmaß“ beteiligt gewesen seien und die Umstände der Gesamtzuwiderhandlung und deren Umsetzung „maßgeblich“ mitgeprägt hätten, auch wenn sie allenfalls „nicht unbedingt federführend und nicht im selben Umfang wie andere Bauunternehmen“ an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen wären, begründet keine offenbare Unrichtigkeit iSd § 419 ZPO; ebensowenig, dass das Kartellgericht auf Grundlage des genannten Vorbringens sowie dessen Anerkenntnis durch die Antragsgegnerinnen feststellte, dass sich diese an der Gesamtzuwiderhandlung „in erheblichem Ausmaß“ beteiligt hätten. Dafür, dass diese Feststellung offensichtlich nicht dem Willen des Gerichts entsprochen hätte, ergibt sich aus der Begründung der Entscheidung kein konkreter Anhaltspunkt, zumal das Kartellgericht auch in der rechtlichen Beurteilung von einer Beteiligung der Antragsgegnerinnen – wenngleich regional und je nach Bauvorhaben in unterschiedlicher Intensität – in erheblichem Ausmaß ausging.

[29] Soweit die Rekurswerberinnen eine „Ergänzung“ des Sachverhalts dahin anstreben, dass sie an den Kartellverstößen nicht „federführend“ und im selben Umfang wie die marktführenden Unternehmen beteiligt gewesen wären, hätte der insoweit behauptete Feststellungsmangel nur mit einem Rechtsmittel – und nicht im Wege einer Entscheidungsberichtigung – geltend gemacht werden können; die gilt auch für die behauptete unrichtige Auslegung des Vorbringens der Antragstellerin (vgl RS0041814 [T8]). Auf einen Rekurs gegen die Bußgeldentscheidung haben die Antragsgegnerinnen aber verzichtet. Warum deren Berichtigung deshalb ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 419 ZPO zulässig sein sollte, ist nicht ersichtlich und wird im Rekurs auch nicht nachvollziehbar dargelegt.

[30] 3.4. Die Rechtsmittelwerberinnen kritisieren auch, dass ihrem Antrag auf Berichtigung jenes Teils der rechtlichen Beurteilung der Bußgeldentscheidung nicht Folge gegeben wurde, in der das Erstgericht davon ausging, dass bei den Antragsgegnerinnen durch ihre Beteiligung am Kartell „zwangsläufig“ eine Bereicherung eingetreten wäre.

[31] Die Antragstellerin behauptete in diesem Zusammenhang, dass das Kartell, an dem auch die Antragsgegnerinnen beteiligt waren, einem wirtschaftlichen Ziel der Teilnehmer gedient habe. Dies wurde von den Antragsgegnerinnen außer Streit gestellt. Es begegnet daher prima facie keinen Bedenken, dass das Erstgericht im Bußgeldbescheid davon ausging, dass sie durch die Wettbewerbsverstöße bereichert wurden. Ob diese Schlussfolgerung tatsächlich berechtigt war (das unstrittige Antragsvorbringen also „richtig“ ausgelegt wurde), ist – wie dargelegt – nicht im Verfahren zur Berichtigung „bloß“ offenbarer Unrichtigkeiten der Entscheidung zu klären.

[32] 4. Zusammengefasst kommt dem Rekurs somit kein Erfolg zu.

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