OGH 15Os100/23d

OGH15Os100/23d4.10.2023

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. Oktober 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski, Dr. Mann und Dr. Sadoghi und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel in Gegenwart der Mag. Maringer als Schriftführerin in der Strafsache gegen * S* wegen Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Geschworenengericht vom 23. Juni 2023, GZ 19 Hv 18/23x-146, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0150OS00100.23D.1004.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde * S* der Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt und nach § 21 Abs 2 StGB in einem forensisch‑therapeutischen Zentrum untergebracht.

[2] Danach hat sie am 29. Jänner 2022 in V* * Sc* und * Sch* vorsätzlich getötet, indem sie diese mit ihrem PKW mit einer Geschwindigkeit von etwa 60 km/h angefahren und dadurch tödlich verletzt hat.

[3] Die Geschworenen bejahten die anklagekonform nach Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB gestellte Hauptfrage; weitere Fragen wurden nicht gestellt.

Rechtliche Beurteilung

[4] Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 6 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten, die das Unterbleiben der Stellung einer Zusatzfrage (§ 313 StPO) nach Zurechnungsunfähigkeit (§ 11 StGB) kritisiert, aber ihr Ziel verfehlt.

[5] Eine Zusatzfrage nach Zurechnungsunfähigkeit ist nur zu stellen, wenn eine solche durch in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 302 Abs 1 iVm § 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse indiziert ist (§ 313 StPO; RIS-Justiz RS0100527).

[6] Die Beschwerde bringt vor, der psychiatrische Sachverständige (der keineswegs einen Ausschluss der Diskretions- und Dispositionsfähigkeit diagnostizierte; ON 145 S 23) habe angegeben, dass die schwerwiegende und nachhaltige psychische Störung der Nichtigkeitswerberin einen maßgeblichen Einfluss auf das Tatgeschehen gehabt habe.

[7] Damit und mit dem Vorbringen, das objektive Tatgeschehen lasse darauf schließen, dass die Nichtigkeitswerberin durch ihre Persönlichkeitsstörung derart in ihrer freien Willensbildungsfähigkeit eingeschränkt gewesen sei, dass ihr ein Alternativverhalten nicht möglich gewesen wäre, zeigt die Beschwerde keine die begehrte Fragestellung nach gesicherter allgemeiner Lebenserfahrung ernsthaft indizierenden (für das Vorliegen eines der Zustände iSd § 11 StGB sprechenden) Verfahrensergebnisse auf (RIS‑Justiz RS0117447, RS0119418).

[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO).

[9] Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§§ 344, 285i StPO).

[10] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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