OGH 12Os10/23x

OGH12Os10/23x23.3.2023

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. März 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Oshidari, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Richteramtsanwärterin Mag. Gigl in der Strafsache gegen * S* wegen des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 16. September 2022, GZ 65 Hv 44/22m‑35, sowie die Beschwerde des Angeklagten gegen den zugleich ergangenen Beschluss auf Verlängerung einer Probezeit nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0120OS00010.23X.0323.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * S* – soweit hier von Bedeutung – des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 30. September 2020 in F* mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz durch Täuschung über Tatsachen unter Verwendung einer verfälschten Urkunde Mitarbeiter der Besoldungsstelle des Landes Salzburg zu Handlungen, nämlich zur Überweisung überhöhter Gehaltszahlungen für Juli 2020 bis April 2021, verleitet, die die Gemeinde F* in dem 5.000 Euro übersteigenden Betrag von 6.306,69 Euro am Vermögen schädigten, indem ereinen durch ihn verfälschten Nachtrag zum Dienstvertrag vom 30. März 2020, nach dem er in die Entlohnungsgruppe b, Entlohnungsstufe VII/2, eingestuft wurde, übermittelte, wobei er wusste, dass dieser Nachtrag von der Salzburger Landesregierung als Aufsichtsbehörde nicht genehmigt worden war.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 9 lit a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider unterblieb die „Einholung eines Rechtsgutachtens aus dem Fachbereich des Vertragsbedienstetenrechts“ (ON 34 S 2) schon deshalb zu Recht, weil Rechtsfragen nicht Gegenstand einer Beweisaufnahme sind (RIS‑Justiz RS0130194; Hinterhofer, WK‑StPO § 127 Rz 22 ff).

[5] Entgegen der Mängelrüge besteht kein Widerspruch (Z 5 dritter Fall) zwischen der Feststellung, wonach der Angeklagte der „festen Überzeugung“ war, „dass die durch die Aufsichtsbehörde vertretene Gehaltseinstufung falsch ist und ihm bei richtiger rechtlicher Beurteilung mehr Vordienstzeiten angerechnet werden müssten“ (US 3), und der weiteren Konstatierung, wonach er die von ihm zu seinen Gunsten verfälschte Version eines Nachtrags zu seinem Dienstvertrag (mit einem vorgeblichen Bruttomonatsgehalt von 5.692,58 Euro) mit Täuschungs‑, Schädigungs‑ und Bereicherungsvorsatz an die Besoldungsstelle des Landes Salzburg übermittelte (US 4). Denn die Tatrichter gingen davon aus, dass der Angeklagte – nach erfolgter Versagung einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung für die in der Gemeinderatssitzung vom 13. August 2020 in Aussicht genommene Dienstvertragsänderung – am 10. September 2020 jenen Nachtrag zum Dienstvertrag vom 30. März 2020 schriftlich akzeptiert hatte, der seine Gehaltseinstufung mit der Entlohnungsgruppe b, VI/3 und einem Bruttomonatsgehalt von 4.692 Euro vorsah (US 3 und 7). Ungeachtet dessen übermittelte er der Besoldungsstelle des Landes Salzburg am 30. September 2020 das verfälschte Schriftstück mit einem erheblich höher ausgewiesenen Bruttogehalt (US 3 f).

[6] Aussagepassagen des Zeugen Mag. * M* über die vom Angeklagten geleisteten Überstunden (ON 34 S 18) sowie Überstundenaufzeichnungen, die der Angeklagte ab Mai 2021 an die Personalverrechnung übermittelte (ON 21 S 2 ff), stehen den Festellungen über den eingetretenen Betrugsschaden (US 4 und 7) nicht erörterungsbedürftig (Z 5 zweiter Fall) entgegen. Führt doch beim Betrug bereits eine nur vorübergehende Vermögensverringerung für einen wirtschaftlich nicht ganz bedeutungslosen Zeitraum zum Schadenseintritt (RIS‑Justiz RS0103999 [T4], RS0094617 [T5, T6, T7], RS0094408). Zudem wäre selbst das Bestehen kompensabler Gegenforderungen für die Verwirklichung des Tatbestands nur von Bedeutung, soweit der Täter von vornherein einen Aufrechnungswillen gehabt (vgl aber US 7) und diesen auch sogleich bekanntgegeben hätte. Das bloße Gegenüberstehen von Forderungen genügt insoweit nicht (RIS‑Justiz RS0094353 [T7, T8, T10], RS0094393 [T3, T14, T16], RS0094175; Kirchbacher/Sadoghi in WK² StGB § 146 Rz 121).

[7] Die Ableitung eines 5.000 Euro übersteigenden Schadens (von 6.306,69 Euro; US 1 und 4) aus den für überzeugend erachteten Ermittlungsergebnissen, insbesondere aus dem Ergebnis des an das Land Salzburg gerichteten Amtshilfeersuchens (US 7 iVm ON 17 S 277), an dessen Richtigkeit die Tatrichter – mit Blick auf den (aus den Urkunden hervorkommenden und) rechnerisch nachvollziehbaren monatlichen Überbetrag – keinen Zweifel hegten (US 7), ist unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) nicht zu beanstanden.

[8] Zur Rechtsrüge („Z 9“), der zufolge die Feststellungen zur subjektiven Tatseite des Angeklagten mit Blick auf die in der Mängelrüge „im Detail aufgezeigten Undeutlichkeiten“ als „gar nicht getroffen anzusehen“ seien, ist auf die Erledigung der diesbezüglichen Einwände aus Z 5 zu verweisen.

[9] Soweit die Beschwerde Feststellungen zu den Ansprüchen des Angeklagten aus geleisteten Überstunden (vgl US 7) vermisst, lässt sie nicht erkennen, aus welchem Grund derartige Konstatierungen schuld‑ oder subsumtionsrelevant sein sollten (RIS‑Justiz RS0116565).

[10] Im Übrigen kann diesbezüglich auf das zur Mängelrüge (Z 5) bereits Ausgeführte verwiesen werden (abermals RIS‑Justiz RS0094353 [T7, T8, T10], RS0094393 [T3, T14, T16], RS0094175; Kirchbacher/Sadoghi in WK² StGB § 146 Rz 121).

[11] Unter Bezugnahme auf die Einwände der Rechtsrüge (Z 9 lit a) bringt auch die – eine Beurteilung nach „§ 223 StGB“ anstrebende – Subsumtionsrüge (Z 10) den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung (RIS‑Justiz RS0115902, RS0099810).

[12] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[13] Die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde kommt dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

[14] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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