OGH 10ObS85/02a

OGH10ObS85/02a18.6.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Schramm sowie durch die fachkundigen Laienrichter Eveline Umgeher (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Alfred Klair (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Bozo B*****, vertreten durch Dr. Herbert Margreiter, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 4. Dezember 2001, GZ 12 Rs 346/01s-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 22. Juni 2001, GZ 32 Cgs 155/00f-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Es wird in der Revision zu Recht nicht bezweifelt, dass das Vorliegen der Invalidität des am 2. 1. 1954 geborenen Klägers, der in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag 1. 6. 2000 ausschließlich als Maschinenarbeiter mit dem Schärfen von Messern beschäftigt war, nach § 255 Abs 3 ASVG zu beurteilen ist. In diesem Fall ist das Verweisungsfeld mit dem gesamten Arbeitsmarkt identisch (SSV-NF 1/4; 2/109; 6/56; 10 ObS 346/00f uva).

Der Kläger bekämpft in seinem Rechtsmittel allein die der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs folgende Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass es für die Frage der Invalidität ohne Bedeutung ist, ob in den Verweisungsberufen freie Arbeitsplätze zur Verfügung stehen und ob es dem Versicherten gelingen wird, tatsächlich einen Arbeitsplatz zu erlangen (SSV-NF 1/23; 2/14 und 34; 14/31 uva; 10 ObS 346/00f; 10 ObS 336/01m) und dass grundsätzlich ein einziger für den Versicherten nach dem medizinischen Leistungskalkül noch möglicher Verweisungsberuf ausreicht, um eine Invalidität zu verneinen (10 ObS 178/97t; 10 ObS 261/97y; 10 ObS 346/00f uva). Nach Auffassung des Revisionswerbers könne § 255 Abs 3 ASVG bei verfassungskonformer Auslegung nur so verstanden werden, dass die konkrete Arbeitsmarktsituation zu berücksichtigen und deshalb eine Verweisung des Klägers auf Tätigkeiten, die er auf Grund dieser Arbeitsmarktsituation gar nicht ausüben könne, unzulässig sei. Der Wortlaut des § 255 Abs 3 ASVG lasse die von der Rechtsprechung bisher vorgenommene Interpretation nicht als zwingend erscheinen.

Dem ist zu erwidern:

Entgegen der missverständlichen Auffassung des Revisionswerbers bezieht sich die eben dargestellte höchstgerichtliche Rechtsprechung nicht nur auf die Beurteilung der Invalidität ungelernter Arbeiter nach § 255 Abs 3 ASVG, sondern auch auf jene der Invalidität gelernter und angelernter Arbeiter (SSV-NF 14/31 mwN). Gegen eine solche auf § 255 Abs 3 ASVG beschränkte Auslegung bestünden in der Tat wegen unsachlicher Gleichheitswidrigkeit verfassungsrechtliche Bedenken.

Der Berücksichtigung der konkreten Arbeitsmarktsituation bei Beurteilung, ob Invalidität vorliegt, steht, wie der Senat bereits mehrfach ausgesprochen hat (zB SSV-NF 1/23; 2/14; ausführlich 6/56 mwN; 14/31) entgegen, dass der Gesetzgeber die Kompetenzbereiche von Unfallversicherung und Pensionsversicherung einerseits und Arbeitslosenversicherung andererseits exklusiv festgelegt hat. Während in der Unfall- und Pensionsversicherung Leistungen zu erbringen sind, wenn die Fähigkeit zum Erwerb durch Umstände gemindert ist, die auf der persönlichen Eigenart des Menschen beruhen, gehört die fehlende Nachfrage nach Arbeit nicht zu deren Risikobereich, sondern zu jenem der Arbeitslosenversicherung. Der Gesetzgeber hat die Minderung der Arbeitsfähigkeit abstrakt durch Vergleich mit jener von körperlich und geistig gesunden Versicherten und durch Festlegung eines in den einzelnen Pensionsgesetzen differenzierten Kreises der Verweisungstätigkeiten, an denen die Restarbeitsfähigkeit gemessen wird, geregelt. Eine Berücksichtigung gesunkener Nachfrage nach Arbeit in der Pensionsversicherung könnte nicht durch Änderung der auf den bestehenden Gesetzen basierenden Rechtsprechung, sondern nur vom Gesetzgeber durch Einschränkung des Verweisungsfeldes erfolgen. Für die von ihm angeregte Vorgangsweise nach Art 140 Abs 1 B-VG in Bezug auf § 255 Abs 3 ASVG sieht der erkennende Senat daher keine Veranlassung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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