Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen des Klagevertreters 83,16 EUR (darin enthalten 13,86 EUR USt) an Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Der 1952 geborene Kläger bezieht eine Waisenpension, deren Höhe ab 1. 1. 2012 monatlich 302,22 EUR und ab Oktober 2012 bis 31. 12. 2012 monatlich 305,54 EUR betrug. Für den Zeitraum 1. 1. 2012 bis 30. 9. 2012 erkannte ihm die beklagte Partei eine Ausgleichszulage in Höhe von monatlich 512,60 EUR und für den Zeitraum 1. 10. 2012 bis 31. 12. 2012 in Höhe von monatlich 509,28 EUR zu. Zusätzlich hatte der Kläger im Jahr 2012 Einkünfte aus Kapitalertrag (unter Berücksichtigung des Abzugs der KESt) in Höhe von 1.577,35 EUR.
Für den Kläger ist H***** vom Verein für Sachwalterschaft und Patientenanwaltschaft zum Sachwalter für die Einkommens‑ und Vermögensverwaltung sowie für die Vertretung vor Ämtern, Behörden und Gerichten bestellt.
Mit Beschluss vom 29. 5. 2012 sprach das Bezirksgericht Urfahr‑Umgebung dem VertretungsNetz Sachwalterschaft einen Aufwandersatz in Höhe von 146 EUR und eine Entschädigung in Höhe von 1.004 EUR zu und ermächtigte den Sachwalter, insgesamt 1.150 EUR aus den Mitteln des Betroffenen zu entnehmen.
Mit Bescheid vom 24. 1. 2013 stellte die beklagte Partei die Ausgleichszulage für die Zeit vom 1. 1. bis 30. 9. 2012 mit monatlich 449,82 EUR und für die Zeit vom 1. 10. 2012 bis 31. 12. 2012 mit monatlich 446,50 EUR neu fest. Die Entscheidung über die ab 1. 1. 2013 gebührende Ausgleichszulage wurde einer späteren bescheidmäßigen Entscheidung vorbehalten. Unter einem wurde der im Jahr 2012 entstandene Überbezug an Ausgleichszulage von 878,92 EUR zurückgefordert. Aus der Begründung des Bescheids ergibt sich, dass wegen einer Änderung des anrechenbaren Einkommens die Ausgleichszulage in der im Bescheid angeführten Höhe neu festzusetzen war.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger fristgerecht Klage mit dem Begehren, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihm für den Zeitraum 1. 1. 2012 bis 31. 12. 2012 die Ausgleichszulage im gesetzlichen Ausmaß, und zwar ab Jänner 2012 mit monatlich 458,71 EUR und ab Oktober 2012 mit monatlich 455,39 EUR zu gewähren und auszusprechen, dass der im Jahr 2012 entstandene Überbezug an Ausgleichszulage lediglich 608,47 EUR betragen habe. Der Kläger brachte vor, zur Ermittlung des Nettoeinkommens sei von den Zinseinkünften nicht nur die Sachwalterentschädigung nach § 276 Abs 1 ABGB in Höhe von 1.004 EUR in Abzug zu bringen, sondern auch der Aufwandersatz nach § 276 Abs 3 ABGB in Höhe von 146 EUR. Auch der zur Leistung des Aufwandersatzes verwendete Teil des Einkommens stehe ihm nicht zur Bestreitung seiner allgemeinen Lebensbedürfnisse zur Verfügung.
Die beklagte Partei beantragte, den Kläger zum Rückersatz des Überbezugs an Ausgleichszulage in Höhe von 878,92 EUR für die Zeit vom 1. 1. bis 31. 12. 2012 abzüglich der Nachzahlung aus dem Jahresausgleich, sohin zum Rückersatz eines Restüberbezugs von 753,36 EUR zu verpflichten. Es sei nur die Belohnung des Sachwalters als gesetzlich geregelter Abzug iSd § 292 Abs 3 ASVG zu qualifizieren. Ein Aufwandersatz des Sachwalters sei bei der Berechnung des anrechenbaren Nettoeinkommens mangels ausdrücklicher Erwähnung in § 292 Abs 3 ASVG nicht abzugsfähig.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und verpflichtete den Kläger, den entstandenen Überbezug an Ausgleichszulage für 2012 in Höhe von 878,92 EUR abzüglich der Nachzahlung aus dem Jahresausgleich in Höhe von 125,56 EUR, sohin einen Restüberbezug von 753,36 EUR binnen 14 Tagen an die Beklagte zurückzuzahlen.
Der Erstgericht legte seiner Entscheidung als unstrittig zu Grunde, dass die Ausgleichszulage im angefochtenen Bescheid unter der Annahme, dass der Aufwandersatz des Sachwalters in Höhe von 146 EUR nicht unter die gesetzlich geregelten Abzüge iSd § 292 Abs 3 falle, richtig berechnet sei, was auch auf den Restüberbezug von 753,36 EUR zutreffe. In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, dass die im § 292 Abs 3 ASVG vorgesehene Verminderung der Einkünfte um die „gesetzlich geregelten Abzüge“ zum Ausdruck bringe, dass sich das Nettoeinkommen erst nach Abzug von Steuern, Abgaben, Umlagen und Beiträgen ergebe. Außer dem Abzug dieser gesetzlich geregelten Abzüge seien keine weiteren Abzüge oder Absetzungen vom Nettoeinkommen zulässig. Wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergebe, sei insbesondere die ‑ neuerliche ‑ Absetzung von Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen nach dem Einkommensteuerrecht unstatthaft, um eine zweifache Berücksichtigung ‑ einerseits bei der Einkommens-besteuerung, andererseits bei der Ausgleichszulage ‑ zu vermeiden. Sowohl die Sachwalterentschädigung nach § 276 Abs 1 ABGB als auch ein Aufwandersatz an den Sachwalter nach § 276 Abs 3 ABGB stellten außergewöhnliche Belastungen iSd § 34 Abs 1 EStG 1988 aus dem Titel einer Behinderung dar. Derartige außergewöhnliche Belastungen seien vom Nettoeinkommen nicht in Abzug zu bringen, sodass der Aufwandersatz an den Sachwalter bei Ermittlung der Ausgleichszulage nicht als das Nettoeinkommen mindernd zu berücksichtigen sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Rechtlich führte es aus, dem Berufungswerber sei zuzugestehen, dass der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 27. 9. 1988, 10 ObS 229/88, die jährliche Belohnung des Sachwalters als „gesetzlich geregelten Abzug“ iSd § 292 Abs 3 ASVG erachtet habe und keine sachliche Rechtfertigung dafür zu erkennen sei, den Aufwandersatz für den Sachwalter anders zu behandeln als dessen Belohnung. Allerdings stehe diese Entscheidung sowohl nach ihrem Ergebnis als auch nach ihrer Begründung in einem Spannungsverhältnis zu späteren oberstgerichtlichen Entscheidungen. In diesen Entscheidungen sei ‑ jeweils unter Bezugnahme auf die Gesetzesmaterialien ‑ ausgeführt worden, dass für die Berechnung des Nettoeinkommens nach § 292 Abs 3 ASVG die Absetzung von Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen nach dem Einkommenssteuerrecht unstatthaft sei und es sich sowohl bei den Sonderausgaben nach § 18 EStG als auch bei außergewöhnlichen Belastungen nach § 34 EStG nicht um gesetzlich geregelte Abzüge iSd § 292 Abs 3 ASVG handle. Diesen (späteren) Entscheidungen sei zu folgen. Eine dem Sachwalter nach § 276 Abs 1 ABGB zuerkannte Belohnung falle demnach ebensowenig unter die „gesetzlich geregelten Abzüge“ iSd § 292 Abs 3 ASVG wie ein auf § 276 Abs 3 ABGB gestützter Ersatzanspruch des Sachwalters. Einer gegenteiligen Ansicht stünde insbesondere § 276 Abs 4 ABGB entgegen, nach welcher Bestimmung Ansprüche auf Entschädigung, Entgelt und Aufwandersatz des Sachwalters insoweit nicht bestehen, als sie die Befriedigung der Lebensbedürfnisse des Pflegebefohlenen gefährdeten. Zweck der Ausgleichszulage sei es, dem Pensionsbezieher einen Betrag zur Bestreitung eines angemessenen Lebensunterhalts zur Verfügung zu stellen, nicht aber den Belohnungs‑ bzw Aufwandersatzanspruch des Sachwalters bzw Vereins für Sachwalterschaft sicherzustellen. Der dem VertretungsNetz Sachwalterschaft zuerkannte Aufwandersatz in Höhe von 146 EUR mindere daher die Höhe der für das Jahr 2012 zu berücksichtigenden Kapitaleinkünfte des Klägers nicht.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zu dieser Frage keine einheitliche höchstgerichtliche Rechtsprechung bestehe.
Die Revision des Klägers ist zulässig, weil die Frage, ob der Aufwandersatz, den der Pflegebefohlene dem Sachwalter leisten muss, als „gesetzlich geregelter Abzug“ iSd § 292 Abs 3 ASVG zu berücksichtigen ist, noch nicht Gegenstand einer oberstgerichtlichen Entscheidung war. Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.
Der Kläger macht in seinem Rechtsmittel zusammengefasst geltend, der Aufwandersatz und die Entschädigung an den Sachwalter seien zwingend gesetzlich geregelt. Die vom Pflegschaftsgericht dem Sachwalter aus diesen Gründen zuerkannten Geldbeträge stünden dem Pensionsbezieher zur Bestreitung seiner Lebenshaltungskosten nicht mehr zur Verfügung, ohne dass ihm darauf eine Einflussmöglichkeit zukäme. Zudem wären ohne die Tätigkeit des Sachwalters (dh ohne Veranlagung der Ersparnisse) gar keine Zinseinkünfte erzielt worden. Daher sei die Abgeltung des Aufwands des Sachwalters ‑ ebenso wie dessen Entlohnung ‑ unter den Begriff „Verluste“ oder „gesetzlich geregelte Abzüge“ nach § 292 Abs 3 ASVG zu subsumieren. Der Kläger sei somit zu Unrecht verpflichtet worden, einen um den Aufwandersatz des Sachwalters erhöhten Betrag an die beklagte Partei zurückzuzahlen.
Rechtliche Beurteilung
Dazu ist auszuführen:
1.1. Erreicht die Pension zuzüglich eines aus übrigen Einkünften des Pensionsberechtigten erwachsenen Nettoeinkommens und der gemäß § 294 ASVG zu berücksichtigenden Beträge nicht die Höhe des für ihn geltenden Richtsatzes, hat der Pensionsberechtigte Anspruch auf Ausgleichszulage (§ 292 Abs 1 ASVG). Nettoeinkommen iSd § 292 Abs 1 ASVG ist die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge (§ 292 Abs 3 ASVG).
1.2. Von den Prozessparteien wird nicht in Frage gestellt, dass im Fall der Verwertung des Vermögens des Pensionisten die daraus gezogenen Früchte (Zinsen, Mieteinnahmen) als Einkünfte iSd § 292 Abs 3 ASVG in Anrechnung zu bringen sind. Auch die vom Sachwalter aus der für den Kläger vorgenommenen Vermögensveranlagung erzielten Zinsen stellen somit Einkünfte iSd § 292 Abs 3 ASVG dar (10 ObS 160/03g, SSV‑NF 18/18).
1.3. Nach § 276 Abs 1 ABGB ist dem Sachwalter die ihm unter Bedachtnahme auf Art und Umfang seiner Tätigkeit gebührende jährliche (pauschale) Entschädigung zu leisten (§ 276 Abs 1 ABGB). Ferner hat der Sachwalter Anspruch auf angemessenes Entgelt, sofern er Angelegenheiten besorgt, die sonst entgeltlich an Dritte übertragen werden, wenn er besondere berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten benutzt (§ 276 Abs 2 ABGB). Jedenfalls sind vom Pflegebefohlenen die zur zweckentsprechenden Ausübung der Sachwalterschaft notwendigen Barauslagen, die tatsächlichen Aufwendungen und die Kosten einer zur Deckung der Haftung nach § 277 ABGB abgeschlossenen Haftpflichtversicherung zu erstatten, soweit sie nach gesetzlichen Vorschriften nicht unmittelbar vom Dritten getragen werden (§ 276 Abs 3 ABGB). Die Ansprüche nach Abs 1 bis Abs 3 bestehen jedoch insoweit nicht, als durch sie die Befriedigung der Lebensbedürfnisse des Pflegebefohlenen gefährdet wären (§ 276 Abs 4 ABGB).
2.1. Zu beurteilen ist, ob der in § 276 Abs 3 ABGB vorgesehene Ersatz der notwendigen Barauslagen und tatsächlichen Aufwendungen des Sachwalters zu den „gesetzlich geregelten Abzügen“ iSd § 292 Abs 3 ASVG zählt, um die die Einkünfte des Klägers zu vermindern sind.
2.2. Zur Ermittlung des sozialversicherungs-rechtlichen Nettoeinkommens iSd § 292 Abs 1 ASVG bzw dem in § 292 Abs 3 ASVG erwähnten Begriff der „gesetzlich geregelten Abzüge“:
Durch die 29. ASVG‑Novelle, BGBl 1973/31, kam es insofern zu einer Modifikation, als von dem bis dahin maßgebenden Begriff des „Gesamteinkommens“ (im Sinn der Summe aller Einkünfte nach Abzug des zu deren Erzielung notwendigen Aufwands und zuzüglich der aufgrund von Unterhaltsverpflichtungen zu berücksichtigenden Beträgen) abgegangen wurde. Aus den Gesetzesmaterialien zur 29. ASVG‑Novelle (RV 404 BlgNR 13. GP 106) ergibt sich zu § 292 ASVG Folgendes:
„Nach § 292 Abs 2 ASVG in der geltenden Fassung ist nicht der Anspruch auf Einkünfte maßgebend, nur die tatsächlich vorhandenen Einkünfte sind heranzuziehen. Die geltende Fassung geht gegenüber der herkömmlichen Begriffsbestimmung des Nettoeinkommens im Sinne des von der Rechtsprechung in bürgerlichen Rechtssachen und in Exekutionssachen erläuterten Begriffs noch weiter: Selbst das, was jemand nach Berücksichtigung der gesetzlichen Abzüge ausbezahlt erhält, ist erst dann Nettoeinkommen, wenn noch vorher die zur Erzielung der Einkünfte notwendigen Aufwendungen abgezogen werden (vgl. OLG Wien, 14. Juli 1967, 18 R 102/67, SSV 11/67).
Die Frage, was im Einzelfall als notwendiger Aufwand anzusehen ist, hat bei der Durchführung des § 292 ASVG vielfach Schwierigkeiten bereitet. Überdies führt eine sachlich oft nicht gerechtfertigte unterschiedliche Berücksichtigung des sogenannten 'notwendigen Aufwands' zu ungerechten Ergebnissen. Bei Feststellung des gesamten Nettoeinkommens soll daher künftig der Abzug des zur Erzielung der Einkünfte notwendigen Aufwands unterbleiben. Es soll grundsätzlich von Nettoeinkommen im Sinne des von der Rechtsprechung in bürgerlichen Rechtssachen und in Exekutionssachen erläuterten Begriffs ausgegangen werden. Nach ständiger Rechtsprechung des OGH (Evidenzblatt 1952. Nr 268 u.a.) sind unter dem Nettoeinkommen sämtliche Bezüge samt allen Nebengebühren abzüglich Steuern und sozialen Abgaben zu verstehen. Um sicherzustellen, dass die Definition des Nettoeinkommens auch die Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit umfasst, wurde die im Abs 3 des § 292 in der Fassung des Entwurfs enthaltene Legaldefinition geschaffen. Die Wendung 'nach Ausgleich mit Verlusten' stammt aus der Bestimmung des § 2 Abs 2 des Einkommenssteuergesetzes 1967 und nimmt auf die Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit Bedacht. Die vorgesehene Verminderung der Einkünfte um die 'gesetzlich geregelten Abzüge' soll zum Ausdruck bringen, dass sich das Nettoeinkommen erst nach Abzug von Steuern, Abgaben, Umlagen und Beiträgen ergibt. Außer dem Abzug dieser 'gesetzlich geregelten Abzüge' sollen keine weiteren Abzüge oder Absetzungen vom Nettoeinkommen zulässig sein, Insbesondere Werbungskosten (§ 9 EStG), sonstige (freiwillige) Sonderausgaben (§ 10 EStG) und außergewöhnliche Belastungen (§ 33 EStG) sollen nicht abgesetzt werden können, zumal sie in der Regel schon bei der Bemessung der abzuziehenden Steuern Berücksichtigung gefunden haben werden.“
2.3. In der Lehre vertritt Binder, Probleme der pensionsrechtlichen Ausgleichszulage, ZAS 1981, 89 (91 f), die Auffassung, dass die soeben zitierten Gesetzesmaterialien widersprüchlich seien. Zum einen werde erklärt, dass das Tatbestandsmerkmal „nach Ausgleich mit Verlusten“ dem § 2 Abs 2 EStG 1967 im Hinblick auf die aus selbständiger Erwerbstätigkeit herrührenden Einkünfte entlehnt sei, zum anderen jedoch die Absetzung von „Werbungskosten“ (§ 16 EStG 1972), sonstigen (freiwilligen) „Sonderausgaben“ (§ 18 EStG 1972) und „außergewöhnlichen Belastungen“ (§ 34 EStG 1972) ‑ da in der Regel ohnedies schon bei der Bemessung der abzuziehenden Steuern berücksichtigt ‑ für unstatthaft gehalten. Binder verweist darauf, dass in den Gesetzesmaterialien ausgeführt werde, dass die steuerlichen „Werbungskosten“ außer Betracht zu bleiben hätten. § 2 Abs 4 EStG 1972 begreife jedoch die Einkünfte als (aus nichtselbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen sowie aus Vermietung und Verpachtung erzielten) Überschuss der Einnahmen über die „Werbungskosten“. Wolle man der gesetzgeberischen Intention gerecht werden, wonach im Rahmen der Ausgleichszulagenermittlung lediglich auf das tatsächliche verfügbare Einkommen, die „echte Geldbewegung“, Bedacht genommen werden könne, bleibe nur der Ausweg, das in § 292 Abs 3 ASVG enthaltene Tatbestandsmerkmal des „Verlustausgleichs“ zu aktivieren; bloß auf diese Weise ließen sich die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Einkommenserzielung stehenden Ausgaben berücksichtigen. Dem Tatbestandsmerkmal des „Verlustausgleichs“ könnten hingegen nicht die freiwilligen Sonderausgaben (vgl § 18 EStG 1972) und die „außergewöhnlichen Belastungen“ (vgl § 34 EStG 1972) subsumiert werden (Binder aaO ZAS 1981, 93 FN 29).
2.4. Auch Schrammel, Probleme der Ausgleichszulage, ZAS 1992, 9 (12), vertritt die Auffassung, dass für die Ermittlung des Nettoeinkommens iSd § 292 Abs 3 ASVG von der Summe der Einkünfte die Verluste abgezogen werden müssen, die durch den Einsatz des Vermögens entstehen. Aus dem steuerrechtlichen Bezug der Formel „nach Ausgleich mit Verlusten“ ergebe sich, dass die Einkünfte um die Betriebsausgaben bzw Werbungskosten vermindert werden müssen. Werbungskosten dürften aber nur bei jener Einkunftsart abgezogen werden, bei der sie auch erwachsen seien.
2.5. Nach Pfeil in SV‑Komm § 292 ASVG Rz 22 sei vor Berücksichtigung der Einkünfte ein Ausgleich mit Verlusten durchzuführen. Dieser Begriff sei dem Steuerrecht (vgl § 2 Abs 2 EStG) entlehnt und wie dort zu verstehen. Die Einkünfte seien weiters um die gesetzlichen Abzüge zu vermindern. Darunter seien insbesondere Steuern, (auch SV‑)Abgaben, Umlagen und Beiträge zu verstehen. Eine Verminderung um Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen komme dagegen trotz der auch hier erkennbaren Nähe zum Steuerrecht nicht in Betracht.
2.6. Nach Ziegelbauer in Sonntag, ASVG4 § 292 Rz 14 werde das Nettoeinkommen als Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten verstanden, wobei dieser Betrag lediglich um die gesetzlichen Abzüge zu vermindern sei (Steuern, Abgaben, Umlagen und Beiträge). Als gesetzlicher Abzug sei etwa die Belohnung des Sachwalters von den Einkünften des Pflegebefohlenen abzuziehen (10 ObS 229/88). Die Absetzung von Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen nach dem EStG sei für die Berechnung des Nettoeinkommens nicht zu berücksichtigen.
3. In der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs wird auch zum Ausgleichszulagenrecht ganz allgemein die Auffassung vertreten, dass im Sozialversicherungsrecht nicht einfach die Regeln des EStG angewendet werden können, weil letzteres in den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen nur für die Bewertung der Sachbezüge (vgl § 292 Abs 3 2. Satz ASVG) vorgesehen ist und eine uneingeschränkte analoge Anwendung wegen der unterschiedlichen Ziele der Sozialversicherungsgesetze und der Steuergesetze nicht in Betracht kommt. Dies schließt allerdings nicht aus, dass im Einzelfall auf steuerrechtliche Bestimmungen zurückgegriffen werden kann (RIS‑Justiz RS0085302; RS0085210). Unter dem Begriff des Nettoeinkommens iSd § 292 Abs 3 ASVG ist das Einkommen zu verstehen, dass als Aktivsaldo aus allen Einkommensarten letztlich verfügbar ist (RIS‑Justiz RS0117784). Ausgehend vom Zweck der Ausgleichszulage, dass dem Pensionsbezieher in pauschaler Weise ein Betrag zur Verfügung gestellt werden soll, mit dem ihm die Bestreitung eines angemessenen Lebensunterhalts ermöglicht wird, ist die „Summe der Einkünfte ... nach Ausgleich mit Verlusten“ iSd § 292 Abs 3 ASVG jener Betrag, der dem Pensionisten letztlich real zur Verfügung steht (RIS‑Justiz RS0117784 [T1]). Es ist daher gerechtfertigt, im Ausgleichszulagenrecht bei selbständig Erwerbstätigen grundsätzlich vom steuerlichen Gewinn, vermindert um die gesetzlichen Abzüge, auszugehen. Steuerliche Abschreibungen, die nur aus wirtschaftlichen Gründen vorgesehen sind, sind für den Bereich der Sozialversicherung und daher auch im Ausgleichszulagenrecht nicht als einkommensmindernd anzuerkennen (RIS‑Justiz RS0085109).
3.1. In diesem Sinne sprach der Senat in der Entscheidung 10 ObS 35/87, SSV‑NF 1/21, aus, dass in die Prüfung, ob ein Anspruch auf Ausgleichszulage besteht, sämtliche Einkünfte unter Berücksichtigung auch von Verlusten aus einzelnen Einkunftsarten einzubeziehen sind. In der Entscheidung 10 ObS 229/88, SSV‑NF 2/101, wurde die Auffassung vertreten, dass es sich bei der vom Pflegschaftsgericht zuzuerkennenden jährlichen Belohnung des Sachwalters um „gesetzlich geregelte Abzüge“ iSd § 292 Abs 3 ASVG handle, die „aus den in Ersparung kommenden Einkünften“ der behinderten Person zuzuerkennen seien und diese Einkünfte daher entsprechend vermindern. Solche Belastungen seien deshalb Werbungskosten im einkommenssteuerrechtlichen Sinn ähnlich und von den Einkünften des Pensionsberechtigten abzuziehen. In der Entscheidung 10 ObS 364/89, SSV‑NF 4/1, wies der Senat darauf hin, dass die Gesetzesmaterialien zur 29. ASVG‑Novelle (RV 404 BlgNR 13. GP 106) unklar und widersprüchlich seien. Den Worten „Ausgleich mit Verlusten“ sei der Sinn beizulegen, dass ein Verlust, also ein Überschuss der Betriebsausgaben oder Werbungskosten über die Einnahmen, der sich aus einer Einkunftsart ergebe, mit anderen Einkünften, also mit dem Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben oder Werbungskosten bei einer anderen Einkunftsart, auszugleichen sei, wobei dasselbe gelte, wenn der Gewinn gemäß § 4 Abs 1 EStG 1967, 1972 oder 1988 durch den Vergleich des Betriebsvermögens ermittelt werde. Auch in weiteren Entscheidungen (vgl 10 ObS 245/90, SSV‑NF 4/95; 10 ObS 250/91, SSV‑NF 6/140; 10 ObS 56/08w, SSV‑NF 23/29) wurde vom Senat stets betont, dass im Ausgleichszulagenrecht bei selbständig Erwerbstätigen grundsätzlich vom steuerlichen Gewinn, also von den Betriebseinnahmen abzüglich der Betriebsausgaben, vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge, auszugehen sei. Nach der Entscheidung 10 ObS 421/01m, SSV‑NF 16/67, handle es sich bei Einkünften aus freien Dienstverträgen um Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit und somit um betriebliche Einkünfte. Bei betrieblichen Einkünften komme der steuerrechtlichen Beurteilung von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben (Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb) die maßgebende Bedeutung zu.
3.2. Zur Frage der Berücksichtigung von Sonderausgaben (§ 18 EStG) und außergewöhnlichen Belastungen (§ 34 EStG) wurde in der Entscheidung 10 ObS 101/93, SSV‑NF 7/99, ausgesprochen, dass der unter Sonderausgaben nach § 18 Abs 1 Z 4 EStG 1972 vorzunehmende Abzug von Verlusten aus vorangegangenen Wirtschaftsjahren nur die Einkommenssteuer, nicht jedoch die für die Ermittlung der Ausgleichszulage iSd § 292 Abs 3 ASVG maßgeblichen Einkünfte vermindere. In der Entscheidung 10 ObS 135, 136/93, SSV‑NF 8/23, wurde unter Bezugnahme auf die bereits zitierten Gesetzesmaterialien zur 29. ASVG‑Novelle die Auffassung vertreten, dass außer dem Abzug der gesetzlich geregelten Abzüge keine weiteren Abzüge oder Absetzungen vom Nettoeinkommen zulässig seien und insbesondere auch Werbungskosten nicht abgesetzt werden könnten, zumal sie in der Regel schon bei der Bemessung der abzuziehenden Steuern Berücksichtigung gefunden haben werden (vgl auch 10 ObS 71/09b, SSV‑NF 23/46). Diese Ansicht wurde vom Senat in der Entscheidung 10 ObS 140/07x, SSV‑NF 21/82, auch in Bezug auf die allein steuerrechtlich relevanten Sonderausgaben (§ 18 EStG) und außergewöhnlichen Belastungen (§ 34 EStG), bei denen es sich in der Regel um Ausgaben im Rahmen der Einkommensverwendung (Lebensführung) handle, vertreten.
4. Nach § 2 Abs 4 EStG 1988 sind Einkünfte iSd Abs 3 bei Land‑ und Forstwirtschaft, selbständiger Arbeit und Gewerbebetrieb der Gewinn (§§ 4 bis 14) und bei den anderen Einkunftsarten der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 15 und 16). Bei den Werbungskosten handelt es sich nach § 16 Abs 1 EStG 1988 um Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
4.1. Nach § 2 Abs 2 EStG 1988 ist das (steuerrechtliche) Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs 3 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) und außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34 und 35) sowie der Freibeträge nach den §§ 104, 105 und 106a. Bei den Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988) handelt es sich um Ausgaben im Rahmen der Einkommensverwendung oder ‑ mit anderen Worten ‑ um Ausgaben, die der Sphäre der Lebensführung zugehören. Obwohl es sich um Kosten der Lebensführung handelt, sind sie ausnahmsweise als Sonderausgaben steuerlich zu berücksichtigen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind (vgl 10 ObS 140/07x, SSV‑NF 21/82 mwN). Auch bei den als außergewöhnlicher Belastung nach § 34 EStG 1988 in Betracht kommenden Aufwendungen handelt es sich in der Regel bestimmungsgemäß um Kosten der Lebensführung, die ohne die gesetzliche Anordnung nicht absetzbar wären, deren Berücksichtigung aber dem im Steuerrecht geltenden Leistungsfähigkeitsprinzip entspricht. Die steuerliche Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung beruht somit auf dem Gedanken, dass diese Beträge dem Steuerpflichtigen nicht zur freien Verfügung stehen, während die Dispositionsmöglichkeit der Mehrzahl der Steuerpflichtigen insoweit nicht eingeschränkt ist. Sie betrifft somit nicht disponible Einkommensteile und bewirkt ein erhöhtes Existenzminimum (10 ObS 24/13x mwN). Die außergewöhnliche Belastung darf nicht schon als Betriebsausgabe, Werbungskosten oder Sonderausgabe geltend gemacht werden können (§ 34 Abs 1 EStG 1988).
4.2. Soweit der Revisionswerber damit argumentiert, der vom Pflegschaftsgericht dem Sachwalter zuerkannte Aufwandersatz in Höhe von 146 EUR stehe ihm zur Bestreitung seiner Lebenshaltungskosten nicht mehr zur Verfügung, ohne dass ihm darauf eine Einflussmöglichkeit zukomme, hat bereits das Erstgericht im Sinne der soeben dargelegten Ausführungen zutreffend darauf hingewiesen, dass der Aufwandersatz, den der Pflegebefohlene dem Sachwalter leisten muss, im Vermögen des Pflegebefohlenen ‑ soweit die Kosten nicht nach den gesetzlichen Vorschriften unmittelbar von Dritten getragen werden ‑ eine außergewöhnliche Belastung darstellt, die bei festgestellter Behinderung iSd § 35 Abs 2 Z 2 EStG ohne Abzug eines Selbstbehalts berücksichtigt werden kann (vgl Parapatits, Die Sachwalterschaft als außergewöhnliche Belastung im Steuerrecht, iFamZ 2010, 148 [149] mwN; Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke EStG § 34 Anm 78).
4.3. Es entspricht der zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass außergewöhnliche Belastungen iSd § 34 EStG 1988 ebenso wie Sonderausgaben iSd § 18 EStG 1988 bei der Ermittlung des Nettoeinkommens iSd § 292 Abs 3 ASVG nicht absetzbar sind, weil es sich dabei in aller Regel um Aufwendungen handelt, die in den Bereich der privaten Lebensführung des Einkommensbeziehers fallen und nur aus spezifisch steuerrechtspolitischen Motiven kraft besonderer Anordnung (§ 2 Abs 2 EStG 1988) steuerlich absetzbar sind (vgl 10 ObS 140/07x, SSV‑NF 21/82; 10 ObS 101/93, SSV‑NF 7/99 ua). Die Revisionsausführungen bieten keinen Anlass für ein Abgehen von dieser Rechtsprechung.
4.4. Pülzl verweist in seiner kritischen Anmerkung zur Entscheidung 10 ObS 140/07x in ASok 2008, 425, unter Bezugnahme auf die bereits zitierten Gesetzesmaterialien zur 29. ASVG-Novelle (RV 404 BlgNR 13. GP 106), wonach Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen nicht abgesetzt werden können, weil sie in der Regel schon bei der Bemessung der abzuziehenden Steuern Berücksichtigung gefunden haben werden, darauf, dass seit der Lohnsteuerrichtlinie 2002 Rz 30 die Ausgleichszulage steuerbefreit sei, was die Nichtabzugsfähigkeit jener Aufwendungen und Ausgaben bewirke, die mit den nicht steuerpflichtigen Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Selbst wenn man von einer Steuerpflicht ausginge, würde in vielen Fällen die tarifliche Steuerfreistellung nach § 33 Abs 1 EStG 1988 zu keiner Einkommensbesteuerung führen, wodurch zusätzliche Minderungen der Steuerbemessungsgrundlage unter anderem durch außergewöhnliche Belastungen ohne Wirkung blieben. Es bleibe daher nach Ansicht von Pülzl fraglich, warum nicht ‑ wie im Steuerrecht ‑ auch im Ausgleichszulagenrecht jener zusätzliche Mindestbedarf abzugsfähig sei, der infolge außergewöhnlicher Umstände über dem „gewöhnlichen“ Existenzminimum liege.
Diesen Ausführungen ist ‑ jedenfalls was die im gegenständlichen Verfahren allein strittige Berücksichtigung des Aufwandersatzes für den Sachwalter in Höhe von 146 EUR betrifft ‑ die Bestimmung des § 276 Abs 4 ABGB entgegenzuhalten, wonach der Anspruch des Sachwalters (auch) auf Aufwandersatz entfällt, wenn durch dessen Berichtigung die Befriedigung der Lebensbedürfnisse des Pflegebefohlenen gefährdet wäre. Durch diese Einschränkung bleibt der Zweck der Ausgleichszulage gewahrt, dem Pensionisten ein zur Bestreitung der Kosten der einfachen Lebensführung ausreichendes Mindesteinkommen zu sichern (RIS‑Justiz RS0085127; RS0116796).
Der Revision des Klägers musste daher ein Erfolg versagt bleiben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Da die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO abhängt, entspricht es der Billigkeit, dem unterlegenen Kläger angesichts seiner angespannten Einkommensverhältnisse die Hälfte der Revisionskosten zu ersetzen.
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