European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:010OBS00068.14V.1021.000
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das Urteil des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts (in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 7. Jänner 2014) wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 826,52 EUR bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten 137,76 EUR USt) binnen 14 Tagen zu Handen der Klagevertreterin bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist seit 23. 1. 2010 mit C***** T***** verpartnert (Nr 01/2010 des Standesamtes Linz). Am 14. 3. 2010 brachte C***** T***** (im Folgenden: „Partnerin der Klägerin“) ihren Sohn B***** N***** zur Welt. Der Vater des Kindes scheint in der Geburtsurkunde nicht auf. Die Partnerin der Klägerin bezieht Familienbeihilfe. Die Klägerin und ihre Partnerin haben ihren Lebensmittelpunkt in Österreich und sind österreichische Staatsbürger. Sie leben mit dem Kind in einem gemeinsamen Haushalt und besorgen dessen Pflege und Erziehung gemeinsam. Zwischen der Klägerin und dem Kind hat sich eine Beziehung aufgebaut, die einem Eltern-Kind-Verhältnis nahekommt.
Die Klägerin beantragte beim Bezirksgericht Linz die „Anerkennung als Pflegemutter für den Sohn ihrer Partnerin“. Dieser Antrag wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts Linz vom 4. 1. 2013 mit der Begründung zurückgewiesen, dass ein derartiger Antrag bzw ein Verfahren zur Anerkennung als Pflegeeltern im Gesetz nicht vorgesehen sei.
Die Partnerin der Klägerin bezog für B***** N***** Kinderbetreuungsgeld bis 13. 9. 2012 (dem 30. Lebensmonat des Kindes).
Am 31. 1. 2013 stellte die Klägerin den Antrag auf Zuerkennung des Kinderbetreuungsgelds für das Kind B***** N***** für den Zeitraum 14. 9. 2012 bis 13. 3. 2013.
Mit Bescheid vom 22. 3. 2013 wies die beklagte Partei diesen Antrag ab.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Klage beantragte die Klägerin den Zuspruch von Kinderbetreuungsgeld vom 1. 1. 2013 bis zum 13. 3. 2013 (dem Ende des maximal möglichen Bezugszeitraums). Sie sei Pflegeelternteil iSd § 186 ABGB, weil sie die Pflege und Erziehung von B***** N***** ganz oder teilweise besorge und zwischen ihr und dem Kind eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und deren Kindern nahe kommende Beziehung bestehe. Auch im Sinne des KBGG sei sie Pflegeelternteil von B***** N***** zu qualifizieren und habe als „zweiter Elternteil“ iSd § 5 Abs 2 KBGG Anspruch auf den Bezug des verlängerten Kinderbetreuungsgelds.
Die beklagte Partei bestritt, beantragte Klageabweisung und wendete ein, ein Wechsel iSd § 5 KBGG sei nur zwischen jenen Elternteilen möglich, die durch das Band der leiblichen Elternschaft oder durch das Band der Pflegeelternschaft verbunden sind. Das Vermischen dieser unterschiedlichen Ebenen der Elternschaft, um daraus einen Wechselfall mit Verlängerung des Anspruchs auf Kinderbetreuungsgeld zu konstruieren, sei nicht vorgesehen. Beziehe zuerst der leibliche Elternteil das Kinderbetreuungsgeld und stelle dann der Pflegeelternteil einen Antrag, so liege kein Wechsel im Sinne des KBGG vor. Vielmehr trete der Pflegeelternteil an die Stelle des leiblichen Elternteils. Dies führe dazu, dass es sich bei der Pflegeelternschaft im Sinne des KBGG um eine solche handle, bei der die Pflegeeltern nicht mit einem (oder beiden) leiblichen Elternteilen und dem Kind im gemeinsamen Haushalt leben. Demgemäß sehe das KBGG für Stiefelternteile und diesen vergleichbare Elternteilen keinen Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld vor.
Die Klägerin erwiderte, es sei dem Gesetz nicht zu entnehmen, dass der Begriff der Pflegeeltern nach § 186 ABGB (nunmehr § 184 ABGB) nicht dem Begriff der Pflegeelternschaft im Sinne des KBGG gleich zu halten sei. Die familienpolitischen Ziele des Gesetzgebers hätten darauf abgezielt, dass das Kind abwechselnd von beiden Elternteilen betreut werde. Der für die Verlängerung des Anspruchs auf Kinderbetreuungsgeld wesentliche partnerschaftliche Gedanke sei im vorliegenden Fall erfüllt, weil das Kind zunächst von der leiblichen Mutter und dann von der im gemeinsamen Haushalt lebenden „zweiten Mutter“ betreut werde und eine Vereinbarung zwischen den beiden Müttern über den abwechselnden Bezug des Kinderbetreuungsgelds im Rahmen der partnerschaftlichen Erziehung des Kindes vorliege. Es möge wohl richtig sein, dass ‑ oberflächlich betrachtet - eine Stiefelternschaft vorliege. Es handle sich aber nicht um eine „klassische“ Stiefelelternschaft in dem Sinn, dass jemand erst nach der Geburt des Kindes in die Familie ziehe. Vielmehr hätten sie und ihre Partnerin entschieden, gemeinsam ein Kind zu bekommen und im gemeinsamen Haushalt aufzuziehen. Es könne deshalb nicht gesagt werden, dass sie als Pflegeelternteil anstelle des leiblichen Elternteils „einspringe“. Sie sei vielmehr als „Co-Mutter“ einem leiblichen Elternteil gleichzuhalten. Sie sei lediglich biologisch nicht in der Lage gewesen, ein Kind selbst zu zeugen. Ab dem Inkrafttreten des Adoptionsrechts‑Änderungsgesetzes 2013 mit 1. 8. 2013 werde es ihr zudem rechtlich möglich sein, B***** N***** zu adoptieren. Es sei daher klar und deutlich, dass es sich nicht um verschiedene Ebenen der Elternschaft handle, sondern um eine Partnerschaft und Elternschaft, die sich von einer biologischen Elternschaft nicht unterscheide.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und erkannte die beklagte Partei schuldig, der Klägerin das Kinderbetreuungsgeld für das Kind B***** N***** im gesetzlichen Ausmaß vom 1. 1. 2013 bis 13. 3. 2013 zu gewähren. Rechtlich ging es davon aus, dass die Klägerin als Pflegeelternteil nach § 184 ABGB anzusehen sei. Dies ergebe sich daraus, dass sie mit dem Kind in einem Haushalt wohne und an dessen Pflege und Erziehung maßgeblich beteiligt sei. Da sie gemeinsam mit ihrer eingetragenen Partnerin das Kind dauerhaft betreue, werde dem familienrechtlichen Grundsatz der partnerschaftlichen Erziehung Rechnung getragen. Spätestens seit der Einführung des Eingetragenen Partnerschaft‑Gesetzes (EPG) sei die Form der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft in der österreichischen Rechtsordnung anerkannt. Zudem sei homosexuellen Paaren mit dem Adoptionsrechts-Änderungsgesetz 2013 seit 1. 8. 2013 die Möglichkeit der Stiefkindadoption eröffnet worden, die zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheids durch die beklagte Partei noch nicht bestanden habe. Nach dem von der beklagten Partei vertretenen Standpunkt wäre für homosexuelle Paare die einzig denkbare Möglichkeit der Verlängerung des Bezugs des Kinderbetreuungsgelds nur dadurch gegeben, dass das Paar als Pflegeeltern ein Kind aufnimmt, das von keinem der Partner abstamme. Es sei aber nicht ersichtlich, warum ein von einem der beiden Partner abstammendes Kind rechtlich schlechter gestellt sein sollte, als ein Kind, das von keinem der beiden Partner abstammt. Der Wunsch nach einem eigenen Kind stelle jedenfalls einen besonders wichtigen Aspekt der Existenz oder der Identität eines privaten Individuums dar. Im vorliegenden Fall komme es zwar zu einer Vermischung der Ebenen der Elternschaft, jedoch sei diese unvermeidbar, um dem Kinderwunsch eines gleichgeschlechtlichen Paares zu entsprechen.
Das Berufungsgericht gab der von der beklagten Partei erhobenen Berufung Folge und änderte die Entscheidung dahingehend ab, dass das Klagebegehren abgewiesen wurde. Nach Wiedergabe der §§ 2 und 5 Abs 2 KBGG und der Gesetzesmaterialien ging auch das Berufungsgericht rechtlich davon aus, dass die Klägerin als Pflegeelternteil nach § 184 ABGB anzusehen sei. Der Oberste Gerichtshof habe an der Rechtsprechung, nach der ein Wechsel iSd § 5 KBGG jeweils nur zwischen jenen Elternteilen möglich sei, die durch das Band der leiblichen Elternschaft oder durch das Band der Adoptivelternschaft oder durch das Band der Pflegeelternschaft verbunden sind, auch nach dem Inkrafttreten des Kindschafts- und Namensrechts‑Änderungsgesetzes 2013 festgehalten. Dies, obwohl in § 139 Abs 2 ABGB neben der mit dem FamRÄG 2009 eingeführten „Beistandspflicht“ aller volljährigen Personen, die mit einem Elternteil und dessen Kind im gemeinsamen Haushalte leben und zum Elternteil in einem familiären Verhältnis stehen, nun auch eine Verpflichtung normiert wurde, den Elternteil in jenen Obsorgeangelegenheiten des täglichen Lebens zu vertreten, die häufig vorkommen und keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben. Auch das mit 1. 8. 2013 in Kraft getretene Adoptionsrechts-Änderungsgesetz 2013 (AdRÄG 2013) führe zu keiner anderen Beurteilung. Die neue Rechtslage sei schon vor Urteilsfällung erster Instanz in Kraft getreten. Von dieser (neuen) Rechtslage sei bei Erledigung des vorliegenden Rechtsmittels bereits auszugehen. § 197 Abs 4 ABGB ermögliche nunmehr auch in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften die Stiefkindadoption, ohne dass die familienrechtlichen Beziehungen des Kindes zum eingetragenen Partner oder Lebensgefährten des Wahlelternteils erlöschen. In Bezug auf § 5 Abs 2 KBGG komme es zu keiner Vermischung der Elternebenen mehr, weil an Stelle des leiblichen Vaters die eingetragene Partnerin trete. Für die Klägerin sei daraus dennoch nichts zu gewinnen, weil sie sich ausschließlich auf ihre Stellung als Pflegeelternteil berufe. Mit einem Wechsel von der leiblichen Mutter zur eingetragenen Partnerin als Pflegeelternteil sei aber (weiterhin) zwangsläufig die als anspruchsschädlich beurteilte Vermischung der Elternebenen verbunden. Diese Vermischung sei gleichermaßen auch bei heterosexuellen Paaren nicht zu vermeiden, weshalb keine Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung bestehe und auch kein Konflikt mit dem Gleichheitsgrundsatz gegeben sei. Aufgrund der inhaltlichen Unterschiede zwischen einer Adoptivelternschaft, die einer gerichtlichen Bewilligung bedürfe und einer Pflegeelternschaft, die durchaus auch aus faktischen Umständen resultieren könne, verstoße die unterschiedliche Behandlung dieser Elternschaften in Bezug auf die Verlängerung von Kinderbetreuungsgeld ebenfalls nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz. Infolge des Wechsels vom leiblichen Elternteil auf den Pflegeelternteil komme der Klägerin kein Anspruch auf den verlängerten Bezug des Kinderbetreuungsgelds zu.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Frage des Anspruchs einer eingetragenen Partnerin auf Verlängerung des Kinderbetreuungsgelds gemäß § 5 Abs 2 KBGG über 30 Monate hinaus keine oberstgerichtliche Rechtsprechung bestehe.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig und auch berechtigt.
In ihrer Revision macht die Klägerin geltend, den vom Berufungsgericht ins Treffen geführten Entscheidungen liege ein anderer Sachverhalt zu Grunde, nämlich jeweils ein Wechsel vom Haushalt leiblicher Eltern in den Haushalt von Pflegeeltern. Da sie und ihre eingetragene Partnerin und zugleich leibliche Mutter des Kindes mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt leben und sie beide das Kind partnerschaftlich betreuen, sei der Intention des Gesetzgebers des KBGG entsprochen. Mit der Entscheidung des EGMR vom 19. 2. 2013 ( X ua gegen Österreich, Beschw-Nr 19010/07) sei Österreich aufgrund einer Verletzung von Art 14 in Verbindung mit Art 8 EMRK verurteilt worden, weil nach der bestehenden Rechtslage die Adoption des Kindes durch den gleichgeschlechtlichen Partner eines leiblichen Elternteils ausgeschlossen war, ohne die rechtlichen Beziehungen zu diesem Elternteil aufzuheben. Nach Ansicht des EGMR sei das Verbot der Adoption durch die „zweite Mutter“ menschenrechtswidrig gewesen. Der EGMR habe somit die vorliegende Form des Familienlebens auch indirekt anerkannt. Der menschenrechtswidrige Zustand habe zum Zeitpunkt der Antragstellung bestanden und sei erst durch die mit dem Adoptionsrechts-Änderungsgesetz 2013 in Kraft getretene Gesetzesänderung beseitigt worden. Dies bedeute weiters, dass auch vom nationalen Gesetzgeber die Stellung der „zweiten Mutter“ als „soziale Mutter“ anerkannt worden sei, indem dieser die Möglichkeit eingeräumt worden sei, Adoptivmutter zu werden. Im Hinblick darauf sowie auf die Tatsache, dass die Klägerin bereits zwischenzeitlich Adoptivmutter von B***** N***** sei, könne von einer „Vermischung der Elternebenen“ nicht die Rede sein.
Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision der Klägerin nicht Folge zu geben.
Dazu ist auszuführen:
1.1 Gemäß § 2 Abs 1 KBGG hat Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld ein Elternteil (Adoptivelternteil, Pflegeelternteil) für sein Kind (Adoptivkind, Pflegekind), sofern die in § 2 Abs 1 Z 1 bis 5 aufgezählten ‑ hier nicht strittigen ‑ Voraussetzungen gegeben sind.
Aus den Materialien zum Kinderbetreuungs-geldgesetz (ErläutRV 620 BlgNR 21. GP 59) ergibt sich, dass das Kinderbetreuungsgeld als Familienleistung ausgestaltet wird und nun unabhängig von einer früheren Erwerbstätigkeit gebührt. Anspruchsberechtigt sind grundsätzlich die Eltern, die für ihr Kind Familienbeihilfe beziehen. Als Kinder gelten auch Adoptiv- und Pflegekinder. Als Eltern gelten auch Adoptiv- und Pflegeeltern. „Pflegeeltern sind Personen im Sinn des § 186 ABGB (BGBl I Nr 135/2000).“
1.2 Durch das Kinderbetreuungsgeld soll die Betreuung des Kindes durch die Eltern und die Förderung der Einbindung der Väter in die Betreuung des Kindes sichergestellt und beiden Elternteilen die Wahrnehmung ihrer elterlichen Pflichten erleichtert werden (ErläutRV 620 BlgNR 21. GP 55). Die Bezugsdauer des Kinderbetreuungsgelds richtet sich danach, ob der Leistungsbezug zwischen den Eltern geteilt wird oder nicht. Nach § 5 Abs 3 KBGG kann der Bezug von Kinderbetreuungsgeld abwechselnd durch beide Elternteile erfolgen, wobei ein zweimaliger Wechsel pro Kind zulässig ist. Das Kinderbetreuungsgeld wird nach § 5 Abs 2 KBGG bis zum 30. Lebensmonat des betreffenden Kindes bzw bei einer Teilung des Leistungsbezugs entsprechend der Dauer des Leistungsbezugs des anderen Elternteiles bis maximal zum 36. Lebensmonat gewährt. Der gesetzliche Höchstanspruch kann also nur dann voll ausgeschöpft werden, wenn es zu einer partnerschaftlichen Teilung der Kinderbetreuung kommt und damit dem familienrechtlichen Grundsatz der partnerschaftlichen Erziehung des Kindes Rechnung getragen wird. Dem im Rahmen des § 5 Abs 3 KBGG möglichen abwechselnden Bezug durch beide Elternteile liegt ‑ sofern der Anspruch des beziehenden Elternteils nicht bereits voll ausgeschöpft ist ‑ eine Vereinbarung beider Elternteile zu Grunde (vgl Ehmer ua, KBGG 2 105). Sie enthält den zeitlich befristeten Verzicht des beziehenden Elternteils zu Gunsten des anderen Elternteils.
1.3 Beim Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld handelt es sich demnach um einen von der Betreuung eines Kindes im gemeinsamen Haushalt abhängigen einheitlichen Anspruch, den die Eltern wahlweise ausüben können, und nicht um getrennte Ansprüche des einen und des anderen Elternteils (10 ObS 151/11w).
2. Zu beurteilen ist, ob der Wechsel der Betreuung des Kindes durch die leibliche Mutter zur Klägerin, zu einem „Wechsel zwischen den Elternteilen“ iSd § 5 Abs 2 bis 4 KBGG führt.
2.1 Dem Standpunkt der Klägerin, sie sei auf Grund der vorliegenden Gegebenheiten schon kraft ihrer Eigenschaft als „Co-Mutter“ der biologischen Mutter gleichzuhalten, ist entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber in der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft weiterhin nicht das Modell leiblicher Eltern erblickt, was sich unmissverständlich aus § 8 Abs 4 EPG idF des Adoptionsrechts-Änderungsgesetzes (AdRÄG) 2013, BGBl I 2013/179 ergibt, nach welcher Bestimmung die eingetragenen Partner nicht gemeinsam ein Kind an Kindes statt annehmen dürfen (7 Ob 124/11b; 2 Ob 220/12k).
2.2 Wie aus § 2 Abs 1 KBGG abzuleiten ist, besteht für einen Anspruch des bloßen Lebensgefährten des leiblichen Elternteils (Stiefelternteils) im KBGG keine Grundlage, dies unabhängig davon, ob es sich um heterosexuelle oder gleichgeschlechtliche Partner handelt.
3.1 Die Klägerin beruft sich aber auch auf ihre Stellung als „Pflegeelternteil“ iSd § 184 ABGB.
3.1.1 Nach § 184 ABGB idF BGBl I 2013/15 (entspricht § 186 idF BGBl I 2000/135) sind Pflegeeltern Personen, die die Pflege und Erziehung des Kindes ganz oder teilweise besorgen und zu denen eine nach dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern nahe kommende Beziehung besteht oder hergestellt werden soll. Nach einhelliger Ansicht knüpft der Begriff der Pflegeeltern somit an zwei Merkmale an: Die tatsächliche ‑ ganze oder teilweise ‑ Besorgung der Pflege und Erziehung sowie das Bestehen einer dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern nahekommenden persönlichen Beziehung oder die Absicht, eine solche herzustellen. Beide Begriffselemente setzen eine weitgehende Eingliederung des Kindes in den Haushalt und Lebensablauf der Pflegeeltern sowie zumindest die Absicht voraus, ein dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern vergleichbare emotionale Bindung aufzubauen. Auf welcher Rechtsgrundlage das Pflegeverhältnis beruht, ist unmaßgeblich. Die Pflegeelternschaft nach § 186 ABGB (nunmehr § 184 ABGB) ist kraft Gesetzes gegeben, wenn die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale gegeben sind (RIS-Justiz RS0127991; Hopf in KBB 4 , § 184 ABGB Rz 1; Deixler-Hübner in Kletečka/Schauer , ABGB-ON 1.02 § 184 Rz 5 ua).
3.1.2 Auch Stiefelternteile, also mit einem leiblichen Elternteil (verheiratet oder nicht) in Lebensgemeinschaft lebende Personen fallen ‑ im Gegensatz zum bisherigen Recht ‑ bei Erfüllung der Voraussetzungen unter den Begriff Pflegeeltern. Bei Übernahme von Betreuungsleistungen und bei Vorliegen einer § 186 ABGB (nunmehr § 184 ABGB) entsprechenden emotionalen Bindung können sie als Pflegeeltern gelten. Damit ist die Grundlage einer gewissen rechtlichen Anerkennung der sogenannten „Patchworkfamilien“ gelegt (ErläutRV 296 BlgNR 21. GP 69 f; Barth/Neumayr in Fenyves/Kerschner/Vonkilch , ABGB 3 § 186 Rz 15 mwN). Wie der Oberste Gerichtshof zu 8 Ob 62/12v ausgesprochen hat, kann auch der Lebensgefährtin der leiblichen Mutter bei Erfüllung der sonstigen Tatbestandsvoraussetzungen iSd § 184 ABGB (materiell-rechtlich) die Stellung als Pflegeelternteil zukommen.
3.2 Demgegenüber vertritt die beklagte Partei den Standpunkt, es bestehe im KBGG ein eigener, mit dem Pflegeelternbegriff des § 184 ABGB nicht übereinstimmender Pflegeelternbegriff, der davon ausgehe, dass die Pflegeeltern bisher weder mit dem Kind noch mit einem oder beiden leiblichen Elternteilen im gemeinsamen Haushalt gelebt haben. Diese Ansicht steht aber nicht in Einklang mit den Gesetzesmaterialien zu § 2 KBGG, aus denen sich deutlich ergibt, dass Pflegeeltern Personen iSd § 186 ABGB (BGBl I Nr 135/2000) ‑ nunmehr iSd § 184 ABGB ‑ sind (siehe oben Pkt 1.1). Dies kann nicht anders verstanden werden, als dass auch dem in § 5 KBGG genannten Begriff der Pflegeeltern jenes Verständnis beizumessen ist, das das ABGB diesem Begriff zuordnet. Dieser Begriff umfasst ‑ wie bereits dargelegt ‑ bei Erfüllung der Voraussetzungen nunmehr auch die mit einem leiblichen Elternteil in Lebensgemeinschaft lebende Personen, mögen diese mit dem leiblichen Elternteil verheiratet oder verpartnert sein oder nicht.
3.3 Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Klägerin mit der leiblichen Mutter des Kindes und dem Kind in einem gemeinsamen Haushalt wohnt, dass sie gemeinsam mit der leiblichen Mutter das Kind pflegt und erzieht und sich zwischen der Klägerin und dem Kind eine Beziehung aufgebaut hat, die einem Eltern-Kind Verhältnis nahekommt. Nach diesen faktischen Verhältnissen kann an der rechtlichen Stellung der Klägerin als „Pflegeelternteil“ iSd § 184 ABGB nicht gezweifelt werden. Wie die Klägerin ‑ von der beklagten Partei unbestritten ‑ weiters vorgebracht hat, haben sie und die leibliche Mutter des Kindes im Rahmen der partnerschaftlichen Erziehung des Kindes eine Vereinbarung über den abwechselnden Bezug des Kinderbetreuungsgelds getroffen. Unter diesen Voraussetzungen führt der Wechsel der Betreuung des Kindes durch die leibliche Mutter zur Klägerin zu einem Wechsel zwischen den Elternteilen iSd § 5 Abs 2 bis 4 KBGG, der geeignet ist, die Anspruchsdauer über die Vollendung des 30. Lebensmonats des Kindes hinaus zu verlängern.
3.4 Dieses Ergebnis steht nicht im Widerspruch zu der zu § 5 KBGG ergangenen Judikatur. Den bisherigen Entscheidungen lag nämlich jeweils der Sachverhalt zu Grunde, dass das Kind zunächst im Haushalt der leiblichen Mutter von dieser betreut wurde, diese das Kinderbetreuungsgeld bezog und sich das Kind anschließend im Haushalt der Pflegeeltern (des Pflegeelternteils bzw der Krisenpflegemutter) in Pflege und Erziehung befand. Es bestand somit nicht nur eine zeitliche Abfolge, sondern es fand auch ein Wechsel in dem Sinn statt, dass die Betreuung des Kindes vorerst im Haushalt der leiblichen Eltern (bzw des leiblichen Elternteils) erfolgte und dann im Haushalt außenstehender Pflegeeltern (bzw des Pflegeelternteils), wobei die Pflegeeltern (bzw die Pflegemutter) in keinem partnerschaftlichen Verhältnis zur Mutter standen. Ein Wechsel iSd § 5 KBGG sollte aber jeweils nur zwischen Elternteilen möglich sei, die miteinander durch das Band der leiblichen Elternschaft oder durch das Band der Pflegeelternschaft oder durch das Band der Adoptivelternschaft verbunden seien. Der bloße Wechsel zwischen leiblicher Mutter und außenstehendem Pflegeelternteil führt daher noch zu keiner Verlängerung der Anspruchsdauer des Kinderbetreuungsgelds (§ 5 Abs 2 KBGG) bis zur Vollendung des 36. Lebensmonats des Kindes (10 ObS 99/06s = SSV‑NF 20/42 = RIS-Justiz RS0120864). Diese Rechtsprechung wurde in den Entscheidungen 10 ObS 3/13h und 10 ObS 14/13a jeweils vom 26. 2. 2013 fortgeschrieben (RIS-Justiz RS0128641).
3.5 Der vorliegende Fall ist aber (s oben) anders gelagert und bietet keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Liegt also kein gemeinsamer Haushalt zwischen Kind und Pflegeelternteil vor und haben der leibliche Elternteil und der Pflegeelternteil nicht im Rahmen der partnerschaftlichen Erziehung des Kindes eine Vereinbarung über den abwechselnden Bezug des Kinderbetreuungsgelds getroffen, ist weiterhin daran festzuhalten, dass der Wechsel der Betreuung des Kindes vom leiblichen Elternteil zum außenstehenden Pflegeelternteil keinen „Wechsel zwischen den Elternteilen“ iSd § 5 Abs 2 bis 4 KBGG darstellt, der die Anspruchsdauer über die Vollendung des 30. Lebensmonats des Kindes hinaus verlängern könnte.
Der Revision war daher Folge zu geben und in Abänderung des Berufungsurteils das Ersturteil wiederherzustellen. Der Kostenzuspruch beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG.
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