OGH 10ObS30/16h

OGH10ObS30/16h10.5.2016

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Fellinger als Vorsitzenden, den Hofrat Univ.‑Prof. Dr. Neumayr und die Hofrätin Dr. Fichtenau sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johanna Biereder (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Harald Kohlruss (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei M*****, vertreten durch Glawitsch Sutter Rechtsanwälte GmbH in Linz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich‑Hillegeist‑Straße 1, vertreten durch Dr. Josef Milchram und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung von Schwerarbeitszeiten, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 27. Jänner 2016, GZ 12 Rs 2/16z‑14, womit das Urteil des Landesgerichts Linz als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 22. Juli 2015, GZ 10 Cgs 100/15a‑5, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:010OBS00030.16H.0510.000

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluss des Berufungsgerichts wird aufgehoben und in der Sache selbst dahin erkannt, dass das Urteil des Erstgerichts mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, dass das auf Feststellung von Schwerarbeitszeiten für den Zeitraum 1. Mai 1998 bis 31. August 2014 gerichtete Klagebegehren abgewiesen wird.

Die Klägerin hat ihre Kosten des Rechtsmittelverfahrens selbst zu tragen.

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist als diplomierte Krankenschwester seit 16 Jahren auf der onkologischen Station des Allgemeinen Krankenhauses L***** beschäftigt. Sie war vom Mai 1998 bis März 2008 im Ausmaß von 20 Wochenstunden, von April 2008 bis Juni 2010 im Ausmaß von 25 Wochenstunden und ab Juli 2010 im Ausmaß von 30 Wochenstunden teilzeitbeschäftigt. Die Arbeitszeit war stets so verteilt, dass die Klägerin bei einem Tagdienst durchgehend jeweils 13 Stunden und bei einem Nachtdienst durchgehend jeweils 12 Stunden arbeitete.

Mit Bescheid vom 27. April 2015 lehnte die beklagte Pensionsversicherungsanstalt die Anerkennung von Schwerarbeitszeiten im Zeitraum von 1. Mai 1998 bis 31. August 2014 ab.

Dagegen richtet sich die Klage mit dem Begehren, die im Zeitraum von 1. Mai 1998 bis 31. August 2014 erworbenen Versicherungsmonate als Schwerarbeitszeiten festzustellen. Die Klägerin brachte ‑ soweit für das Revisionsverfahren noch wesentlich ‑ vor, sie habe im Rahmen ihrer Tätigkeit schwerst erkrankte Karzinom‑Patienten (auch palliativ) zu betreuen gehabt. Diese Tätigkeit sei mit einem besonderen Behandlungs‑ und Pflegebedarf verbunden und stelle daher eine besonders belastende Pflegetätigkeit iSd § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV dar.

Die beklagte Partei bestritt, dass die Klägerin während ihrer Beschäftigung als Diplomkrankenschwester Schwerarbeit im Sinne der SchwerarbeitsV geleistet habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Rechtlich war das Erstgericht der Auffassung, Grundvoraussetzung für das Vorliegen eines Schwerarbeitsmonats sei, dass an zumindest 15 Arbeitstagen im Kalendermonat Schwerarbeit geleistet werde (§ 4 SchwerarbeitsV iVm § 231 Z 1 lit a ASVG). Die Klägerin habe aber im Hinblick auf die Absolvierung von 12‑ bzw 13‑Stunden‑Diensten von April 2008 bis Juni 2010 (in welchem Zeitraum sie im Ausmaß von 25 Wochenstunden beschäftigt war) nur an rund 2 Tagen in der Woche und daher an 8 bzw maximal 9 Tagen im Monat gearbeitet. Von Mai 1998 bis März 2008 (in welchem Zeitraum eine Teilzeitbeschäftigung im Ausmaß von 20 Wochenstunden vorgelegen habe), habe die Klägerin etwa an 1,5 Tagen pro Woche und daher an etwa 6 Tagen im Monat gearbeitet. Seit Juli 2010 (in welchem Zeitraum die Klägerin im Ausmaß von 30 Wochenstunden beschäftigt ist), habe sie an etwa 2,5 Tagen pro Woche und daher an rund 10 Tagen im Monat gearbeitet. Unabhängig davon, ob die von ihr verrichtete Pflegetätigkeit überhaupt die Voraussetzungen nach § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV erfülle, lägen im gesamten geltend gemachten Zeitraum schon deshalb keine Schwerarbeitsmonate vor, weil das gemäß § 4 SchwerarbeitsV iVm § 231 Z 1 lit a ASVG erforderliche Mindestmaß von 15 Schwerarbeitstagen in einem Kalendermonat nicht erreicht worden sei.

Das Berufungsgericht gab der von der Klägerin erhobenen Berufung Folge, hob das Ersturteil auf und verwies die Sozialrechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Rechtlich ging das Berufungsgericht davon aus, der Tatbestand des § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV stelle im Unterschied zu der von § 1 Abs 1 Z 1 bis Z 4 der SchwerarbeitsV erfassten Schwerarbeit nicht auf eine bestimmte Dauer der Arbeitszeit ab. Werde die unter § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV zu subsumierende besonders belastende Pflegetätigkeit während eines gesamten Kalender‑(Versicherungs‑)monats vollzeitig verrichtet, gelte dieser Monat als Schwerarbeitsmonat iSd § 4 SchwerarbeitsV, ohne dass im Einzelnen zu berücksichtigen wäre, ob die in § 4 SchwerarbeitsV geforderte Mindestzahl von Tagen erfüllt sei. Es übrige sich eine tageweise Betrachtung, wie sie von der Rechtsprechung zur Beurteilung von körperlicher Schwerarbeit nach § 1 Abs 1 Z 4 SchwerarbeitsV verlangt werde. Es komme auch nicht auf die konkrete Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit oder darauf an, ob die Tätigkeit im Tag‑ oder Nachtdienst geleistet werde. Allenfalls könnte auch bei vollzeitiger Arbeitstätigkeit mit ausschließlich 12‑Stunden‑Diensten das erforderliche Mindestausmaß von 15 Schwerarbeitstagen pro Monat nicht erreicht werden, während eine vollzeitbeschäftigte Pflegekraft mit regelmäßigen achtstündigen Arbeitstagen, aber auch jede nur mit 50 % teilzeitbeschäftigte Pflegekraft mit gleichmäßiger Verteilung der Arbeitszeit (etwa mit täglichen Kurzdiensten im Ausmaß von vier Stunden) unter die Schwerarbeitsregelung fallen würde. Eine von den Zufälligkeiten des jeweiligen Dienstplans oder dem konkreten Beschäftigungsausmaß abhängige tageweise Betrachtung könne den vom Gesetz‑ bzw Verordnungsgeber verfolgten Zielen nicht gerecht werden. § 4 SchwerarbeitsV verlange daher aufgrund seines klaren Wortlauts und der ausdrücklichen Bezugnahme auf § 231 Z 1 lit a ASVG ‑ jedenfalls bei nicht zeitabhängigen Schwerarbeiten wie jener nach § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV ‑ eine am Erwerb von Versicherungsmonaten orientierte Sichtweise. Anders sei die Regelung (einschließlich der bestehenden Meldepflichten der Dienstgeber) auch kaum administrierbar. Unter der Voraussetzung, dass eine Versicherte bei durchgehender Pflichtversicherung regelmäßig eine von § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV erfasste Pflegetätigkeit leiste, zähle daher jeder auf diese Weise erworbene Versicherungsmonat grundsätzlich auch als Schwerarbeitsmonat. Dies gelte uneingeschränkt für Vollzeitbeschäftigte. Dass Teilzeitkräfte von der Regelung des § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV ausgeschlossen werden, ergebe sich weder aus dem Wortlaut der Verordnung noch könne angesichts des Umstands, dass die betroffenen Pflegekräfte weitaus überwiegend teilzeitbeschäftigt seien, dem Verordnungsgeber unterstellt werden, gerade diese Personengruppe von vornherein vom Anwendungsbereich der Norm auszunehmen. Als Untergrenze sei aber die Hälfte der Normalarbeitszeit heranzuziehen, weil Schwerarbeit immer auch in Relation von Belastungs‑ und Erholungsphasen zu betrachten sei. Diese Sichtweise stehe wertungsmäßig im Einklang mit der „Hälfteregelung“ des § 4 SchwerarbeitsV iVm § 231 Z 1 lit a ASVG. Da die Klägerin dieses Mindestausmaß an Beschäftigung im gesamten Klagszeitraum erfülle, seit April 2008 sogar im Ausmaß von 62,5 % und seit Juli 2010 im Ausmaß von 75 % einer Vollzeitkraft, könne sie in diesem Zeitraum durchgehend Schwerarbeitsmonate erwerben, sofern die inhaltlichen Voraussetzungen einer besonders belastenden Tätigkeit iSd § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV vorlägen. Da das Erstgericht das Vorliegen dieser Voraussetzung im bisherigen Verfahren nicht geprüft habe, sei mit einer Aufhebung vorzugehen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Erfassung von Schwerarbeitszeiten nach § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV fehle.

Gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts richtet sich der Rekurs der beklagten Partei mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Ersturteils.

Die Klägerin beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, den Rekurs der beklagten Partei abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig und berechtigt.

Die beklagte Partei macht in ihrem Rekurs im Wesentlichen geltend, aus dem Wortlaut des § 4 SchwerarbeitsV ergebe sich, dass sämtliche in § 1 Abs 1 Z 1 bis 6 SchwerarbeitsV genannten Tatbestände bei Ermittlung eines Schwerarbeitsmonats gleich zu behandeln seien. Damit ein Schwerarbeitsmonat iSd § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV vorliege, müsse ‑ auch bei Absolvierung von 12‑Stunden bzw 13‑Stunden‑Diensten ‑ an 15 Tagen pro Monat tatsächlich Schwerarbeit im Sinne dieses Tatbestands geleistet werden (§ 4 SchwerarbeitsV iVm § 231 Z 1 lit a ASVG).

Dazu ist Folgendes auszuführen:

1.1 § 607 Abs 14 ASVG und § 4 Abs 4 APG definieren Schwerarbeit im Wesentlichen in gleicher Weise mit „Tätigkeiten, die unter körperlich oder psychisch besonders belastenden Bedingungen erbracht werden“ bzw unter „psychisch oder physisch besonders belastenden Arbeitsbedingungen“. Nach beiden Bestimmungen soll die Festlegung, welche Tätigkeiten als Schwerarbeit gelten, durch Verordnung erfolgen.

1.2 § 1 Abs 1 der Verordnung der Bundesministerin für Soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz über besonders belastende Berufstätigkeiten (SchwerarbeitsV, BGBl II 2006/104 idF BGBl II 2013/201) definiert die „besonders belastenden Berufstätigkeiten“ als Tätigkeiten, die unter anderem geleistet werden

Z 5 zur berufsbedingten Pflege von kranken oder behinderten Menschen mit besonderem Behandlungs‑ oder Pflegebedarf, wie beispielsweise in der Hospiz‑ oder Palliativmedizin, oder... .

1.3 Nach § 4 SchwerarbeitsV gilt als Schwerarbeitsmonat jeder Kalendermonat, in dem eine oder mehrere Tätigkeiten nach § 1 Abs 1 der Verordnung zumindest in jenem Ausmaß ausgeübt wurden, das einen Versicherungsmonat iSd § 231 Z 1 lit a ASVG begründet; Arbeitsunterbrechungen bleiben dabei außer Betracht, solange die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung weiter besteht. Nach § 231 Z 1 lit a ASVG ist ein Versicherungsmonat jeder Kalendermonat, in dem mindestens Versicherungszeiten in der Dauer von 15 Tagen oder zwei ganze Beitragswochen liegen.

2.1 Für die Beantwortung der Frage, wann ein Schwerarbeitsmonat vorliegt, ist daher davon auszugehen, dass jedenfalls das Vorliegen von Versicherungsmonaten erforderlich ist (vgl § 231 Z 1 lit a ASVG) und darüber hinaus auch entscheidend ist, ob in dieser Versicherungszeit Schwerarbeit im Sinne der SchwerarbeitsV geleistet wurde (vgl Teschner/Widlar/Pöltner , MGA‑ASVG [APG] 108. ErgLfg SchwerarbeitsV Anm 2). Zur Frage der Berechnung bzw Zählung der Schwerarbeitstage ist grundsätzlich von einer tageweisen Betrachtung auszugehen.

2.2 Während die Tatbestände nach § 1 Abs 1 Z 1 und Z 4 SchwerarbeitsV auf eine bestimmte Dauer der Arbeitszeit abstellen, ist der hier verfahrensgegenständliche Tatbestand nach § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV nicht zeitbezogen, sondern knüpft an die psychische Belastung an, die sich aus dem besonderen Behandlungs‑ oder Pflegebedarf schwerstkranker Patienten in besonders schwierigen Lebenssituationen ergibt.

2.3 Im Hinblick auf diese Differenzierung ging das Berufungsgericht davon aus, dass jedenfalls dann, wenn ein Versicherter bzw eine Versicherte in einem Monat vollzeitig in einem unter § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV zu subsumierenden Pflegeberuf arbeite, ein Schwerarbeitsmonat vorliege, und zwar unabhängig von der Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit und unabhängig davon, ob die Tätigkeit im Tag‑ oder Nachtdienst geleistet werde.

3.1 Dieser Rechtsansicht ist der Oberste Gerichtshof mittlerweile in der Entscheidung 10 ObS 23/16d vom 13. 4. 2016 mit ausführlicher Begründung nicht gefolgt. Die in dieser Entscheidung getroffenen Aussagen lassen sich dahin zusammenfassen, dass auch für die Ermittlung als Schwerarbeitsmonat nach § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV grundsätzlich maßgeblich ist, ob eine Schwerarbeit darstellende Tätigkeit in dem Mindestmaß von 15 Tagen im Kalendermonat tatsächlich ausgeübt wurde. Arbeitsunterbrechungen bleiben dabei außer Betracht, solange die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung weiter besteht. Da in § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV auf die Dauer der Arbeitszeit nicht Bezug genommen, sondern an die psychische Belastung angeknüpft werde, komme es bei dieser tageweisen Belastung nicht auf die Dauer der an dem jeweiligen Tag geleisteten Arbeitszeit an. Jeder Tag, an dem eine Tätigkeit nach § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV verrichtet worden sei, zähle daher als Tag iSd § 4 SchwerarbeitsV, also etwa auch dann, wenn an einem Tag nur vier Stunden Schwerarbeit nach § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV geleistet worden sind. Eine generelle Übertragung einer über acht Stunden hinausgehenden Arbeitszeit auf andere Arbeitstage und eine Umrechnung dieser „monatlichen Gesamtarbeitszeit“ auf fiktive Acht‑Stunden‑Arbeitstage, um das Erfordernis der 15 Tage an geleisteter Schwerarbeit zu erreichen, komme auch im Anwendungsbereich des § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV nicht in Betracht. Auch bei dem nicht zeitbezogenen Tatbestand der besonders belastenden Pflegetätigkeit iSd § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV gehe die Intention des Verordnungsgebers dahin, dass nur jener Tag als Schwerarbeitstag iSd § 4 SchwerarbeitsV zählen solle, an dem die besonders belastende Pflegetätigkeit auch tatsächlich geleistet werde. Da bei der berufsbedingten Pflege von erkrankten oder behinderten Menschen mit besonderem Behandlungs‑ oder Pflegebedarf nach § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV nicht auf eine bestimmte Dauer der Arbeitszeit abgestellt wird, sind Teilzeitkräfte auch nicht vom Anwendungsbereich dieses Tatbestands der Verordnung ausgeschlossen. Da Schwerarbeit aber immer auch in Relation von Belastungs‑ und Erholungsphasen zu betrachten ist, weil sich mit der Möglichkeit von Erholungsphasen zwischen den einzelnen Tagen der Schwerarbeit auch die Gesamtbelastung verringert, wird eine Untergrenze anzulegen sein, die im Schrifttum mit der Hälfte der Normalarbeitszeit angenommen wurde. Dass ein Versicherter (eine Versicherte) nicht vollzeit‑, sondern (zumindest im Ausmaß der Hälfte der Normalarbeitszeit) teilzeitbeschäftigt war, steht der Anwendung der SchwerarbeitsV nicht grundsätzlich entgegen.

3.2 Diese Aussagen treffen vollinhaltlich auch auf den vorliegenden Fall zu. Wie aber bereits das Erstgericht ausgeführt hat, erreicht die Klägerin aufgrund der von ihr absolvierten jeweils 12‑ bzw 13‑stündigen Tag‑ und Nachtdienste das erforderliche Mindestausmaß einer Schwerarbeit darstellenden Tätigkeit an 15 Tagen im Kalendermonat nicht. Dass sie in bestimmten Zeiträumen ‑ etwa infolge einer andersartigen Diensteinteilung ‑ doch eine Schwerarbeit darstellende Tätigkeit im Ausmaß von mindestens 15 Tagen im Kalendermonat tatsächlich ausgeübt hätte, wurde (nach Erörterung) in erster Instanz nicht vorgebracht und wird auch in der Rekursbeantwortung nicht behauptet.

4.1 Die Klägerin hat gleichzeitig mit ihrer Berufung gegen das Ersturteil gemäß Art 139 Abs 1 Z 4 B‑VG an den Verfassungsgerichtshof den Parteiantrag gestellt, § 4 SchwerarbeitsV als verfassungswidrig aufzuheben. Diesen Antrag hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 27. 10. 2015 zurückgezogen, sodass das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 20. 11. 2015, V 131/2015‑8, eingestellt wurde.

4.2 Zu der ‑ von der Klägerin in ihrer Rekursbeantwortung angeregten ‑ neuerlichen Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof sieht sich der erkennende Senat aufgrund folgender Erwägungen nicht veranlasst:

4.3 Dem einfachen Gesetzgeber ist es aufgrund des demokratischen Prinzips nicht verwehrt, seine jeweiligen rechtspolitischen Vorstellungen im Rahmen vertretbarer Zielsetzungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verwirklichen (10 ObS 205/02y, SZ 2002/151 mwN). Innerhalb des ihm zustehenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraums ist der Gesetzgeber durch den Gleichheitssatz (nur) insoweit an inhaltliche Schranken gebunden, als sachlich nicht begründbare gesetzliche Regelungen verfassungsrechtlich verboten sind (VfSlg 17.605 uva). Dabei ist unter der „Sachlichkeit“ einer Regelung nicht ihre „Zweckmäßigkeit“ oder „Gerechtigkeit“ zu verstehen. Die Zweckmäßigkeit einer Regelung unterliegt in der Regel nicht der verfassungsrechtlichen Überprüfung (vgl VfSlg 11.664).

4.4 Dass beim Erwerb von Schwerarbeitszeiten iSd § 1 Abs 1 Z 5 iVm § 4 SchwerarbeitsV auf die Anzahl der Arbeitstage pro Kalendermonat und nicht auf die Wochenarbeitszeit abgestellt wird, macht die Regelung demnach noch nicht unsachlich. Es wird an die psychische Belastung angeknüpft, weshalb es bei tageweiser Belastung nicht auf die Dauer der an dem jeweiligen Tag geleisteten Arbeitszeit bzw die Wochenarbeitszeit ankommt, sondern jeder Tag, an dem eine Tätigkeit nach § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsV verrichtet wird, zählt als Tag iSd § 4 SchwerarbeitsV. Zudem ist ‑ wie bereits ausgeführt ‑ Schwerarbeit immer auch in Relation von Belastungs‑ und Erholungsphasen zu betrachten, weil sich mit der Möglichkeit von Erholungsphasen zwischen den einzelnen Tagen der Schwerarbeit auch die Gesamtbelastung verringert. Nicht einmal der Umstand, dass durch eine gesetzliche Regelung Härtefälle (etwa bedingt durch bestimmte Diensteinteilungen bzw Dienstpläne) entstehen können, führt per se zu deren Gleichheitswidrigkeit (RIS‑Justiz RS0053509 [T6 und T7]).

4.5 Nach Art 89 Abs 2 B‑VG ist das zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens berufene Gericht nur dann zur Antragstellung auf Aufhebung eines Gesetzes bzw einer Verordnung beim Verfassungsgerichtshof berechtigt (oder verpflichtet), wenn es gegen die Anwendung der Regelung Bedenken hegt. Da der Oberste Gerichtshof, die von der Klägerin geäußerten Bedenken nicht teilt, besteht kein Anlass zu einer derartigen Antragstellung. Allein der Umstand, dass eine Partei Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes bzw die Gesetzmäßigkeit einer Verordnung vorträgt, berechtigt bzw verpflichtet das Gericht für sich allein noch nicht zur Antragstellung.

5. Es war daher in Stattgebung des Rekurses der beklagten Partei der angefochtene Beschluss des Berufungsgerichts aufzuheben und in der Sache selbst im Sinne einer Wiederherstellung des klageabweisenden Ersturteils zu entscheiden. Dabei war darauf Bedacht zu nehmen, dass Gegenstand des Verfahrens nicht die „Anerkennung von Schwerarbeitszeiten durch die beklagte Partei“, sondern die Feststellung von Schwerarbeitszeiten iSd § 247 Abs 2 ASVG ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit wurden nicht geltend gemacht und ergeben sich auch nicht aus der Aktenlage (RIS‑Justiz RS0085829 [T1]).

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