OGH 10Ob82/15d

OGH10Ob82/15d22.10.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Fellinger als Vorsitzenden, die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm sowie die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Mag. Korn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*****, vertreten durch Mag. Liane Hirschbrich, LL.M., Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. E*****, als Insolvenzverwalter in der Insolvenz der H***** GmbH *****, wegen Einwilligung in die Einverleibung (Streitwert 70.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 4. September 2014, GZ 2 R 159/14p‑15, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0100OB00082.15D.1022.000

 

Spruch:

1. Die Bezeichnung der beklagten Partei wird auf Dr. E*****, als Insolvenzverwalter in der Insolvenz der H***** GmbH *****, berichtigt.

2. Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

Begründung:

Der Kläger brachte vor, dass die nunmehrige Schuldnerin als seine Treuhänderin Liegenschaftsanteile verbunden mit Wohnungseigentum an Objekten in 1190 Wien erworben habe und im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen sei. Nunmehr habe er die Treuhandschaft beendet. Die Schuldnerin sei verpflichtet, das Treugut an ihn herauszugeben. Er begehre daher, sie schuldig zu erkennen, in die Einverleibung seines Eigentumsrechts an den Liegenschaftsanteilen einzuwilligen. Weiters beantragte er die Anmerkung der Streitanhängigkeit der Klage im Grundbuch.

Das Erstgericht bewilligte diesen Antrag und ordnete den Vollzug durch das Grundbuchsgericht an.

Dem dagegen von der beklagten Partei erhobenen Rekurs gab das Rekursgericht Folge und änderte den Beschluss dahingehend ab, dass der Antrag auf Klagsanmerkung abgewiesen wurde. Die vom Kläger erstattete Rekursbeantwortung wurde zurückgewiesen. Rechtlich führte das Rekursgericht aus, dass Klagsanmerkungen nur zulässig seien, soweit sie das GBG oder ein anderes Gesetz vorsähen. Eine Streitanmerkung nach § 61 GBG setze voraus, dass der Kläger durch eine Einverleibung in einem dinglichen oder in einem einem solchen kraft besonderer Bestimmung gleichzuhaltenden Recht verletzt worden sei. Die Streitanmerkung sei daher nur zulässig, wenn die Wiederherstellung des früheren Grundbuchsstands begehrt werde, komme jedoch nicht in Betracht, wenn die Feststellung und Einverleibung eines bisher nicht eingetragenen Rechts, etwa auf obligatorischer oder vertraglicher Grundlage, beantragt werde. Nach der dem Antrag zugrunde liegenden Klagserzählung behaupte der Kläger keine Verletzung von bücherlichen Rechten, eine Anmerkung komme daher nicht in Betracht. Auch eine Antragstellung nach § 66 GBG setze voraus, dass der Kläger in einem dinglichen Recht verletzt sei, weshalb sich auch daraus keine Grundlage für eine Klagsanmerkung ableiten lasse.

Den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte das Rekursgericht nach § 62 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG für nicht zulässig.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern, dass dem Antrag auf Streitanmerkung stattgegeben wird.

Nach Erhebung des Revisionsrekurses wurde mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 16. 1. 2015, 6 S 2/15h‑10, über das Vermögen der beklagten Partei das Insolvenzverfahren eröffnet und Dr. E***** zum Insolvenzverwalter bestellt.

Mit Beschluss vom 30. 1. 2015 sprach das Erstgericht aus, dass das Verfahren gemäß § 7 Abs 1 IO unterbrochen sei.

Rechtliche Beurteilung

1. Da das Insolvenzverfahren im Revisionsrekursstadium eröffnet wurde, ist der Oberste Gerichtshof zur Entscheidung über die Berichtigung der Bezeichnung der Partei, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, berufen (vgl RIS‑Justiz RS0097353). Diese war dahin richtig zu stellen, dass die zunächst gegen die Schuldnerin gerichtete Klage gegen den Insolvenzverwalter in der Insolvenz der beklagten Partei gerichtet wird (RIS‑Justiz RS0039713).

2. Über den Antrag auf Bewilligung der Streitanmerkung ist auch dann, wenn er im Zuge eines Rechtsstreits beim Prozessgericht gestellt wird, im Grundbuchsverfahren nach den Vorschriften des GBG zu entscheiden (RIS‑Justiz RS0060516). Soweit das GBG nichts anderes bestimmt, sind die Vorschriften des AußStrG heranzuziehen (§ 75 GBG). Sowohl § 25 Abs 1 Z 4 AußStrG als auch § 25 GBG verweisen hinsichtlich der Auswirkungen der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auf das grundbuchsrechtliche Verfahren auf die IO.

Nach § 13 IO können Einverleibungen und Vormerkungen in den öffentlichen Büchern über unbewegliche Sachen auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bewilligt und vollzogen werden, wenn sich der Rang der Eintragung nach einem vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegenden Tag richtet. § 13 IO dient der Sicherung der Masse und erfasst nach seinem Wortlaut (nur) Einverleibungen und Vormerkungen (5 Ob 84/12g). Zwar wird nach der Rechtsprechung die daraus ableitbare Grundbuchsperre auch auf solche Anmerkungen bezogen, die Auswirkungen auf den Wert der Liegenschaft haben können (vgl Rassi in Konecny/Schubert , Kommentar zu den Insolvenzgesetzen § 13 IO Rz 9), doch hat der Oberste Gerichtshof bereits dahin Stellung genommen, dass aus der Insolvenzordnung kein Hindernis für die nach den Prinzipien des Grundbuchsrechts anzuordnende Klagsanmerkung ableitbar ist (5 Ob 141/07g; 5 Ob 122/00b; Rassi aaO). Das Verfahren über den Antrag auf Streitanmerkung ist daher durch das Insolvenzverfahren nicht unterbrochen.

3. Der Revisionsrekurs ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig.

Der Oberste Gerichtshof billigt die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichts sowohl im Ergebnis als auch in der methodischen Ableitung, sodass darauf verwiesen werden kann (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Auf die Ausführungen des Klägers ist noch kurz zu erwidern:

3.1. Klagsanmerkungen sind nur zulässig, soweit sie das Grundbuchsgesetz oder ein anderes Gesetz vorsieht, das festlegt, welche Rechtswirkungen damit begründet werden sollen. Das schließt eine Analogie nicht aus, schränkt sie jedoch auf Klagen ein, deren Anspruchsgrund und Funktion einem der Streitanmerkung zugänglichen Klagstypus entsprechen (RIS‑Justiz RS0016506).

Der Kläger selbst verweist darauf, dass nach der Rechtsprechung Voraussetzung für eine Streitanmerkung nach § 61 GBG ist, dass derjenige, der diese Anmerkung anstrebt, in einem bücherlichen Recht verletzt worden ist (RIS‑Justiz RS0060512) und die Wiederherstellung des Grundbuchsstands verlangt (RIS‑Justiz RS0060511). Er will jedoch aus § 22 GBG und der Judikatur zur Abtretung von Löschungsansprüchen die Zulässigkeit der Anmerkung auch im vorliegenden Fall ableiten.

3.2. Durch die außerbücherliche Übertragung nach § 22 GBG wird im Sinne der Lehre von Titel und Modus (§§ 380, 425 ABGB) und dem Eintragungsgrundsatz (§ 431 ABGB) vereinfachend von der Zwischeneintragung oder den Zwischeneintragungen abgesehen, wenn eine geschlossene Kette von Titeln („unter Nachweisung seiner Vormänner“) vorliegt, sodass die Eintragung der Zwischenberechtigten unterbleiben kann. Es handelt sich insoweit nicht um eine Einschränkung des Eintragungsgrundsatzes oder der Anerkennung von außerbücherlichem Rechtserwerb, sondern um den Entfall der überflüssigen Einverleibungen, die sogleich wieder durch die Einverleibung ihrer Löschung gegenstandslos würden (RIS‑Justiz RS0107463). Jeder Zwischenerwerber muss das einzutragende Recht in verbücherungsfähiger Art und Weise erworben haben. Die Verschaffung einer bloß obligatorischen Rechtsposition reicht dafür nicht aus (RIS‑Justiz RS0060662). Da die Nichteintragung der Zwischenerwerber daher nur der grundbuchstechnischen Vereinfachung dient, besteht insoweit kein relevanter Unterschied zu nacheinander einzeln bücherlich eingetragenen Rechtsübergängen.

Im Gegensatz dazu soll durch die Zwischenschaltung eines Treuhänders ein unmittelbarer Rechtserwerb durch den Treugeber in der Regel gerade vermieden werden. Der Treuhänder ist nach außen hin unbeschränkt Verfügungsberechtigter, im Innenverhältnis jedoch dem Treugeber obligatorisch verpflichtet, das ihm übertragene Recht im Interesse des Treugebers auszuüben, also von seiner äußeren Rechtsstellung als voll Verfügungsberechtigter nur einen dem inneren Zweck entsprechenden Gebrauch zu machen (RIS‑Justiz RS0010482). Selbst wenn der Treuhänder ‑ etwa nach der Auflösung der Treuhandschaft ‑ zur Übertragung des Eigentums am Treugut verpflichtet ist, verschafft er dem Treugeber keine Position, die dieser rechtlich schon früher innehatte, mag das Vermögen wirtschaftlich schon zuvor dem Treugeber zuzurechnen gewesen sein. Die Situation des Treugebers unterscheidet sich damit nicht von der anderer obligatorisch Berechtigter (vgl auch 5 Ob 608/88 mwN; SZ 21/105).

3.3. Inwieweit aus der in der Judikatur anerkannten Möglichkeit der Abtretung des Löschungsanspruchs an den Einzelrechtsnachfolger des in seinem bücherlichen Recht Verletzten (vgl 2 Ob 511/96) eine Berechtigung des Klägers auf Streitanmerkung ableitbar sein soll, lässt auch die Revision offen. Der Kläger machte gerade keinen Löschungsanspruch geltend, sondern die Verpflichtung des Beklagten, der (erstmaligen) Einverleibung seines Eigentumsrechts zuzustimmen.

Mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG war der Revisionsrekurs zurückzuweisen.

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