OGH 2Ob511/96

OGH2Ob511/9620.3.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T*****, vertreten durch Dr.Ulrike Christine Walter, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) S***** Aktiengesellschaft, *****,

2.) S***** HandelsgesellschaftmbH, *****, beide vertreten durch Dr.Paul Bachmann, Dr.Eva Maria Bachmann und Dr.Christian Bachmann, Rechtsanwälte in Wien, wegen Löschung grundbücherlicher Eintragungen, infolge Rekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 3.Oktober 1995, GZ 5 R 155/95-34, womit das Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 13. Mai 1995, GZ 3 Cg 324/93h-30, aufgehoben wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1.) Das Verfahren ist gegenüber der erstbeklagten Partei infolge Eröffnung des Konkurses seit dem 11.Juni 1996 unterbrochen.

2.) Dem Rekurs der zweitbeklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der klagende Verein hat mit Kaufvertrag vom 28.2.1991 von Dr.Peter Sch*****, Rechtsanwalt in Wien, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Wienczylsawa S***** sowie von Norbert S***** Liegenschaftsanteile, mit denen jeweils Ehegattenwohnungseigentum verbunden war, erworben. Der Kaufvertrag wurde grundbücherlich nicht durchgeführt. Die Erstbeklagte begehrte in einem beim zuständigen Bezirksgericht geführten Verfahren, die klagende Partei schuldig zu erkennen, das Original des Kaufvertrages vom 28.2.1991 herauszugeben, in die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes ob der im Klagebegehren genannten Miteigentumsanteile an der Liegenschaft einzuwilligen und S 4.657,03 zu bezahlen. Über diese Klage ist am 24.1.1992 ein Versäumungsurteil ergangen, das am 9.3.1992 für rechtskräftig und vollstreckbar erklärt wurde. Aufgrund dieses Versäumungsurteils und des Kaufvertrages vom 28.2.1991 bewilligte das zuständige Grundbuchsgericht mit Beschluß vom 14.4.1992 auf den bezogenen Liegenschaftsanteilen die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Erstbeklagten. Wegen eines Zustellmangels wurde mit dem rechtskräftig gewordenen Beschluß des zuständigen Bezirksgerichtes vom 3.6.1993 zunächst die Bestätigung der Vollstreckbarkeit des Versäumungsurteils als irrtümlich erteilt und schließlich mit weiterem Beschluß vom 1.6.1994 infolge Widerspruchs der hier klagenden Partei auch das Versäumungsurteil selbst aufgehoben.

Die klagende Partei begehrt mit der am 13.12.1993 beim Erstgericht eingelangten Klage die aus dem Urteilsbegehren ersichtlichen Eintragungen des Eigentumsrechts der Erstbeklagten und "die darauf folgenden Zwischeneintragungen" für unwirksam zu erklären und zu löschen. Zur Begründung führte sie aus, die Erstbeklagte habe aufgrund des nicht gesetzmäßig zugestellten Versäumungsurteiles die gegenständlichen Wohnungseigentumsanteile erlangt. Dieser Verbücherung hafte somit ein "innerer materiellrechtlicher Fehler" an. Das Vorbringen der Erstbeklagten in dem Verfahren, in dem das Versäumungsurteil erging, sei sowohl hinsichtlich der Schadenersatzforderung als auch des Zustandekommens des Kaufvertrages unrichtig. In der Folge sei auf den Miteigentumsanteilen ein Bestandrecht für die Zweitbeklagte mit Wirkung bis zum 9.3.2022 einverleibt worden. Diese sei unter der ehemaligen Anschrift der Erstbeklagten seßhaft. Es handle sich um eine verwandte Firma. Der Geschäftsführer der Zweitbeklagten sei über den Prozeß und dessen Vorgeschichte bestens informiert gewesen. Die Zweitbeklagte sei hinsichtlich der gegenständlichen Eintragungen nicht gutgläubig. Es treffe zwar zu, daß sie (klagende Partei) nie bücherlicher Eigentümer der Liegenschaftsanteile gewesen sei, doch hätten ihr die tatsachlichen Eigentümer Norbert S***** und die seit 1990 im Konkurs befindliche Wienczyslawa S***** ihren Löschungsanspruch abgetreten.

Die beklagten Parteien wendeten ein, daß die klagende Partei zu keinem Zeitpunkt bücherlicher Eigentümer der streitgegenständlichen Liegenschaftsanteile gewesen sei. Sie sei auch nicht beschwert, weil das Versäumungsurteil ohnehin aufgehoben worden sei. Der Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Wienczyslawa S***** habe die Liegenschaftshälften am 27.5.1991 an Dritte verkauft. Er habe daher über diese Anteile nicht mehr verfügen können. Der Löschungsanspruch sei außerdem auch wegen einer gegen die klagende Partei bestehender Gegenforderung materiellrechtlich nicht gegeben.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es hielt neben dem eingangs widergegebenen Sachverhalt noch fest, daß die klagende Partei nie bücherliche Rechte an den streitgegenständlichen Liegenschaftsanteilen besessen habe und daß die Ehegatten S***** ihren Löschungsanspruch erst am 1.11.1993 und somit zu einer Zeit an die klagende Partei abgetreten hätten, als sie nicht mehr bücherlicher Eigentümer gewesen seien.

Rechtlich erörterte es, daß die Ehegatten S***** keinen ihnen zustehenden Anspruch an die klagende Partei übertragen konnten, weil der Löschungsanspruch untrennbar mit dem zugrundeliegenden Eigentum verbunden sei und sie zur Zeit der Abtretung des Löschungsanspruchs nicht mehr Eigentümer der Liegenschaftsanteile gewesen seien.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil des Erstgerichtes von der klagenden Partei erhobenen Berufung Folge, hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück, wobei es aussprach das der Entscheidungsgegenstand bei jeder beklagten Partei S 50.000,-- übersteigt und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

In der Sache übernahm das Berufungsgericht die Feststellung, daß der Abtretungsvertrag am 1.11.1993 abgeschlossen wurde, und führte rechtlich aus, der Beschwerte könne dann die Löschungsklage erheben, wenn aufgrund eines materiell ungültigen Titels eine bücherliche Eintragung vorgenommen worden sei. Kläger sei in der Regel derjenige, der im Grundbuch schon eingetragen gewesen und durch eine nachfolgende rechtswidrige (materiell nichtige) Eintragung aus dem Grundbuch verdrängt worden sei; soweit Eigentum in Betracht komme, der frühere Eigentümer; sonst nur der dinglich Berechtigte, der schon bücherliche Rechte besessen habe, als die anzufechtende Einverleibung erfolgt sei. Der klagenden Partei könne als mit Kaufvertrag vom 28.2.1991 legitimierten Einzelrechtsnachfolgerin der in ihren bücherlichen Rechten Verletzten (ds Norbert und Wienczyslawa S*****) die Löschungsklage nur aufgrund einer Abtretung des Löschungsanspruches zustehen. Der nachträgliche Wegfall des Rechtstitels für die Einverleibung - hier die Aufhebung des Versäumungsurteiles vom 24.1.1992 - genüge an sich für die Erhebung der Löschungsklage. Es sei unmaßgeblich, daß die Abtretung des Löschungsanspruches erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt sei, als die Ehegatten S***** nicht mehr grundbücherliche Eigentümer gewesen seien, weil das Eigentumsrecht der erstbeklagten Partei materiell nichtig zustandegekommen sei und gerade dieser Umstand zur Löschungsklage berechtige. Es könne nicht gefordert werden, daß die Verkäufer zugleich mit dem Kaufvertrag ihren Löschungsanspruch abtreten müßten.

Das Berufungsgericht hielt noch weitere Feststellungen über die Identität der von der klagenden Partei am 28.2.1991 gekauften Liegenschaftsanteile und der mit dem materiell unwirksamen Versäumungsurteil der erstbeklagten Partei zugekommenen Anteile für erforderlich. Das Begehren gegen die erstbeklagte Partei sei überdies auf Unwirksamerklärung und Löschung der bekämpften bücherlichen Eintragungen und auf Wiederherstellung des ursprünglichen Grundbuchstandes zu richten. Dies müsse mit den Streitteilen erörtert werden.

Für die Entscheidung über das gegen die zweitbeklagte Partei gerichtete Klagebegehren fehle jegliche Grundlage. Es sei unerörtert geblieben, aufgrund welchen Titels ihr ein Bestandrecht einverleibt worden sei. Im Verfahren erster Instanz sei zwar ihre Schlechtgläubigkeit behauptet worden, doch sei dies ungeprüft geblieben. Die mit der Rechtslage nicht übereinstimmende bücherliche Eintragung könne allerdings einem Dritten gegenüber einen Vertrauenstatbestand schaffen, der den rechtsgeschäftlichen Erwerb eines dinglichen Bestandrechtes von der eingetragenen Nichtberechtigten ermögliche, wobei der von der klagenden Partei in Frage gestellte gute Glaube der zweitbeklagten Partei noch im Zeitpunkt des Ansuchens um Einverleibung ihrer Bestandrechte gegeben sein müsse. Auch hier seien im fortgesetzten Verfahren jene Eintragungen, deren Löschung begehrt werde, in unverwechselbarer Weise zu bezeichnen.

Der Rechtszug an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil den Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Abtretung des Löschungsanspruches und mit der Bestimmtheit der gegen die beiden beklagten Parteien erhobenen Begehren erhebliche Bedeutung zukomme.

Gegen diesen Beschluß des Berufungsgerichtes richtet sich der Rekurs der beklagten Parteien.

Rechtliche Beurteilung

Über das Vermögen der erstbeklagten Partei wurde am 11.6.1996 der Konkurs eröffnet. Das Verfahren ist seit diesem Zeitpunkt gemäß § 7 KO unterbrochen. Dies hindert gemäß § 7 Abs 1 Satz 2 KO nicht die Erledigung des Rekurses der zweitbeklagten Partei, weil sie mit der erstbeklagten Partei keine einheitliche Streitpartei bildet.

Der Rekurs der zweitbeklagten Partei an den Obersten Gerichtshof ist aus den vom Berufungsgericht dargelegten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Rekursgründe der Aktenwidrigkeit und der Mangelhaftigkeit des Verfahrens wurden geprüft. Sie liegen nicht vor (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

In der Sache selbst teilte der Oberste Gerichtshof im wesentlichen die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes (§ 510 Abs 3 ZPO).

Kläger bei der Löschungsklage ist derjenige, der im Grundbuch schon eingetragen war und durch eine nachfolgende rechtswidrige (materiell nichtige) Eintragung aus dem Grundbuch verdrängt wurde, also soweit Eigentum in Betracht kommt, nur der frühere Eigentümer, sonst nur der dingliche Berechtigte, der schon bücherliche Rechte besessen hat, als die anzufechtende Einverleibung erfolgt ist (Nachweise bei Feil, Grundbuchsrecht Rz 10 zu § 61 GBG). Dem Berufungsgericht ist aber auch zu folgen, daß auch einem Einzelrechtsnachfolger des in einem bücherlichen Recht Verletzten die Löschungsklage aufgrund einer Abretung des Löschungsanspruches zustehen kann (GlUNF 5471; Klang in Klang**2 II, 384).

Die im Zusammenhang mit der Klagelegitimation im Rekurs enthaltenen umfangreichen Ausführungen sind nicht zielführend. Selbst wenn man ihnen folgt, war nämlich die Vereinbarung über die Abtretung des Löschungsanspruchs jedenfalls zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz bereits wirksam zustandegekommen, was ausreicht. Wie schon das Berufungsgericht richtig erkannte, schadet es nicht, daß die Zedenten zur Zeit des Abschlusses der Abtretungsvereinbarung im Grundbuch nicht mehr als Eigentümer eingetragen waren, weil der Löschungsanspruch gerade demjenigen zusteht, der in einem früher eingetragenen bücherlichen Recht verletzt wurde.

Nach den Feststellungen erfolgte die Eigentumseinverleibung der streitverfangenen Liegenschaftsteile aufgrund eines in der Folge aufgehobenen Versäumungsurteils. Entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Meinung bildet aber die Aufhebung des Versäumungsurteils noch keinen hinreichenden Grund für den Erfolg der von der klagenden Partei eingebrachten Löschungsklage. In der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung RZ 1973/208 heißt es zwar, daß mit der Löschungsklage eine Einverleibung auch wegen nachträglichen Wegfalls des Rechtstitels, auf dem sie beruht, angefochten werden könne (ebenso schon EvBl 1958/122). Dabei ist aber ganz offensichtlich gemeint, daß der Wegfall des Rechtstitels auch zum Verlust des der bekämpften Eintragung zugrundeliegenden Anspruchs geführt hat. Die bloße Aufhebung des Versäumungsurteils, auf dem eine grundbücherliche Eintragung beruht, ist daher nicht ausschlaggebend. Entscheidend für den Erfolg der Löschungsklage ist vielmehr, ob der mit dem Versäumungsurteil festgestellte Anspruch besteht oder nicht. Dies ist daher im Zuge des über eine Löschungsklage durchgeführten Verfahrens zu prüfen und wird hier im fortgesetzten Verfahren mit den Parteien zunächst zu erörtern und erforderlichenfalls durch Ergänzung des Verfahrens zu klären sein.

Soweit das Berufungsgericht noch weitere Feststellungen über die behauptete Schlechtgläubigkeit der zweitbeklagten Partei für erforderlich erachtet, kann dem der Oberste Gerichtshof nicht entgegentreten. Zuzustimmen ist auch der Rechtsmeinung, der geforderte gute Glaube der zweitbeklagten Partei müsse auch noch im Zeitpunkt des Ansuchens um Einverleibung des Bestandrechtes gegeben sein (RZ 1980/10; SZ 60/237 ua).

Schließlich trifft auch die geäußerte Rechtsmeinung über die Formulierung des Klagebegehrens zu. Die entsprechende Konkretisierung, welche Eintragungen betreffend die zweitbeklagte Partei gelöscht werden sollen wird im fortgesetzten Verfahren nachzutragen sein.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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