OGH 10Ob2335/96x

OGH10Ob2335/96x5.11.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer, Dr.Ehmayr, Dr.Steinbauer und Dr.Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hanan N*****, vertreten durch Dr.Robert Galler, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Hirlanda Zita E*****, vertreten durch Dr.Martin Nagiller, Rechtsanwalt in Kufstein, wegen (restlich) S 300.000 sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 9.Juli 1996, GZ 1 R 146/96x-37, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 25. März 1996, 15 Cg 67/94v-33,bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahingehend abgeändert, daß sie - unter Ausscheidung der unbekämpft gebliebenen und damit in Rechtskraft erwachsenen Teilabweisung zu a) des Klagebegehrens (Schillinggegenwert von US-Dollar 5.000 sA) - wie folgt neu zu lauten haben:

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen ihres Vertreters binnen 14 Tagen S 300.000,-- samt 4 % Zinsen seit 26.4.1992 sowie die mit S 64.714,75 (hierin enthalten S 10.785,79 Umsatzsteuer; keine Barauslagen) zu bezahlen.

Das Zinsenmehrbegehren von weiteren 4 % aus S 300.000,-- vom 11.7.1991 bis 25.4.1992 wird abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist die Witwe und mit Beschluß des Bezirksgerichtes K***** vom 11.7.1991 im Verlassenschaftsverfahren A 180/91 eingeantwortete Alleinerbin nach dem am 26.4.1991 in Oberstaufen (Bayern) verstorbenen und zuletzt in München wohnhaft gewesenen österreichischen Staatsbürger A***** E*****. Die Klägerin ist syrische Staatsbürgerin mit Wohnsitz in Syrien und war zeitweise die Lebensgefährtin des Genannten.

Am 6.3.1991, also kurz vor seinem Tod, richtete A***** E***** an seine Schwester P***** und seine Nichte R***** Sch***** einen in Oberstaufen geschriebenen, mit Blockbuchstaben verfaßten und mit "Euer Fredi" (ebenfalls in Blockbuchstaben geschrieben) unterzeichneten Brief, in dem es ua hieß:

"ICH HABE NUN NOCH EINE BITTE!!!

SOLLTE MIR ETWAS UNVORHERGESEHENES ZUSTOSSEN, SO BITTE ICH EUCH DAS

SPARBUCH MIT DEN 300.000.- ÖS. SAMT ZINSEN AN FRL.H***** N***** P.O.BOX 352 HOMS SYRIEN TEL. 22772-301 ODER 82470-301 ZUKOMMEN ZU

LASSEN."

Dieser vom nunmehrigen Klagevertreter dem Abhandlungsgericht als Kodizill zur Nachtragsabhandlung vorgelegte Brief wurde im Verlassenschaftsverfahren kundgemacht; der Antrag der Klägerin, ihre Forderung von S 300.000,-- samt Zinsen im Rahmen der Nachtragsabhandlung festzustellen und der Beklagten als Erbin aufzutragen, das genannte Sparbuch herauszugeben, wurde mit Beschluß des Abhandlungsgerichtes vom 22.5.1992 rechtskräftig zurückgewiesen und mit weiterem Beschluß vom 24.7.1992 dieses nachträglich hervorgekommene Nachlaßvermögen der Beklagten ins Alleineigentum zugewiesen.

Mit der am 23.3.1994 eingebrachten Klage stellte die Klägerin zwei Begehren, und zwar auf Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung des Gegenwertes von US-Dollar 5.000 samt 4 % Zinsen ab 11.7.1991 zum Devisenkurs der Wiener Börse zum Tageskurs des Tages der Zahlung (hiebei habe es sich um ein Darlehen der Klägerin an den Verstorbenen gehandelt), sowie zur Zahlung von S 300.000,-- samt 4 % Zinsen ab 11.7.1991 (aus dem Kodizill des Verstorbenen laut schriftlichem Vermächtnis vom 6.3.1991).

Sowohl das Erst- als auch das Berufungsgericht haben beide Begehren kostenpflichtig abgewiesen. Gegenstand der auf die Revisionsgründe der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, der Aktenwidrigkeit und wesentlicher Verfahrensmängel gestützten außerordentlichen Revision der Klägerin ist nur mehr das Begehren auf Zahlung von S 300.000,-- sA, gerichtet auf Abänderung des angefochtenen Berufungsurteils im Sinne einer Stattgebung desselben; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat nach Freistellung eine Revisionsbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht die im wiedergegebenen Brief des Verstorbenen enthaltene Willenserklärung mit einem unvertretbaren Ergebnis unrichtig ausgelegt hat und diese Entscheidung daher zur Wahrung der Rechtssicherheit im Sinne der nachstehenden Ausführungen richtigzustellen war. Hiebei war von folgenden Erwägungen auszugehen:

1. Die geltend gemachten "wesentlichen Verfahrensmängel" und "Aktenwidrigkeit" werden im Rechtsmittel nicht näher ausgeführt; sie liegen auch nicht vor (§ 510 Abs 3 dritter Satz ZPO). Die von der Revisionswerberin zu diesem Abschnitt ihres Rechtsmittels (Punkt B) gemachten Ausführungen erschöpfen sich vielmehr in Rechtsausführungen dahingehend, daß und warum sie ausschließlich allein ein Zahlungsbegehren und nicht (wie vom Berufungsgericht gefordert) die Abtretung einer Forderung (aus dem Sparbuch) geltend gemacht habe. Inhaltlich stellt sich die Revision daher auch in diesem Bereich als eine ausschließliche Rechtsrüge dar (§ 84 Abs 2 ZPO).

2. Zunächst stellt sich die - von den Vorinstanzen unerörtert gebliebene - Frage des anzuwendenden Rechts, und zwar sowohl was die Form der von der Klägerin als letztwillige Verfügung reklamierten Anordnung des Erblassers betrifft, als auch deren daraus abgeleiteten Herausgabeanspruch. Die Erklärung wurde zwar von einem Österreicher, jedoch im Ausland (Deutschland) verfaßt, erstreckte sich allerdings auf ein in Österreich befindliches und demgemäß auch auf inländische Währung lautendes Sparbuch, und sollte eine in Syrien befindliche syrische Staatsbürgerin begünstigen.

Was die Form dieser (letztwilligen) Verfügung anlangt - und als solche ist, wie noch unten zu Punkt 3.c näher auszuführen sein wird, die im Brief des Verstorbenen an seine Schwester bzw Nichte enthaltene Passage zu qualifizieren - , so ist das von Österreich (BGBl 1963/295) und Deutschland (BGBl 1966/62) ratifizierte Übereinkommen über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht maßgebend. Dieses bezieht sich nämlich ganz allgemein auf letztwillige Verfügungen, also nicht etwa nur auf Testamente, sondern auch auf Kodizille (NZ 1973, 187). Es legt in seinem Art 1 eine Reihe von Anknüpfungspunkten fest, ua in dessen lit b die Formvorschriften jenes Staates, dem der Erblasser durch seine Staatsbürgerschaft verbunden war. Damit ist jedenfalls die Formgültigkeit dieser schriftlichen Erklärung nach österreichischem Recht zu beurteilen.

Gleiches gilt aber auch für den daraus abgeleiteten Herausgabeanspruch der Klägerin, da sich dieser nach § 28 Abs 2 IPRG richtet. Wird danach eine Verlassenschaftsabhandlung in Österreich durchgeführt, so ist ua der Erbschaftserwerb ebenfalls nach österreichischem Recht zu beurteilen. Zum Erbschaftserwerb gehören dabei nicht bloß die Einantwortung (§§ 810 ff ABGB), sondern auch der Erwerb durch Vermächtnisnehmer (§§ 684 ff ABGB; MGA ABGB34 2560, Anm 4 zu § 28 IPRG; Schwimann in Rummel, ABGB II2, Rz 4 zu § 28 IPRG).

Damit haben die Vorinstanzen im Ergebnis zunächst zutreffend die Rechtssache ausschließlich nach österreichischem Recht beurteilt. Auch die Parteien sind im übrigen von Anfang an davon ausgegangen; die Klägerin legt selbst in ihrer Revision dem Rechtsfall ausschließlich österreichisches Recht zugrunde.

3. a) Während das Erstgericht die oben dargestellte Passage im Brief des Verstorbenen vom 6.3.1991 deswegen nicht als rechtswirksames Kodizill qualifizierte, weil der hierin zum Ausdruck gebrachten "Bitte" nicht die Bedeutung einer verpflichtenden letztwilligen Anordnung beigelegt werden könne (zumal diese auch nicht an die Alleinerbin, sondern an dritte Personen gerichtet gewesen sei), ließ das Berufungsgericht diese Beurteilung letztlich offen; in beiden möglichen Fällen (eigenhändiges Kodizill einerseits, Auftrag in Gestalt einer Schenkung auf den Todesfall andererseits) liege nämlich immer nur ein Forderungsvermächtnis vor, welches der Klägerin nur einen obligatorischen Abtretungsanspruch gegen die Verlassenschaft bzw Erbin gewähren würde; ohne ein hiefür erforderliches Sachvorbringen zu erstatten, habe diese jedoch ein Zahlungsbegehren gerichtet auf die Erfüllung eines Geldlegats erhoben. Der Verstorbene habe mit der festgestellten Passage im Brief "nichts anderes zum Ausdruck gebracht, als daß es seine Absicht ist, daß der Klägerin im Falle des Eintrittes eines unvorhergesehenen Ereignisses, also auch im Ablebensfalle, durch Übergabe bzw Ausfolgung des Sparbuches die Forderung auf die Spareinlage unentgeltlich zukommt bzw geschenkt wird, somit diese Forderung der Klägerin abgetreten und durch die Übergabe des Sparbuches die Abtretung auch erfüllt wird".

Diese Erwägungen sind jedoch in ihrer Konsequenz nicht stichhältig:

b) Bei der Auslegung speziell letztwilliger Erklärungen handelt es sich darum, den Bewußtseinsinhalt des Erblassers zu der Zeit, als er seine Verfügungen getroffen hat, und insbesondere seine Willensbestrebungen festzustellen. Erfolgt eine solche Feststellung nicht lediglich aus dem Inhalt der (letztwilligen) Urkunde, sondern aufgrund (auch) anderer Beweismittel, so ist sie tatsächlicher Art. Was der Verfasser (Erblasser) gewollt hat, ist dann eine der Vergangenheit angehörige Tatsache und keine Rechtsfrage (SZ 25/203, NZ 1969, 90 mwN). Die Auslegung einer dem Wortlaut nach feststehenden Urkunde ist hingegen immer dann eine Frage der rechtlichen Beurteilung (und damit auch vor dem Obersten Gerichtshof bekämpfbar), wenn sie allein aufgrund des Urkundeninhaltes geschieht (NZ 1973, 187, ZAS 1984, 19, JBl 1985, 97, Strigl in EBspr AnwBl 1989, 230). Da im vorliegenden Fall außer dem Inhalt der maßgeblichen Urkunde kein sonstiges Beweismittel zur Auslegung vorliegt und auch kein solches von den Tatsacheninstanzen herangezogen worden ist, sind die Ausführungen des Berufungsgerichtes hiezu der Überprüfung (und Korrektur) durch den Obersten Gerichtshof jedenfalls zugänglich; dies gilt damit auch für die Frage, ob aus dem Inhalt dieser Urkunde auch das Bewußtsein des Verstorbenen, jetzt eine letztwillige Verfügung zu errichten, also ein Testierwille (animus testandi) abzuleiten ist (Welser in Rummel, ABGB I2, Rz 9 zu §§ 564, 565).

c) Die Gültigkeit eines Vermächtnisses setzt eine gültige letztwillige Erklärung des Erblassers voraus (§ 647 ABGB). Das Kodizill muß daher - wenn es außergerichtlich schriftlich und ohne Zeugen abgefaßt wird - vom Erblasser eigenhändig geschrieben und von ihm eigenhändig mit seinem Namen unterfertigt sein (§ 578 ABGB; EvBl 1964/160). Diesem Formerfordernis entspricht die vom Verstorbenen getroffene Anordnung. Auch briefliche Erklärungen können nämlich, wenn sie ein Erblasser als Anordnung gemeint hat, hiefür genügen (Welser, aaO Rz 1 zu § 578); der Gebrauch der Wunschform ("Bitte!!!") ist bei Einsetzung eines Vermächtnisses ebenfalls nicht ausgeschlossen, wenn am wahren Willen des Erblassers ein Zweifel nicht obwalten kann (RZ 1937, 178; 2 Ob 2209/96h). Auch wenn solche Erklärungen grundsätzlich mit dem Familiennamen zu unterzeichnen sind, so genügen doch auch Bezeichnungen, unter denen der Erblasser bekannt ist, sodaß an seiner Identität kein Zweifel besteht, zB (wie hier) die Unterfertigung mit dem Vornamen ("Euer Fredi"; Welser, aaO Rz 6 zu § 578; MGA ABGB34 E 9 zu § 578). Daß der Verstorbene für seinen "Aufsatz" die ebenfalls nicht sehr gebräuchliche Form der Blockschrift mit Großbuchstaben wählte, entsprach offenbar seiner angestammten Gewohnheit (siehe etwa seine als Beweismittel vorgelegten Jahreskalender, von seiner Tochter als "Tagebücher" bezeichnet, aus den letzten Jahren 1989 und 1990; Eccher in Schwimann, Praxiskommentar, Band 3, Rz 3 zu § 578). Im übrigen haben sämtliche Beteiligten auch im Rahmen der Nachtragsabhandlung hierüber vor dem bestellten Gerichtskommissär am 14.1.1992 die Authentizität des Schriftstückes und die Urheberschaft des Verstorbenen als Verfasser desselben auch gar nicht in Zweifel gezogen (ON 33 des Verlaßaktes), sodaß sich weitergehende Ausführungen hiezu erübrigen können.

d) Berücksichtigt man diese Rechtslage einerseits sowie den Umstand, daß er aufgrund seiner aufgetretenen Krebserkrankung nur mehr wenige Wochen zu leben hatte und schließlich ja auch keinerlei sonstige schriftliche Verfügungen auf den Todesfall bis dahin angelegt hatte (siehe Todfallsaufnahme ON 2, P.15, des Verlaßaktes), so erachtet der Oberste Gerichtshof schon aus dem Wortlaut der Einleitung der getroffenen Anordnung ("Sollte mir etwas Unvorhergesehenes zustoßen") die Absicht des Genannten, als Testator letztwillig zugunsten seiner (früheren und zeitweiligen) Lebensgefährtin und nunmehrigen Klägerin zu verfügen, als zweifelsfrei klar zum Ausdruck gebracht - dies umso mehr, als er auch im Schlußabsatz dieses Schreibens eine weitere (hier allerdings nicht verfahrensgegenständliche und durch die Einantwortung an die Witwe bereits überholte) letztwillige Anordnung, nämlich daß der aus einem Grundverkauf in E***** erwartete Erlös seiner Gattin ("der Franziska") "hinterlassen" werde, ausdrücklich formuliert und aufgenommen hat. Wenn eine derartige Verfügung aber eine bestimmte Person vermögensrechtlich begünstigt, so spricht die Vermutung immer für ein Vermächtnis (Ehrenzweig/Kralik, Erbrecht3 205).

4. a) Gegenstand eines Vermächtnisses kann gemäß § 653 ABGB alles sein, was im gemeinen Verkehre steht. Nach § 658 letzter Satz ABGB verbindet das Legat einer Summe Geldes den Erben zur Zahlung derselben, ohne Rücksicht, ob bares Geld in der Verlassenschaft vorhanden ist oder nicht. Ein Legat ist wirksam, wenn die (vermachte) Sache zum Nachlaß gehört oder im Eigentum des Beschwerten steht (Welser, aaO Rz 2 zu § 662). Ein Forderungsvermächtnis verpflichtet gemäß § 664 ABGB den Beschwerten zur Abtretung der vermachten Forderung und gibt dem begünstigten Legatar einen schuldrechtlichen Anspruch auf die Übertragung gegen den Beschwerten, vor der Zession aber kein Recht gegen den debitor cessus (Welser, aaO Rz 1 und 2 zu § 664). Daß der Verstorbene im Zeitpunkt seiner Anordnung jedenfalls Verfügungsberechtigter eines mit der exakten Einlagesumme versehenen Sparbuches gewesen ist, hat die Nachtragsabhandlung des Verlaßgerichtes ergeben und wurde von den Beteiligten ebenfalls nie bestritten (ON 33 des Verlaßaktes).

b) Beim Sparbuchvertrag bleibt der Einleger nicht Eigentümer des eingelegten Geldes, sondern geht die Einlage in das Eigentum der Bank über (EvBl 1993/4 = RZ 1993/90); der Einleger erwirbt bloß ein obligatorisches Rückforderungsrecht gegen das Kreditinstitut (SZ 43/121, EvBl 1993/4, 10 Ob 2035/96d). Andererseits ist das Sparbuch eine bewegliche körperliche Sache, auf das im Wege der Herausgabeexekution gegriffen werden kann (3 Ob 1072/92).

Unterstellt man das Kodizill des Erblassers - im Sinne der Ausführungen des Berufungsgerichtes - als (bloßes) Forderungsvermächtnis, so wäre es tatsächlich Sache der Klägerin gewesen, die Verurteilung der Beklagten zur Abtretung der Rechte aus dem Sparbuch(vertrag) zu verlangen (vgl JBl 1977, 600 im Zusammenhang mit einem "Bausparbrief"). Die Beklagte (und ihr folgend das Berufungsgericht) übersehen und übergehen mit dieser Auffassung jedoch den Umstand, daß die - zutreffend (JBl 1976, 367, SZ 21/52; Eccher, aaO Rz 6 zu § 647) - erfolgte Verweisung der Klägerin mit ihren Ansprüchen aus dem Kodizill auf den Rechtsweg zu einem Zeitpunkt erfolgte, als dieses Sparbuch bereits realisiert und der Beklagten als Alleinerbin in deren Alleineigentum zugewiesen worden war (ON 37 bis 39 des Verlaßaktes). Dadurch wurde nämlich auch das Recht an der Spareinlage ebenfalls wirksam an die Beklagte übertragen (QuHGZ 1983, 857). Damit ist aber davon auszugehen, daß die Forderung aus dem Sparbuchvertrag schon längst eingehoben (eingelöst) war, bevor die Klägerin - Jahre später - ihre Klage auf Zahlung des Geldbetrages eingebracht hat. Das Begehren ist damit in der gestellten Form nicht zu beanstanden. Die zwischenzeitlich erfolgte Einantwortung ließ bloß die mit dem Besitz des Nachlasses verbundene Last des Legatsanspruches unberührt (JBl 1976, 367 mwN).

c) Dieses Ergebnis steht auch mit der Auslegungsregel letztwilliger Erklärungen, wonach zentrales Anliegen die Erforschung des wahren Willens des Erblassers zu sein hat (NZ 1984, 130, SZ 38/221; Gschnitzer/Faistenberger, Erbrecht2 32; 2 Ob 2209/96h), sowie dem aus dem letzten Halbsatz des § 655 ABGB abgeleiteten favor testamenti (wonach die Auslegung möglichst so erfolgen soll, daß der vom Erblasser beabsichtigte Erfolg eintritt und es wenigstens teilweise aufrecht bleibt: Eccher, aaO Rz 4 zu § 655; Weiß in Klang, III2 531 spricht in diesem Zusammenhang vom "Gedanken einer wohlwollenden Auslegung"), in Einklang: Zum Wesen und zum Begriff eines Vermächtnisses gehört es nämlich, daß es dem Bedachten einen - von ihm auch durchsetzbaren (Koziol/Welser II10 365) - Vermögensvorteil verschafft (Weiß, aaO 524). Danach hat aber der Verstorbene der Klägerin nicht das "Sparguthaben", sondern ausdrücklich das - allerdings weder durch Nennung des Bankinstitutes noch der Nummer oder eines allfälligen Losungswortes näherhin identifizierte - "Sparbuch mit den 300.000,-- ÖS samt Zinsen" vermacht. Offensichtlich kam es ihm hiebei mehr auf den Betrag (die Summe) als auf dessen rechtliche Herkunft (Sparbuch, Wertpapier, Bargeld) an. Insoweit ist auch davon auszugehen, daß er das Vermächtnis auch nicht bloß für den Fall gewollt hat, daß ausschließlich die von ihm (als Briefadressaten) angesprochenen Personen und damit "Beschwerten" die Erfüllungslast ("zukommen zu lassen") zu tragen hätten (vgl Ehrenzweig/Kralik aaO 211).

5. Beim Vermächtnis eines bestimmten Geldbetrages aus einem Guthaben des Erblassers stehen dem Vermächtnisnehmer gesetzliche Verzugszinsen hieraus erst ab dem Tage der Fälligkeit zu (SZ 53/135), di nach dem § 685 zweiter Halbsatz ABGB ein Jahr nach dem Tod des Erblassers (Ehrenzweig, System II/22 542 und 556; Gschnitzer/Faistenberger, aaO 95), also ab dem 26.4.1992.

6. Die dargelegten Grundsätze haben somit zur Folge, daß der Revision teilweise Folge zu geben und das angefochtene Urteil zweiter Instanz in der aus dem Spruch ersichtlichen Fassung abzuändern war. Das Klagemehrbegehren zu a) des Urteilsbegehrens wurde bereits von den Vorinstanzen rechtskräftig abgewiesen. Die Wiedergabe dieses Teiles der Vorentscheidungen erübrigte sich daher.

7. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 43, 50 ZPO. Die geringfügige Zinsenabweisung ist nach § 43 Abs 2 ZPO zu vernachlässigen. Mit dem Klagebegehren zu P.a (Gegenwert für US-Dollar 5.000 sA) ist die Klägerin in erster und zweiter Instanz zur Gänze unterlegen. Bezogen auf das Gesamtbegehren (umgerechnet S 360.000,--) handelte es sich hiebei um rund 17 % desselben, sodaß die Klägerin für diese beiden Verfahrensteile Anspruch auf 66 % ihrer Kosten hat. Im Verfahren dritter Instanz hat sie hingegen - unter Bedachtnahme auf § 43 Abs 2 ZPO - zur Gänze obsiegt. Nicht zu honorieren waren dabei der Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe vom 9.6.1994 (ON 4) samt diesbezüglicher Urkundenvorlage (ON 8), weil ein entsprechendes Vermögensverzeichnis nach dem eigenen Vorbringen bereits überreicht worden war und die Nachreichung eines vervollständigten, aktuellen hiebei nicht zu Lasten der Beklagten gehen kann. Vielmehr hätte die Klägerin ein solches gemäß § 66 Abs 1 ZPO bereits von Anfang zu legen gehabt. Abgesehen davon wäre die bloße Vorlage eines ergänzten Vermögensverzeichnisses nur nach TP 1 RATG zu honorieren. Barauslagen wurden keine verzeichnet bzw fielen solche aufgrund der Verfahrenshilfegewährung nicht an. Damit belaufen sich die Kosten des Verfahrens erster Instanz auf S 63.910,20 (hierin enthalten S 10.651,70) und zweiter Instanz auf S 13.347,-- (hierin enthalten S 2.224,50 Umsatzsteuer), zusammen sohin S 77.257,20. 66 % hievon sind S 50.989,75. Die Kosten des Revisionsverfahrens belaufen sich auf S 13.725,-- (hierin enthalten S 2.287,50 Umsatzsteuer).

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