OGH 10Ob17/16x

OGH10Ob17/16x21.3.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Schramm, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann sowie den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T* Bau GmbH, *, vertreten durch Blum, Hagen & Partner Rechtsanwälte GmbH in Feldkirch, sowie der Nebenintervenienten auf Seite der klagenden Partei 1. Mag. B* S*, Architekt, *, vertreten durch tusch.flatz.dejaco.rechtsanwälte gmbH in Feldkirch, sowie 2. Ing. K* W*, Bautechniker, *, vertreten durch Dr. Walter Geißelmann und andere Rechtsanwälte in Bregenz, gegen die beklagte Partei E* C*, vertreten durch Achammer & Mennel Rechtsanwälte OG in Feldkirch, und den Nebenintervenienten auf Seite der beklagten Partei L* C*, vertreten durch Dr. Karl Schelling, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen 150.000 EUR sA (Revisionsinteresse 143.726,81 EUR), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 17. Dezember 2015, GZ 1 R 105/15y‑189, womit infolge Berufung beider Parteien sowie der Nebenintervenienten Mag. B* S* und L* C* das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 20. April 2015, GZ 10 Cg 25/07d‑167, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E117603

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Die Beklagte und der auf ihrer Seite beigetretene Nebenintervenient (in der Folge kurz: NI C*), ihr Ehemann, errichteten in den Jahren 2005/2006 ein Einfamilienhaus und beauftragten mit der Planung, der Ausschreibung und der Bauleitung den Erstnebenintervenienten auf Seiten der klagenden Partei, einen Architekten (kurz: NI S*). Dieser gab den Auftrag zur Bauleitung dem Zweitnebenintervenienten, einen Bautechniker (kurz: NI W*) weiter.

Die Beklagte beauftragte die klagende Bau GmbH mit schriftlichem Werkvertrag vom 4. 5. 2005 mit den Baumeisterarbeiten. Dem Vertrag lag eine vom NI W* erarbeitete Ausschreibung samt Leistungsverzeichnis zugrunde; die Klägerin bot ihre Leistungen entsprechend der Vorgabe der Ausschreibung zu Einheitspreisen an. Zum Zeitpunkt der Ausschreibung und des Anbots der Klägerin lagen die Ausführungspläne noch nicht vollständig und in allen Einzelheiten vor, sodass bereits in der Ausschreibung hinsichtlich einiger Positionen bewusst nicht die tatsächlich erforderlichen Mengen angegeben waren. Dies ist in der Baubranche üblich. Der Unterfertigung des Werkvertrags lag eine Besprechung der Streitteile in Anwesenheit des NI C* zugrunde, bei der klargestellt wurde, dass Lohn‑und Materialkosten Fixkosten seien, die Abrechnung sich aber entsprechend der angefallenen Menge und Masse nach Einheitspreis richten sollte. Eine Überprüfung der in der Ausschreibung vorgegebenen Mengen und Massen durch die Klägerin war nicht vereinbart.

Die Klägerin, die noch vor Unterfertigung des Werkvertrags mit den Baumeisterarbeiten begonnen hatte, führte die Arbeiten an der geplanten Attika am 28. 6. 2005 mangelhaft aus. Eine nach Verhandlungen der Beteiligten vereinbarte Sanierung nach den vom NI S* angefertigten Plänen war neuerlich mangelhaft. Weitere Verhandlungen zwischen den Parteien über eine Sanierung blieben erfolglos.

Die Beklagte löste den Architektenvertrag mit NI S* am 8. 3. 2006 auf und verhängte mit Schreiben an alle Projektbeteiligten vom 20. 4. 2006 einen Baustopp. Mit Schreiben ihres Rechtsfreunds vom 3. 10. 2006 forderte sie die Klägerin auf, die Baustelle zu räumen, die Restarbeiten würden von anderen Firmen ausgeführt.

Die Beklagte beauftragte mit der Planung der Sanierungs‑ und Fertigstellungsarbeiten die Firma C*, mit der Durchführung dieser Arbeiten die Firma W*, die die Attika neu herstellte. Bauleistung und Bauaufsicht betreffend die Sanierungs‑ und Fertigstellungsarbeiten hatte die Firma B* übertragen erhalten, für die DI B* tätig war.

Die Klägerin legte am 2. 1. 2007 an die Beklagte Schlussrechnung, wobei sie – unter Berücksichtigung der Freigabe der dritten Teilrechnung, zweier Teilzahlungen, einer Strombezugsrechnung vom 4. 4. 2006, detailliert verrechneter Zinsen sowie der Mahngebühren zu einem offenen Saldo von 377.563,13 EUR gelangte, 130.390,29 EUR davon seien bereits fällig.

Der Schlussrechnung war eine Aufstellung samt Summenblätter, Aufmaßblätter und Pläne angeschlossen.

Das Erstgericht stellte die Klagsforderung – im zweiten Rechtsgang – als mit 150.000 EUR, die Gegenforderung hingegen als mit 26.192,29 EUR zu Recht bestehend fest und verpflichtete die Beklagte daher zur Zahlung von 123.807,71 EUR sA an die Klägerin, während das Mehrbegehren von 26.192,29 EUR sA abgewiesen wurde.

Der Klägerin stehe unter Berücksichtigung der beiden Teilzahlungen an sich der – vom Erstgericht näher aufgeschlüsselte – Gesamtbetrag von 197.545,58 EUR aus der Schlussrechnung zu, die Klägerin habe zuletzt aber nur mehr 150.000 EUR geltend gemacht. Das Anbot der Klägerin sei kein verbindlicher Kostenvoranschlag gewesen, entsprechend ausdrücklicher Vereinbarung sollte die Klägerin vielmehr nur an die Einheitspreise gebunden sein, während die Abrechnung entsprechend tatsächlich angefallener Mengen und Massen zu erfolgen habe. Die von NI W* erteilten bzw akzeptierten Nachtragsaufträge müsse die Beklagte gegen sich gelten lassen. Da die Klägerin die Attika mangelhaft hergestellt und saniert habe, könne sie hiefür keinen Werklohn fordern. Der Beklagten stehe eine Gegenforderung von 26.192,29 EUR– unter Berücksichtigung von bereits auf Sanierungskosten gewidmeter Zahlungen des NI S* im Parallelprozess und der Klägerin in diesem Verfahren – zu.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen der Klägerin und des NI S* nicht, denen der Beklagten und des NI C* hingegen teilweise Folge und änderte das angefochtene Urteil dahin ab, dass die Klagsforderung als mit 143.726,81 EUR und die Gegenforderung als mit 37.406,19 EUR zu Recht bestehend festgestellt wurden. Die Beklagte wurde zur Zahlung von 106.320,62 EUR sA verurteilt, während ein Mehrbegehren von 43.679,38 EUR abgewiesen wurde. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens behielt das Berufungsgericht gemäß § 52 Abs 1 ZPO vor und verwies den NI W* mit seinem Kostenrekurs auf die Berufungsentscheidung. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Das Berufungsgericht verneinte die von den Parteien und dem NI C* geltend gemachten Verfahrensmängel, übernahm die bekämpften erstgerichtlichen Feststellungen und sah die Rechtsrüge der Klägerin und des NI S* in Bezug auf einzelne Positionen der Gegenforderung – jedenfalls im Ergebnis – als unbegründet an.

Der Rechtsrüge der Beklagten und des NI C* entgegnete das Berufungsgericht, dass die eingeschränkte Klagsforderung ausreichend bestimmt und aufgeschlüsselt sei. Die Klägerin sei aufgrund der Aufforderung zur Räumung der Baustelle vom 3. 10. 2006 berechtigt gewesen, die von ihr bis zu diesem Zeitpunkt erbrachten Leistungen abzurechnen. Aufgrund gegenüber dem ersten Rechtsgang geänderter Sachverhaltsgrundlage sei nicht von einem bindenden Kostenvoranschlag nach § 5 Abs 2 KSchG, sondern von einem Einheitspreisvertrag auszugehen, der § 6 Abs 1 Z 5 KSchG entsprochen habe.

Hinsichtlich nicht klärbarer Positionen der Schlussrechnung sei zwar nicht von einem Anerkenntnis durch den Bauleiter (den NI W* bzw DI B*) auszugehen, wohl aber davon, dass diesem damals Prüfunterlagen zur Verfügung gestanden seien. Insoweit erachtete das Berufungsgericht unter Hinweis auf § 273 Abs 1 ZPO die vom Erstgericht als anerkannt angesehenen Beträge als angemessen.

Berechtigt sei die Rechtsrüge nur, soweit das Erstgericht bei der Ermittlung der Höhe der Klagsforderung teilweise das in Einzelpositionen aufgeschlüsselte Begehren überschritten habe. Unter Berücksichtigung der Positionen laut eingeschränktem Klagebegehren ermittelte das Berufungsgericht daher eine zu Recht bestehende Klagsforderung von 143.726,81 EUR; 6.206,23 EUR (aus dem Titel Erdarbeiten) seien nicht berechtigt. Die Differenz zu 150.000 EUR ergebe sich aus einem Rechenfehler bei der Berechnung der Klagsforderung. Hinsichtlich der Gegenforderungen erkannte das Berufungsgericht in teilweiser Stattgebung der Rechtsrüge der Beklagten und des NI C* insgesamt einen Betrag von 37.406,19 EUR als zu Recht bestehend.

Den Zuspruch von 106.320,62 EUR bekämpft die Beklagte in ihrer außerordentlichen Revision aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das Klagebegehren schon mangels zu Recht bestehender Klagsforderung, hilfsweise „aber aufgrund der Gegenforderung“ abzuweisen.

Als erhebliche Rechtsfragen führt die Beklagte ins Treffen, dass der Oberste Gerichtshof bisher nicht beantwortet habe, ob § 6 Abs 1 Z 5 KSchG bei Werkverträgen bedeute, dass ohne konkrete Anführung der Umstände, die sich verändern können, mehr Forderungen einseitig gefordert werden können und ob dafür analog § 4 Abs 1 Z 2 BTVG ein Höchstbetrag festzulegen sei. Überdies sei das Oberlandesgericht Innsbruck von der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofs abgewichen, dass

a) bei Mehrforderungen, für die der Werkunternehmer keinen Nachweis vorlegen könne, der gesamte Werklohn nicht fällig werde, ohne dass es dabei die Möglichkeit der Schätzung nach § 273 ZPO gebe,

b) bei Einklagung des Werklohns zu einem Zeitpunkt, als noch nicht alle geschuldeten Werkleistungen erbracht worden waren, der Werkunternehmer vorbringen und nachweisen müsse, dass er für die restliche Werkleistung leistungsbereit gewesen war,

c) es aufgrund von erheblichen Vorschäden zur Wertminderung für eine Liegenschaft samt Gebäuden kommen müsse,

d) das Berufungsgericht ohne Beweisaufnahme nicht vom Sachverhalt des Erstgerichts abgehen dürfe und

e) ein Sachverhalt, der für eine Rechtsauffassung bei Aufhebung durch das Berufungsgericht maßgeblich gewesen sei, nicht mehr abgeändert werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Damit werden keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO dargestellt.

1.1. Der Oberste Gerichtshof hat bisher tatsächlich die Frage nicht beantwortet, ob bei einem vereinbarten Einheitspreis (zur Definition siehe Kletečka in Kletečka/Schauer ABGB‑ON1.02 § 1166 Rz 18) die Anwendung von § 6 Abs 1 Z 5 KSchG denkbar erscheint. § 6 Abs 1 Z 5 KSchG erklärt eine Vertragsbestimmung für den Verbraucher für nicht verbindlich, nach der dem Unternehmer auf sein Verlangen für seine Leistung ein höheres als das bei der Vertragsschließung bestimmte Entgelt zusteht, es sei denn, dass der Vertrag bei Vorliegen der vereinbarten Voraussetzungen für eine Entgeltänderung auch eine Entgeltsenkung vorsieht, dass die für die Entgeltänderung maßgebenden Umstände im Vertrag umschrieben und sachlich gerechtfertigt sind sowie dass ihr Eintritt nicht vom Willen des Unternehmens abhängt.

Eine erhebliche Rechtsfrage liegt aber schon deshalb nicht vor, weil das Berufungsgericht die Preisvereinbarung der Streitteile vertretbar so ausgelegt hat, dass die für die Entgeltänderung maßgebenden Umstände durch mündliche Verhandlungen vor Unterfertigung des Werkvertrags festgelegt und im Vertrag mit der Klausel „nach Ausmaß“ umschrieben worden sind. Diese Auslegung ist durchaus vertretbar und bedarf keiner Korrektur im Einzelfall (RIS-Justiz RS0044358, RS0042871, RS0044348). Dass die von der Klägerin verrechnete Menge mit der im Anbot genannten nicht übereinstimmen wird, war nach den Feststellungen der Vorinstanzen für alle Beteiligten schon deshalb klar, weil die Ausführungspläne zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollständig vorlagen und es im Übrigen in weiterer Folge regelmäßig zu neuen Detailwünschen der Beklagten und des NI C* kam, die neue Planungen erforderten. Das Berufungsgericht hob überdies zutreffend hervor, dass eine geringere tatsächliche Menge – etwa aufgrund Materialbeistellung durch die Beklagte selbst – sich ohnedies preismindernd auswirkte. Aus den in der Revision zitierten Entscheidungen 8 Ob 657/92 und 4 Ob 56/03v ergibt sich nichts Gegenteiliges.

1.2. Eine Interpretation von § 6 Abs 1 Z 5 KSchG dahingehend, dass diese Bestimmung eine § 4 Abs 1 Z 2 BTVG (seit BGBl I 2008/56 § 4 Abs 3 BTVG) entsprechende Preisbeschränkung normiere, scheidet schon deshalb aus, weil es nach bereits vorliegender höchstgerichtlicher Rechtssprechung das vorrangige Ziel des BTVG ist, das Vorauszahlungsrisiko des Erwerbers durch Sicherungspflichten des Bauträgers weitgehend auszuschalten und so den Konsumentenschutz in einem speziellen Bereich der Immobilienbranche zu verstärken (RIS‑Justiz RS0113312). Daraus ergibt sich ein beschränkter Rechtsschutz insofern, als in den Anwendungsbereich beider Bestimmungen fallende vertragliche Regelungen auch kumulativ beiden Anforderungen entsprechen müssen, um rechtswirksam zu sein (7 Ob 93/15z, immolex 2016/56, 199 [Prader und Böhm] mwN). Würde man mit der Beklagten § 6 Abs 1 Z 5 KSchG – ohne hinreichende Deckung in dessen Wortlaut – denselben Inhalt unterstellen wie § 4 Abs 1 Z 2 BTVG (aF) bzw nunmehr § 4 Abs 3 BTVG, wäre diese kumulative Anwendung beider konsumentenschutzrechtlicher Bestimmungen aber gegenstandslos. Auch insoweit ist eine erhebliche Rechtsfrage zu verneinen.

2.1. Die Beurteilung des Berufungsgerichts zum Einwand der mangelnden Fälligkeit der Schlussrechnung bewegt sich im Rahmen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Danach ist eine Verpflichtung des Unternehmers zu einer genauen Detaillierung des Entgelts für seine zur Erbringung des Werks erforderlichen Einzelleistungen nicht gegeben, weil durch die Übermittlung der Rechnung der Besteller nur über die Höhe des vorher nicht fix vereinbarten, vom Unternehmer begehrten Entgelts in Kenntnis gesetzt werden soll. Es genügt daher, wenn der Unternehmer die von ihm erbrachten Leistungen einzeln anführt und für das Werk ein Gesamtentgelt berechnet, das der Besteller auf seine Angemessenheit überprüfen kann (RIS‑Justiz RS0021908). Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist eine Frage des Einzelfalls (RIS‑Justiz RS0021908 [T2]). Unbeachtlich ist der Einwand der mangelnden Fälligkeit dann, wenn der Rechnungslegungspflichtige allfällige Mängel der Abrechnung im Zuge des Rechtsstreits über seine Entgeltansprüche behebt (RIS‑Justiz RS0021928).

2.2. Hier ging das Berufungsgericht davon aus, dass den von der Beklagten mit der Rechnungsprüfung beauftragten NI W* bzw danach DI B* ausreichende Unterlagen zur Prüfung der Positionen der Schlussrechnung zur Verfügung standen, die der Sachverständige im Gerichtsverfahren nicht mehr überprüfen konnte. Dies konnte sich auf (dislozierte) Feststellungen des Erstgerichts im Rahmen der Beweiswürdigung stützen, wonach den genannten Personen entsprechende Grundlagen für eine korrekte Rechnungsprüfung zur Verfügung gestanden waren. Auf der Basis dieser – die Tatsachenebene betreffenden – Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, die der Überprüfung des Obersten Gerichtshofs entzogen ist (RIS‑Justiz RS0043521), ist mit dem Berufungsgericht von der Fälligkeit der Schlussrechnung auszugehen.

3. Nach Werkvertragsregeln kann der Unternehmer bei teilweiser Vereitelung jedenfalls jenen Teil des vereinbarten Entgelts verlangen, der auf die bereits geleistete Arbeit entfällt (§ 1168 Abs 1 Satz 1 ABGB; 1 Ob 81/06b; RIS‑Justiz RS0021919). Da die Beklagte nach den Feststellungen der Vorinstanzen zunächst am 20. 4. 2006 einen Baustopp verhängte und die Klägerin am 3. 10. 2006 aufforderte, die Baustelle zu räumen, weil die Restarbeiten von anderen Firmen ausgeführt würden, ist in der Beurteilung des Berufungsgerichts, diesfalls bedürfe es keiner Behauptung der Klägerin mehr, sie sei für die restliche Werkleistung leistungsbereit gewesen, keine im Einzelfall korrekturbedürftige Fehlbeurteilung zu erkennen. Im Fall des Rücktritts des Werkbestellers vom Vertrag ist vom Wegfall seines Interesses an einer Verbesserung durch den Werkunternehmer auszugehen; sein Leistungsverweigerungs‑recht nach § 1052 ABGB ist damit erloschen (RIS‑Justiz RS0019929 [T14, T16]).

4. Das Vorbringen der Beklagten zur Wertminderung ihrer Liegenschaft wies das Erstgericht als verspätet zurück, das Berufungsgericht verneinte einen diesbezüglichen Verfahrensmangel. Ob § 179 ZPO richtig angewendet wurde, hat das Berufungsgericht abschließend zu beurteilen; bejaht es dies, ist darin kein dem Berufungsgericht unterlaufener Verfahrensmangel zu erblicken (RIS‑Justiz RS0036897 [T3]). Ein Beschluss, mit dem das Gericht zweiter Instanz den Zurückweisungsbeschluss des Erstgerichts nach § 179 Abs 1 ZPO bestätigt hat, kann im Hinblick auf § 528 Abs 2 Z 2 ZPO – auch aus dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens – nicht angefochten werden (RIS‑Justiz RS0036878).

5. Das Berufungsgericht wich bei seiner Schätzung der Schlussrechnungspositionen, hinsichtlich derer dem Sachverständigen keine ausreichenden Grundlagen zur Verfügung standen, nicht von dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt ab. Die Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, den Rechnungsprüfern NI W* und DI B* seien ausreichende Grundlagen für die Rechnungskorrekturen zur Verfügung gestanden, konnte sich auf die dem Tatsachenbereich zuzurechnenden Erwägungen des Erstgerichts im Rahmen der Beweiswürdigung stützen. Gegenteilige Feststellungen gab es nicht, zumal das Erstgericht unmissverständlich davon ausging, lediglich der Gerichtssachverständige habe die diesbezüglichen Positionen nicht mehr prüfen können. Die von den fachkundigen Bauleitern NI W* und DI B* vorgenommenen Rechnungskorrekturen können eine Grundlage für eine Ermessensentscheidung nach § 273 ZPO liefern, eine auch im Einzelfall aufzugreifende grobe Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts (RIS‑Justiz RS0121220, RS0007104 [T2]), liegt nicht vor. Nur ergänzend sei erwähnt, dass der Großteil der vom Berufungsgericht nach § 273 Abs 1 ZPO geschätzten Positionen – wie dieses auch ausdrücklich erwähnte – letztlich für die Höhe der Klagsforderung gar nicht relevant war (so etwa die unter „Erdarbeiten“ genannten Positionen 39 und 41, hinsichtlich derer die teilweise Klagsabweisung unbekämpft blieb, oder die unter „Beton‑ und Stahlbetonarbeiten“ genannten Unterpositionen 119 und 120, hinsichtlich derer die Klägerin anstelle 169.979,58 EUR nur 139.243,17 EUR begehrt hatte).

6.1. Letztlich macht die Beklagte geltend, das Berufungsgericht sei im ersten Rechtsgang von einem verbindlichen Kostenvoranschlag der Klägerin nach § 5 Abs 2 KSchG ausgegangen. Es handle sich um einen abschließend erledigten Streitpunkt, der im zweiten Rechtsgang nicht mehr aufgerollt werden dürfe.

6.2. Zwar kann die Beantwortung jener Fragen, die das Rechtsmittelgericht, das die Aufhebung verfügte, auf der Grundlage des gegebenen Sachverhalts bereits abschließend entschieden hat, aufgrund neuer Tatsachen nicht mehr in Zweifel gezogen werden. Abschließend erledigte Streitpunkte können im fortgesetzten Verfahren nicht mehr aufgerollt werden (RIS‑Justiz RS0042031). Welche Verfahrensergebnisse im Aufhebungsbeschluss als abschließend erledigt angesehen wurden, ist aber zwangsläufig einzelfallabhängig (RIS‑Justiz RS0042031 [T20]; RS0042493 [T10]).

6.3. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts über den Umfang der abschließenden Klärung durch den Aufhebungsbeschluss im ersten Rechtsgang ist hier nicht korrekturbedürftig. Das Berufungsgericht sprach in seiner Entscheidung vom 3. Februar 2011, 1 R 242/10p (ON 97), aus, dass das an die Beklagte gerichtete Anbot der Klägerin als Kostenvoranschlag im Sinn des § 5 Abs 2 KSchG anzusehen sei, sodass unvorhergesehene Mehrarbeiten und Mehrkosten die Klägerin zu tragen habe. Eine Ausnahme davon bestehe bei Änderungswünschen der Beklagten, die zu Vertragsänderungen führen, sowie bei Mehraufwendungen, die der Besteller verschuldet hat oder die auf die Bestellersphäre zurückzuführen sind. Zu diesem Themenkreis erfolgte (unter anderem) die Aufhebung. Der Klägerin stand es daher auch ohne Verstoß gegen das Neuerungsverbot offen, im zweiten Rechtsgang ergänzendes Tatsachenvorbringen insbesondere zu von der Beklagten zu verantwortenden Mehraufwendungen bzw Vertragsänderungen zu erstatten. Das Beweisverfahren hiezu führte zu konkreten erstgerichtlichen Feststellungen über den vereinbarten Leistungsumfang, der– insbesondere aufgrund noch nicht vollständig vorliegender Ausführungspläne – zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses für die Klägerin hinsichtlich benötigter Mengen und Massen in gewissen Bereichen noch nicht einmal abschätzbar war. Folgerichtig wich das Berufungsgericht von seiner Qualifikation des Anbots der Klägerin als grundsätzlich verbindlichen Kostenvoranschlag im Sinn des § 5 Abs 2 KSchG gar nicht ab und erachtete etwa die angebotenen Lohn‑und Materialkosten sowie auch die Einheitspreise selbst unverändert als bindend. Aufgrund der mündlichen Vereinbarung der Streitteile im Vorfeld gestand es der Klägerin allerdings zu, eine zumindest schlüssige Erklärung abgegeben zu haben, dass sie wohl die Richtigkeit der Lohn‑und Materialkosten sowie der Einheitspreise garantiere, nicht aber eine weitergehende Richtigkeit insbesondere im Hinblick auf die zu erwartenden Massen und Mengen. Diese Beurteilung ist durchaus vertretbar (vgl Kletečka in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.02 § 1170a Rz 4). Für die Abgabe einer „Mengengarantie“ – die auch das Berufungsgericht in seiner aufhebenden Entscheidung im ersten Rechtsgang keineswegs als abschließend geklärt angesehen hatte – bieten die Feststellungen der Vorinstanzen keinerlei Grundlage.

7. Soweit die Beklagte noch in der Revision die Anwendung des § 273 ZPO in Bezug auf die Bauleitungskosten des DI B* durch das Erstgericht moniert, übersieht sie, dass es sich dabei um eine Frage der Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz handelt (RIS‑Justiz RS0040282), die das Berufungsgericht verneinte. Dies kann im Revisionsverfahren nicht mehr aufgegriffen werden (RIS‑Justiz RS0042963; ausdrücklich zu § 273 ZPO RS0040282 [T6, T8, T9]). Das Ergebnis der Festsetzung dieses Betrags mit 10.000 EUR stellt keine auch im Einzelfall aufzugreifende grobe Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts dar (RIS‑Justiz RS0121220, RS0007104 [T2]). Nach den Feststellungen der Vorinstanzen fiel zwar tatsächlich an Planungskosten für die Sanierung ein Nettobetrag von 16.376 EUR an, das Erstgericht konnte aber nicht feststellen, ob tatsächlich so viele Stunden für die Sanierung notwendig gewesen wären, was zur Minderung auf einem Betrag von 10.000 EUR im Sinn des § 273 Abs 1 ZPO führte. Fragen einer Schadensminderungspflichtverletzung oder alternativen Kausalität spielten in dem Zusammenhang gar keine Rolle.

8. Mangels erheblicher Rechtsfrage ist die außerordentliche Revision der beklagten Partei zurückzuweisen.

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