OGH 10Ob138/05z

OGH10Ob138/05z22.12.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Erich S*****, Maschinenbautechniker, *****, vertreten durch Dr. Markus Ch. Weinl LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Gemeinde E*****, vertreten durch Dr. Christian Pichler, Rechtsanwalt in Reutte, wegen Feststellung und Zustimmung zur Verbücherung eines Geh- und Fahrrechtes, über die „außerordentliche Revision" der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 29. September 2005, GZ 2 R 142/05g-35, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Das Rechtsmittel wird, soweit es als „außerordentliche Revision" bezeichnet wird, zurückgewiesen.

2. Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Das Erstgericht stellte fest, dass zugunsten eines im Eigentum des Klägers stehenden Grundstücks das Recht des Gehens über ein im öffentlichen Gut der beklagten Gemeinde stehendes Grundstück besteht und verpflichtete die beklagte Partei zur Zustimmung zur Verbücherung des Gehrechts. Das auf Feststellung und Verbücherung des Rechts des Fahrens gerichtete Mehrbegehren des Klägers wurde abgewiesen.

Mit der angefochtenen Entscheidung gab das Berufungsgericht der Berufung des Klägers gegen den klagsabweisenden Teil der Erstentscheidung nicht Folge und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes zwar EUR 4.000,- -, nicht aber EUR 20.000,-- übersteige. Die ordentliche Revision wurde mangels erheblicher Rechtsfragen für unzulässig erklärt. Der Bewertungsausspruch wurde damit begründet, dass Gegenstand des Berufungsverfahrens nur das abgewiesene Begehren auf Feststellung und Verbücherung des Fahrrechts gewesen sei. Mangels differenzierter Bewertung beider - zusammen mit EUR 21.805,85 bewerteter - Begehren durch den Kläger sei der Entscheidungsgegenstand des Berufungsgerichtes mit der Hälfte, also mit EUR 10.900,92 zu bewerten.

Dagegen wendet sich der Kläger mit einer außerordentlichen Revision an den Obersten Gerichtshof (in eventu stellt er einen Antrag nach § 508 ZPO), unter Berufung darauf, dass die Wertbestimmung des Berufungsgerichtes nicht angemessen sei, zumal das Fahrrecht für sich allein für den Kläger einen Wert von zumindest EUR 21.801,85 habe; durch die unrichtige Bewertung würde dem Kläger "der Zugang zum Obersten Gerichtshof verwehrt werden".

Das Erstgericht hat die außerordentliche Revision - entsprechend dem ausdrücklichen Antrag des Klägers - unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vorgelegt.

Rechtliche Beurteilung

Als „außerordentliche Revision" ist das Rechtsmittel nicht zulässig.

Nach § 502 Abs 3 ZPO ist die Revision - außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO - jedenfalls unzulässig, wenn - wie hier - der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 508 Abs 1 ZPO einen - binnen vier Wochen nach der Zustellung der Entscheidung beim Erstgericht einzubringenden (§ 508 Abs 2 ZPO) - Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde; ein solcher Antrag, der mit der ordentlichen Revision zu verbinden ist, muss hinreichend erkennen lassen, warum die ordentliche Revision für zulässig erachtet wird.

Die Bewertung des Entscheidungsgegenstandes durch das Gericht zweiter Instanz ist unanfechtbar (§ 500 Abs 4 ZPO; RIS-Justiz RS0042410) und bindet grundsätzlich auch den Obersten Gerichtshof (RIS-Justiz RS0042385), es sei denn, der Bewertungsausspruch würde zwingende gesetzliche Bewertungsvorschriften verletzen (§ 500 Abs 3 ZPO) oder es wäre nach dem Gesetz überhaupt keine Bewertung vorzunehmen gewesen (RIS-Justiz RS0042437; Kodek in Rechberger, ZPO2, § 500 Rz 3). Es wurde zwar bereits ausgesprochen, dass bei offensichtlich unrichtiger Bewertung und einem dadurch willkürlich herbeigeführten Rechtsmittelausschluss oder einer rechtsmissbräuchlichen Rechtsmittelerweiterung keine Bindung bestehe (6 Ob 138/03t mwN). Allerdings vermag der Kläger keinen solchen Fall aufzuzeigen. Wenn er für sein gesamtes, auf Feststellung und Verbücherung eines Geh- und Fahrrechts gerichtetes Begehren einen bestimmten Streitwert wählt und das Berufungsgericht diesen Wert im Hinblick auf das im Berufungsverfahren bloß noch in Streit stehende Fahrrecht halbiert, bestehen dagegen keine Bedenken aus dem Grund einer offensichtlichen Unrichtigkeit oder einer Überschreitung des eingeräumten Ermessens.

Aufgrund der daher bindenden Bewertung des Berufungsgerichtes und seines Ausspruches über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision hängt die Zulässigkeit der Revision daher davon ab, ob das Berufungsgericht in einem Zwischenverfahren nach § 508 ZPO seinen Zulässigkeitsausspruch abändert. Da der Kläger in Kenntnis der Prozessrechtslage primär eine außerordentliche Revision erhoben hat, ist das Rechtsmittel insoweit zurückzuweisen. Im Sinne des vom Kläger gestellten Eventualantrags wird das Erstgericht den Akt dem Berufungsgericht vorzulegen haben.

Der Akt ist daher vorerst dem Erstgericht zurückzustellen.

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