Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Mit ihrer am 19. 3. 2003 beim Bezirksgericht Mödling eingebrachten Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten die Zahlung von EUR 387,49 sA an restlichem Entgelt für Fensterreinigungsarbeiten. Zur örtlichen Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes brachte die Klägerin vor, dass Hinterbrühl als Erfüllungsort vereinbart worden sei.
Die Beklagte erhob Einspruch und wendete unter Hinweis darauf, dass sie mit der Klägerin keinen Erfüllungsort vereinbart habe, örtliche Unzuständigkeit ein.
In ihrem Schriftsatz vom 28. 4. 2003 (ON 5) erklärte die Klägerin, auf einen Zuständigkeitsstreit verzichten zu wollen. Im selben Schriftsatz beantragte die Klägerin unter anderem die Durchführung eines Ortsaugenscheines und stellte insbesondere wegen der Notwendigkeit dieses Ortsaugenscheines gemäß § 31 JN an das Oberlandesgericht Wien den Antrag, zur Verhandlung und Entscheidung anstelle des Bezirksgerichtes Wiener Neustadt das Bezirksgericht Mödling zu bestimmen.
Die Beklagte trat in ihrer Stellungnahme (ON 10) diesem Delegierungsantrag entgegen.
Mit Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 12. 8. 2003 (ON 12) wurde der Akt dem Erstgericht wegen verfrühter Aktenvorlage mit der Begründung zurückgestellt, dass Voraussetzung für eine Delegierung gemäß § 31 JN unter anderem die Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes sei und eine Entscheidung über den Delegierungsantrag der Klägerin daher erst nach rechtskräftiger Entscheidung über die Stattgebung oder Verwerfung der Unzuständigkeitseinrede erfolgen könne. Vor der Entscheidung müsse darüber hinaus auch das zuständige Gericht eine Äußerung zum Delegierungsantrag abgeben. In der Tagsatzung vor dem Bezirksgericht Mödling am 29. 10. 2003 wiederholte die Beklagte nach dem Vortrag der Klage und des Schriftsatzes (ON 5) durch die Klägerin ihren Unzuständigkeitseinwand. In der Folge wurden die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien (ON 12) sowie die von den beiden Parteien vorgelegten Urkunden verlesen. Die Klägerin brachte schließlich nochmals vor, dass sie sich der Unzuständigkeitseinrede unterwerfe und somit das Bezirksgericht Mödling als (örtlich) unzuständig betrachte, sie aber den an das Oberlandesgericht Wien gerichteten Delegierungsantrag aufrecht erhalte. Das Bezirksgericht Mödling sprach daraufhin mit Beschluss seine (örtliche) Unzuständigkeit aus. Die Parteienvertreter verzichteten auf Zustellung einer Beschlussausfertigung und Rechtsmittel.
In der Folge legte das Bezirksgericht Mödling den Akt dem Oberlandesgericht Wien zur Entscheidung über den Delegierungsantrag mit einer Stellungnahme des Bezirksgerichtes Wiener Neustadt vor, derzufolge das Bezirksgericht Wiener Neustadt mangels Überweisung der Rechtssache nicht zuständig sei und daher auch keine Äußerung gemäß § 31 Abs 3 letzter Satz JN abgeben könne.
Das Oberlandesgericht Wien wies daraufhin den Delegierungsantrag zurück. Es sei zwar nunmehr der Zuständigkeitsstreit rechtskräftig beendet, die beantragte Delegierung sei aber dennoch nicht möglich, weil nur von einem zuständigen Gericht an ein anderes Gericht gleicher Ordnung delegiert werden könne. Eine Zuständigkeit des Bezirksgerichtes Wiener Neustadt sei aber mangels Überweisungsantrages der Klägerin nicht gegeben. Eine Delegierung von einem unzuständigen Gericht an ein anderes Gericht sei nach dem Gesetz nicht möglich.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Klägerin - mit dem die Klägerin den Antrag verbindet, die Rechtssache an das nicht offenbar unzuständige Bezirksgericht Wiener Neustadt zu überweisen - wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Stattgebung des Delegierungsantrages abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist im Sinne der insoweit zutreffenden Rechtsmittelausführungen zwar zulässig, weil Entscheidungen des Oberlandesgerichtes in Delegierungsfragen, die in Wahrnehmung einer erstgerichtlichen Funktion ergingen, ungeachtet des Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO bekämpfbar sind, soweit einer Anrufung des Obersten Gerichtshofes nicht der Anfechtungsausschluss des § 517 ZPO entgegensteht (EvBl 2002/160; 3 Ob 250/02i ua; RIS-Justiz RS0116349; Ballon in Fasching, Zivilprozessgesetze² § 31 JN Rz 12; Mayr in Rechberger, ZPO² § 31 JN Rz 6 mwN ua). Der Rechtsmittelausschluss des § 517 ZPO kommt im vorliegenden Fall deshalb nicht zum Tragen, weil durch die angefochtene Entscheidung im Ergebnis die Fortsetzung des Verfahrens über die Klage verweigert wird (Z 1). Der Rekurs ist aber nicht berechtigt.
Die Rekurswerberin vertritt in ihren Rechtsmittelausführungen zunächst die Ansicht, ein Überweisungsantrag an das Bezirksgericht Wiener Neustadt hätte als Zurückziehung des Delegierungsantrages aufgefasst werden können und sei daher entgegen der Ansicht im angefochtenen Beschluss nicht zu stellen gewesen. Die Rekurswerberin habe nicht eine Überweisung der Rechtssache an das Bezirksgericht Wiener Neustadt, sondern eine Delegierung an das Bezirksgericht Mödling angestrebt. Ein Überweisungsantrag sei in diesem besonderen Fall keine Voraussetzung für eine Delegierung durch das Oberlandesgericht.
Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.
Nach § 31 Abs 1 JN kann auf Antrag einer Partei von dem Oberlandesgericht, in dessen Sprengel das zuständige Gericht gelegen ist, an dessen Stelle ein anderes im Sprengel dieses Oberlandesgerichtes gelegenes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Aus Sinn und Wortlaut der zitierten Bestimmung ergibt sich, dass eine Delegierung nach § 31 JN die Übertragung einer Sache vom zuständigen Gericht zur Voraussetzung hat. Delegierungsanträge sind daher nach ständiger Rechtsprechung erst nach Erledigung allfälliger Zuständigkeitsfragen zu behandeln (RIS-Justiz RS0046338; RS0046196). Ist die Zuständigkeit des ursprünglich angerufenen Gerichtes nicht gegeben, fehlt eine wesentliche Voraussetzung für eine Delegierung nach § 31 JN. Das für die Delegierung zuständige Gericht hat in einem solchen Fall die beantragte Delegierung zu verweigern (7 Ob 558/91; EFSlg 31.943; JBl 1961, 639 ua; RIS-Justiz RS0109369). Es ist nämlich nicht Zweck der Delegation, einer ordnungsgemäßen Erledigung eines Zuständigkeitsstreites vorzugreifen oder überhaupt Zuständigkeitsstreite zu umgehen (P. G. Mayr, Die Delegation im zivilgerichtlichen Verfahren, JBl 1983, 293 ff [297]). Die Klägerin hätte daher im Hinblick auf die von ihr nicht bestrittene Berechtigung der von der Beklagten erhobenen Unzuständigkeitseinrede richtigerweise zunächst die Überweisung der Rechtssache an das nicht offenbar unzuständige Bezirksgericht Wiener Neustadt und dann die (Rück-)Delegierung an das Bezirksgericht Mödling aus den von ihm angeführten Zweckmäßigkeitsgründen beantragen müssen (vgl zu dieser Vorgangsweise die Entscheidungen 1 Nc 29/03k, 3 Nc 22/03w, 2 Nc 18/03z, 10 Nc 10/03g jeweils des Obersten Gerichtshofes ua). Es hätte bei einer solchen Vorgangsweise auch nicht die von der Rekurswerberin befürchtete Gefahr bestanden, dass ihr Überweisungsantrag als Zurückziehung des Delegierungsantrages aufgefasst werden könnte.
Die Rekurswerberin macht in ihren Rechtsmittelausführungen schließlich noch geltend, die Parteien und auch das Erstgericht seien von der Rechtsansicht des Oberlandesgerichtes überrascht worden. Das Erstgericht habe daher die Frage, ob für einen Delegierungsantrag ein vorheriger Überweisungsantrag an jenes Gericht erforderlich sei, vor dem die Klägerin gerade nicht prozessieren wollte, mit den Parteien nicht erörtert. Damit sei das Erstgericht seiner in § 182 Abs 2 letzter Satz ZPO normierten Anleitungspflicht nicht nachgekommen. Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, dass, wie bereits dargelegt, eine wesentliche Voraussetzung für eine Delegierung nach § 31 JN fehlt, wenn die Zuständigkeit des ursprünglich angerufenen Gerichtes nicht gegeben ist. Die (örtliche) Unzuständigkeit des von der Klägerin angerufenen Bezirksgerichtes Mödling wurde mit Beschluss vom 29. 10. 2003 bereits rechtskräftig festgestellt. Die Klägerin macht in ihren Rekursausführungen auch keinen Verfahrensmangel des Oberlandesgerichtes Wien im gegenständlichen Delegierungsverfahren, sondern einen angeblichen Verfahrensmangel des Bezirksgerichtes Mödling in dem über die Unzuständigkeitseinrede der Beklagten durchgeführten Verfahren geltend. Die Frage einer allfälligen Verletzung der Anleitungspflicht durch das Bezirksgericht Mödling in dem bereits rechtskräftig beendeten Verfahren über die Unzuständigkeitseinrede der Beklagten kann jedoch vom Obersten Gerichtshof nicht im Rahmen der Entscheidung über den Delegierungsantrag der Klägerin neu geprüft werden. Die Ausführungen im Rekurs erweisen sich daher schon aus diesem Grunde als nicht berechtigt. Im Übrigen wäre eine solche Verletzung der Anleitungspflicht hier nicht anzunehmen, da die Klägerin bereits im Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 12. 8. 2003 (ON 12) ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass Voraussetzung einer Delegierung gemäß § 31 JN unter anderem die Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes ist und auch die Klägerin selbst aufgrund ihrer Prozesserklärungen von der (örtlichen) Unzuständigkeit des Bezirksgerichtes Mödling ausgeht. Damit war aber auch für die Klägerin hinreichend klargestellt, dass es für die von ihr angestrebte Delegierung der Rechtssache an das Bezirksgericht Mödling vorerst der Anrufung eines zuständigen Gerichtes bedarf. Das Gericht ist jedoch nicht verpflichtet, einer anwaltlich vertretenen Partei eine Anleitung dahin zu geben, welche konkreten prozessualen Anträge aufgrund der erörterten Sach- und Rechtslage zu stellen wären. Dem Obersten Gerichtshof ist es auch verwehrt, im Delegierungsverfahren über den von der Klägerin in ihrem Rechtsmittel gestellten Antrag auf Überweisung nach § 261 Abs 6 ZPO an das nicht offenbar unzuständige Bezirksgericht Wiener Neustadt zu entscheiden. Über diesen Antrag wird vielmehr das Bezirksgericht Mödling zu entscheiden haben, das gleichzeitig auch über die Kosten des Unzutändigkeitsstreites abzusprechen haben wird (vgl 7 Ob 583/94). Dem Rekurs ist daher keine Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.
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