AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W230.2173953.1.00
Spruch:
Schriftliche Ausfertigung des am 15.03.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Philipp CEDE, LL.M., über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, Alserstraße 20, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.09.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.
II. Dem Antrag auf internationalen Schutz vom 26.05.2015 wird bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.
III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wird dem Beschwerdeführer eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 15.03.2019 erteilt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet stellte der Beschwerdeführer am 26.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dazu erfolgte am nächsten Tag seine Erstbefragung durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und am 13.09.2017 seine Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde). Zuvor fand eine medizinische Begutachtung des Beschwerdeführers durch einen von der belangten Behörde bestellten Sachverständigen statt, der in seinem Gutachten vom 28.07.2017 zu folgenden Schlussfolgerungen gelangte:
"Die vom BFA gestellten Fragen können wie folgt beantwortet werden:
1. Leidet der Asylwerber an einer aktuellen psychischen Erkrankung?
Anpassungsstörung mit einer leichtgradigen depressiven Reaktion.
2. Falls der Antragsteller an einer aktuellen psychischen Erkrankung leidet, ergibt sich hieraus eine dauerhafte Behandlungsbedürftigkeit bzw. in welcher Form?
Von einer dauerhaften Behandlungsbedürftigkeit dieses Krankheitsbildes ist nicht auszugehen.
3. Falls eine aktuelle psychische Erkrankung, jedoch keine dauerhafte Behandlungsbedürftigkeit vorliegt, wann besteht voraussichtlich keine weitere Behandlungsbedürftigkeit? Welche Nachsorge ist notwendig?
Die genaue Dauer der Behandlungsbedürftigkeit ist nicht absehbar. Die Erkrankung steht in einem engen Zusammenhang mit der gegenwärtigen Lebenssituation und der Trennungssituation von den Familienangehörigen.
4. Ist der Antragsteller in der Lage, Arbeiten des täglichen Lebens (zB Kochen, Waschen, Putzen ...) selbständig durchzuführen?
Der Betroffene ist in der Lage, Arbeiten des täglichen Lebens (zum Beispiel Kochen, Waschen, Putzen) selbständig durchzuführen.
5. Falls der Antragsteller an einer aktuellen psychischen Erkrankung leidet, besteht im Falle einer Überstellung nach Afghanistan die reale Gefahr, dass der Antragsteller aufgrund dieser psychischen Störung in einen lebensbedrohlichen Zustand gerät oder sich die Krankheit in lebensbedrohlichem Ausmaß verschlechtert?
Im Falle einer Überstellung des Betroffenen nach Afghanistan ist eine kurz- bis mittelfristige Verschlechterung des Krankheitsbildes möglich, da in diesem Falle der Wunsch[,] in Österreich bleiben zu dürfen[,] nicht erfüllt werden würde.
Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht besteht im Falle einer Überstellung aber nicht die reale Gefahr, dass der Antragsteller aufgrund der psychischen Störung in einen lebensbedrohlichen Zustand geraten oder die Krankheit sich in einem lebensbedrohlichen Ausmaß verschlechtern könnte.
Inwieweit der Betroffene in Afghanistan tatsächlich einem Bedrohungspotential ausgesetzt ist, kann der medizinische Gutachter nicht beurteilen.
6. Wenn zu 5. Antwort ja, welche Maßnahmen wären aus medizinischer Sicht vor, während und nach der Überstellung nach Afghanistan notwendig, um eine derartige Gefährdung weitgehend zu minimieren?
Spezifische medizinische Maßnahmen sind vor, während und nach der Überstellung nach Afghanistan nicht erforderlich.
Die aktuell eingeleitete medikamentöse Therapie zur Linderung der Symptome sollte weitergeführt werden.
Grundsätzlich kommen zur Behandlung der Anpassungsstörung unter Beachtung der Nebenwirkungen alle gängigen Antidepressiva in Frage.
7. Ist der Antragsteller zeitlich, sachlich und örtlich derart orientiert, dass er in der Lage ist, schlüssige und widerspruchsfreie Angaben zu tätigen?
Der Betroffene ist zeitlich, örtlich, situativ und zur Person derart orientiert, dass er in der Lage ist, schlüssige und widerspruchsfreie Angaben zu tätigen?"
2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 28.09.2017 wies die belangte Behörde den Antrag "hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm. § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsyIgesetz 2005, BGBI. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF" (Spruchpunkt I.) und "gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsyIG ... hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf [den] Herkunftsstaat Afghanistan" (Spruchpunkt II.) ab. Ferner sprach sie aus, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt und gegen ihn "gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF", eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBI. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen und gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt wird, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt III.). Weiters legte sie gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt IV.).
Zusätzlich stellte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer einen Rechtsberater für ein allfälliges Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite.
3. Gegen diesen am 04.10.2017 zugestellten Bescheid erhob der Beschwerdeführer seine mit 16.10.2017 datierte und eingebrachte Beschwerde. Darin stellte er zunächst den Antrag auf Abänderung des Spruchpunktes I. im Sinne der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten. In eventu beantragte er die Abänderung des Spruchpunktes II. durch Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan. Für den Fall der Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz in beiderlei Hinsicht (sohin als weiterer Eventualantrag - S. 2 und 11 der Beschwerde) stellte er weitere Beschwerdeanträge, darunter die Aufhebung der Rückkehrentscheidung, die Feststellung, dass die Abschiebung nach Afghanistan unzulässig sei, die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen usw.
4. Über diese Beschwerde fand am 15.03.2018 eine mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Dari statt. Der Beschwerdeführer nahm an dieser Verhandlung in Begleitung seiner bevollmächtigten Rechtsberaterin teil.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger, ist am XXXX geboren, gehört zur Volksgruppe der Hazara und bekennt sich zum muslimischen Glauben schiitischer Ausrichtung. Er hat seine Kindheit in einem Dorf in der Provinz Herat verbracht. Er hat in Afghanistan einige Zeit in einer Koranschule verbracht. Sein Vater war in Afghanistan als Hilfsarbeiter tätig. Der Vater ist noch in Afghanistan verstorben. Die Verwandten väterlicherseits haben den Kontakt zur Mutter des Beschwerdeführers abgebrochen. Diese hat mit dem Beschwerdeführer, als dieser ca. 12 Jahre alt war, das Land Richtung Iran verlassen, wo er den Rest seiner Jugend verbracht hat. im Iran hat er mit anderen Afghanen Schreiben und Lesen gelernt. Der Beschwerdeführer hat im Iran gemeinsam mit seiner Mutter als Reinigungskraft gearbeitet. Die Mutter des Beschwerdeführers lebt, so wie seine sonstigen näheren Verwandten, im Iran. Seine Verwandten im Iran kommen finanziell schwer über die Runden und fordern von ihm, dem nach Europa ausgewanderten Verwandten, Geld. Zu Personen in Afghanistan hat der Beschwerdeführer keinen Kontakt.
1.2. Der Beschwerdeführer leidet an einer Anpassungsstörung mit leichtgradiger depressiver Reaktion und steht in Behandlung in Form von Medikamenten und Psychotherapie. Es ist nicht von einer dauerhaften Behandlungsbedürftigkeit auszugehen. Die Dauer der Behandlungsbedürftigkeit ist nicht absehbar. Die medikamentöse Behandlung sollte auch im Fall einer Abschiebung zur Linderung der Symptome weitergeführt werden. Die Erkrankung steht in engem Zusammenhang mit der gegenwärtigen Lebenssituation und der Trennung von den Familienangehörigen. Der Beschwerdeführer ist in der Lage, Arbeiten des täglichen Lebens (zB Kochen, Waschen, Putzen) selbständig durchzuführen. Im Fall einer Abschiebung nach Afghanistan ist eine kurz- bis mittelfristige Verschlechterung des Krankheitsbildes möglich, da in diesem Fall der Wunsch in Österreich bleiben zu dürfen, nicht erfüllt werden würde. Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht besteht im Fall einer Abschiebung nicht die reale Gefahr, dass der Antragsteller aufgrund der psychischen Störung in einen lebensbedrohlichen Zustand geraten oder die Krankheit sich in einem lebensbedrohlichen Ausmaß verschlechtern könnte.
1.3. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine aktuelle gegen ihn gerichtete Verfolgung oder Bedrohung durch staatliche Organe oder durch Private, sei es vor dem Hintergrund seiner ethnischen Zugehörigkeit, seiner Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung zu erwarten hätte.
1.4. Allerdings führt die Summe der im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan eintretenden Umstände wie schlechte Sicherheitslage, die wirtschaftlich sehr schwierige Umgebung mit sehr schwierigen Arbeitsmarktverhältnissen, die psychische Erkrankung, die zusätzliche psychische Belastung im Fall einer Abschiebung nach Afghanistan (die an der eng mit der Trennung zu Familienangehörigen verknüpften Wurzel nichts bessern würde), sowie die Notwenigkeit, bei sich verschlechternder psychischer Erkrankung auf sich allein gestellt, ohne unterstützende Netzwerke Hilfe zu organisieren und in einer wirtschaftlich sehr schwierigen Umgebung mit sehr schwierigen Arbeitsmarktverhältnissen Mittel zur Existenzsicherung finden zu müssen, im individuellen Fall des Beschwerdeführers zu Bedingungen, bei denen nicht bloß eine Möglichkeit, sondern die reale Gefahr besteht, dass er in eine ausweglose Situation gerät.
1.5. Situation in der Provinz Herat (Auszug aus dem Länderinformationsblatt der BFA-Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 02.03.2017 letzte Kurzinformation eingefügt am 30.01.2018)
Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in folgende Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden: Shindand, Engeel, Ghorian, Guzra und Pashtoon Zarghoon, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba, Kurkh, Kushk, Gulran, Kuhsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirker zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna, Farsi, und Chisht-i-Sharif als Bezirke dritter Stufe (o.D.q). Provinzhauptstadt ist Herat City, mit etwa 477.452 Einwohner/innen (UN OCHA 26.8.2015; vgl. auch: Pajhwok 30.11.2016). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.928.327 geschätzt (CSO 2016).
Herat ist eine vergleichsweise entwickelte Provinz im Westen des Landes. Sie ist auch ein Hauptkorridor menschlichen Schmuggels in den Iran - speziell was Kinder betrifft (Pajhwok 21.1.2017).
Gewalt gegen Einzelpersonen 95
Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe 197
Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen 41
Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften 144
Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt 15
Andere Vorfälle 4
Insgesamt 496
Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden in der Provinz Herat 496 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).
Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in abgelegenen Distrikten der Provinz aktiv (Khaama Press 2.1.2017; vgl. auch: RFE/RL 6.10.2016; Press TV 30.7.2016; IWPR 14.6.2014). Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig heilige Orte wie Moscheen an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017).
In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt um manche Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 15.1.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AAN 11.1.2017).
Das afghanische Institut für strategische Studien (AISS) hat die alljährliche Konferenz "Herat Sicherheitsdialog" (Herat Security Dialogue - HSD) zum fünften Mal in Herat abgehalten. Die zweitägige Konferenz wurde von hochrangigen Regierungsbeamten, Botschafter/innen, Wissenschaftlern, Geschäftsleuten und Repräsentanten verschiedener internationaler Organisationen, sowie Mitgliedern der Presse und der Zivilgesellschaft besucht (ASIS 17.10.2016).
1.6. Lage in Afghanistan hinsichtlich der Grundversorgung und Wirtschaft (Auszug aus dem Länderinformationsblatt der BFA-Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 02.03.2017 letzte Kurzinformation eingefügt am 30.01.2018)
Im Jahr 2015 belegte Afghanistan im 'Human Development Index' (HDI) den 171. von 188 Plätzen (UNDP 2016; vgl. auch: AA 11 .2016). Afghanistan bleibt trotz eines gewaltigen Fortschritts innerhalb einer Dekade, eines der ärmsten Länder. Die Sicherheit und politische Ungewissheit, sowie die Reduzierung internationaler Truppen, gemeinsam mit einer schwachen Regierung und Institutionen, haben Wachstum und Beschäftigung gehemmt und seit kurzem zu einer erhöhten Migration geführt (IWF 13.4.2016).
Trotz eines guten Wirtschaftswachstums von 2007 bis 2011, stagnierte die Armutsrate bei 36%. Am häufigsten tritt Armut in ländlichen Gebieten auf, wo die Existenzgrundlage von der Landwirtschaft abhängig ist (WB 2.5.2016). Die Regierung hat die landwirtschaftliche Entwicklung zur Priorität erhoben. Dadurch sollen auch gering qualifizierte Afghaninnen und Afghanen bessere Chancen auf einen Arbeitsplatz bekommen. Insbesondere sollen die landwirtschaftlichen Erzeugnisse Afghanistans wieder eine stärkere Rolle auf den Weltmärkten spielen. Gerade im ländlichen Raum bleiben die Herausforderungen für eine selbsttragende wirtschaftliche Entwicklung angesichts mangelnder Infrastruktur, fehlender Erwerbsmöglichkeiten außerhalb der Landwirtschaft und geringem Ausbildungsstand der Bevölkerung (Analphabetenquote auf dem Land von rund 90%) aber groß. Sicher ist, dass die jährlich rund 400.000 neu auf den Arbeitsmarkt drängenden jungen Menschen nicht vollständig vom landwirtschaftlichen Sektor absorbiert werden können (AA 11 .2016).
Das BIP-Wachstum im Jahr 2015 wurde auf 1,5% geschätzt, als Faktoren zählten die sich verschlechternde Sicherheitslage, welche Privatinvestitionen schwächte; verspätete Vollstreckung des Haushaltsplanes und unvorteilhafte Wetterbedingungen, die zu einem niedrigeren landwirtschaftlichen Ertrag führten (IMF 13.4.2016). Die wirtschaftliche Entwicklung Afghanistans wird trotz positiver Wachstumsraten in der letzten Dekade weiterhin nicht durch ein selbsttragendes Wirtschaftswachstum, sondern durch die Zuschüsse der internationalen Gebergemeinschaft stimuliert. Den größten Anteil am BIP (2015: 19,2 Mrd. USD, lt. Weltbank) hat der Dienstleistungssektor mit 55%, gefolgt von der Landwirtschaft mit 22,6%. Industrieproduktion ist kaum vorhanden. Trotz einer großen Bedeutung des Außenhandels - Afghanistan ist in hohem Maße von Importen abhängig - sind afghanische Produkte bisher auf internationalen sowie regionalen Märkten kaum wettbewerbsfähig (AA 11 .2016). Das Wirtschaftswachstum ist in den Jahren 2014 und 2015 stark auf 1.5 - 2% gesunken; internationale Entwicklungshilfe führte zu Wachstum und Jobs in Konfliktregionen, dennoch steuerte es nicht zu einer gesteigerten Produktivität bei. Ungleichheit stieg parallel zur ungleichen Wachstumsverteilung - Regionen im Nordosten, Osten, sowie im Westen des Zentralgebietes scheinen aufgrund ihrer geografischen Abgelegenheit, starken Klimaveränderungen, niedriger Hilfe und Unsicherheit, nachzuhinken. Arbeitslosigkeit, Naturgefahren, fehlender Zugang zu Dienstleistungen, sowie Gewalt, sind Hauptfaktoren für die hohe Armutsrate in Afghanistan. Entwicklungsschwierigkeiten verstärkten die wachsende Unsicherheit, Verunsicherung und schrumpfende Hilfe (WB 2.5.2016).
Wichtige Erfolge wurden im Bereich des Ausbaus der Infrastruktur erzielt. Durch den Bau von Straßen und Flughäfen konnte die infrastrukturelle Anbindung des Landes verbessert werden. Große wirtschaftliche Erwartungen werden an die zunehmende Erschließung der afghanischen Rohstoffressourcen geknüpft. In Afghanistan lagern die weltweit größten Kupfervorkommen sowie Erdöl, Erdgas, Kohle, Lithium, Gold, Edelsteine und seltene Erden. Mit dem 2014 verabschiedeten Rohstoffgesetz wurden die rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen für privatwirtschaftliche Investitionen in diesem Bereich verbessert. Entscheidend für Wachstum, Arbeitsplätze und Einnahmen aus dem Rohstoffabbau ist die Umsetzung des Gesetzes. Darüber hinaus müssen Mechanismen zum Einnahmenmanagement etabliert werden. Der Abbau der Rohstoffe erfordert große und langfristige Investitionen in die Exploration und Infrastruktur durch internationale Unternehmen. Bisher sind diese noch kaum im Abbau von Rohstoffen im Land aktiv. Derzeit niedrige Weltmarktpreise lassen die Investitionsbereitschaft zusätzlich sinken (AA 11 .2016).
Afghanistan bleibt weiterhin der weltweit größte Produzent für Opium, Heroin und Cannabis. Trotz einer breit angelegten Strategie verhindern die angespannte Sicherheitslage in den Hauptanbaugebieten im Süden des Landes sowie die weit verbreitete Korruption eine effiziente Bekämpfung des Drogenanbaus. Die hohen Gewinnmargen erschweren zudem die Einführung von alternativen landwirtschaftlichen Produkten (AA 11 .2016).
1.7. Lage in Afghanistan hinsichtlich der medizinischen Versorgung (Auszug aus dem Länderinformationsblatt der BFA-Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 02.03.2017 letzte Kurzinformation eingefügt am 30.01.2018)
Die Datenlage zur medizinischen Versorgung in Afghanistan bleibt äußerst lückenhaft. In vielen Bereichen liegen Daten nur unzuverlässig oder nur ältere statistische Erhebungen der afghanischen Regierung oder der Weltgesundheitsorganisation vor. Besonders betroffen von unzureichender Datenlage sind hierbei die südlichen und südwestlichen Provinzen (AA 9 .2016).
Gemäß der afghanischen Verfassung ist die primäre Gesundheitsversorgung in öffentlichen Einrichtungen, inklusive Medikamente, kostenfrei [Anm.: siehe dazu afghanische Verfassung
Artikel 52, (Max Planck Institute 27.1.2004)].
Im regionalen Vergleich fällt die medizinische Versorgung weiterhin drastisch zurück (AA 9 .2016). Dennoch hat das afghanische Gesundheitssystem in der letzten Dekade ansehnliche Fortschritte gemacht (The World Bank Group 10.2016; vgl. auch: AA 9 .2016). Dies aufgrund einer soliden öffentlichen Gesundheitspolitik, innovativer Servicebereitstellung, sorgfältiger Überwachung und Evaluierung, sowie Entwicklungshilfe. Trotz signifikanter Verbesserungen im Bereich des Deckungsgrades und der Qualität der Gesundheitsservices, wie auch einer Reduzierung der Sterberate von Müttern, Säuglingen und unter 5-jährigen, sind die afghanischen Gesundheitsindikatoren weiterhin schlechter als die der Niedrigeinkommensländer. Des Weiteren hat Afghanistan eine der höchsten Unterernährungsraten der Welt. Etwa 41% der Kinder unter 5 Jahren leiden unter chronischer Unterernährung. Sowohl Frauen als auch Kinder leiden an Vitamin- und Mineralstoffmangel (The World Bank Group 10.2016).
Die medizinische Versorgung leidet trotz erkennbarer und erheblicher Verbesserungen landesweit weiterhin an unzureichender Verfügbarkeit von Medikamenten und Ausstattung der Kliniken, insbesondere aber an fehlenden Ärztinnen und Ärzten, sowie gut qualifiziertem Assistenzpersonal (v.a. Hebammen). Im Jahr 2013 stand 10.000 Einwohnern Afghanistans ca. eine medizinisch qualifiziert ausgebildete Person gegenüber. Auch hier gibt es bedeutende regionale Unterschiede innerhalb des Landes, wobei die Situation in den Nord- und Zentralprovinzen um ein Vielfaches besser ist als in den Süd- und Ostprovinzen (AA 9 .2016).
Erhebliche Fortschritte der letzten Dekade sind: Die Mütter- und Kindersterblichkeitsrate hat sich signifikant reduziert; die Sterberate von Kindern unter 5 Jahren ist von 257 auf 55 pro 1.000 Lebendgeburten gesunken, die Säuglingssterblichkeitsrate von 165 auf
45. Die Müttersterblichkeitsrate ist auf 327 bei 100.000 Lebendgeburten gesunken (WB 2.11.2016). Im Vergleich dazu betrug die Müttersterblichkeitsrate im Jahr 2002 noch 1.600. Die Zahl funktionierender Gesundheitsanstalten verbesserte sich von 496 im Jahr 2002 auf 2.000 im Jahr 2012. Proportional dazu erhöhte sich die Zahl der Anstalten mit weiblichem Personal (WB 2.11.2016). Bei 34% der Geburten war ausgebildetes Gesundheitspersonal anwesend. Schätzungen der UN Population Division zufolge, verwenden 23% der Frauen in gebärfähigem Alter moderne Methoden der Empfängnisverhütung (USDOS 13.4.2016).
Krankenkassen und Gesundheitsversicherung
Es gibt keine staatliche Krankenkasse und die privaten Anbieter sind überschaubar und teuer, somit für die einheimische Bevölkerung nicht erschwinglich. Die staatlich geförderten öffentlichen Krankenhäuser bieten ihre Dienste zwar umsonst an, jedoch sind Medikamente häufig nicht verfügbar und somit müssen bei privaten Apotheken von den Patient/innen selbst bezahlt werden. Untersuchungen, Labortests sowie Routine Check-Ups sind in den Krankenhäusern umsonst (IOM 21.9.2016). Da kein gesondertes Verfahren existiert, haben alle Staatsbürger Zugang zu medizinischer Versorgung und Medikamenten. Physisch und geistig Behinderte, sowie Opfer von Missbrauch müssen eine starke familiäre und gesellschaftliche Unterstützung sicherstellen. Für verschiedene Krankheiten und Infektionen ist medizinische Versorgung nicht verfügbar. Chirurgische Eingriffe können nur in ausgewählten Orten geboten werden, welche zudem meist einen Mangel an Ausstattung und Personal aufweisen. Diagnostische Ausstattungen wie Computer Tomographie ist in Kabul (1 in Kabul) verfügbar (IOM 2016).
Medikamente
Medikamente sind auf jedem Markt in Afghanistan erwerblich, Preise variieren je nach Marke und Qualität des Produktes (IOM 2016). Obwohl freie Gesundheitsdienstleistungen in öffentlichen Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden, können sich viele Haushalte gewisse Kosten für Medikamente oder den Transport zu Gesundheitsvorsorgeeinrichtungen nicht leisten bzw. war vielen Frauen nicht erlaubt alleine zu einer Gesundheitseinrichtung zu fahren (USDOS 13.4.2016).
Beispiele für Behandlung psychischer Fälle in Afghanistan
In öffentlichen und privaten Kliniken ist beispielsweise paranoide Schizophrenie behandelbar. Die Behandlung in privaten Kliniken ist für Menschen mit durchschnittlichen Einkommen nicht leistbar. In öffentlichen Krankenhäusern müssen die Patient/innen nichts für ihre Aufnahme bezahlen. Die Patient/innen müssen ihre Medikamente in außenstehenden Apotheken kaufen (IOM 11.10.2016). In Kabul gibt es zwei psychiatrische Einrichtungen: das Mental Health Hospital mit 100 Betten und die Universitätsklinik Aliabad mit 48 Betten. In Jalalabad und Herat gibt es jeweils 15 Betten für psychiatrische Fälle. In Mazar-e Scharif gibt es eine private Einrichtung, die psychiatrische Fälle stationär aufnimmt. Folgebehandlungen sind oft schwierig zu leisten, insbesondere wenn Patient/innen kein unterstützendes Familienumfeld haben. Traditionell mangelt es in Afghanistan an einem Konzept für psychisch Kranke. Sie werden nicht selten in spirituellen Schreinen unter teilweise unmenschlichen Bedingungen "behandelt", oder es wird ihnen in einer "Therapie" mit Brot, Wasser und Pfeffer der "böse Geist ausgetrieben". Es gibt jedoch aktuelle Bemühungen, die Akzeptanz und Kapazitäten für psychiatrische Behandlungsmöglichkeiten zu stärken und auch Aufklärung sowohl über das Internet als auch in Form von Comics (für Analphabeten) zu betreiben. Die Bundesregierung finanziert Projekte zur Verbesserung der Möglichkeiten psychiatrischer Behandlung und psychologischer Begleitung in Afghanistan (AA 9 .2016).
1.8. Allgemeine Sicherheitslage
Die Sicherheitslage ist beeinträchtigt durch eine tief verwurzelte militante Opposition. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädten und den Großteil der Distriktzentren. Die afghanischen Sicherheitskräfte zeigten Entschlossenheit und steigerten auch weiterhin ihre Leistungsfähigkeit im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand. Die Taliban kämpften weiterhin um Distriktzentren, bedrohten Provinzhauptstädte und eroberten landesweit kurzfristig Hauptkommunikationsrouten; speziell in Gegenden von Bedeutung wie z.B. Kunduz City und der Provinz Helmand (USDOD 12.2016). Zu Jahresende haben die afghanischen Sicherheitskräfte (ANDSF) Aufständische in Gegenden von Helmand, Uruzgan, Kandahar, Kunduz, Laghman, Zabul, Wardak und Faryab bekämpft (SIGAR 30.1.2017).
In den letzten zwei Jahren hatten die Taliban kurzzeitig Fortschritte gemacht, wie z.B. in Helmand und Kunduz, nachdem die ISAF-Truppen die Sicherheitsverantwortung den afghanischen Sicherheits- und Verteidigungskräften (ANDSF) übergeben hatten. Die Taliban nutzen die Schwächen der ANDSF aus, wann immer sie Gelegenheit dazu haben. Der IS (Islamischer Staat) ist eine neue Form des Terrors im Namen des Islam, ähnlich der al-Qaida, auf zahlenmäßig niedrigerem Niveau, aber mit einem deutlich brutaleren Vorgehen. Die Gruppierung operierte ursprünglich im Osten entlang der afghanisch-pakistanischen Grenze und erscheint, Einzelberichten zufolge, auch im Nordosten und Nordwesten des Landes (Lokaler Sicherheitsberater in Afghanistan 17.2.2017).
Mit Stand September 2016, schätzen Unterstützungsmission der NATO, dass die Taliban rund 10% der Bevölkerung beeinflussen oder kontrollieren. Die afghanischen Verteidigungsstreitkräfte (ANDSF) waren im Allgemeinen in der Lage, große Bevölkerungszentren zu beschützen. Sie hielten die Taliban davon ab, Kontrolle in bestimmten Gegenden über einen längeren Zeitraum zu halten und reagierten auf Talibanangriffe. Den Taliban hingegen gelang es, ländliche Gegenden einzunehmen; sie kehrten in Gegenden zurück, die von den ANDSF bereits befreit worden waren, und in denen die ANDSF ihre Präsenz nicht halten konnten. Sie führten außerdem Angriffe durch, um das öffentliche Vertrauen in die Sicherheitskräfte der Regierung, und deren Fähigkeit, für Schutz zu sorgen, zu untergraben (USDOD 12.2016). Berichten zufolge hat sich die Anzahl direkter Schussangriffe der Taliban gegen Mitglieder der afghanischen Nationalarmee (ANA) und afghaninischen Nationalpolizei (ANP) erhöht (SIGAR 30.1.2017).
Einem Bericht des U.S. amerikanischen Pentagons zufolge haben die afghanischen Sicherheitskräfte Fortschritte gemacht, wenn auch keine dauerhaften (USDOD 12.2016). Laut Innenministerium wurden im Jahr 2016 im Zuge von militärischen Operationen - ausgeführt durch die Polizei und das Militär - landesweit mehr als 18.500 feindliche Kämpfer getötet und weitere 12.000 verletzt. Die afghanischen Sicherheitskräfte versprachen, sie würden auch während des harten Winters gegen die Taliban und den Islamischen Staat vorgehen (VOA 5.1.2017).
Obwohl die afghanischen Sicherheitskräfte alle Provinzhauptstädte sichern konnten, wurden sie von den Taliban landesweit herausgefordert: intensive bewaffnete Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften verschlechterten die Sicherheitslage im Berichtszeitraum (16.8. - 17.11.2016) (UN GASC 13.12.2016; vgl. auch: SCR 30.11.2016). Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln, und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern (USDOD 12.2016).
Kontrolle von Distrikten und Regionen
Den Aufständischen misslangen acht Versuche, die Provinzhauptstadt einzunehmen; den Rebellen war es möglich, Territorium einzunehmen. High-profile Angriffe hielten an. Im vierten Quartal 2016 waren 2,5 Millionen Menschen unter direktem Einfluss der Taliban, während es im 3. Quartal noch 2,9 Millionen waren (SIGAR 30.1.2017).
Laut einem Sicherheitsbericht für das vierte Quartal, sind 57,2% der 407 Distrikte unter Regierungskontrolle bzw. -einfluss; dies deutet einen Rückgang von 6,2% gegenüber dem dritten Quartal: zu jenem Zeitpunkt waren 233 Distrikte unter Regierungskontrolle, 51 Distrikte waren unter Kontrolle der Rebellen und 133 Distrikte waren umkämpft. Provinzen, mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Rebelleneinfluss oder -kontrolle waren: Uruzgan mit 5 von 6 Distrikten, und Helmand mit 8 von 14 Distrikten. Regionen, in denen Rebellen den größten Einfluss oder Kontrolle haben, konzentrieren sich auf den Nordosten in Helmand, Nordwesten von Kandahar und die Grenzregion der beiden Provinzen (Kandahar und Helmand), sowie Uruzgan und das nordwestliche Zabul (SIGAR 30.1.2017).
Rebellengruppen
Regierungsfeindliche Elemente versuchten weiterhin durch Bedrohungen, Entführungen und gezielten Tötungen ihren Einfluss zu verstärken. Im Berichtszeitraum wurden 183 Mordanschläge registriert, davon sind 27 gescheitert. Dies bedeutet einen Rückgang von 32% gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2015 (UN GASC 13.12.2016). Rebellengruppen, inklusive hochrangiger Führer der Taliban und des Haqqani Netzwerkes, behielten ihre Rückzugsgebiete auf pakistanischem Territorium (USDOD 12.2016).
Afghanistan ist mit einer Bedrohung durch militante Opposition und extremistischen Netzwerken konfrontiert; zu diesen zählen die Taliban, das Haqqani Netzwerk, und in geringerem Maße al-Qaida und andere Rebellengruppen und extremistische Gruppierungen. Die Vereinigten Staaten von Amerika unterstützen eine von Afghanen geführte und ausgehandelte Konfliktresolution in Afghanistan - gemeinsam mit internationalen Partnern sollen die Rahmenbedingungen für einen friedlichen politischen Vergleich zwischen afghanischer Regierung und Rebellengruppen geschaffen werden (USDOD 12.2016).
Zwangsrekrutierungen durch die Taliban, Milizen, Warlords oder kriminelle Banden sind nicht auszuschließen. Konkrete Fälle kommen jedoch aus Furcht vor Konsequenzen für die Rekrutierten oder ihren Familien kaum an die Öffentlichkeit (AA 9 .2016).
Taliban und ihre Offensive
Die afghanischen Sicherheitskräfte behielten die Kontrolle über große Ballungsräume und reagierten rasch auf jegliche Gebietsgewinne der Taliban (USDOD 12.2016). Die Taliban erhöhten das Operationstempo im Herbst 2016, indem sie Druck auf die Provinzhauptstädte von Helmand, Uruzgan, Farah und Kunduz ausübten, sowie die Regierungskontrolle in Schlüsseldistrikten beeinträchtigten und versuchten, Versorgungsrouten zu unterbrechen (UN GASC 13.12.2016). Die Taliban verweigern einen politischen Dialog mit der Regierung (SCR 12.2016).
Die Taliban haben die Ziele ihrer Offensive "Operation Omari" im Jahr 2016 verfehlt (USDOD 12.2016). Ihr Ziel waren großangelegte Offensiven gegen Regierungsstützpunkte, unterstützt durch Selbstmordattentate und Angriffe von Aufständischen, um die vom Westen unterstütze Regierung zu vertreiben (Reuters 12.4.2016). Gebietsgewinne der Taliban waren nicht dauerhaft, nachdem die ANDSF immer wieder die Distriktzentren und Bevölkerungsgegenden innerhalb eines Tages zurückerobern konnte. Die Taliban haben ihre lokalen und temporären Erfolge ausgenutzt, indem sie diese als große strategische Veränderungen in sozialen Medien und in anderen öffentlichen Informationskampagnen verlautbarten (USDOD12.2016). Zusätzlich zum bewaffneten Konflikt zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Taliban kämpften die Taliban gegen den ISIL-KP (Islamischer Staat in der Provinz Khorasan) (UN GASC 13.12.2016).
Der derzeitig Talibanführer Mullah Haibatullah Akhundzada hat im Jänner 2017 16 Schattengouverneure in Afghanistan ersetzt, um seinen Einfluss über den Aufstand zu stärken. Aufgrund interner Unstimmigkeiten und Überläufern zu feindlichen Gruppierungen, wie dem Islamischen Staat, waren die afghanischen Taliban geschwächt. hochrangige Quellen der Taliban waren der Meinung, die neu ernannten Gouverneure würden den Talibanführer stärken, dennoch gab es keine Veränderung in Helmand. Die südliche Provinz - größtenteils unter Talibankontrolle - liefert der Gruppe den Großteil der finanziellen Unterstützung durch Opium. Behauptet wird, Akhundzada hätte nicht den gleichen Einfluss über Helmand, wie einst Mansour (Reuters 27.1.2017).
Im Mai 2016 wurde der Talibanführer Mullah Akhtar Mohammad Mansour durch eine US-Drohne in der Provinz Balochistan in Pakistan getötet (BBC News 22.5.2016; vgl. auch: The National 13.1.2017). Zum Nachfolger wurde Mullah Haibatullah Akhundzada ernannt - ein ehemaliger islamischer Rechtsgelehrter - der bis zu diesem Zeitpunkt als einer der Stellvertreter diente (Reuters 25.5.2016; vgl. auch:
The National 13.1.2017). Dieser ernannte als Stellvertreter Sirajuddin Haqqani, den Sohn des Führers des Haqqani-Netzwerkes (The National 13.1.2017) und Mullah Yaqoub, Sohn des Talibangründers Mullah Omar (DW 25.5.2016).
Haqqani-Netzwerk
Das Haqqani-Netzwerk ist eine sunnitische Rebellengruppe, die durch Jalaluddin Haqqani gegründet wurde. Sirajuddin Haqqani, Sohn des Jalaluddin, führt das Tagesgeschäft, gemeinsam mit seinen engsten Verwandten (NCTC o.D.). Sirajuddin Haqqani, wurde zum Stellvertreter des Talibanführers Mullah Haibatullah Akhundzada ernannt (The National 13.1.2017).
Das Netzwerk ist ein Verbündeter der Taliban - dennoch ist es kein Teil der Kernbewegung (CRS 26.5.2016). Das Netzwerk ist mit anderen terroristischen Organisationen in der Region, inklusive al-Qaida und den Taliban, verbündet (Khaama Press 16.10.2014). Die Stärke des Haqqani-Netzwerks wird auf 3.000 Kämpfer geschätzt (CRS 12.1.2017). Das Netzwerk ist hauptsächlich in Nordwaziristan (Pakistan) zu verorten und führt grenzübergreifende Operationen nach Ostafghanistan und Kabul durch (NCTC o.D.).
Das Haqqani-Netzwerk ist fähig - speziell in der Stadt Kabul - Operationen durchzuführen; finanziert sich durch legale und illegale Geschäfte in den Gegenden Afghanistans, in denen es eine Präsenz hat, aber auch in Pakistan und im Persischen Golf. Das Netzwerk führt vermehrt Entführungen aus - wahrscheinlich um sich zu finanzieren und seine Wichtigkeit zu stärken (CRS 12.1.2017).
Kommandanten des Haqqani Netzwerk sagten zu Journalist/innen, das Netzwerk sei bereit eine politische Vereinbarung mit der afghanischen Regierung zu treffen, sofern sich die Taliban dazu entschließen würden, eine solche Vereinbarung einzugehen (CRS 12.1.2017).
Al-Qaida
Laut US-amerikanischen Beamten war die Präsenz von al-Qaida in den Jahren 2001 bis 2015 minimal (weniger als 100 Kämpfer); al-Qaida fungierte als Unterstützer für Rebellengruppen (CRS 12.1.2017). Im Jahr 2015 entdeckten und zerstörten die afghanischen Sicherheitskräfte gemeinsam mit US-Spezialkräften ein Kamp der al-Quaida in der Provinz Kandahar (CRS 12.1.2017; vgl. auch: FP 2.11.2015); dabei wurden 160 Kämpfer getötet (FP 2.11.2015). Diese Entdeckung deutet darauf hin, dass al-Qaida die Präsenz in Afghanistan vergrößert hat. US-amerikanische Kommandanten bezifferten die Zahl der Kämpfer in Afghanistan mit 100-300, während die afghanischen Behörden die Zahl der Kämpfer auf 300-500 schätzten (CRS 12.1.2017). Im Dezember 2015 wurde berichtet, dass al-Qaida sich primär auf den Osten und Nordosten konzertierte und nicht wie ursprünglich von US-amerikanischer Seite angenommen, nur auf Nordostafghanistan (LWJ 16.4.2016).
IS/ISIS/ISIL/ISKP/ISIL-K/Daesh - Islamischer Staat
Seit dem Jahr 2014 hat die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) eine kleine Präsenz in Afghanistan etabliert (RAND 28.11.2016). Die Führer des IS nennen diese Provinz Wilayat Khorasan - in Anlehnung an die historische Region, die Teile des Irans, Zentralasien, Afghanistan und Pakistan beinhaltete (RAND 28.11.2016; vgl. auch:
MEI 5.2016). Anfangs wuchs der IS schnell (MEI 5.2016). Der IS trat im Jahr 2014 in zwei getrennten Regionen in Afghanistan auf: in den östlichsten Regionen Nangarhars, an der AfPak-Grenze und im Distrikt Kajaki in der Provinz Helmand (USIP 3.11.2016).
Trotz Bemühungen, seine Macht und seinen Einfluss in der Region zu vergrößern, kontrolliert der IS nahezu kein Territorium außer kleineren Gegenden wie z.B. die Distrikte Deh Bala, Achin und Naziyan in der östlichen Provinz Nangarhar (RAND 28.11.2016; vgl. auch: USIP 3.11.2016). Zwar kämpfte der IS hart in Afghanistan, um Fuß zu fassen. Die Gruppe wird von den Ansässigen jedoch Großteils als fremde Kraft gesehen (MEI 5.2016). Nur eine Handvoll Angriffe führte der IS in der Region durch. Es gelang ihm nicht, sich die Unterstützung der Ansässigen zu sichern; auch hatte er mit schwacher Führung zu kämpfen (RAND 28.11.2016). Der IS hatte mit Verslusten zu kämpfen (MEI 5.2016). Unterstützt von internationalen Militärkräften, führten die afghanischen Sicherheitskräfte regelmäßig Luft- und Bodenoperationen gegen den IS in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch - dies verkleinerte die Präsenz der Gruppe in beiden Provinzen. Eine kleinere Präsenz des IS existiert in Nuristan (UN GASC 13.12.2016).
Auch wenn die Gruppierung weiterhin interne Streitigkeiten der Taliban ausnützt, um die Präsenz zu halten, ist sie mit einem harten Kampf konfrontiert, um permanenter Bestandteil komplexer afghanischer Stammes- und Militärstrukturen zu werden. Anhaltender Druck durch US-amerikanische Luftangriffe haben weiterhin die Möglichkeiten des IS in Afghanistan untergraben; auch wird der IS weiterhin davon abgehalten, seinen eigenen Bereich in Afghanistan einzunehmen (MEI 5.2016). Laut US-amerikanischem Außenministerium hat der IS keinen sicherheitsrelevanten Einfluss außerhalb von isolierten Provinzen in Ostafghanistan (SIGAR 30.1.2017).
Unterstützt von internationalen Militärkräften, führten die afghanischen Sicherheitskräfte regelmäßig Luft- und Bodenoperationen gegen den IS in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch - dies verkleinerte die Präsenz der Gruppe in beiden Provinzen. Eine kleinere Präsenz des IS existiert in Nuristan (UN GASC 13.12.2016).
Presseberichten zufolge betrachtet die afghanische Bevölkerung die Talibanpraktiken als moderat im Gegensatz zu den brutalen Praktiken des IS. Kämpfer der Taliban und des IS gerieten, aufgrund politischer oder anderer Differenzen, aber auch aufgrund der Kontrolle von Territorium, aneinander (CRS 12.1.2017).
Drogenanbau und Gegenmaßnahmen
Einkünfte aus dem Drogenschmuggel versorgen auch weiterhin den Aufstand und kriminelle Netzwerke (USDOD 12.2016). Laut einem Bericht des afghanischen Drogenbekämpfungsministeriums, vergrößerte sich die Anbaufläche für Opium um 10% im Jahr 2016 auf etwa 201.000 Hektar. Speziell in Nordafghanistan und in der Provinz Badghis, verstärkte sich der Anbau: Blaumohn wächst in 21 der 34 Provinzen, im Vergleich zum Jahr 2015, wo nur 20 Provinzen betroffen waren. Seit dem Jahr 2008 wurde zum ersten Mal von Opiumanbau in der Provinz Jawzjan berichtet. Helmand bleibt mit 80.273 Hektar (40%) auch weiterhin Hauptanbauprovinz, gefolgt von Badghis, Kandahar und der Provinz Uruzgan. Die potentielle Opiumproduktion im Jahr 2016 macht insgesamt 4.800 Tonnen aus - eine Steigerung von 43% (3.300 Tonnen) im Gegensatz zum Jahr 2015. Die hohe Produktionsrate kann einer Steigerung des Opiumertrags pro Hektar und eingeschränkter Beseitigungsbemühungen, aufgrund von finanziellen und sicherheitsrelevanten Ressourcen, zugeschrieben werden. Hauptsächlich erhöhten sich die Erträge aufgrund von vorteilhaften Bedingungen, wie z.B. des Wetters und nicht vorhandener Pflanzenkrankheiten (UN GASC 17.12.2016).
Zivile Opfer
Die Mission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) dokumentiert weiterhin regierungsfeindliche Elemente, die illegale und willkürliche Angriffe gegen Zivilist/innen ausführen (UNAMA 10.2016). Zwischen 1.1. und 31.12.2016 registrierte UNAMA 11.418 zivile Opfer (3.498 Tote und 7.920 Verletzte) - dies deutet einen Rückgang von 2% bei Getöteten und eine Erhöhung um 6% bei Verletzten im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Jahres 2015 an. Bodenkonfrontation waren weiterhin die Hauptursache für zivile Opfer, gefolgt von Selbstmordangriffen und komplexen Attentaten, sowie unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtung (IED), und gezielter und willkürlicher Tötungen (UNAMA 6.2.2017).
UNAMA verzeichnete 3.512 minderjährige Opfer (923 Kinder starben und 2.589 wurden verletzt) - eine Erhöhung von 24% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres; die höchste Zahl an minderjährigen Opfern seit Aufzeichnungsbeginn. Hauptursache waren Munitionsrückstände, deren Opfer meist Kinder waren. Im Jahr 2016 wurden 1.218 weibliche Opfer registriert (341 Tote und 877 Verletzte), dies deutet einen Rückgang von 2% gegenüber dem Vorjahr an (UNAMA 6.2.2017).
Hauptsächlich waren die südlichen Regionen von dem bewaffneten Konflikt betroffen: 2.989 zivilen Opfern (1.056 Tote und 1.933 Verletzte) - eine Erhöhung von 17% gegenüber dem Jahr 2015. In den zentralen Regionen wurde die zweithöchste Rate an zivilen Opfern registriert: 2.348 zivile Opfer (534 Tote und 1.814 Verletzte) - eine Erhöhung von 34% gegenüber dem Vorjahreswert, aufgrund von Selbstmordangriffen und komplexen Angriffe auf die Stadt Kabul. Die östlichen und nordöstlichen Regionen verzeichneten einen Rückgang bei zivilen Opfern: 1.595 zivile Opfer (433 Tote und 1.162 Verletzte) im Osten und 1.270 zivile Opfer (382 Tote und 888 Verletzte) in den nordöstlichen Regionen. Im Norden des Landes wurden 1.362 zivile Opfer registriert (384 Tote und 978 Verletzte), sowie in den südöstlichen Regionen 903 zivile Opfer (340 Tote und 563 Verletzte). Im Westen wurden 836 zivile Opfer (344 Tote und 492 Verletzte) und 115 zivile Opfer (25 Tote und 90 Verletzte) im zentralen Hochgebirge registriert (UNAMA 6.2.2017).
Laut UNAMA waren 61% aller zivilen Opfer regierungsfeindlichen Elementen zuzuschreiben (hauptsächlich Taliban), 24% regierungsfreundlichen Kräften (20% den afghanischen Sicherheitskräften, 2% bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppen und 2% internationalen militärischen Kräften); Bodenkämpfen zwischen regierungsfreundlichen Kräften und regierungsfeindlichen Kräften waren Ursache für 10% ziviler Opfer, während 5% der zivilen Opfer vorwiegend durch Unfälle mit Munitionsrückständen bedingt waren (UNAMA 6.2.2017).
Mitarbeiter/innen internationaler Organisationen und der US-Streitkräfte
Die Taliban greifen weiterhin Mitarbeiter/innen lokaler Hilfsorganisationen und internationaler Organisationen an - nichtsdestotrotz sind der Ruf der Organisationen innerhalb der Gemeinschaft und deren politischer Einfluss ausschlaggebend, ob ihre Mitarbeiter/innen Problemen ausgesetzt sein werden. Dieser Quelle zufolge, sind Mitarbeiter/innen von NGOs Einschüchterungen der Taliban ausgesetzt. Einer anderen Quelle zufolge kam es im Jahr 2015 nur selten zu Vorfällen, in denen NGOs direkt angegriffen wurden (IRBC 22.2.2016). Angriffe auf Mitarbeiter/innen internationaler Organisationen wurden in den letzten Jahren registriert; unter anderem wurden im Februar 2017 sechs Mitarbeiter/innen des Int. Roten Kreuzes in der Provinz Jawzjan von Aufständischen angegriffen und getötet (BBC News 9.2.2017); im April 2015 wurden 5 Mitarbeiter/innen von "Save the Children" in der Provinz Uruzgan entführt und getötet (The Guardian 11.4.2015).
Die norwegische COI-Einheit Landinfo berichtet im September 2015, dass zuverlässige Berichte über konfliktbezogene Gewalt gegen Afghanen im aktiven Dienst für internationale Organisationen vorliegen. Andererseits konnte nur eine eingeschränkte Berichtslage bezüglich konfliktbezogener Gewalt gegen ehemalige Übersetzer, Informanten oder andere Gruppen lokaler Angestellter ziviler oder militärischer Organisationen festgestellt werden (Landinfo 9.9.2015). Ferner werden reine Übersetzerdienste, die auch geheime Dokumente umfassen, meist von US-Staatsbürgern mit lokalen Wurzeln durchgeführt, da diese eine Sicherheitszertifizierung benötigen (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014).
Grundsätzlich sind Anfeindungen gegen afghanische Angestellte der US-Streitkräfte üblich, da diese im Vergleich zu ihren Mitbürger/innen verhältnismäßig viel verdienen. Im Allgemeinen hält sich das aber in Grenzen, da der wirtschaftliche Nutzen für die gesamte Region zu wichtig ist. Tätliche Übergriffe kommen vor, sind aber nicht nur auf ein Arbeitsverhältnis bei den internationalen Truppen zurückzuführen. Des Weiteren bekommen afghanische Angestellte bei den internationalen Streitkräften Uniformen oder Dienstbekleidung, Verpflegung und Zugang zu medizinischer Versorgung nach westlichem Standard. Es handelt sich somit meist um Missgunst. Das Argument der Gefahr im Beruf für lokale Dolmetscher wurde von den US-Streitkräften im Bereich der SOF (Special Operation Forces), die sehr sensible Aufgaben durchführen, dadurch behoben, dass diesen Mitarbeitern nach einer gewissen Zeit die Mitnahme in die USA angeboten wurde. Dieses Vorgehen wurde von einer militärischen Quelle aus Deutschland bestätigt (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014).
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Herkunft, Person und familiärem Umfeld des Beschwerdeführers beruhen auf seinen glaubhaften Angaben. Die Feststellungen zur psychischen Erkrankung stützen sich auf das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten. Die Feststellung, dass keine Verfolgungsgefahr vor dem Hintergrund der ethnischen Zugehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung einträte, beruht auf seinen Aussagen, allgemeinen Eigenschaften und einer Würdigung der Länderberichte. Den Aussagen des Beschwerdeführers ließ sich nichts entnehmen, was auf eine relevante Verfolgungsgefahr in Afghanistan schließen ließe. Im Übrigen stützt sich das Bundesverwaltungsgericht auf die Berichtslage (konkret insb. das Länderinformationsblatt der BFA-Staatendokumentation). Dass der Herkunftsort des Beschwerdeführers nicht näher festgestellt werden kann, ergibt sich aus den dahingehend nicht brauchbaren Aussagen des Beschwerdeführers und dem Fehlen anderweitiger Möglichkeiten der Feststellung. Die belangte Behörde hat den Herkunftsort nicht näher festgestellt, nur die Herkunftsprovinz.
Die Feststellung unter Pkt. 1.4. beruht auf einer Gesamtschau der wirtschaftlichen und sozialen Lage in Afghanistan im Verein mit dem gesundheitlichen Zustand des Beschwerdeführers und den im Verfahren glaubhaft gewordenen Tatsachen, dass er bei einer Rückkehr auf sich allein gestellt wäre, wenig Bildung hat, in Afghanistan ortsunkundig ist und wenig bis gar keine familiäre Unterstützung aus dem Ausland zu erwarten hat. Netzwerke, insbesondere familiäre Netzwerke sind ein Schlüssel für eine Reintegration in Afghanistan. Intern vertrieben Personen überleben in erster Linie deswegen, weil sie auf die Solidarität zurückgreifen können, die Verwandte gemäß der afghanischen Tradition ihnen entgegenbringen (dazu und zum Folgenden vgl. EASO Country of Origin Information Report, Afghanistan - Networks, Februar 2018). Afghanische Staatsangehörige bleiben zwar meist in Kontakt mit vorhandenen Verwandten in Afghanistan, die Qualität dieses Kontakts ist hängt aber davon ab, ob der Betreffende vor seiner Ausreise in Afghanistan gelebt hat, sie ist geringer, wenn der Betreffende schon lang im Ausland lebt, Personen, die keinen Kontakt mehr zu Verwandten herstellen, haben ein hohes Risiko, in Schwierigkeiten zu geraten. Der Arbeitsmarkt ist sehr herausfordernd und die Arbeitslosenrate ist hoch; auch für besser Qualifizierte ist die Arbeitsplatzsuche ohne Netzwerk, Vermittlung und Empfehlungen etc sehr schwierig. Personen ohne Unterkunft, die sich keine Wohnung leisten können und keine Verwandten haben, die ihnen Unterbringungsmöglichkeiten bieten, müssen oftmals in Zelten oder improvisierten Siedlungen hausen. Medizinische Versorgung ist in Afghanistan zwar abstrakt verfügbar, der Zugang dazu für alleinstehende (u.a. psychisch) Kranke ist aber von einer starken Unterstützung durch Familienangehörige oder die Gemeinschaft abhängig (dazu und zum Folgenden s. EASO Country of Origin Information Report Afghanistan Key socio-economic indicators, state protection, and mobility in Kabul City, Mazar-e Sharif, and Herat City, Augst 2017, S 51). Die Datenlage über die Gesundheitsversorgung in Afghanistan ist generell unzuverlässig (aaO S. 49), das öffentliche Gesundheitswesen ist extrem unterentwickelt und wenig und mangelhaft unterausgestattet, private Angebote sind sehr teuer (aaO S 50), Personen mit geringen finanziellen Mitteln können sich Behandlung im Regelfall nicht leisten und verzichten oft darauf (aaO S. 52), bei der psychiatrischen Versorgung klaffen die Bedürfnisse der behandlungsbedürftigen Bevölkerung und das vorhandene Angebot sowohl quantitativ als auch qualitativ auseinander (S. 53).
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Die Beschwerde ist teilweise berechtigt
3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides
3.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
3.1.2. Eine solche Bedrohung hat der Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren nicht glaubhaft gemacht. Der in der Beschwerde aufgezeigte Umstand, dass der Beschwerdeführer der Volksgruppe der (in der Regel schiitischen) Hazara angehört, verfängt nicht. Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu ausgeführt, dass die schwierige allgemeine Lage einer ethnischen Minderheit oder der Angehörigen einer Religionsgemeinschaft - für sich allein - nicht geeignet ist, die für die Anerkennung einer Flüchtlingseigenschaft vorauszusetzende Bescheinigung einer konkret gegen den Asylwerber gerichteten drohenden Verfolgungshandlung dazutun (VwGH 31.01.2002, 2000/20/0358). Der Beschwerdeführer gehört als Hazara zwar einer ethnischen und als Schiite auch einer religiösen Minderheit an, doch ist festzuhalten, dass sich für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara - wie aus den zugrunde gelegten Länderfeststellungen ersichtlich - die Situation in der Zwischenzeit deutlich verbessert hat, wenngleich die gesellschaftlichen Spannungen fortbestehen und in lokal unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder aufleben und sich auch in konfessionell bedingten Terrorangriffen zB gegen Schreine und Moscheen äußern. Vor dem Hintergrund der Feststellungen ist davon auszugehen, dass weder die Zugehörigkeit einer Person zur ethnischen Minderheit der Hazara noch die Zugehörigkeit einer Person zur religiösen Minderheit der Schiiten ausreichen, um davon ausgehen zu müssen, dass diese Person der Gefahr einer Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse bzw. einer bestimmten Glaubensgemeinschaft ausgesetzt wäre (EGMR 05.07.2016, A.M./Niederlande Beschw.Nr. 29.094/09; vgl. auch EGMR 05.07.2016 AM/NL, Beschw.Nr. 29.094/09, VGH München vom 04.01.2017 - 13a ZB 16.30600, wonach Hazara in Afghanistan zwar einer gewissen Diskriminierung unterliegen, derzeit und in überschaubarer Zukunft aber weder einer an ihre Volks- oder Religionszugehörigkeit anknüpfenden gruppengerichteten politischen oder religiösen Verfolgung noch einer erheblichen Gefahrendichte ausgesetzt sind; weiters etwa VG Lüneburg 06.02.2017, 3 A 126/16 unter Verweis auf Bay. VGH 04.01.2017, 13a ZB 16.30600; Bay. VGH 19.12.2016 - 13a ZB 16.30581; VG Augsburg 07.11.2016, Au 5 K 16.31853; VG Würzburg, 28.10.2016, W 1 K 16.31834; [schweizerisches] Bundesverwaltungsgericht 11.01.2017, E-5136/2016). Aus diesen Gründen ist das Vorliegen einer Gruppenverfolgung im Hinblick auf Angehörige der Volksgruppe der Hazara in Afghanistan im Ergebnis zu verneinen.
3.1.3. Sofern sich das Vorbringen des Beschwerdeführers auf Ereignisse im Iran bezieht, besteht eine asylrechtlich relevante Verfolgung schon deshalb nicht, da sich die begründete Furcht vor Verfolgung auf jenes Land beziehen muss, dessen Staatsangehörigkeit der Asylwerber besitzt, was im vorliegenden Fall Afghanistan ist (VwGH 08.11.1989, 89/01/0338; 02.03.2006, 2004/20/0240).
3.1.4. Auch sonstige Anhaltspunkte für eine asylrelevante Verfolgung sind nicht hervorgekommen. Im Umfang der Anfechtung des Spruchpunktes I. des Bescheides ist die Beschwerde daher abzuweisen.
3.2. Zur Zuerkennung von subsidiärem Schutz:
3.2.1. . Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist der Status des subsidiär
Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen,
1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder
2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,
wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
§ 11 AsylG normiert unter dem Titel "Innerstaatliche Fluchtalternative", dass der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen ist, wenn "Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden [kann], und ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden [kann]". Schutz ist nach dieser Bestimmung gewährleistet, "wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind". Bei dieser Prüfung ist "auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände des Asylwerbers zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen".
Die Frage der Sicherheit des Asylwerbers in dem als innerstaatliche Fluchtalternative geprüften Gebiet des Herkunftsstaates hat wesentliche Bedeutung. Es muss mit ausreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden können, dass der Asylwerber in diesem Gebiet Schutz vor asylrechtlich relevanter Verfolgung und vor Bedingungen, die nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Gewährung von subsidiärem Schutz rechtfertigen würden, findet. Sind diese Voraussetzungen zu bejahen, so kann dem Asylwerber unter dem Aspekt der Sicherheit regelmäßig auch die Inanspruchnahme der innerstaatlichen Fluchtalternative zuzumuten sein. Der in der Provinz Herat gelegene Herkunftsort des Beschwerdeführers ließ sich nicht klar feststellen und damit ließ sich auch nicht ermitteln, ob die Sicherheitslage in seinem Herkunftsort jenen Anforderungen entspricht, die unter dem Aspekt der Sicherheit eine Rückkehr zuließen, das Bundesverwaltungsgericht sieht sich daher gehalten, den Beschwerdefall ausgehend von einer unzureichenden Sicherheitslage in einigen Provinzen und Distrikten (einschließlich einiger Distrikte der Herkunftsprovinz Herat) so zu behandeln, dass für den Beschwerdeführer aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage und seiner persönlichen Situation eine Schutzalternative überhaupt nur an einem anderen Ort als seinem Herkunftsort in Frage käme. Der Beschwerdefall ist daher anhand jener Maßstäbe zu beurteilen, die für die (Sicherheit, Erreichbarkeit und) Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative relevant sind.
Innerhalb Afghanistans gibt es zwar Orte (zB bestimmte Städte), an denen die Sicherheitslage - als solche - eine Rückkehr eines abgewiesenen Asylsuchenden grundsätzlich zuließe. Die Sicherheitslage ist allerdings nicht allein ausschlaggebend, es müssen auch die sonstigen Lebensumstände berücksichtigt werden: Zwar reicht eine schwierige Lebenssituation (bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht), die ein Asylwerber bei Rückführung in das als innerstaatliche Fluchtalternative geprüfte Gebiet vorfinden würde, für sich betrachtet nicht aus, um eine innerstaatliche Fluchtalternative zu verneinen. Mit Bezug auf die Verhältnisse in Afghanistan wurde in der Rechtsprechung ausgeführt, es könne zutreffen, dass ein alleinstehender Rückkehrer ohne familiären Rückhalt und ohne finanzielle Unterstützung in der afghanischen Hauptstadt Kabul (anfangs) mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert sei. Soweit es sich aber um einen jungen und gesunden Mann, der über Schulbildung und Berufserfahrung verfüge, handle, sei - auf der Grundlage der allgemeinen Länderfeststellungen zur Lage im Herkunftsstaat - nicht zu erkennen, dass eine Neuansiedlung (zum Beispiel) in Kabul nicht zugemutet werden könne. Dies stehe auch im Einklang mit der Einschätzung der UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19. April 2016, denen zufolge es alleinstehenden, leistungsfähigen Männern im berufsfähigen Alter ohne spezifische Vulnerabilität möglich sei, auch ohne Unterstützung durch die Familie in urbaner Umgebung zu leben (vgl. VwGH 8.8.2017, Ra 2017/19/0118). Auch der Verfassungsgerichtshof hat ausgesprochen, dass einem gesunden Asylwerber im erwerbsfähigen Alter, der eine der Landessprachen Afghanistans beherrsche, mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut sei und die Möglichkeit habe, sich durch Gelegenheitstätigkeiten eine Existenzgrundlage zu sichern, die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Kabul zugemutet werden könne, und zwar selbst dann, wenn nicht in Afghanistan geboren worden sei, dort nie gelebt und keine Angehörigen in Afghanistan habe, sondern im Iran aufgewachsen und dort in die Schule gegangen sei (VfGH 12.12.2017, E 2068/2017).
Um eine solche Person (jung, gesund etc) handelt es sich beim Beschwerdeführer derzeit aber nicht.
Um von einer zumutbaren innerstaatlichen Fluchtalternative sprechen zu können, reicht es nicht aus, dem Asylwerber entgegen zu halten, dass er in diesem Gebiet keine Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erwarten hat. Es muss ihm vielmehr möglich sein, im Gebiet der innerstaatlichen Fluchtalternative nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können (VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001).
Ob dies der Fall ist, erfordert eine ganzheitliche Beurteilung der allgemeinen Gegebenheiten im Herkunftsstaat und der persönlichen Umstände des Asylwerbers. Für die Beurteilung der Lage kann es zB (mit) relevant sein, ob der Betroffene - erforderlichenfalls - vor Ort ein Netzwerk wie zB Familie, Freunde oder Bekannte vorfindet, die ihn unterstützen können (vgl. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/20/0233, sowie die für die Zumutbarkeit der innerstaatlichen Fluchtalternative in Afghanistan gerade auf diesen Gesichtspunkt Bezug nehmenden Hinweise der UNHCR-Richtlinien).
Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Verfassungsgerichthofes. Neben der politischen Lage bzw. Sicherheitslage im Herkunftsland kann auch das Vorhandensein einer Unterkunft und die Möglichkeit einer Versorgung im Zielstaat unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK relevant sein (vgl. VfSlg 19.602/2011 mwN). Auch eine Kumulation verschiedener Aspekte kann zur Annahme einer Art.-3-EMRK-Verletzung führen.
Die Beweislast liegt dabei zunächst beim Beschwerdeführer, der Hinweise für das Vorliegen eines realen Risikos in Bezug auf individuelle Gefährdungsmomente für seine Person grundsätzlich selbst darzulegen hat: Gleichzeitig sind aber die Schwierigkeiten, mit denen ein Asylwerber bei der Beschaffung von Beweismitteln konfrontiert ist, in Betracht zu ziehen und bei einem entsprechend substantiierten Vorbringen des Asylwerbers, weshalb sich seine Lage von jener anderer Personen im Herkunftsstaat unterscheide, im Zweifel zu seinen Gunsten zu entscheiden (VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0137, Rz. 23, mit Hinweis auf EGMR [Große Kammer] 23.08.2016, J.K. u.a. gegen Schweden, Beschw.Nr. 59166/12).
Die belangte Behörde ist im verwaltungsgerichtlichen Verfahren passiv geblieben. Es handelt sich bei der Frage der Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative letztlich um eine Entscheidung im Einzelfall, die auf der Grundlage ausreichender Feststellungen über die zu erwartende Lage des Asylwerbers in dem in Frage kommenden Gebiet sowie dessen sichere und legale Erreichbarkeit getroffen werden muss (vgl. VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001, mit Hinweis auf VwGH 08.08.2017, Ra 2017/19/0118, mwN).
Bei dieser Einzelfallbeurteilung ist im vorliegenden Fall Folgendes hervorzuheben: Beim Beschwerdeführer kann schon insofern nicht von einem "alleinstehenden, leistungsfähigen Mann im berufsfähigen Alter ohne spezifische Vulnerabilität" gesprochen werden, als dieser an einer Anpassungsstörung mit leichtgradiger depressiver Reaktion leidet, die behandlungsbedürftig ist. Es würde im Fall einer Abschiebung nach Afghanistan zu einer wahrscheinlichen kurz- bis mittelfristigen Verschlechterung des Krankheitsbildes kommen. Der Beschwerdeführer hat in der mündlichen Verhandlung diverse Belege vorgelegt, darunter eine Bestätigung über erhöhten Betreuungsbedarf (hins. psychiatrischer und psychotherapeutischer Behandlung und Psychopharmaka). Er hat in der Verhandlung auch den unmittelbaren persönlichen Eindruck einer aufrechten Betreuungsbedürftigkeit hinterlassen. Sein Bildungsstand ist gering, seine frühere Berufstätigkeit als Reinigungskraft im Iran verschafft ihm keinen maßgeblichen Vorteil. Die aktuelle Behandlung sollte - so das von der belangten Behörde eingeholte Gutachten - zur Linderung der Symptome weitergeführt werden.
Zwar entsteht, wie in dem von der belangten Behörde eingeholten Gutachten festgehalten wurde, durch die Auswirkungen der Rückführung auf die Erkrankung keine Gefahr, dass der Beschwerdeführer "aufgrund der psychischen Störung in einen lebensbedrohlichen Zustand geraten oder die Krankheit sich in einem lebensbedrohlichen Ausmaß verschlechtern könnte".
Eine isolierte Betrachtung allein dieser medizinischen Vorausschau (und nur eine solche kann von einem ärztlichen Gutachten geleistet werden) lässt jedoch keine abschließende Beurteilung des von der Rechtsprechung aufgestellten Kriteriums zu, wonach es dem Betroffenen "möglich sein [muss], im Gebiet der innerstaatlichen Fluchtalternative nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können". Die dabei anzustellende Prognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen und auch zu berücksichtigen, ob solche exzeptionellen Umstände vorliegen, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet. Eine solche einzelfallbezogene Beurteilung ist im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel (vgl. den hg. Beschluss vom 12. Oktober 2016, Ra 2016/18/0039, mwN).
Auch wenn eine Person rein medizinisch betrachtet durch den bei Abschiebung verschlechterten psychiatrischen Zustand - als solchen - nicht in eine lebensbedrohliche Situation gerät, und auch wenn eine medizinische Behandlung in Afghanistan verfügbar ist, kann die Summe der Wechselwirkungen zwischen der verminderten Fähigkeit, sich in einem solcherart verschlechternden psychischen Zustand durchzuschlagen, und anderen äußeren Einflüssen wie der prekären medizinischen Versorgungslage, der angespannten Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage, der generellen Unsicherheit, Isolation und Orientierungslosigkeit dazu führen, dass sich die Schlussfolgerung verbietet, einer Person werde es "möglich sein, im Gebiet der innerstaatlichen Fluchtalternative nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können".
Derartiges muss beim Beschwerdeführer angenommen werden:
Das Bundesverwaltungsgericht übersieht nicht, dass der Beschwerdeführer nach wie vor familiäre Kontakte im Iran hat, die freilich selbst in einer schwierigen Lage sind. Es verkennt auch nicht die Möglichkeiten einer finanziellen Unterstützung bei Inanspruchnahme von Hilfe bei freiwilliger Rückkehr und das Vorhandensein von temporären Hilfsangeboten für Rückkehrer. Es geht angesichts der besonderen Umstände des Einzelfalls angesichts der erheblichen Schwierigkeiten am Arbeits- und Wohnungsmarkt, der Behandlungs- und Schutzbedürftigkeit des Beschwerdeführers, seiner langjährigen Abwesenheit aus dem bereits in seiner Kindheit verlassenen Afghanistan und dem Fehlen von Kontakten vor Ort sowie der schwierigen und schwer verfügbaren medizinischen Versorgungslage davon aus, dass eine Rückführung des Beschwerdeführers mit einer Verletzung von Art. 3 EMRK einherginge, weil stichhaltige Gründe erkennbar sind, dass der Beschwerdeführer als derzeit verletzliche Person ohne greifbare Unterstützung mit einem realen Risiko konfrontiert würde, im Gebiet der Rückführung außer Stande zu sein, sein Leben auf sich allein gestellt ausreichend schnell und effizient so zu gestalten, dass er zB sowohl die erforderliche Behandlung organisiert, als auch eine Wohnmöglichkeit findet, sich eine Erwerbsmöglichkeit verschafft und einem solchen Erwerb mit ausreichender Kraft und Nachhaltigkeit nachgeht, um sich solcherart sein Überleben zu sichern.
Gründe, die einer Zuerkennung von subsidiärem Schutz entgegenstehen, sind nicht hervorgekommen. Der Beschwerde war daher unter Zuerkennung einer entsprechenden befristeten Aufenthaltsberechtigung im Umfang des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides stattzugeben. Die übrigen Spruchpunkte wurden mit Eventualanträgen (dh. für den - nunmehr nicht eingetretenen - Fall einer negativen Erledigung der vorgelagerten Spruchpunkte) gestellt, so dass darauf nicht mehr inhaltlich einzugehen ist, sie werden durch die vorliegende Entscheidung hinfällig.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, zwar nicht hinsichtlich der Voraussetzungen der Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative, bei der sich das Bundesverwaltungsgericht an die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gehalten hat und bei der es sich um eine (insofern nicht revisible) Entscheidung im Einzelfall handelt (vgl. VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001, mit Hinweis auf VwGH 08.08.2017, Ra 2017/19/0118, mwN) jedoch deshalb, weil das Verhältnis der innerstaatlichen Rechtslage (die für einen solchen Fall subsidiären Schutz vorsieht) zum Unionsrecht im Lichte des Urteils C-542/13 , M'Bodj, insofern nicht geklärt ist, als die Gewährung von subsidiärem Schutz vorliegendenfalls daraus resultiert, dass eine allgemeine Lage der Unsicherheit in Verbindung mit der Vulnerabilität des Beschwerdeführers die Prüfung der Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative erforderlich macht, die hier angesichts einer Gesamtbetrachtung einschließlich der gesundheitlichen Lage des Beschwerdeführers verneint wurde (während der EuGH im zitierten Urteil aussprach, dass der in Artikel Art. 15 der Richtlinie 2004/83 definierte ernsthafte Schaden eine Situation nicht erfasst, in der eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung auf das Fehlen einer angemessenen Behandlung Land zurückzuführen ist, ohne dass dem Antragsteller die Versorgung absichtlich verweigert würde).
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