BVwG W219 1423803-1

BVwGW219 1423803-14.3.2014

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:W219.1423803.1.00

 

Spruch:

W219 1423803-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. TOLAR als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, XXXX, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 15.12.2011, Zl. 11 09.261-BAS, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gem. § 3 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger der Volksgruppe der Hazara, minderjährig und unbegleitet, stellte am 19.08.2011 nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz.

2. Im Rahmen seiner Erstbefragung am Tag der Antragstellung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, fortgesetzt am 22.08.2011, gab der Beschwerdeführer an, so wie sein Vater, seine Stiefmutter und seine Schwester im Iran, in Viramin, gelebt zu haben. Vor ca. zwei Wochen sei er dort von einem Schlepper abgeholt worden. Dieser habe den Beschwerdeführer zunächst zur iranisch-türkischen Grenze gebracht. Nach Überquerung der Grenze durch einen Fußmarsch sei die Reise in mehreren Etappen per PKW bzw. LKW fortgesetzt worden. Über welche Länder und Städte er gefahren sei, könne der Beschwerdeführer nicht angeben. Zu den Gründen für seine Flucht sagte der Beschwerdeführer aus, er sei im Iran lediglich zwei Tage zur Schule gegangen, wobei er von fremden Männern verfolgt worden sei. Eine Woche vor der Flucht hätten drei fremde Männer den Beschwerdeführer in ihr Auto gezerrt und zu einem Haus mitgenommen. Sie hätten begonnen, Alkohol zu trinken, und hätten den Beschwerdeführer mit dem Umbringen bedroht, wenn er nicht für sie tanzen würde. Als die Männer vollends betrunken gewesen seien, habe der Beschwerdeführer die Gelegenheit zur Flucht genützt. Der Vater des Beschwerdeführers habe daraufhin davon abgesehen, eine Anzeige zu erstatten, sondern habe einen Schlepper zur Flucht ins Ausland organisiert. Auf die Frage, was er bei einer Rückkehr in seine Heimat befürchte, antwortete der Beschwerdeführer, er habe in Afghanistan niemanden, weil er im Iran geboren sei und bis zu seiner Ausreise im Iran gelebt habe. In den Iran könne er nicht zurück, weil er Angst habe, dass "diese Männer" ihm etwas antun könnten.

Das Asylverfahren wurde am 12.09.2011 durch Ausfolgung der Aufenthaltsberechtigungskarte an den Beschwerdeführer in Österreich zugelassen.

3. In seiner Einvernahme am 27.10.2011 in Anwesenheit eines gesetzlichen Vertreters gab der Beschwerdeführer an, abweichend von den Aussagen bei der Erstbefragung sei er in Afghanistan - seine Sippe stamme aus Ghazni - und nicht im Iran geboren worden. Er wisse nicht, wie alt er war, als er Afghanistan verlassen habe. Seine Familie lebe nach wie vor illegal im Iran. Der Beschwerdeführer habe zu niemandem in Afghanistan Kontakt und sei nach der Ausreise in den Iran dort auch nie zu Besuch gewesen. Der Beschwerdeführer könne weder schreiben noch lesen. Im Iran habe er zuletzt als Gärtner gearbeitet, sein Vater in einem Stall. Befragt zu den konkreten Gründen für das Verlassen des Iran gab der Beschwerdeführer an, er habe im Iran die Schule besuchen wollen, aber die iranischen Kinder hätten ihn auf dem Weg zur Schule gestört und ihn geschlagen. Der Beschwerdeführer sei von den Iranern ständig geschlagen und vergewaltigt worden. Wenn die Polizei den Beschwerdeführer "festgenommen hätte", sei er geschlagen worden und hätte er die Toiletten sauber machen sollen. Auf die Frage, ob er als Moslem und Hazare im Iran bzw. in Afghanistan aufgrund seiner Religionszugehörigkeit oder seiner Volksgruppenzugehörigkeit staatlicher Verfolgung ausgesetzt gewesen sei, antwortete der Beschwerdeführer, im Iran und in Afghanistan habe er immer mit Sunniten Probleme gehabt. Sogar im Heim in Österreich habe er mit den Sunniten Probleme. Der Beschwerdeführer habe Angst vor den Sunniten. Er habe Probleme mit der Regierung und mit dem Volk. "Der Staat" habe den Beschwerdeführer festgenommen, er habe die Toiletten der Polizei sauber machen müssen und ihm sei mit der Ausweisung aus dem Iran nach Afghanistan gedroht worden. In Afghanistan würde der Beschwerdeführer dieselben Probleme haben, wie sie seine Eltern gehabt hätten. Der Beschwerdeführer wisse allerdings nicht, warum seine Familie damals Afghanistan verlassen habe.

4. Mit Bescheid vom 15.12.2011 wies das Bundesasylamt den Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr.100/2005, ab (Spruchpunkt I.). Weiters erkannte es gem. § 8 Abs. 1 AsylG dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte eine befristete Aufenthaltsberechtigung gem. § 8 Abs. 4 AsylG bis zum 15.12.2012 (Spruchpunkt III.). Nach Wiedergabe der Einvernahmeprotokolle traf das Bundesasylamt u.a. folgende Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers: Seine Identität stehe nicht fest. Er sei Staatsangehöriger von Afghanistan, geboren in Ghazni und wahrscheinlich in Varamin/Iran aufgewachsen. Sein genaues Alter stehe nicht fest, die Minderjährigkeit stehe jedoch fest. Der vom Beschwerdeführer als fluchtrelevant vorgebrachte Grund stehe nicht im Zusammenhang mit seinem Herkunftsstaat Afghanistan, sondern es handle sich um behauptete Vorfälle im Iran, wo sich der Beschwerdeführer angeblich seit seiner Kindheit aufgehalten hätte. Die Schilderungen und Vorbringen zum Grund für das Verlassen des Iran seien insgesamt nicht glaubhaft dargestellt worden. Überdies traf das Bundesasylamt Feststellungen über die allgemeine Lage in Afghanistan.

Beweiswürdigend hielt das Bundesasylamt betreffend die Feststellungen der Gründe für das Verlassen des Herkunftslandes fest, der Beschwerdeführer habe im Zuge des gesamten Verfahrens keinerlei Aussagen über eine Verfolgung von staatlicher Seite in Afghanistan geltend gemacht. Vielmehr habe er wiederholt angegeben, dass es alleine die - wie weiter begründet als nicht glaubhaft zu qualifizierenden - Probleme im Iran gewesen wären, die den Beschwerdeführer zum Verlassen des Iran und seiner Familie im Iran veranlasst hätten. Betreffend die Gründe, warum seine Familie Afghanistan verlassen hätte, habe der Beschwerdeführer konkret nachgefragt keinerlei Angaben machen können.

Rechtlich folgerte das Bundesasylamt daraus, dass der Beschwerdeführer in keinster Weise eine konkrete Gefahr einer aktuellen Verfolgung mit der geforderten Intensität und Wahrscheinlichkeit in seinem Heimatstaat Afghanistan glaubhaft machen habe können. Die geltend gemachte Bedrohungslage durch Privatpersonen im Iran und somit außerhalb des Heimatstaates Afghanistan könne keinesfalls den Anforderungen einer Asylrelevanz entsprechen. Ungeachtet dessen seien die Angaben über eine Bedrohungslage im Iran unglaubwürdig. Auch aus dem sonstigen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens hätten sich bei Berücksichtigung sämtlicher Tatsachen keine weiteren Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhaltes, welcher gem. GFK zur Gewährung von Asyl führen würde, ergeben (Spruchpunkt I.).

Spruchpunkt II. (Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten) begründete das Bundesasylamt damit, dass der Beschwerdeführer als Minderjähriger und demnach Zugehöriger einer vulnerablen Gruppe ohne gesicherten familiären oder sozialen Anschluss in Afghanistan im Falle einer Rückkehr einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung aufgrund des erhöhten Risikos, Opfer von Gewalt im Rahmen der allgemein angespannten Sicherheitslage zu werden, ausgesetzt wäre.

5. Mit Verfahrensanordnung vom 15.12.2011 gab das Bundesasylamt dem Beschwerdeführer einen Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Asylgerichtshof bei.

6. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides richtet sich die vorliegende, fristgerechte erhobene und zulässige Beschwerde, in der beantragt wird, dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, allenfalls weitere Ermittlungsschritte durchzuführen sowie eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Zu seinen Fluchtgründen verweist der Beschwerdeführer auf sein erstinstanzliches Vorbringen, das von der belangten Behörde nicht in gehöriger Weise berücksichtigt worden sei. Eine Verfolgung der Person des Beschwerdeführers könne im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan keinesfalls ausgeschlossen werden. Die belangte Behörde habe den schwerwiegenden Verfahrensfehler begangen, nicht in ausreichendem Maße auf den Hinweis des Beschwerdeführers auf die befürchtete unmenschliche Behandlung in seinem Herkunftsstaat zu reagieren. Es wäre nach § 18 AsylG Pflicht der Behörde gewesen, von Amtswegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrags geltend gemachten Umstände vervollständigt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen.

Beweis wurde erhoben, indem die Akten des Verfahrens eingesehen wurden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.1. Im vorliegenden Verfahren hat der Beschwerdeführer in einer Einvernahme die Gelegenheit gehabt, seine Fluchtgründe umfassen darzulegen. Der aufgrund dieser Befragungen festgestellte Sachverhalt und die Beweiswürdigung finden ihren Niederschlag im angefochtenen Bescheid. In der Beschwerde wurde zwar allgemein auf die Verpflichtung der Behörde gemäß § 18 Abs. 1 AsylG 2005 hingewiesen, von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrags geltend gemachten Umstände vervollständigt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Der Beschwerdeführer macht allerdings weder einen konkreten Verstoß gegen diese Vorschrift in den stattgefundenen Befragungen geltend, noch werden in der Beschwerde selbst - indem zu den Fluchtgründen lediglich auf das "erstinstanzliche Vorbringen" verwiesen wird - irgendwelche konkreten entscheidungswesentlichen Umstände vorgebracht, deren Feststellung im angefochtenen Bescheid unterblieben wäre. Somit vermag das Bundesverwaltungsgericht insoweit keinen Verfahrensfehler zu erkennen.

1.2 Da die von der belangten Behörde herangezogenen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, von einander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kern-aussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht eingedenk des vorliegenden Falles und unter Bedachtnahme auf das Beschwerde-vorbringen für das Bundesverwaltungsgericht (auch angesichts der gerichtsbekannten gegenwärtigen Situation in Afghanistan [vgl. etwa den Bericht des deutschen Auswärtigen Amtes vom 4.6.2013 und die UNHCR-Richtlinien vom 6.8.2013]) kein Anlass, an der grundsätzlichen Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen der belangten Behörde zu zweifeln; soweit sie für den vorliegenden Fall entscheidungsrelevant sind, sind sie auch als nach wie vor aktuell anzusehen. Der Beschwerdeführer ist den Länderfeststellungen nicht substantiiert entgegen getreten.

1.3 In Anbetracht des von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens so-wie angesichts ihrer diesbezüglichen Beweiswürdigung hat das Bundesverwaltungsgericht - unter Bedachtnahme auf die Beschwerdeausführungen - auch keine Bedenken gegen die (in der Bescheidbegründung zum Ausdruck kommende) Annahme der belangten Behörde, dass dem Beschwerdeführer in Afghanistan keine gezielte konkrete Verfolgung droht. Es kann somit nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan einer wie immer gearteten Verfolgung ausgesetzt wäre.

2. Wie bereits die belangte Behörde in ihrer Beweiswürdigung hervorgehoben hat, hat der Beschwerdeführer überhaupt nicht konkret vorgebracht, in Afghanistan bedroht worden zu sein. Er gab lediglich an, im Iran mit Gewalt daran gehindert worden zu sein, die Schule zu besuchen, bzw. von "den Iranern" ständig geschlagen und vergewaltigt worden zu sein (AS 64). Außerdem sei er im Iran festgenommen worden und habe die Toiletten der Polizei sauber machen müssen (AS 65). Was die Frage der Glaubwürdigkeit dieser Schilderungen des Beschwerdeführers anbelangt, erscheint die Beweiswürdigung der belangten Behörde, das Vorbringen weise Widersprüche auf und stelle eine unglaubwürdige Steigerung dar (AS 123-124), als unbedenklich:

In der Erstbefragung hatte der Beschwerdeführer noch angegeben, eine Woche vor der Flucht hätten drei fremde Männer den Beschwerdeführer in ihr Auto gezerrt und zu einem Haus mitgenommen. Sie hätten begonnen, Alkohol zu trinken, und hätten den Beschwerdeführer mit dem Umbringen bedroht, wenn er nicht für sie tanzen würde. Als die Männer vollends betrunken gewesen seien, habe der Beschwerdeführer die Gelegenheit zur Flucht genützt (AS 13-15). Erst in der Einvernahme vor dem Bundesasylamt brachte der Beschwerdeführer vor, von "den Iranern" ständig geschlagen und vergewaltigt worden zu sein. Auf den Vorhalt, eine Vergewaltigung bisher nie geltend gemacht zu haben, antwortete der Beschwerdeführer, zuvor sei alles gelogen gewesen, er habe gesagt, was der Schlepper gesagt habe. Nach Vorhalt der Angaben zum Fluchtgrund aus der Erstbefragung gab der Beschwerdeführer an, er habe nichts weiter zu erzählen (AS 64-65). Letztlich kann jedoch dahingestellt bleiben, ob dem Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich dieser Vorfälle im Iran Glauben zu schenken ist.

Was eine allein entscheidungswesentliche etwaige Gefährdung in Afghanistan anbelangt, stellte der Beschwerdeführer eine solche im Verfahren vor dem Bundesasylamt lediglich unsubstantiiert in den Raum: Auf die Frage bei der Einvernahme, ob er als Hazare im Iran bzw. in Afghanistan aufgrund seiner Religionszugehörigkeit oder seiner Volksgruppenzugehörigkeit staatlicher Verfolgung ausgesetzt war, sagte der Beschwerdeführer, im Iran und in Afghanistan habe er immer mit Sunniten Probleme gehabt; sogar im Heim (in Österreich) habe er immer mit den Sunniten Probleme. "Der Staat" (gemeint Iran) habe mit der Ausweisung nach Afghanistan gedroht. Und weiter: "In Afghanistan, wenn meine Eltern Probleme haben, dann habe ich dieselben Probleme". Auf die Frage, warum seine Familie damals Afghanistan verlassen habe, antwortete der Beschwerdeführer, das wisse er nicht (AS 65). Auf die Frage, was er im Falle der Rückkehr nach Iran zu seiner Familie bzw. nach Afghanistan zu Angehörigen seiner Familie bzw. Sippe befürchten würde, antwortete der Beschwerdeführer, in Afghanistan habe er überhaupt keine Angst. Die Frage, warum er dann nicht nach Afghanistan, sondern nach Europa gereist sei, beantwortete der Beschwerdeführer dahin, dass in Afghanistan niemand leben könne (AS 66). Die vorgebrachten Gründe einer Furcht vor Verfolgung des Beschwerdeführers in Afghanistan erschöpfen sich somit in Mutmaßungen, die aufgrund ihrer Allgemeinheit und Unbestimmtheit nicht geeignet sind, eine konkrete, gegen den Beschwerdeführer gerichtete Verfolgung in Afghanistan darzutun. Das allgemeine Vorbringen des Beschwerdeführers, eines Angehörigen der Volksgruppe der Hazara, in Afghanistan Probleme mit den Sunniten gehabt zu haben, ist nicht geeignet, eine Gefährdung des Beschwerdeführers zu begründen, da derartige ethnische Konflikte gemäß amtsbekannten Berichten nicht in einem solchen Ausmaß bestehen, dass eine Verfolgung des Beschwerdeführers lediglich wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit mit entsprechender Wahrscheinlichkeit angenommen werden könnte (zur Verbesserung der Situation der Hazara seit dem Ende der Taliban-Herrschaft vgl. z.B. die Länderfeststellungen im bekämpften Bescheid [AS 107-108] sowie den Bericht des deutschen Auswärtigen Amtes vom 4.6.2013).

3. Rechtlich ergibt sich daraus:

3.1 Gemäß § 75 Abs. 19 AsylG 2005 idF BGBl. I 68/2013 sind alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren vom Bundesverwaltungsgericht zu Ende zu führen.

Nach § 75 Abs. 1 erster Satz AsylG 2005 idF BGBl. I 29/2009 ist das AsylG 2005 auf alle Verfahren anzuwenden, die - wie im vorliegenden Fall - am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren. Die Einzelrichterzuständigkeit ergibt sich aus § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I 10/2013, wonach das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter entscheidet, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, was im gegenständlichen Verfahren nicht der Fall ist.

Gemäß § 17 VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, sind, soweit nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG insbesondere die Bestimmungen des AVG und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in jenem Verfahren, das dem Verwaltungsgericht vorangegangen ist, angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (siehe insbesondere § 1 BFA-VG, BGBl. I 87/2012 idF BGBl. I 144/2013).

Zu A)

3.2.1 Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates oder wegen Schutzes in einem EWR-Staat oder in der Schweiz zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Kon-vention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskon-vention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der RL 2004/83/EG des Rates verweist). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Ausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politi-schen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Auf-enthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

Zentraler Aspekt des Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Ver-folgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfer-tigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzel-nen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumut-barkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.3.1995, 95/19/0041; 23.7.1999, 99/20/0208; 26.2.2002, 99/20/0509 mwN; 17.9.2003, 2001/20/0177; 28.10.2009, 2006/01/0793) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Ver-folgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 mwN). Von mangelnder Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichem Schutz einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law² [1996] 73; weiters VwGH 26.2.2002, 99/20/0509 mwN; 20.9.2004, 2001/20/0430; 17.10.2006, 2006/20/0120; 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.2.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 22.3.2000, 99/01/0256; 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203).

Wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen inso-weit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen, bedürfen sie nicht des Schutzes durch Asyl (vgl. zB VwGH 24.3.1999, 98/01/0352 mwN; 15.3.2001, 99/20/0036). Damit ist nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zu-mutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwSlg. 16.482 A/2004). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "internen Flucht- oder Schutzalternative" (VwSlg. 16.482 A/2004) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal da auch wirt-schaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrund-lage entziehen (VwGH 8.9.1999, 98/01/0614, 29.3.2001, 2000/20/0539; 17.3.2009, 2007/19/0459).

3.2.2 Auch die Annahme einer asylrelevanten Verfolgung allein aufgrund der Zugehörigkeit des Beschwerdeführers zur Ethnie der Hazara scheidet angesichts der gegenwärtigen Be-richtslage nach ständiger Spruchpraxis des Asylgerichtshofes aus (vgl. AsylGH 4.8.2010, C2 413686-1/2010; 8.8.2011, C5 314794-1/2008; 18.8.2011, C13 420219-1/2011; 29.9.2011, C10 401601-1/2008; 27.10.2011, 416073-1/2010; 19.1.2012, C4 422208-1/2010; 15.2.2012, C1 414903-1/2010; 27.9.2013, C15 411876-1/2010).

3.2.3 Auch aus der allgemeinen Lage in Afghanistan lässt sich für den Beschwerdeführer eine Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten nicht herleiten: Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation stellt nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keinen hinreichenden Grund für eine Asylgewährung dar (vgl. etwa VwGH vom 14.3.1995, 94/20/0798; 17.6.1993, 92/01/1081). Wirtschaftliche Benachteiligungen können nur dann asylrelevant sein, wenn sie jegliche Existenzgrundlage entziehen (vgl. etwa VwGH 9.5.1996, 95/20/0161; 30.4.1997, 95/01/0529, 8.9.1999, 98/01/0614). Aber selbst für den Fall des Entzugs der Existenzgrundlage ist eine Asylrelevanz nur dann anzunehmen, wenn dieser Entzug mit einem in der GFK genannten Anknüpfungspunkt - nämlich der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung - zusammenhängt, was im vorliegenden Fall zu verneinen wäre (dies gilt gleicher Maßen für die vom Beschwerdeführer angedeuteten Gefahren, die sich als der allgemeinen Sicherheitslage in Afghanistan ergeben).

3.2.4. Eine konkret gegen die Person des Beschwerdeführers gerichtete Verfolgungsgefahr aus in der GFK genannten Gründen ist somit nicht ersichtlich. Da der Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft gemacht hat, liegen die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK geforderten Voraussetzungen nicht vor. Die nur gegen Spruchpunkt I. gerichtete Beschwerde war daher abzuweisen.

3.2.5. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VerfahrensG, BGBl. I 87/2012 idF BGBl. I 68/2013, kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Ungeachtet eines entsprechenden Antrags kann gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG die Durchführung einer Verhandlung auch dann unterbleiben, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung Art. 6 Abs. 1 EMRK bzw. Art. 47 der Grundrechte-Charta der EU nicht entgegenstehen.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur mittlerweile außer Kraft getretenen Regelung des Art. II Abs. 2 lit. D Z 43a EGVG war der Sachverhalt nicht als geklärt anzu-sehen, wenn die erstinstanzliche Beweiswürdigung in der Berufung substantiiert bekämpft wird oder ergänzungsbedürftig oder in entscheidenden Punkten unrichtig erscheint, wenn rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen werden oder die Berufungsbehörde ihre Ent-scheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen will (VwGH 2.3.2006, 2003/20/0317 mwH).

Gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu Art. 6 EMRK, dessen Garantien nach Art. 47 Abs. 2 der Grundrechte-Charta der EU auch im vor-liegenden Fall Anwendung finden, kann eine mündliche Verhandlung unter bestimmten Vor-aussetzungen unterbleiben, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schrift-lichen Äußerungen der Parteien angemessen entschieden werden kann (EGMR 12.11.2002, 28.394/95, Döry vs. Schweden; 8.2.2005, 55.853/00, Miller vs. Schweden). In Anlehnung an diese Judikatur ist nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes auch die Bedeutung und Not-wendigkeit einer Verhandlung für die Beweiserhebung und Beweiswürdigung sowie für die Lösung von Rechtsfragen maßgeblich, weshalb eine mündliche Verhandlung im Hinblick auf die Mitwirkungsmöglichkeiten im Verwaltungsverfahren auch regelmäßig unterbleiben kann, wenn das Vorbringen erkennen lässt, dass die Durchführung einer Verhandlung eine weitere Klärung der Entscheidungsgrundlagen nicht erwarten lässt (VfGH 14.3.2012, U 466/11 ua).

Sowohl gemäß der oben erwähnten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als auch vor dem Hintergrund der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes konnte im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht unter-bleiben:

Der Beschwerdeführer hatte im Rahmen seiner Einvernahmen Gelegenheit zur Darlegung und Konkretisierung seiner Fluchtgründe. Die belangte Behörde hat - hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides - ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Die Beschwerde bringt keine neuen wesentlichen Aspekte im Hinblick auf die Fluchtgründe vor. Der Beschwerde ist es nicht gelungen, eine Ergänzungsbedürftigkeit des Ermittlungsverfahrens in überzeugender Weise aufzuzeigen. Auch anhand der Beschwerde ergab sich kein zusätzlicher Hinweis auf die Notwendigkeit, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer im Rahmen einer Verhandlung zu erörtern.

Zu B)

Eine Revision gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. die zu 3.2. angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichthofes), noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung; sie ist auch nicht uneinheitlich. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.

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