BVwG W211 1432939-1

BVwGW211 1432939-110.3.2015

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs4
B-VG Art.133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W211.1432939.1.00

 

Spruch:

W211 1432939-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a SIMMA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 3 AsylG 2005 hinsichtlich Spruchpunkt I. als unbegründet abgewiesen.

II. Hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird der Beschwerde stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia zuerkannt.

III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 10.03.2016 erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die beschwerdeführende Partei, ein männlicher Staatsangehöriger Somalias, stellte am 02.08.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Bei der Ersteinvernahme am selben Tag gab die beschwerdeführende Partei an, verheiratet zu sein, aus XXXX zu kommen und der Volksgruppe der Abgaal anzugehören. Sie habe XXXX im Dezember 2011 mit dem Flugzeug über die VAE nach Istanbul verlassen. Von der Türkei sei sie nach Griechenland gereist, wo sie sich in Athen bis zu ihrer Ausreise vor ca. zwei Tagen aufgehalten habe. Gemeinsam mit vier anderen Landsleuten sei sie schließlich auf der Ladefläche eines LKW versteckt nach Österreich gekommen. Nach ihrem Fluchtgrund befragt gab die beschwerdeführende Partei an, einen kleinen Laden gehabt zu haben. Sie hätte an die Islamisten Schutzgeld bezahlen sollen. Da sie sich das nicht habe leisten habe können, sei sie mit dem Tode bedroht worden oder hätte für die Islamisten kämpfen sollen. Das habe sie nicht gewollt und sei daher geflohen.

3. Bei der Einvernahme am 13.11.2012, diesmal vor der belangten Behörde, gab die beschwerdeführende Partei zusammengefasst an, die Dolmetscherin für Somali verstehen zu können und gesund zu sein. Sie sei in XXXX im Bezirk XXXX geboren und dort bei ihren Eltern aufgewachsen. Sie gehöre zum Clan der Abgaal und zum Hauptclan der Hawiye. Sie habe in ihrem Heimatsbezirk die Grundschule besucht und spreche die Sprache Somali. Im Jahr 2007 habe sie ihre erste Frau geheiratet. Aus dieser Ehe habe sie zwei Kinder. Diese Ehe sei im Jahr 2010 geschieden worden. Sie habe danach ihre zweite Frau geheiratet, mit der sie keine Kinder habe. Ihre zweite Frau wohne derzeit bei den Eltern der beschwerdeführenden Partei im Bezirk

XXXX.

Der Vater der beschwerdeführenden Partei arbeite als Zwischenhändler. Er handle mit Tieren. Die Geschwister der beschwerdeführenden Partei leben bei ihren Eltern und haben zuletzt die Schule besucht. Die beschwerdeführende Partei habe Halbgeschwister väterlicherseits in Schweden und Norwegen, aber zu diesen keinen Kontakt.

Im Jahr 2007 habe die beschwerdeführende Partei von ihrem Vater das Lebensmittelgeschäft übernommen. Dieses habe sie bis zu ihrem Umzug nach XXXX betrieben. Nach dem Umzug im Jahr 2009 habe sie das Geschäft in der Nähe von XXXX bis zum 01.08.2011 weiterbetrieben. Am 01.12.2011 habe sie Somalia verlassen. Befragt, ob die beschwerdeführende Partei Schwierigkeiten oder Probleme wegen ihrer Clanzugehörigkeit gehabt habe, meinte diese, dass sie keine Frau aus dem Clan der Abgaal habe heiraten dürfen. Ansonsten habe sie keine Probleme gehabt.

Sie habe sich entschlossen, Somalia zu verlassen, weil sie Probleme mit Al Shabaab gehabt habe. Sie habe zu dieser Zeit in XXXX, XXXX, gewohnt und dort ihr Geschäft betrieben. Zu dieser Zeit habe es in XXXX heftige Kämpfe gegeben. Die Al Shabaab sei in ihr Geschäft gekommen und habe Geld verlangt. Nach einer Woche seien die Mitglieder der Al Shabaab wieder gekommen und haben gefragt, warum die beschwerdeführende Partei nicht bezahlt habe. Sie habe der Al Shabaab gesagt, dass sie kein Geld habe. Die Al Shabaab habe gemeint, dass, wenn die beschwerdeführende Partei kein Geld habe, sie für die Al Shabaab kämpfen müsse. Sie haben gesagt, dass sie in zwei Tagen wiederkommen würden. Die beschwerdeführende Partei habe ihre Mutter telefonisch kontaktiert und mit ihr über den Vorfall gesprochen. Ihre Mutter, die auf dem Weg nach XXXX gewesen sei, habe gesagt, dass die beschwerdeführende Partei zu ihr kommen solle. Daraufhin sei sie nach XXXX gegangen und habe ihr Geschäft ihrem Bruder überlassen. Als die beschwerdeführende Partei in XXXX angekommen sei, habe ihr Bruder sie angerufen und ihr mitgeteilt, dass die Al Shabaab in ihrem Geschäft gewesen sei und ihr gedroht habe. Die Al Shabaab habe dann den Bruder mitgenommen und das Geschäft geplündert. Das restliche Geschäft sei verbrannt worden. Der Bruder sei mehrere Tage von der Al Shabaab angehalten worden. Einige Tage später haben sie und die Nachbarn mitbekommen, dass ihrem Bruder ein Arm und ein Bein abgetrennt worden sei. Danach sei die beschwerdeführende Partei von Mitgliedern der Al Shabaab angerufen worden, die berichtet haben, was dem Bruder passiert sei. Sie haben weiter gesagt, dass ihr dasselbe passieren werde, wenn sie erwischt würde. Weiters sagten sie, dass die beschwerdeführende Partei von ihnen verurteilt worden sei. Dann sei der Bruder irgendwo abgesetzt und von einem Verwandten ihrer Mutter entdeckt worden. Als die Familie davon erfahren habe, sei sie sehr traurig gewesen. Es sei für die ganze Familie ein Schock gewesen. Die beschwerdeführende Partei sei öfter von der Al Shabaab telefonisch kontaktiert und bedroht worden. Sie habe Angst gehabt und sich ein ganzes Jahr irgendwo versteckt gehalten. Einmal sei sie auf eine Hochzeit im Regierungsviertel gegangen. Die Al Shabaab habe ihr telefonisch mitgeteilt, dass sie genau wisse, wo sie sich befinde, und dass sie bei dieser Hochzeit sei. Als ihr Vater davon gehört habe, dass Al Shabaab gewusst habe, dass die beschwerdeführende Partei auf dieser Hochzeit gewesen sei, sei er schockiert gewesen. Er habe gewollt, dass sie das Land verlasse.

Mitglieder der Al Shabaab seien das erste Mal am 20.07.2011 in das Geschäft gekommen. Sie seien insgesamt zweimal dort hingekommen. Die beschwerdeführende Partei sei am 01.08.2011 zu ihrer Mutter nach XXXX gefahren. Am selben Tag sei ihr Bruder von Al Shabaab mitgenommen worden. Ihr Bruder sei immer noch angehalten gewesen, als die beschwerdeführende Partei Somalia verlassen habe. Sie habe erst nach ihrer Ausreise gehört, dass er freigelassen worden sei. Ihr Vater sei ebenfalls von Al Shabaab angehalten worden, und zwar am 01.11.2011. Die Hochzeit habe am 20.11.2011 stattgefunden. Das Geld für die Schleppung habe sie durch den Verkauf eines Grundstücks gehabt. Sie selbst sei nur telefonisch von der Al Shabaab bedroht worden. Nachgefragt, ob sie in ihrer Heimat Probleme mit den Behörden gehabt habe, meinte die beschwerdeführende Partei, dass sie am 01.10.2011 von Regierungssoldaten ausgeraubt worden sei. Das habe sich im Bezirk XXXX ereignet. Sonst habe sie keine Probleme mit den Heimatbehörden gehabt.

Auf den Vorhalt der belangten Behörde über die veränderte Sicherheitslage in XXXX und den Abzug der Al Shabaab im August 2011 meinte die beschwerdeführende Partei, dass jeden Tag jemand umgebracht werde, und die Al Shabaab nicht weg sei. Das Problem mit der Al Shabaab gebe es immer noch. Diese sei überall.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesasylamts wurde der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.) und die beschwerdeführende Partei gemäß § 10 Abs. 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Somalia ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

Nach einer Wiederholung des Verfahrensganges und der Einvernahmen stellte die belangte Behörde, soweit wesentlich, fest, dass die beschwerdeführende Partei zur Volksgruppe der Hawiye, Subclan Abgaal, gehöre. Sie leide an keinen physischen oder psychischen Beeinträchtigungen ihres Gesundheitszustandes, und es haben keine Beeinträchtigungen ihre Arbeitsfähigkeit festgestellt werden können. Fest stehe weiter, dass die beschwerdeführende Partei keine Probleme wegen ihrer Volksgruppenzugehörigkeit in Somalia gehabt habe. Der zur Begründung des gegenständlichen Asylantrags vorgebrachte Fluchtgrund habe nicht als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden können. Fest stehe, dass für die beschwerdeführende Partei eine inländische Fluchtalternative bestehe. Es könne nicht festgestellt werden, dass die beschwerdeführende Partei aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung in dem Herkunftsland einer staatlichen bzw. asylrelevanten Verfolgungsgefahr ausgesetzt gewesen wäre.

Es könne weiter nicht festgestellt werden, dass die beschwerdeführende Partei im Falle ihrer Rückkehr in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der realen Gefahr von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder der Gefahr der Vollstreckung der Todesstrafe ausgesetzt wäre. Es könne zudem nicht festgestellt werden, dass ihr im Herkunftsland die Lebensgrundlage gänzlich entzogen gewesen wäre, oder dass sie bei der Rückkehr in eine existenzbedrohende Notlage gedrängt würde. Es bestünden auch familiäre Anknüpfungspunkte in der Heimat. Die beschwerdeführende Partei verfüge über Schulbildung und sei berufstätig gewesen. In Österreich verfüge sie über keine Verwandten oder Familienangehörige. Weiter traf die belangte Behörde damals aktuelle Feststellungen zur Situation in Somalia.

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde, soweit wesentlich, aus, dass der beschwerdeführenden Partei geglaubt werde, dass sie Anfang Juni/Anfang August 2011 von Al Shabaab dazu aufgefordert worden sei, Schutzgeld zu bezahlen bzw. sich als Kämpfer anzuschließen. Es könne aber nicht erkannt werden, dass sie in ihrer Heimat staatliche Verfolgungsmaßnahmen zu befürchten habe, weshalb ihr keine wohlbegründete Furcht vor maßgeblich wahrscheinlicher Verfolgung aus einem der Gründe der GFK "zusinnbar" sei. Den Behauptungen, dass der beschwerdeführenden Partei in Somalia keine inländische Fluchtalternative offen stehe, werde keine Glaubwürdigkeit zugesprochen, da diese mangels Konkretisierung den Feststellungen des Bundesasylamtes zum Bestand einer inländischen Fluchtalternative widersprechen würden.

Im Zusammenhang mit einer Rückkehr stehe fest, dass die beschwerdeführende Partei jung, gesund und arbeitsfähig sei. Sie sei in einem erwerbsfähigen Alter und habe als selbständiger Händler gearbeitet. Sie habe durch ihre Arbeit für ihren eigenen Lebensunterhalt sorgen und zum Familieneinkommen beitragen können. Es könne somit nicht festgestellt werden, dass der beschwerdeführenden Partei im Herkunftsland die Lebensgrundlage gänzlich entzogen gewesen wäre, oder dass sie bei der Rückkehr nach Somalia, XXXX, in eine die Existenz bedrohende Notlage gedrängt würde. Hervorzuheben sei schließlich, dass sich die Situation in ihrer Heimat, vor allem in XXXX und Umgebung, geändert habe. Es seien schließlich keine Umstände amtsbekannt, dass in Somalia, insbesondere in XXXX, eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehre, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre.

In der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde aus, dass das Asylrecht nur Personen schützen würde, gegen die mit staatlichen Maßnahmen von erheblicher Intensität in Verfolgungsabsicht vorgegangen werde. Derartiges habe die beschwerdeführende führende Partei jedoch nicht vorgebracht. Sie habe im gesamten Verlauf des Verfahrens eine konkrete Verfolgung oder drohende Verfolgung aus Gründen, wie in der Genfer Flüchtlingskonvention taxativ aufgezählt, ebenso wenig glaubhaft machen können, wie wohlbegründete Furcht im Sinne der Grundaussage dieser internationalen Norm. Hinsichtlich der Zuerkennung von subsidiärem Schutz sei zusammenfassend festzustellen, dass bei der beschwerdeführenden Partei keine individuellen Umstände vorliegen, die dafür sprechen würden, dass sie bei einer Rückkehr in die Heimat in eine derart extreme Notlage gelangen würde, die eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK darstellen würde. Es ergeben sich auch keine sonstigen Hinweise auf eine Verletzung bzw. Gefährdung im Sinne dieses Bundesgesetzes. Im Verfahren sei kein konkreter Anhaltspunkt dahingehend herausgekommen, warum die beschwerdeführende Partei nicht durch die Begründung eines Wohnsitzes in einem aktuell nicht durch die Al Shabaab kontrollierten Teil Somalias der behaupteten Verfolgung durch die Al Shabaab entkommen könnte. Das Vorliegen einer subjektiven Furcht - Angst vor der Al Shabaab - reiche unter Berücksichtigung der derzeitigen Lage in Somalia und der konkreten Lebensumstände der beschwerdeführenden Partei nicht aus, um eine innerstaatliche Fluchtalternative von vornherein gänzlich auszuschließen. Es seien auch keine Anhaltspunkte hervorgekommen, wonach es der beschwerdeführenden Partei unter den gegebenen Umständen nicht zumutbar wäre, ihren Wohnsitz in einem anderen Teil Somalias zu begründen, zudem sie jung, gesund und arbeitsfähig sei. Jedenfalls könne sie sich in XXXX niederlassen, wo sie wegen ihrer Volkszugehörigkeit keinerlei Nachteile zu befürchten habe.

5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der zusammengefasst vorgebracht wird, dass die Beweiswürdigung des Bescheides mit Mängeln behaftet sei, so insbesondere in Bezug auf die Gründe der beschwerdeführenden Partei für das Verlassen des Herkunftslandes sowie die Situation im Falle einer Rückkehr. Die Behörde gehe in ihrer Beweiswürdigung nur auf die Frage ein, ob der beschwerdeführenden Partei von staatlicher Seite eine Verfolgung drohe. Sie missachte dabei jedoch, dass die Furcht vor Verfolgung auch wohlbegründet sein könne, wenn die Verfolgung von Privatpersonen ausgehe, und der Staat nicht in der Lage oder willens sei, sie vor dieser Verfolgung zu schützen. Die Fluchtgründe der beschwerdeführenden Partei seien als glaubwürdig erachtet worden. Dass gegen eine solche Bedrohung von staatlicher Seite keine Schutzmechanismen bestehen würden, ergebe sich aus den Länderfeststellungen. Dass die Al Shabaab weiterhin in XXXX operiere und dort aufhältig sei, würden die Länderfeststellungen ebenso zeigen. Es zähle weiter zu den notorischen Tatsachen, dass es noch immer täglich zu Anschlägen durch die Al Shabaab komme. Die beschwerdeführende Partei habe XXXX aufgrund der drohenden und aktuellen Verfolgung verlassen müssen. Eine innerstaatliche Fluchtalternative könne also nicht festgestellt werden.

Im Weiteren sei aber auch die Situation der beschwerdeführenden Partei im Falle einer Rückkehr falsch beurteilt worden. Es sei nicht entsprechend auf die tatsächliche Situation der beschwerdeführenden Partei eingegangen worden. Die Behörde gehe davon aus, dass diese aufgrund der genossenen Schulbildung und ihrer Tätigkeit als Händler ihren Lebensunterhalt bestreiten können würde. Die beschwerdeführende Partei habe jedoch nur für zwei Jahre die Grundschule besucht; als Ausbildung könne dies wohl nicht angesehen werden. Das Geschäft, das sie betrieben habe, existiere nicht mehr, und könne sie es aufgrund der zu befürchteten Bedrohung auch nicht wieder öffnen. Ob sich die Familie der beschwerdeführenden Partei noch in XXXX befinde, sei ebenfalls nicht gesichert. Die beschwerdeführende Partei habe nur einmal mit ihr Kontakt gehabt, seitdem sie sich in Österreich befinde. Seitdem könne sie die Familie nicht mehr erreichen. Aufgrund der allgemeinen instabilen Sicherheitslage in Somalia, der immer noch anhaltenden Anschläge, auch in XXXX, könne nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Familie noch dort befinde. Die Beschwerde verwies weiter auf eine Verschlechterung der Versorgungslage in Somalia. Aufgrund der getätigten Ausführungen sowie der in den Länderfeststellungen befindlichen Informationen sei also eindeutig ersichtlich, dass die beschwerdeführende Partei im Falle einer Rückkehr in eine ausweglose Lage geraten und in ihren nach Art. 2, Art. 3 EMRK garantierten Rechten verletzt werden würde.

6. Mit Schreiben vom 18.12.2014 wurden die beschwerdeführende Partei und das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu einer mündlichen Verhandlung vor dem nunmehr zuständigen Bundesverwaltungsgericht am 27.01.2015 unter gleichzeitiger Übermittlung mehrerer aktueller Länderberichte zu Somalia geladen.

7. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl teilte dem Bundesverwaltungsgericht am 12.01.2015 mit, dass die Teilnahme eines informierten Vertreters zu dieser Verhandlung aus dienstlichen und personellen Gründen nicht möglich sei. Es werde die Abweisung der Beschwerde und die Übersendung des Verhandlungsprotokolls beantragt.

8. Mit Schreiben vom 23.01.2015 wurde eine Bevollmächtigung eines gewillkürten Vertreters bekannt gegeben und eine Beschwerdeergänzung eingebracht. Darin wurde ausgeführt, dass die Verfolgungsgefährdung der beschwerdeführenden Partei aufgrund der allgemeinen Lage in Somalia weiterhin aktuell sei. Weiter gehöre diese dem Minderheitenclan der Danye, einem Unterclan der Abgaal, an. Daher könne die beschwerdeführende Partei im Falle einer Rückkehr auch nicht auf ein Clannetzwerk zurückgreifen. Auch wurden eine Reihe Länderinformationen angeführt, aus denen zusammenfassend hervor gehen würde, dass sich die Sicherheitssituation in XXXX im Jahr 2013 verschlechtert habe und als prekär einzustufen sei. Eine besondere Sicherheitsgefährdung bestehe für Personen, die in der Stadt über keinen Familienanschluss verfügen würden und deren Clan nicht dominant sei. Es sei der Einzelfall zu prüfen. Es werde schließlich auf das Vorbringen im Fristsetzungsantrag vom 19.12.2014 verwiesen, nach welchem Danye unterdrückt und diskriminiert würden. Der Kontakt zu den Familienangehörigen der beschwerdeführenden Partei sei abgerissen.

9. Am 27.01.2015 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die somalische Sprache und in Anwesenheit der beschwerdeführenden Partei eine mündliche Verhandlung durch. Die beschwerdeführende Partei gab dabei auszugsweise an wie folgt [evtl. Rechtsschreib- oder Tippfehler vom Bundesverwaltungsgericht korrigiert]:

"[...]

R: Wo haben Sie in Somalia bis zu Ihrer Ausreise gelebt?

P: In der letzten Zeit vor meiner Ausreise habe ich in einem Dorf in der Umgebung von XXXX namens XXXX bzw. "XXXX" gelebt. Ich bin in XXXX geboren und aufgewachsen, und seit 2009 lebte ich in XXXX. Vor meiner Ausreise war ich in XXXX für einen Zwischenstopp.

R: Liegt XXXX in der Nähe eines bekannten Dorfes?

P: In der Nähe von XXXX. XXXX liegt näher zu XXXX als XXXX.

R: Wo genau haben Sie in XXXX gelebt?

P: In XXXX.

R: Leben noch Familienmitglieder von Ihnen in Somalia? Wer?

P: Ja, meinen Vater, meine Mutter und meine Geschwister.

R: Wie viele Geschwister?

P (antwortet zögerlich): 3.

R: Glauben Sie das oder wissen Sie das?

P: Ich weiß es.

R: Haben Sie auch Geschwister außerhalb von Somalia?

P: Ja, es sind Halbgeschwister von anderen Müttern.

R: Wie viele sind es und wo leben diese?

P: Es sind 3, sie leben in Norwegen und Schweden.

R: Ihre Familienangehörigen in Somalia leben alle in XXXX?

P: Jetzt weiß ich es nicht, aber meine letzte Information war, dass sie in XXXX leben.

R: In XXXX oder XXXX?

P: In XXXX.

R: Haben Sie Kontakt zu Ihrer Familie?

P: Nein.

R: Seit wann haben Sie keinen Kontakt mehr?

P: Nachdem ich nach Österreich gekommen bin, habe ich einmal nur mit ihnen Kontakt gehabt, seither nicht mehr.

R: Warum nicht?

P: Ich habe sie später noch einmal angerufen, aber die Telefonnummer hat nicht mehr "funktioniert". Es ist eine Handynummer.

R: Wann war ungefähr das letzte Mal, als Sie mit Ihrer Familie gesprochen haben?

P: Es war 2012.

R: Haben Sie Verwandte in Somaliland oder Puntland?

P: Nein.

R: Sie haben eine Ex-Frau und Kinder und eine Frau; haben Sie Kontakt mit diesen?

P: Nein. Auch mit diesen habe ich seit ca. 2012 keinen Kontakt mehr.

R: Wo haben diese damals gelebt?

P: In XXXX.

R: Was haben Sie bis zu Ihrer Ausreise gemacht? Schule? Arbeit?

P: Ich habe ca. 2 Jahre die Schule besucht. Dann habe ich später gearbeitet. Ich habe im Geschäft als Verkäufer gearbeitet.

R: In welchem Geschäft war das?

P: Für Lebensmittel.

R: Wem hat das Geschäft gehört?

P: Früher hat es meinem Vater gehört, später habe ich das Geschäft übernommen, das war ca. 2007.

R: Das Geschäft war aber in XXXX?

P: Zuerst war es in XXXX, später habe ich es in XXXX betrieben.

R: Welchem Clan gehören Sie an?

P: Wir sind Abgaal, aber wir werden nicht als Abgaal anerkannt in Somalia. Wir sind Danye.

R: Was sind die Danye, ist das ein Sub-Clan der Abgaal?

P: Ja. Wir sagen, dass wir Abgaal sind, aber sie erkennen uns nicht an; sie sagen, wir sind keine Abgaal.

R: Erklären Sie das bitte näher. Sind Sie nun Abgaal oder nicht?

P: Wir sind eigentlich keine Abgaal, aber das sagen wir nur so. Der Stamm Abgaal akzeptiert uns auch nicht.

[...]

R: Hatten Sie Probleme wegen Ihrer Clanzugehörigkeit?

P: Ja, ich hatte Probleme. Wir haben gesagt, dass wir dieser Gruppe angehören. Aber man hat das nicht anerkannt.

R: Wie hat sich das auf Sie ausgewirkt? Haben Sie konkret individuelle Probleme gehabt?

P: Ja, hatte ich. Z.b:. ich war jung und habe mit den anderen Burschen gespielt. Ich durfte manchmal nicht Fußball mitspielen. Wenn ich das nicht akzeptieren wollte, hat man mich deshalb geschlagen. Man hat mir immer Probleme gemacht, wenn ich mit den anderen Burschen spielen wollte.

[...]

R: Erzählen Sie mir bitte ausführlich und mit Ihren eigenen Worten, warum Sie aus Somalia weggegangen sind.

P: Man verlässt seine Heimat, wenn man Probleme hat. Ich hatte Probleme. Ich habe in XXXX ein Geschäft gehabt. Die Gruppe der Al Shabaab hatte damals die Macht in XXXX. Dort haben so viele junge Männer gelebt, jeder hat auf irgendeine Art und Weise Probleme bekommen. Manche hat man gezwungen, am Kampf teilzunehmen. Diejenigen, die Geschäfte hatten, mussten ihnen etwas bezahlen. Eines Tages, als ich im Geschäft war, ist ein Mann zu mir gekommen, der Al Shabaab-Mitglied war. Dieser hat mir gesagt, ich bin ein junger Mann, ich sollte am Kampf teilnehmen. Ich habe gesagt, ich möchte nicht kämpfen, ich möchte nicht an so etwas teilnehmen. Dann hat dieser gesagt, wenn das so ist, ich hätte ein Geschäft, ich müsste Geld bezahlen. Er sagte, es gibt 2 Möglichkeiten, entweder müsste ich kämpfen oder Geld bezahlen. Er sagte, ich muss mich für eine Möglichkeit entscheiden. Er würde jetzt gehen, aber er kommt zurück und möchte dann eine Antwort haben. Er ging. Nach ca. einer Woche kam er wieder. Dann fragte er nach meiner Antwort. Ich sagte ihm, ich hätte kein Geld, ich möchte auch nicht kämpfen und ich betreibe dieses Geschäft. Ich liebe mich selbst und möchte nicht kämpfen. Dieser fragte dann, ob das meine Entscheidung sei, ich sagte "Ja". Er sagte dann, wenn ich den Befehlen der Gruppe, die die Macht hier hat, nicht folge, dann würde ich Probleme bekommen. Es kann sein, dass sie mich umbringen oder mein Geschäft enteignen. Ich habe ihm gesagt, ich bin ein armer Mensch und nicht bereit, jemandem zu töten und will auch nicht, dass mich jemand tötet. Dann hat er mir gesagt, er würde mir nochmals eine Chance geben. Er würde gehen, aber beim nächsten Mal wäre ich selbst verantwortlich, was mit mir passiert. Er ging.

Eines Tages ist meine Mutter zu einem traditionellen Frauenfest gegangen. Ich habe meine Mutter angerufen und ihr meine Probleme erzählt. Sie hat mir gesagt, dass ich zu ihr kommen sollte. Sie war in XXXX in XXXX. Ich bin hingegangen, ein Bruder von mir hat auf das Geschäft aufgepasst. Mein Bruder hat mich dann angerufen, als ich in XXXX angekommen war. Er hat mir gesagt, dass die Al Shabaab-Leute da seien, sie suchten nach mir. Sie fragten ihn, wo ich sei. Mein Bruder sagte, ich wäre nicht da. Mein Bruder hat mich gefragt, was er nun tun solle. Sie waren da, sie haben gespürt, dass mein Bruder mit mir spricht. Sie haben ihm das Handy weggenommen. Sie haben mir gesagt, sie wüssten, dass ich geflüchtet sei und sie könnten mich überall erreichen und mir überall etwas antun. Sie haben gesagt, ich wäre nicht da, aber mein Bruder wäre da. Ihm könnte etwas passieren. Dann fragten sie, ob ich nicht wisse, dass sie mein Geschäft enteignen können. Sie haben gesagt, ich habe ihre Befehle nicht befolgt. Ihr Gericht hätte entschieden, dass man mich tötet. Sie haben meinen Bruder mitgenommen. Sie haben das Geschäft ausgeraubt und alles mitgenommen, die Waren, das Geld, alles. Sie haben gesagt, sie würden mich finden und egal wo sie mich finden, würden sie mich töten. Sie sagten, dass ich gegen den Islam sei. Bei dem Umstand wurde mir schlecht. Ich wusste nicht, was ich tun sollte.

Ich bin deshalb in XXXX geblieben und ging nicht mehr zurück. Dann habe ich jedes Mal irgendwo anders geschlafen. Ich konnte nicht weg, ich konnte meine Ausreise nicht finanzieren. Ich habe immer telefonische Drohungen bekommen. Sie haben mich immer angerufen und bedroht. Sie sagten, dass sie mich töten würden. Man möchte ja leben. Eines Tages, als ich in XXXX war, hat mich ein Mann aus unserem Dorf XXXX angerufen. Er sagte mir, dass viele Leute aus unserem Bezirk rekrutiert wurden, diese sind in den Kampfhandlungen gestorben. Er sagte mir, wenn ich damals XXXX nicht verlassen hätte, wäre mir das Gleiche passiert. Vielleicht noch Schlimmeres, denn ich habe ihre Befehle nicht befolgt. Ich habe mich weiterhin immer irgendwo versteckt gehalten. Eines Tages hat mich ein Mann angerufen, ein Freund. Er hat seine Hochzeit gefeiert und hat mich dazu eingeladen. An diesem Tag habe ich mich entschieden, das Land zu verlassen. Ich habe mit diesem seine Hochzeit gefeiert. In diesem Bezirk befanden sich die Soldaten der Regierung. Nach der Hochzeit bin ich nach XXXX zurückgegangen. Meine Familie, ich meine, mein Vater und meine Schwester, sind vor der Hochzeit nach XXXX gezogen. Mein Handy habe ich bei meinem Vater gelassen. Ich ging zu meinem Vater, und man hat mich angerufen, als ich bei ihm war. Mein Vater hat am Handy geantwortet. Sie dachten, dass ich dran bin und sagten, sie wüssten, dass ich heute dort war, sie wollten mich umbringen, konnten aber nicht, weil dort so viele Regierungssoldaten waren. Das nächste Mal würden sie mich aber umbringen. Deshalb habe ich mich entschieden, das Land zu verlassen. Als mein Vater das gehört hat, hat er sich erschreckt und wollte auch, dass ich das Land verlasse. Die Drohungen wurden immer mehr, und mein Vater hat gesehen, dass mein Leben, überall wo ich bin, in Gefahr ist. Deshalb habe ich dann das Land verlassen.

R: Wann ungefähr ist die Al Shabaab zum 1. Mal in Ihr Geschäft gekommen?

P: Ca. am 20.07.2011.

R: Wann sind Sie nach XXXX gefahren?

P: Am 01.08.2011.

R: Wann war die Hochzeit?

P: Am 20.11.2011.

R: Was ist mit Ihrem Bruder passiert, erzählen Sie mir davon.

P: Sie haben ihn mitgenommen, sie haben das Geschäft enteignet. Sie haben ihn dorthin gebracht, wo sie sind. Sie haben ihm eine Hand und einen Fuß abgeschnitten. Aus Rache haben sie das gemacht, meinetwegen. Mit mir wollten sie noch Schlimmeres machen. Mich erwartet noch Schlimmeres.

R: Wann ist Ihr Bruder zurückgekommen?

P: Nach einigen Tagen haben sie ihn freigelassen.

R: Und er lebt jetzt in Somalia?

P: Ja.

R: Zumindest 2012 war das noch so?

P: Ja.

R: Das, was Sie heute erzählt haben, ist sehr detailreich und auch sehr nahe an dem, was Sie vor der 1. Instanz gesagt haben. Sie haben allerdings einmal gesagt, Ihr Bruder wäre nach einigen Tagen schon zurückgekommen und ein anderes Mal gaben Sie an, Ihr Bruder wäre erst nach Ihrer Ausreise zurückgekommen. Können Sie das aufklären?

P: Wenn man einvernommen wird, bekommt man nicht viel Zeit, detailliert zu erzählen. Sie haben meinen Bruder mitgenommen und nach einigen Tagen haben sie ihn irgendwo zurückgelassen.

R: Deshalb ist es so wichtig, bei der Rückübersetzung aufzupassen. Bitte machen Sie das heute.

Ihre Mutter war ja in XXXX, bei einem Frauenfest. Kann man daraus schließen, dass es Familie oder Verwandtschaft in weiterem Sinne von Ihnen in XXXX gibt oder gab?

P: Ihre Familie war in XXXX, ihr Bruder und ihre Schwestern.

R: Sind das Clan-Kontakte?

P: Ja.

R: D.h. Ihre Eltern gehören welchem Clan an? Beide auch den Danye?

P: Ja, alle sind Danye.

R: Ich bitte Sie mir zu erklären, warum Al Shabaab-Mitglieder, denen Sie entwischt sind, so lange und so intensiv nach Ihnen suchen? Al Shabaab zeigte einen großen Aufwand bei der Suche nach Ihnen, über mehrere Monate hinweg.

P: Ich habe dort gelebt. Sie haben die Verwaltung dort. Sie meinten, dass sie nach den islamischen Rechten und Vorschriften regieren. Sie können nicht akzeptieren, dass ich ihren Befehlen nicht gefolgt bin.

R: Das war der Grund?

P: Ich habe ihre Befehle nicht befolgt. Ich habe nicht gemacht, was sie von mir verlangt haben. Ich gelte für sie als Gegner. Ich bin ihr Feind.

R: Nach den Länderinformationen hat sich die Situation betreffend Al Shabaab in XXXX geändert; warum glauben Sie, dass Sie immer noch von Al Shabaab verfolgt würden?

P: Diese Gruppe existiert noch. Die jungen Männer, die zurückgekehrt sind, hat man getötet und man weiß nicht, wer sie getötet hat. Die Regierungstruppen und die AMISOM sind da, aber man hat immer wieder Leute getötet.

R: Wen genau hat man getötet?

P: Genaue Namen kenne ich nicht, aber man tötet immer Leute. Bewaffnete Leute, die ihre Gesichter verdecken, töten die Menschen. Die Probleme existieren noch immer.

R: Wenn ich Sie bitte mir zusammenzufassen, wovor Sie sich heute konkret fürchten würden; wenn Sie jetzt nach XXXX zurückgehen würden, was wäre Ihre größte Sorge?

P: Ich habe Angst, dass die Al Shabaab mich töten würde. Sie haben ihre Leute, die für sie spionieren.

R: Haben Sie sonst noch wegen etwas anderem Sorge?

P: Es gibt immer Probleme, mir kann alles passieren. Es gibt Explosionen und Anschläge.

R: Ich wollte darauf hinaus, ob Sie wegen Ihrer Clan-Zugehörigkeit Befürchtungen bei einer Rückkehr hätten.

P: Wir werden immer diskriminiert, uns werden immer Probleme gemacht.

R: Aber eine konkrete Furcht haben Sie deswegen nicht?

P: Es kann sein, dass die anderen Stämme uns Probleme machen. Als ich im Land war, hat man mir Probleme gemacht. Ich bin jetzt hier, wenn ich zurückkehre, kann mir wieder das gleiche passieren. [...]"

10. Da aus der Beschwerdeergänzung vom 23.01.2015 indirekt und in der Verhandlung direkt hervor kam, dass dem gewillkürten Vertreter der beschwerdeführenden Partei die vom Bundesverwaltungsgericht mit der Ladung mitgeschickten Länderinformationen zur relevanten Lage in Somalia nicht zugekommen waren, wurden ihm diese zur Wahrung des Parteiengehörs mit Schreiben vom 27.01.2015 mit einer Stellungnahmefrist von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens zugeschickt.

Am 20.02.2015 langte eine schriftliche Stellungnahme des Vertreters der beschwerdeführenden Partei ein, nach der es zu Überschneidungen bei den Länderinformationen, auf die sich die erste Stellungnahme des Vertreters bezogen hatte, und den nunmehr zugesandten käme. Es liege aber im Wesen derartiger Berichte, dass die Schlussfolgerungen, die aus den Berichten gezogen würden, unterschiedlich ausfallen können. Es werde auf die Stellungnahme vom 23.01.2015 verwiesen und ergänzend insbesondere betont, dass Mitglieder der Al Shabaab auch Taxifahrer oder Geschäftsleute sein können. Mitglieder der Al Shabaab seien daher nicht von der Zivilbevölkerung unterscheidbar.

Die Quelle UK Upper Tribunal würde die Sicherheitslage in XXXX besonders positiv bewerten, während der EASO Bericht als Überbericht eine gewisse Ausgewogenheit erkennen ließe. Im Ergebnis sei die Sicherheitslage in XXXX nach wie vor prekär, und die Lage von IDPs besonders schwierig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Aufgrund des Antrags auf internationalen Schutz vom 02.08.2012, der Einvernahmen der beschwerdeführenden Partei durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und durch das Bundesasylamt, der Beschwerde vom 13.02.2013 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX, der Beschwerdeergänzung vom 23.01.2015 und der relevanten Teile des Fristsetzungsantrags vom 19.12.2014, der Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt, der Einsichtnahmen in das zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister sowie auf Grundlage der vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgeführten mündlichen Verhandlung am 27.01.2015 werden die folgenden Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt.

1.1. Zur beschwerdeführenden Partei:

1.1.1. Die beschwerdeführende Partei ist ein männlicher Staatsangehöriger Somalias. Sie stellte am 02.08.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Die beschwerdeführende Partei gehört dem Clan der Danye an. Nicht festgestellt werden kann, ob die Danye ein Subclan der Abgaal sind oder sie sich diesen nur als Schutzclan angeschlossen haben.

1.1.2. Als die beschwerdeführende Partei ausreiste, lebten ihre Eltern und drei Geschwister in XXXX in XXXX. Die beschwerdeführende Partei hatte im Jahr 2012 zuletzt mit ihren Familienmitgliedern Kontakt. Das gleiche gilt für ihre ehemalige und aktuelle Ehefrau, die ebenfalls in Somalia lebten, als die beschwerdeführende Partei ausreiste.

1.1.3. Die beschwerdeführende Partei ist strafrechtlich unbescholten.

1.2. Nicht festgestellt werden kann, dass der beschwerdeführenden Partei in Somalia mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine an ihre Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihre politische Überzeugung anknüpfende aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität droht.

1.3. Festgestellt wird, dass die beschwerdeführende Partei im Falle einer Rückkehr nach Somalia aufgrund der anhaltenden instabilen und prekären Sicherheits- und Menschenrechtslage, aufgrund der mangelnden Vernetzung durch Kernfamilie vor Ort und der nicht restlos klärbaren Clanzugehörigkeit der beschwerdeführenden Partei und aufgrund der schwierigen allgemeinen Versorgungslage in Gefahr laufen würde, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein.

2. Länderfeststellungen zur Situation in Somalia

Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus den vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderberichten wiedergegeben.

2.1. Allgemeine Sicherheitslage in Mogadischu

2.1.1. Bundesasylamt, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Somalia (November 2014)

"Es gibt keine flächendeckende, effektive Staatsgewalt; auch die neue Regierung hat bislang über große Teile des Landes keine Kontrolle. Umfangreiche Gebiete werden von unterschiedlichen bewaffneten Gruppen beherrscht. Potentiell asylrechtlich relevante Tatsachen sind daher staatlichen Strukturen regelmäßig nicht eindeutig zuzuordnen, sondern resultieren häufig gerade aus deren Abwesenheit. Dabei muss nach den einzelnen Landesteilen differenziert werden (E 6.2013)." (Seite 9)

"Mogadischu

In Mogadischu gibt es mehrere Stützpunkte von AMISOM (Uganda, Burundi). Außerdem gibt es 2.000-3.000 somalische Polizisten, ca.

1.200 Mann Spezialeinheiten (Polizei und Alpha Group) und ca. 400 AMISOM-Polizisten (EASO 8.2014).

Die Sicherheitslage in Mogadischu hat sich seit Mitte 2012 wesentlich verbessert (BS 2014). Auch wenn die Stadt von Attentaten und manchmal von asymmetrischen Angriffen geplagt wird, ist Mogadischu sicherer geworden (UKHO 9.4.2014). Auch gegenüber dem Jahr 2013 ist die Lage nun besser (B 14.10.2014). Dies spiegelt sich im Straßenleben, in der Rückkehr zehntausender Menschen oder im Anstieg von Investitionen wider. Die Stadtbewohner - auch Frauen - können sich fast überall frei bewegen, es gibt keine Belästigungen an Checkpoints. Verantwortlich für die Verbesserung ist einerseits AMISOM, andererseits sind es auch die wachsenden Fähigkeiten der somalischen Sicherheitskräfte. Außerdem haben Clanmilizen keine Macht mehr - auch wenn es zu sporadischen Zwischenfällen kommt (EASO 8.2014). Es haben bei weitem mehr Menschen beschlossen, nach Mogadischu zurückzukehren, als beschlossen haben, die Stadt zu verlassen (UKUT 3.10.2014).

Allerdings gab es nach April 2013 Rückschläge bei der Sicherheitslage in Mogadischu. In manchen Bezirken der Stadt (Hodan, Wardhiigleey, Heliwaa, Yaqshiid) hat sich die Sicherheitslage - vor allem bei Nacht - verschlechtert. Es gab einen Anstieg bei Angriffen auf Sicherheitskräfte, bei gezielten Attentaten und sogar beim Mörserbeschuss (EASO 8.2014). Auch wenn al Shabaab keine Teile der Stadt mehr kontrolliert, so betreibt die Gruppe Guerillaaktivitäten, Sprengstoff-, Handgranaten- und Selbstmordanschläge (AI 23.10.2014). Die Gewalt richtet sich meist auf ausgewählte Ziele (EASO 8.2014). Die Zahl gezielter Attentate auf traditionelle Älteste, Zivilbeamte und Journalisten hat zugenommen (HRW 21.1.2014). Al Shabaab verübte außerdem prominente Angriffe auf den Präsidentenpalast (Februar 2014) und das somalische Parlament (Mai 2014) (EASO 8.2014).

Al Shabaab wählt Ziele in Mogadischu sorgfältig aus. Weder Zivilisten noch Rückkehrer aus der Diaspora werden spezifisch zum Ziel erkoren. Zivilisten tragen das Risiko, bei Anschlägen der al Shabaab auf ausgewählte Ziele als "Kollateralschaden" getötet zu werden (UKUT 3.10.2014; vgl. UKHO 9.4.2014) und sind nicht einer willkürlichen Tötungsstrategie der al Shabaab anzulasten (EASO 8.2014; vgl. UKUT 3.10.2014). Der EGMR hat festgestellt (KAB vs Schweden), dass trotz täglicher Verluste unter Zivilisten kein generelles Risiko gegeben ist. Auch das britische Tribunal stellt fest, dass für einen Zivilisten in Mogadischu nur aufgrund seiner Anwesenheit in der Stadt kein generelles Risiko erheblichen Schadens aufgrund willkürlicher Gewalt besteht (UKUT 3.10.2014; vgl. UKHO 9.4.2014).

Es gibt de facto keine Gebiete in Mogadischu, die als absolut sicher eingestuft werden können. Selbst die schwer bewachten Teile der Stadt waren von Anschlägen der al Shabaab betroffen. In den Bezirken Dayniile, Heliwaa und Yaqshiid agiert al Shabaab offen, es kommt zu sogenannten hit-and-run-Angriffen auf AMISOM und somalische Sicherheitskräfte. Bewohner dieser Bezirke, die tagsüber mit der Regierung zu tun haben, können in der Nacht Opfer von Racheaktionen der al Shabaab werden. Auch auf den Bakara-Markt ist al Shabaab zurückgekehrt (EASO 8.2014). Wenn ein Stadtbewohner Mogadischus besonders gefährdete Orte meidet - seien es die Gebiete, wo Sicherheitskräfte oder internationale Organisationen angesiedelt sind; seien es bekanntermaßen von Sicherheitskräften, Regierungsbeamten oder NGO-Mitarbeitern frequentierte Lokale; oder sei es etwa der Bakara-Markt - dann kann er sein persönliches Risiko reduzieren (UKUT 3.10.2014)." (Seite 14f)

2.1.2. Danish Immigration Service und Landinfo, Update on security and protection issues in Mogadishu and South-Central Somalia (März 2014)

Der Bericht wurde auf Basis einer fact finding mission im November 2013 erstellt, in deren Rahmen verschiedene Einzelpersonen und Vertreter nationaler und internationaler Nichtregierungsorganisationen sowie internationaler Organisationen befragt wurden. Er enthält zusammengefasst folgende Aussagen zur allgemeinen Sicherheitslage in Mogadischu.

Die Randgebiete Mogadischus seien weiterhin anfällig für verschiedene Arten von Guerilla- bzw. terroristischen Angriffen (Seite 9; Quelle: UNDSS).

Die Sicherheitslage sei differenziert zu betrachten. Es gebe einerseits ein allgemeines Sicherheitsproblem, das alle Somalier betreffe. Dieses sei darin begründet, dass die Regierung nicht die volle Kontrolle habe und es darüber hinaus interne politische Probleme gebe. Die Sicherheitssituation habe sich seit April 2013 in bestimmten Gebieten jedoch verbessert. Andererseits gebe es Sicherheitsrisiken, die speziell vor allem Mitarbeiter und Partner der Regierung oder internationaler Organisationen beträfen. Wenngleich die Al-Shabaab nirgends in Mogadischu die Kontrolle über bestimmte Gebiete habe, könne sie dennoch in der ganzen Stadt agieren. Daher gebe es in Mogadischu keine sicheren Bereiche (Seite 9, Quelle: internationale NGO "C").

Die Sicherheitssituation in Mogadischu habe sich in den letzten zwei Jahren verbessert, sei jedoch immer noch problematisch. Die letzten vier Monate (bis November 2013) seien relativ ruhig gewesen, in letzter Zeit habe es jedoch wieder mehr Vorfälle gegeben, bei den meisten davon habe es sich um gezielte Tötungen gehandelt, die vermutlich mit Clans zusammenhängen würden. Es gebe vermutlich eine Verbindung zwischen Kriminalität und Clans (Seite 9, Quelle: internationale NGO "A").

Laut einer anderen Aussage habe sich die Situation seit April 2013 verschlechtert. Die Regierung sei außerstande Gegenmaßnahmen zu ergreifen, und AMISOM habe nicht genügend Ressourcen. Die Sicherheitssituation habe sich in den letzten sechs Monaten zwar nicht verschlechtert, die jüngsten politischen Entwicklungen seien jedoch besorgniserregend.

In Mogadischu gebe es grundsätzlich keine speziell sicheren bzw. unsicheren Gegenden, die Al-Shabaab könne jederzeit überall zuschlagen. Sie greife gezielt jene Gebiete an, die sie für verwestlicht halte, etwa verschiedene Restaurants, Märkte oder den Badestrand (Seite 10, Quelle: Journalist).

2.1.3. UNHCR, International Protection Considerations with Regard to people fleeing Southern and Central Somalia (Jänner 2014)

Seit August 2011 stehe Mogadischu nominal unter Kontrolle der Regierung, unterstützt durch Truppen der Afrikanischen Union. Die Sicherheitssituation in der Stadt habe sich seitdem verbessert, offene Kampfhandlungen seien seltener geworden und das wirtschaftliche Treiben werde wieder aufgenommen. Die Al-Shabaab sei jedoch weiterhin in der Lage, tödliche Anschläge, auch in den bestgesicherten Teilen der Stadt, zu verüben, deren Opfer überwiegend Zivilisten seien. Solche Anschläge würden jede Woche verübt. Ziel dieser Anschläge seien häufig Regierungsinstitutionen und öffentliche Bereiche wie Restaurants, Märkte und Hotels. Im Jahr 2013 hätten sowohl Ausmaß als auch Intensität der Anschläge zugenommen. Abgesehen von Selbstmordanschlägen und ähnlichen Angriffen werde unter anderem auch von allgemeinen Einschüchterungen, Misshandlungen und Zwangsrekrutierungen von Zivilisten berichtet. Neben der Al-Shabaab gebe es noch weitere gewaltsame, bewaffnete Gruppierungen, die Berichten zufolge zum Teil denselben ideologischen Hintergrund wie die Al-Shabaab haben (Seite 4ff).

2.1.4. EASO, Country of Origin Information Report, South and Central Somalia, Country Overview, August 2014

Betreffend die Sicherheitssituation in Benadir und Mogadischu (AMISON Sektor 1 - Uganda) meint der aktuelle EASO Bericht, dass die Bevölkerung Vertrauen in die Sicherheitsbehörden vor Ort gefasst habe. Problematische Bezirke seien immer noch Hodan, Wardhiigleey, Heliwaa und Yasqshiid. Die Polizei würde außerdem Dayniile, Heliwaa und Yaqshiid nicht ausreichend sichern können und zöge sich in der Nacht von dort zurück. Quellen würden angeben, dass man sich grundsätzlich frei in der Stadt bewegen könne, dass die Bevölkerung aber als unsicher bekannte Gegenden meiden würde. Ein Zeitungsartikel habe im Mai 2014 angeführt, dass Mogadischu in vielerlei Hinsicht in den letzten zwei Dekaden nie sicherer gewesen sei.

Andere Quellen würden hingegen meinen, dass sich die Sicherheitslage seit April 2013 verschlechtere, und es keine Hinweise auf eine Besserung gebe. Es bestehe ein Trend von ansteigendem Gewaltrisiko in der Stadt. Anschläge richteten sich oft auf spezifische Ziele. Da sogar vorgeblich sichere Bereiche Ziele von Al Shabaab Angriffen seien, könne keine wirklich sichere Gegend in der Benadir Region angegeben werden. Al Shabaab agiere öffentlich in den Bezirken Dayniile, Heliwaa und Yaqshiid. Die Absenz von Al Shabaab im Bakara Markt sei vorüber; sie agiere mittlerweile wieder offen im Marktgebiet. (Seite 75ff)

2.2. Einfluss der Al-Shabaab und Zwangsrekrutierung

2.2.1. Bundesasylamt, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Somalia (November 2014)

"(Zwangs‑)Rekrutierungen und Kindersoldaten

Es gibt auch weiterhin Berichte über Kindersoldaten in den Reihen der somalischen Armee, alliierter Milizen und der al Shabaab. Die Armee hat mehr als tausend neue Rekruten einem Screening unterzogen, um den Einsatz von Kindern zu unterbinden. Eine genaue Alterseinschätzung gestaltet sich in Absenz von Dokumenten jedoch schwierig (USDOS 27.2.2014). Die Regierung und die alliierte Miliz Ahlu Sunna Wal Jama'a (ASWJ) arbeiten in diesem Bereich mit UNICEF zusammen (USDOS 27.2.2014; vgl. ÖB 10.2014). In den Monaten Juni und Juli 2014 wurden weitere 1.150 Soldaten und Polizisten bzw. Rekruten einem Alters-Screening unterzogen (UNSG 25.9.2014).

Zwangsrekrutierungen durch Sicherheitskräfte der staatlichen Stellen (Armee, Polizei) sind nicht bekannt (ÖB 10.2014).

Die meisten Kindersoldaten gibt es bei al Shabaab (EASO 8.2014). Kindersoldaten werden bei der Gruppe systematisch eingesetzt (ÖB 10.2014). Al Shabaab setzt Kinder in Kämpfen aber auch als Selbstmordattentäter ein. Außerdem kommen Kinder unterstützend - etwa als Träger, Sanitäter oder Spione - zum Einsatz (USDOS 27.2.2014).

Die Islamisten rekrutieren in Schulen, auf der Straße und in Wohnhäusern aber auch in IDP-Lagern. Rekrutiert werden sogar Kinder im Alter von erst acht Jahren (EASO 8.2014). Üblicherweise kommen Rekruten freiwillig zu al Shabaab. Kinder werden oft bereits in den Schulen indoktriniert. Außerdem stellen Clans Rekruten zur Verfügung. Es kommt aber auch - wenn auch seltener - zu direkten Zwangsrekrutierungen (MV 20.1.2014; vgl. EASO 8.2014). für das Jahr 2013 wird die Zahl an Zwangsrekrutierungen mit 2.200 angegeben; für das laufende Jahr mit 500 (ÖB 10.2014). Nach wie vor flüchten Jugendliche und Kinder aus Angst, von al Shabaab zwangsrekrutiert zu werden, aus von al Shabaab kontrollierten Gebieten in andere Teile Somalias (EASO 8.2014).

In Mogadischu gibt es kein Risiko hinsichtlich einer Zwangsrekrutierung durch al Shabaab (UKUT 3.10.2014; vgl. EASO 8.2014). Auch in anderen Garnisonsstädten der AMISOM ist eine Zwangsrekrutierung durch al Shabaab sehr unwahrscheinlich (D 18.6.2014).

Die Rekrutierungstaktik variiert nach Regionen und Clans (EASO 8.2014). Bei Clans, die als Unterstützer der al Shabaab gelten, kommt es kaum zu Zwang durch al Shabaab. Zwang trifft viel eher jene Clans, die als neutral oder oppositionell zur Gruppe stehend gelten. Bei mit al Shabaab sympathisierenden Clans stellen meist die Clans selbst Rekruten zur Verfügung (D 18.6.2014).

Der Sold für Kämpfer beträgt ca. 50-100 US-Dollar pro Monat. Für einzelne Aufgaben (etwa das Werfen von Granaten) werden Preisgelder ausgelobt (ca. 10 US-Dollar) (EASO 8.2014)." (Seite 25f)

"Desertion

Bei al Shabaab kommt es vermehrt zu Desertionen. In Mogadischu werden Deserteure der al Shabaab im Serendi Youth Rehabilitation Centre (SYRC) der Rehabilitation zugeführt (EASO 8.2014). In Baidoa gibt es ein von UNSOM und IOM unterstütztes Rehabilitationszentrum (UNSG 25.9.2014; vgl. ÖB 10.2014). UNICEF betreibt zwei Rehabilitationszentren für minderjährige ehemalige Kämpfer der al Shabaab (ÖB 10.2014). Deserteure mit geringem Rückfallrisiko können nach der Rehabilitation und Ausbildungsmaßnahmen in ihre Gemeinden zurückkehren - die Zustimmung beider Seiten vorausgesetzt (EASO 8.2014).

Wiewohl die Deserteure wohl nicht systematisch verfolgt werden, sind Einschüchterungsversuche häufig (ÖB 10.2014). Kein aus dem SYRC entlassener Deserteur wurde nach seiner Entlassung getötet. Insgesamt kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass auch desertierte Fußsoldaten von al Shabaab aufgespürt und eliminiert werden. Im Jahr 2013 wurde ein steigendes Risiko für Deserteure verzeichnet. Betroffen sind jedenfalls jene Deserteure, die sich später den somalischen Sicherheitskräften angeschlossen haben. Diese werden fallweise Opfer gezielter Attentate (EASO 8.2014). Höherrangige Deserteure sind jedenfalls einem hohen Risiko ausgesetzt (C 18.6.2014).

Deserteure können sich an die Einrichtungen des SYRC in Süd-/Zentralsomalia wenden, oder aber sie nehmen eine Flucht nach Puntland oder Somaliland in Anspruch, wo sie vor al Shabaab relativ sicher sind (EASO 8.2014). Allerdings können Deserteure dort nur schwer Fuß fassen, wenn es ihnen an Verbindungen mangelt (C 18.6.2014). Werden sie in Süd-/Zentralsomalia hingegen von ihrer eigenen Familie versteckt, kann dies auch für die Familie selbst zu einem Risiko führen (EASO 8.2014)." (Seite 27)

"Subjekte gezielter Attentate durch Al Shabaab

Al Shabaab wechselt periodische die Gruppe der von gezielten Attentaten betroffenen Personen. Damit soll der Bevölkerung vermittelt werden, dass jeder, der die Regierung unterstützt, zum potentiellen Ziel werden kann. Sicherheitskräfte, Mitarbeiter humanitärer Organisationen; Zivilisten, die für die somalische Regierung arbeiten; Mitarbeiter von nationalen und internationalen NGOs oder von UN-Organisationen; und diplomatische Missionen sind einem Risiko ausgesetzt, Ziel von Angriffen oder Attentaten der al Shabaab zu werden. Es kann aber auch Frauen treffen, die Essen an Soldaten verkaufen oder aber Verwandte von Regierungsangestellten. In Mogadischu sind ehemalige District Commissioners und ihre Mitarbeiter ebenfalls zu Zielen der al Shabaab geworden (EASO 8.2014). Außerdem können Journalisten, Älteste, Richter, Geschäftsleute und Akteure der Zivilgesellschaft zum Ziel der al Shabaab werden (UKHO 9.4.2014).

Dabei gibt es in Mogadischu keine Möglichkeit, zu entkommen. Wenn al Shabaab eine bestimmte Person ermorden will, dann wird die Gruppe das tun. Selbst in von der Regierung kontrollierten Gebieten kommen gezielte Attentate zunehmend vor. Die Täter bleiben oft unerkannt, doch wird in den meisten Fällen davon ausgegangen, dass al Shabaab für die Taten verantwortlich ist. Die Gruppe hat auch prominente Friedensaktivisten, Gemeindeführer sowie Clanälteste und deren Familienangehörige getötet. Auch Politiker, Abgeordnete und Justizangehörige sind einem hohen Risiko, zum Ziel eines Anschlages zu werden, ausgesetzt (EASO 8.2014).

Es besteht immer ein gewisses Risiko, als Spion der Regierung wahrgenommen zu werden. Manchmal wurden Menschen allein aufgrund der Tatsache beschuldigt, dass sie Soldaten der Regierungsarmee Früchte verkauft haben (LIDIS 3.2014; vgl. EASO 8.2014). In den Jahren 2013 und 2014 ist die Anzahl an Exekutionen von durch al Shabaab der Spionage Beschuldigten gestiegen (EASO 8.2014)." (Seite 47)

2.2.2. Danish Immigration Service und Landinfo, Update on security and protection issues in Mogadishu and South-Central Somalia (März 2014)

Die Gebiete in Mogadischu, die unter der Al-Shabaab stehen, seien mittlerweile kleiner geworden. Die Al-Shabaab führe nunmehr einen Guerillakrieg. Besonders gefährdet seien Mitarbeiter internationaler Organisationen (Seite 14, Quelle: internationale NGO "C").

Die Al-Shabaab kontrolliere in Mogadischu keine Festungen oder bestimmte Gebiete mehr. Sie sei nach wie vor in der Stadt präsent, jedoch nicht mehr als reguläre militärische Streitmacht. Die Bevölkerung unterstütze die Al-Shabaab nicht mehr, sondern sehe diese als terroristische Bewegung an, die willkürlich Menschen töte (Seite 14, Quelle: somalische NGO).

Die Al-Shabaab sei in Mogadischu sehr schwach und verteilt. Sie habe deshalb ihre Angriffe intensiviert. Das größte Problem seien Selbstmordanschläge, die eine ernsthafte Bedrohung der Bevölkerung darstellen würden.

Die allgemeine Überlebensstrategie der Bevölkerung sei "den Mund zu halten" (Seite 14, Quelle: Journalist).

Laut mehreren Aussagen werde der Bakara-Markt in Mogadischu von der Al-Shabaab kontrolliert (zB Seite 15, Quelle: internationale NGO). Diese habe zwar die physische Kontrolle über den Markt verloren, sie habe jedoch weiterhin großen Einfluss auf Ladenbesitzer und andere Geschäftsleute. Die Polizei patrouilliere zwar tagsüber am Markt, sei dabei jedoch ständig der Gefahr von Granatenangriffen ausgesetzt. Die Al-Shabaab sei auch in bestimmten anderen Gebieten verstärkt präsent, in manchen davon jedoch nur nachts (Seite 16, Quelle: Diaspora Forscher).

Seit April 2013 habe die Aktivität der Al-Shabaab in Mogadischu, insbesondere nachts, zugenommen. Große Teile der Bevölkerung hätten nun Angst davor, nach Einbruch der Dunkelheit auf die Straße zu gehen. Die Aktivitäten der Al-Shabaab seien zweigeteilt. Einerseits verübe sie Selbstmord- und Granatenanschläge, andererseits kommuniziere sie mit der Bevölkerung und bedrohe diese (Seite 15, Quelle: Diaspora Forscher).

Es sei schwierig zu sagen, ob die Al-Shabaab in der Lage sei in Mogadischu zu rekrutieren. Es sei jedoch einfach sich in der Stadt zu verstecken, Mitglieder der Al-Shabaab könnten Taxifahrer oder Geschäftsleute seien. Der Einfluss der Al-Shabaab in Mogadischu liege im Verborgenen. Sie operiere von sicheren Gebäuden aus, wo sie Waffen und Munition verstecke. Solche Gebäude gäbe es vermutlich in der ganzen Stadt (Seite 29, Quelle: UNDSS).

Nach einer weiteren Meinung werde die Zwangsrekrutierung durch die Al-Shabaab vermutlich überbewertet. Niemand kenne das Ausmaß der Zwangsrekrutierungen, aber viele Somalier seien aus Angst davor sowie wegen der Besteuerung durch die Al-Shabaab aus von dieser kontrollierten Gebieten geflüchtet (Seite 29, Quelle: internationale Agentur "A").

Ein Mitarbeiter einer internationalen Organisation vermute, dass die Al-Shabaab nach wie vor junge Männer für Angriffe mit Handgranaten rekrutiere. In der Vergangenheit habe sie dafür etwa 10 USD pro Stunde bezahlt. Zwangsrekrutierung durch die Al-Shabaab sei nur in den von dieser zur Gänze kontrollierten Gebieten ein Problem (Seite 29, Quelle: internationale NGO "C").

Ein "gut informierter", lokaler Journalist habe angegeben er verfüge über keine genauen Informationen zur Zwangsrekrutierung durch die Al-Shabaab, glaube jedoch, dass dieses Phänomen stark zurückgegangen sei, seit die Al-Shabaab keine Gebiete innerhalb Mogadischus mehr kontrolliere. Die Rekrutierung fände individuell und freiwillig statt. Es gäbe keine Zwangsrekrutierungen durch die Al-Shabaab in Mogadischu, davon habe er nie gehört (Seite 30).

Laut dem Bericht von Human Rights Watch aus dem Jänner 2014 würden alle Seiten nach wie vor schwerwiegende Misshandlungen von Kindern begehen, etwa Rekrutierungen und willkürliche Festnahmen. Besonders die Al-Shabaab habe gezielt Kinder rekrutiert bzw. zwangsverheiratet (Seite 29).

Es gebe Berichte von Familien, die gezwungen worden seien, ihre Kinder der Al-Shabaab als Kämpfer zu übergeben. Andererseits habe es keine Berichte gegeben, dass Familien ihre Söhne getötet hätten, wenn diese Al Shabaab nicht beitreten wollten (Seite 30, internationale Agentur "A").

2.2.3. EASO, Country of Origin Information Report, South and Central Somalia, Country Overview, August 2014

Die Al Shabaab Strategie bei gezielten Tötungen, nämlich prominente Politiker, Sicherheitskräfte und gewöhnliche Zivilisten ins Visier zu nehmen, soll den Ruf der Al Shabaab dahingehend verstärken, dass niemand vor ihr sicher sei. Nach einer internationalen Organisation stellen mögliche Risikogruppen dar: Politiker, UN Agenturen, Türkische NGOs, Journalisten, Rückkehrer - so insbesondere solche, die sich nicht anpassen -, Personen, die in der Nähe von AMISOM Stützpunkten arbeiten, Mitglieder der Zivilgesellschaft, Frauen, die Essen an Soldaten verkaufen, Verwandte und Partnerinnen von Regierungsmitarbeitern, Mitglieder der Sicherheitskräfte und Personen, die für internationale Organisationen arbeiten. Auch Richter seien in Gefahr, getötet zu werden.

Nach einer Quelle gebe es in Mogadischu keinen sicheren Ort für Personen, die von Al Shabaab gezielt getötet werden sollen. Allerdings können nicht alle gezielten Tötungen Al Shabaab zugeordnet werden. (Seite 77)

Das Territorium unter Al Shabaab Einfluss sei geschrumpft, Al Shabaab operiere jedoch als Guerilla Einheit im gesamten Gebiet. Al Shabaab ist mobil und könne daher Kräfte zusammenziehen, um abseits gelegene oder schwache Anti-Al Shabaab Garnisonen anzugreifen.

Es muss angenommen werden, dass Al Shabaab die Regierungs- und ausländischen Truppen weiter bekämpfen werde. Die Entschleunigung der "Operation Eagle" erlaube der Al Shabaab, sich zu sammeln und zurück zu schlagen. Mogadischu sei besonders von Angriffen der Al Shabaab betroffen, da diese dort vermutlich Regierungstruppen daran hindern wollen, ihre Position in der Stadt zu festigen. Al Shabaab werde außerdem ihren Einfluss auf die Bevölkerung außerhalb von Mogadischu behalten können und Ressentiments gegen AMISON/SNAF auszunützen wissen. (Seite 84f).

Desertionen würden ansteigen. Manche Quellen würden meinen, dass einfache Fußsoldaten nicht verfolgt würden, während Deserteure höherer Ränge sehr wohl verfolgt werden könnten. Dass das Reintegration Camp für frühere Al Shabaab Kämpfer noch nie angegriffen worden sei, würde für diese Annahme sprechen. Dennoch, selbst wenn die meisten Al Shabaab Deserteure die Aufmerksamkeit der Organisation nicht erregen würden, könne nicht ausgeschlossen werden, dass ein Deserteur auch ohne jede spezielle Funktion innerhalb der Al Shabaab ausgeforscht werden könne. Es habe bereits im Jahr 2013 Berichte gegeben, dass die Jagd auf Deserteure eine prioritäre Aufgabe geworden sei. (Seite 89f).

2.3. Clans

2.3.1. Bundesasylamt, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Somalia (November 2014)

"Die somalische Bevölkerung ist nur auf den ersten Blick homogen. Tatsächlich bilden die Clans eine Art Sub-Ethnizität. Die Clans bilden auch die Grundlage der Identität eines Somali, jeder kennt normalerweise seine exakte Position im Clansystem. Dies gilt auch für die urbanisierte Bevölkerung. Wenn Somali ihre Herkunft beschreiben fangen sie meist bei sich selbst an und steigen dann die hierarchischen Ebenen des Systems bis zur Clanfamilie hinauf. Diese Aufzählung wird abtirsiimo oder abtirsiin genannt, und Kinder im Alter von acht oder neun Jahren können diese üblicherweise auswendig (EASO 8.2014).

Dabei gelten als Haupt-Clanfamilien die traditionell nomadischen Darod, Dir, Hawiye und Isaaq sowie die sesshaften Digil und Mirifle/Rahanweyn. Diese Clanfamilien unterteilen sich weiter in die Ebenen der Clans, Sub(sub)clans, Lineages und die aus gesellschaftlicher Sicht bei den nomadischen Clans wichtigste Ebene der Mag/Diya (Blutgeld/Kompensation) zahlenden Gruppe, die für Vergehen Einzelner gegen das traditionelle Gesetz (xeer) Verantwortung übernimmt. Diese Gruppe sorgt aber traditionell auch für die Unterstützung von Angehörigen in schwierigen (finanziellen) Situationen. Nur in Mogadischu ist das System soweit erodiert, dass nicht mehr die mag/diya-Gruppe für Unterstützung sorgt, sondern lediglich die Kernfamilie (EASO 8.2014).

Die Clans sind politische Akteure, die normalerweise über eigenes Territorium verfügen. Traditionelle Verträge (xeer) werden meist zwischen Mag/Diya zahlenden Gruppen abgeschlossen. Allerdings ist das Clansystem - wie erwähnt - keine exakte Wissenschaft, Koalitionen und Abgrenzungen - auch geographische - sind nur schwer zu erfassen oder gar nicht genau definiert (EASO 8.2014).

Das Clansystem ist dynamisch und komplex. Aufgrund des Bürgerkrieges und damit verbundener Wanderbewegungen aber auch aufgrund des Bevölkerungswachstums waren nach 1991 zunehmende Fluktuationen zu verzeichnen. Aufzeichnungen von Genealogien sind umstritten (EASO 8.2014).

Die Darod unterteilen sich in die großen Gruppen Ogadeni (Äthiopien und Jubba-Regionen), Marehan (Süd-/Zentralsomalia) und Harti. Letztere sind eine Föderation aus Majerteen (Hauptclan in Puntland), Dulbahante und Warsangeli (Regionen Sool und Sanaag).

Die Hawiye leben vor allem in Süd-/Zentralsomalia, die wichtigsten Subclans sind Abgaal und Habr Gedir.

Die Dir finden sich im westlichen Somaliland und in einigen Gebieten Süd-/Zentralsomalias. Ihre Hauptclans sind Issa und Gadabursi (beide Somaliland) und Biyomaal (Südsomalia).

Die Isaaq sind der Hauptclan Somalilands.

Die Digil und Mirifle/Rahanweyn leben in den fruchtbaren Tälern von Shabelle und Jubba und im Gebiet zwischen beiden Flüssen (v.a. Bay und Bakool) (EASO 8.2014).

Daneben finden sich in Somalia einige ethnische Minderheiten und ständische Berufskasten, die insgesamt zwischen 15 und 30 Prozent der Bevölkerung stellen (EASO 8.2014). Minderheitengruppen sind u.a. die Bantu (größte Gruppe), Benadiri, Reer Xamar, Bravanese, Swahili, Tumal, Yibir, Yaxar, Madhiban, Hawrarsame, Muse Dheryo, Faqayaqub und Gabooye (USDOS 27.2.2014). Minderheitenclans oder Berufskasten können mit großen Clans in eine Abhängigkeitsbeziehung (shegaat) treten und werden danach - in externen Belangen - als Teil des großen Clans erachtet. Langfristige Allianzen zwischen kleineren und größeren Clans werden gemäß dem traditionellen Recht (xeer) geschlossen. Beide Konstruktionen beinhalten auch den Schutz des kleineren Partners durch den größeren (EASO 8.2014).

Clanschutz bedeutet die Androhung von Gewalt im Falle einer Aggression gegen ein Mitglied durch einen Außenstehenden. Die Möglichkeit, diese Drohung aufrecht zu erhalten ist genauso essentiell wie die Möglichkeit, einem Racheakt durch gemeinschaftliche Zahlung von Kompensation (mag/diya) zu entgehen. Generell - aber nicht überall - funktioniert Clanschutz besser als der Schutz durch Staat oder Polizei. Dementsprechend wenden sich viele Menschen bei Gewaltverbrechen eher an den Clan als an die Polizei. Der Clanschutz kommt aber auf einer sehr niedrigen Ebene der Clan-Hierarchie zur Anwendung. Es reicht also z.B. in Mogadischu nicht, den Hawiye anzugehören, um Clanschutz zu erhalten. Die Zugehörigkeit zu einem dominanten Sub(sub)clan der Hawiye in Mogadischu ist relevanter (EASO 8.2014).

Inwiefern Clanschutz heute noch funktioniert ist umstritten. Faktoren wie AMISOM, die Restauration staatlicher Sicherheitsbehörden oder al Shabaab haben den Schutz erodiert. Andererseits hat der Rückzug von al Shabaab sowie der Mangel an staatlicher Verwaltung in den ländlichen Gebieten den Clanschutz verstärkt. Das Ausmaß an Clanschutz variiert also regional und ist im Laufe der Zeit Änderungen unterworfen. In Somaliland und Puntland, wo relative Stabilität herrscht, ist der Clanschutz weniger relevant als in Süd-/Zentralsomalia. In Mogadischu hingegen sind Älteste zwar noch bei der Konfliktvermittlung involviert, jedoch gibt es kein Risiko mehr, aufgrund der Clanzugehörigkeit einer Verfolgung ausgesetzt zu sein. Nicht mehr die Clans, sondern AMISOM, Armee und Polizei sind für die Sicherheit verantwortlich. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass Teile von Armee und Polizei nach wie vor großen Bezug zu ihren Herkunftsclans haben (EASO 8.2014).

Die linguistische Situation in Somalia ist relativ homogen. Neben der als Standard-Somali festgelegten nordöstlichen Varietät gibt es aber regionale Dialekte. Die Grenze nördlicher und südlicher Varietäten verläuft durch die Region Mudug. Die Unterscheidung zwischen diesen beiden Hauptvarietäten ist gut dokumentiert und kann generell mittels Sprachanalyse festgestellt werden. Auch feinere Unterscheidungen innerhalb der beiden Hauptvarietäten sind möglich (EASO 8.2014).

Somali selbst unterscheiden oftmals zwischen Maxaa-tiri, einer Sammlung regionaler Varietäten, die generell verstanden werden, und Maay-tiri, den regionalen Dialekten in den Regionen Bay, Bakool, Gedo, Middle Jubba und Lower Shabelle (EASO 8.2014).

Daneben gibt es bestimmte Minderheiten, die andere Sprachen sprechen: Swahili (Kibajuni, Chimwiini), Oromo (z.B. af-Garre) oder Mushunguli. Generell kann aufgrund der Dominanz der somalischen Sprache aber davon ausgegangen werden, dass auch Sprecher einer Minderheitensprache über Sprachkenntnisse in Somali verfügen (EASO 8.2014)." (Seite 35ff)

"Aktuelle Situation

Minderheiten, denen es an bewaffneten Milizen mangelt, sind überproportional von Morden, Folter, Vergewaltigung, Entführung mit Lösegelderpressung sowie von Plünderung betroffen. Außerdem leben viele Minderheitenangehörige in tiefer Armut und leiden an zahlreichen Formen der Diskriminierung und Ausgrenzung (USDOS 27.2.2014). Angehörige von Minderheitenclans werden nicht systematisch verfolgt, wohl aber im täglichen Leben benachteiligt (ÖB 10.2014).

Einzelne Minderheiten leben unter schwierigen sozialen Bedingungen und sehen sich wirtschaftlich, politisch und sozial ausgegrenzt (ÖB 10.2014). Das Ausmaß an Diskriminierung hängt von der Minderheit ab:

Berufskasten sind generell stärkerer Diskriminierung ausgesetzt als ethnische Minderheiten. Allerdings gibt es signifikante Unterschiede. Gesellschaftliche Diskriminierung durch die Hauptclans kommt vor. So werden etwa die Bantu manchmal als adoon (Sklaven) bezeichnet (EASO 8.2014).

Für Berufskasten sind gesellschaftliche Interaktionen nur beschränkt möglich (EASO 8.2014). Sie leben meist in Ghetto-ähnlichen Vierteln oder Stadtteilen (EASO 8.2014; vgl. ÖIF). Mischehen - vor allem zwischen Berufskasten und den Hauptclans - sind traditionell beschränkt (USDOS 27.2.2014; vgl. EASO 8.2014). Dieses Tabu scheint aber in den vergangenen Jahren etwas aufgeweicht worden zu sein (EASO 8.2014). So kommen Beziehungen, die nicht den klassischen Strukturen entsprechen, häufiger vor. Ehen, in welchen die Frau einem Hauptclan angehört und der Ehemann einer Minderheit, sind aber sehr selten (C 18.6.2014).

Die vier größten Clans dominieren Verwaltung, Politik, und Gesellschaft. Dementsprechend sind die politischen Parteien, die lokalen Verwaltungen und auch das nationale Parlament um die verschiedenen Clans bzw. Sub-Clans organisiert (ÖB 10.2014). Auch wenn Minderheiten in Regierung und Parlament vertreten sind, bleibt ihre Stimme schwach und - meist - ungehört (EASO 8.2014). In den meisten Gebieten schließen die lokal dominierenden Clans Angehörige anderer Clans von der Partizipation an der Verwaltung aus, und es kommt zu Diskriminierung in den Bereichen Arbeit und Justiz sowie beim Zugang zu öffentlichen Diensten (USDOS 27.2.2014). Selbst in Arbeitsbereichen, die zuvor oft den Minderheiten zugeschrieben worden sind, werden heute Angehörige der Hauptclans bevorzugt (EASO 8.2014). Dabei gibt es regionale Unterschiede: Während etwa Mogadischu durch seine Durchmischung eher tolerant ist, gibt es z.B. in Puntland eine klare Trennung und in einigen Gebieten dürfen Angehörige von Minderheiten nicht in den Städten wohnen (B 14.10.2014).

Die Ashraf, die den Digil/Mirifle nahestehen, könnten aufgrund der Tatsache, dass sie einen von al Shabaab nicht anerkannten religiösen Status haben, zum Ziel der Islamisten werden. Insgesamt gibt es aber keine aktuellen Berichte über Menschenrechtsverletzungen gegen Sheikhal oder Ashraf (EASO 8.2014).

Den Benadiri wiederum ist es gelungen, Positionen in der Verwaltung zu besetzen. Außerdem sind die meisten in Mogadischu verbliebenen Benadiri-Kaufleute verhältnismäßig wohlhabend und können sich Schutz zukaufen (EASO 8.2014). Trotzdem gilt, dass sich die Benadiri lediglich durch die ökonomische Besserstellung von den anderen Minderheiten abheben. Sie verfügen zwar über ökonomische Macht, nicht aber über politische. So sind etwa alle District Commissioners in Mogadischu Angehörige der Mehrheitsclans (B 10.2014).

Andererseits gibt es in Mogadischu heute keine Clankämpfe oder -Konflikte mehr (UKHO 9.4.2014; vgl. UKUT 3.10.2014). Es gibt dort auch kein Risiko einer schweren Diskriminierung aufgrund der Clanzugehörigkeit. Da es in der Stadt keine Clanmilizen mehr gibt, ist der Clan heute weniger eine Schutzstruktur als vielmehr eine soziale Struktur. Minderheitenangehörige werden nicht mehr aufgrund ihrer Zugehörigkeit marginalisiert oder belästigt. Die Sicherheitslage für Angehörige kleiner, schwacher Clans oder ethnischer Minderheiten hat sich wesentlich verbessert. Auch die Andeutung von UNHCR, dass für eine Rückkehr nach Mogadischu die Anwesenheit der Kernfamilie relevant ist, weist auf die nunmehr geringe Bedeutung des Clans hin (UKUT 3.10.2014).

Manche Minderheiten haben von al Shabaab profitiert und die Gruppe unterstützt. Mit dem Machtverlust für al Shabaab kommt es auch zu Fällen, wo diese vorherige Unterstützung nun negative Auswirkungen hat (EASO 8.2014). So waren bzw. sind überproportional viele Angehörige von Minderheiten bei der Ausführung von Körperstrafen und Exekutionen sowie bei der Verübung gezielter Attentate beteiligt. Das Risiko von Racheaktionen besteht (B 10.2014). Bei al Shabaab gilt generell, dass jene Clans, die als gegen al Shabaab gerichtet erachtet werden, mit mehr Problemen zu rechnen haben - sei es z.B. eine höhere Besteuerung; ökonomische Isolierung; oder Plünderung (EASO 8.2014)." (Seite 40ff)

2.3.2. EASO, Country of Origin Information Report, South and Central Somalia, Country Overview, August 2014

Die Hawiye leben zumeist in Süd- und Zentralsomalia. Ihre einflussreichsten Unterclans sind die Abgal und die Habr Gedir, die beide in Mogadischu vorherrschen würden. (Seite 43).

Unter Clanschutz verstehe man die Fähigkeit, ein Individuum gegen Gewalt von außerhalb des Clans beschützen zu können. Schutz und Vulnerabilität seien eng verbunden mit der Macht des jeweiligen Clans. Grundsätzlich, aber nicht immer, funktioniere Clanschutz besser als Schutz durch den Staat. Clanschutz funktioniere außerdem auf einem niedrigen Level der Clanhierarchie (Sub-Sub-Clan). Ein Hawiye zu sein, bedeute also nicht Clanschutz in Mogadischu. Zugehörigkeit zu einem Hawiye Subclan, der in Mogadischu dominant sei, sei wichtiger.

Der Grad der Aktualität von Clanschutz sei strittig. Faktoren, wie das Aufkommen der AMISOM, Armee und Polizei als Sicherheitskräften und Al Shabaab mit der Einführung der Sharia als Rechtsgrundlage, haben Clanschutz aushöhlen können, während der Rückzug der Al Shabaab aus einigen Gegenden und der Mangel an Infrastruktur in vor allem ländlichen Gegenden zu einer Stärkung des Clanschutzes führen können. Clanschutz verändere sich daher je nach Zeit und Region.

Am stärksten von Clanschutz profitieren würden Mehrheitsclanangehörige, während innerstaatlich Vertriebene am schwächsten seien. Clanschutz habe in Mogadischu abgenommen seit der Einführung der Islamic Courts Union (ICU), verstärkt auch noch während der letzten vier Jahre. Vor den ICU haben in der Stadt Warlords und ihre Milizen dominiert, während in den letzten Jahren AMISOM, die somalische Armee und die Polizei versucht haben, die Kontrolle zu übernehmen, und Clans Einzelne nicht mehr beschützen würden. Clanälteste würden immer noch in Konfliktlösungsmechanismen einbezogen sein, es gebe aber kein Risiko der Verfolgung wegen Clanzugehörigkeit mehr.

Clanzugehörigkeit spiele für Mehrheitsclanangehörige, und insbesondere für Hawiye Clanangehörige aus Mogadischu, keine Rolle mehr, während sie für Angehörige anderer Clans, wie den Darod, oder für innerstaatlich Vertriebene nach wie vor sehr wichtig sei.

In politischen, sozialen und wirtschaftlichen Angelegenheiten sei der Clan immer noch wichtig, und Minderheitenangehörige und innerstaatlich Vertriebene würden daher marginalisiert. In den Bezirken von Mogadischu sei immer ein Clan vorherrschend, auch wenn die Bevölkerung gemischt sei. Der einflussreichste Clan sei die Hawiye/Abgal. In Mogadischu unterstützen Clans ihre Mitglieder nicht (mehr) bei wirtschaftlichen Problemen oder bei der Erlangung ihres Lebensunterhaltes. Nur die Kernfamilie erfülle nunmehr diese Aufgabe. (Seite 55ff)

2.4. Versorgungslage und Rückkehrer

2.4.1. Bundesasylamt, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Somalia (November 2014)

"Grundversorgung/Wirtschaft

Auf dem Human Development Index rangiert Somalia auf den letzten fünf Plätzen (WB 7.4.2014). Somalia gehört damit zu den ärmsten Ländern der Erde. Der langjährige Bürgerkrieg sowie häufige Dürre- und Flutkatastrophen führen dazu, dass ein erheblicher Teil der Bevölkerung unter chronischem Mangel an ausreichender Versorgung mit Lebensmitteln, Trinkwasser und medizinischer Versorgung leidet. Bei den gängigen Indikatoren zur Messung der wirtschaftlichen Entwicklung liegt Somalia zumeist auf den letzten Plätzen:

Bruttosozialprodukt, Lebenserwartung, Müttersterblichkeit, Kindersterblichkeit. Das Land ist seit Jahrzehnten auf Nothilfemaßnahmen aus dem Ausland angewiesen und ist der größte Empfänger von Nahrungsmittelhilfe weltweit (AA 3.2014a).

In den Jahren 2010-2012 starben fast 260.000 Menschen aufgrund einer Hungersnot. (EASO 8.2014). Zu Anfang des Jahres 2014 war die Zahl an Personen, die nicht in der Lage waren, ohne Nahrungsmittelunterstützung zu überleben, auf 860.000 zurückgegangen. Weitere zwei Millionen Menschen befanden sich an der Grenze zur Nahrungsmittelunsicherheit (UNSC 28.2.2014). Die Versorgungslage ist aber anhaltend schlecht (ÖB 10.2014) und Mitte 2014 ist die Zahl der akut von Nahrungsmittelnot betroffenen Personen wieder auf über eine Million angestiegen. Schlechte Regenfälle haben zur Nahrungsmittelunsicherheit beigetragen. Stark betroffen sind die Regionen Bakool, Benadir, Bari, Galgaduud, Gedo, Hiiraan, Lower und Middle Shabelle, Middle Jubba, Nugaal und der Süden von Mudug. Rund 62 Prozent der Betroffenen sind IDPs. Rund 218.000 Kinder sind akut unterernährt, 43.800 davon befinden sich in unmittelbarer Lebensgefahr. Die Gesamtsituation ähnelt jener vor der großen Hungersnot und die Gefahr einer Wiederholung besteht (UNOCHA 19.9.2014). In der Region Gedo sind 70 Prozent der Bevölkerung von der Dürre betroffen. In den Bezirken Baardheere, Ceel Waaq, Doolow und Luuq müssen Teile der Bevölkerung durch Lastwägen mit Trinkwasser versorgt werden. Andererseits sind die Prognosen für die Deyr-Regenzeit (Oktober-Dezember) gut (UNOCHA 17.10.2014).

Die Unterstützung des World Food Programme erreichte Anfang 2014 pro Monat rund 800.000 Personen (UNSC 28.2.2014). Auf dem Gebiet der al Shabaab sind humanitäre Organisationen allerdings schweren Restriktionen ausgesetzt. Außerdem kommt es dort zu Übergriffen auf ihr Personal (EASO 8.2014). Außerdem ist der Transport humanitärer Güter von Straßensperren, Checkpoints und anhaltenden Feindseligkeiten entlang der Hauptstraßen eingeschränkt. Lebensnotwendige Fracht wird mittlerweile aber auch mit dem Flugzeug verteilt (UNOCHA 19.9.2014).

In durch AMISOM und die somalische Regierung neu eroberten Städten hat sich die Versorgungssituation nicht wesentlich verbessert, weil al Shabaab Versorgungsrouten bedroht oder sogar kontrolliert. Die humanitäre Lage in derart abgeschnittenen Städten kann sich weiter verschlechtern (EASO 8.2014; vgl. UNOCHA 24.4.2014; vgl. UNOCHA 21.3.2014). Besonders betroffen sind Xudur, Waajid und Buulo Barde (UNOCHA 19.9.2014).

Mit dem Zusammenbruch des Staates sind alle Sozialdienste - z.B. Gesundheitsversorgung, Arbeitssuche, Armutsbekämpfung - praktisch "privatisiert" worden. Das einzige soziale Sicherheitsnetz, das verblieben ist, sind die Familie und der Clan (BS 2014).

Entwicklungs- und humanitäre Hilfe sowie Geldflüsse aus der Diaspora sind Hauptpfeiler des BIP. Alleine die Überweisungen aus dem Ausland betragen 35 Prozent des BIP (WB 7.4.2014). Außerdem ist Somalia der größte Exporteur von Lebendvieh (hauptsächlich Kamele und Schafe) auf die arabische Halbinsel (AA 3.2014a). Die Viehwirtschaft bietet rund 60 Prozent der somalischen Arbeitsplätze und stellt 40 Prozent des BIP (WB 7.4.2014). Einzige weitere nennenswerte Exportgüter sind Bananen und Datteln. Der Export von Holzkohle ist vom UN-Sicherheitsrat mittlerweile untersagt worden (AA 3.2014a). Die EU ist nach wie vor einer der größten Geber. Seit Jahren stellt sie umfangreiche Mittel für den Wiederaufbau und die Förderung innersomalischer Versöhnungs- und Friedensbemühungen sowie für AMISOM bereit (AA 3.2014b).

Mogadischu selbst verfügt über internationale Anbindungen und eine große Zahl an Märkten. Es gibt einen florierenden Dienstleistungssektor (z.B. Wechselgeschäfte, Geldtransfers, Telekommunikation). Seit dem Jahr 2012 wurden die Wiederaufbauaktivitäten in der Stadt beschleunigt. Es gibt neue Hotels, Restaurants und Geschäfte; viele Rückkehrer haben in Mogadischu Betriebe eröffnet. Auch Straßenbeleuchtung und Müllentsorgung wurden reaktiviert (EASO 8.2014; vgl. BS 2014). Neben den Bauaktivitäten gibt es auch vermehrt Taxiunternehmen, Busunternehmen, Reinigungen, Elektronikhändler etc. und die damit verbundenen Arbeitsmöglichkeiten. Rückkehrer haben bei der Arbeitssuche in Mogadischu wahrscheinlich Vorteile, da sie eher gebildet sind und als einfallsreicher erachtet werden. Dies gilt noch mehr, wenn der Arbeitgeber selbst ein aus der Diaspora Zurückgekehrter ist (UKUT 3.10.2014).

Ein Hafenarbeiter in Kismayo verdiente im Jahr 2013 durchschnittlich 1-2 US-Dollar (50.000-100.000 SoSh) am Tag. Mehr als 43 Prozent aller Somali leben von weniger als einem US-Dollar pro Tag (EASO 8.2014).

In den Gebieten der al Shabaab hebt die Gruppe teils hohe Steuern (zakat) bei Bauern und Nomaden ein. Dies bedroht die Nahrungsmittelversorgung und lässt Menschen aus diesen Gebieten fliehen (EASO 8.2014).

In Puntland überleben mehr Mütter Schwangerschaft und Geburt, mehr Kinder gehen zur Schule, mehr Menschen haben Zugang zu Trinkwasser und medizinischer Versorgung. Der Handel über den Seehafen Bossaso und die wirtschaftliche Betätigung insgesamt haben einen spürbaren Aufschwung genommen, der jedoch bislang fast ausschließlich der dort lebenden Stadtbevölkerung zu Gute kommt (AA 3.2014a).

Nach einer schweren Umweltkatastrophe Ende des Jahres 2013 gelang es dem WFP und anderen UN-Agenturen den Betroffenen in Puntland Unterstützung zukommen zu lassen (UNSC 28.2.2014)." (Seite 53ff)

"Medizinische Versorgung

Die Grundversorgung kann als schlecht bis kaum vorhanden bezeichnet werden, durchgehende Versorgung ist wohl nur in Mogadischu und den Flüchtlingslagern an der somalisch-kenianischen Grenze gesichert (ÖB 10.2014). Selbst im Vergleich zu den Standards in Subsahara-Afrika ist die medizinische Versorgung in Somalia schlecht. Die Lebenserwartung bei Geburt liegt bei 51 Jahren, 108 von 1.000 Kindern sterben vor dem ersten Geburtstag (WB 7.4.2014). Grundsätzlich muss im Bereich der Grundversorgung von einem negativen Trend ausgegangen werden. Die Einstellung aller Programme von Ärzte ohne Grenzen nach 22 Jahren ununterbrochener Aktivität in Somalia im Jahr 2013 bedeutete eine weitere Verschärfung der medizinischen Versorgungslage (ÖB 10.2014).

Im Jahr 2009 gab es ca. 625 Gesundheitsposten und 225 Mutter-Kind-Zentren in Somalia. Bei einer geschätzten Bevölkerung von neun Millionen kommt ein Gesundheitsposten auf 15.200 Menschen. Die vorhandenen Angebote entstammen dem privaten Sektor (WB 7.4.2014). Es gibt keinen gesetzlichen Rahmen für die Gesundheitsversorgung und keine Regulierung des Medikamentensektors. Viele Initiativen im Gesundheitsbereich gehen auf nationale und internationale NGOs sowie auf Rückkehrer aus der Diaspora zurück. Auch humanitäre Organisationen, wie etwa das Rote Kreuz, betreiben Spitäler und Mutter-Kind-Zentren. Zusätzlich betreibt AMISOM Spitäler und Kliniken in Middle und Lower Shabelle, in Belet Weyne, Kismayo und Baidoa. Geberländer - z.B. die Türkei - unterstützen die Rehabilitierung des Gesundheitssektors. Auf dem Gebiet der al Shabaab gibt es keine Krankenhäuser (EASO 8.2014).

In Somalia gibt es eine hohe Rate an geistigen Erkrankungen. Versorgung gibt es im Habeeb Spital in Mogadischu. Oft werden geistig Kranke aber auch angekettet oder sich selbst überlassen (EASO 8.2014)." (Seite 56f)

"Rückkehr

Für Reisende nach Somalia fehlt es im Falle einer (sei es gesundheitlichen, sei es kriminalitätsbedingten) Notlage weitgehend an funktionierenden staatlichen Stellen, die Hilfe leisten könnten (AA 11.9.2014).

Trotzdem ist die Rückkehr von somalischen Flüchtlingen nach Somalia im Berichtszeitraum eine Tatsache (ÖB 10.2014). Nach der Einnahme von Mogadischu und anderen Städten sind viele somalische Flüchtlinge aber auch IDPs permanent oder temporär in ihre Heimat zurückgekehrt. Viele der im Jahr 2013 nach Mogadischu zurückgekehrten gehören zu den wohlhabenderen Teilen der Gesellschaft und verfügen oft über einen Aufenthaltstitel in anderen Staaten, den sie im Notfall in Anspruch nehmen können (EASO 8.2014).

Al Shabaab könnte bei Rückkehrern aus dem Westen den Verdacht hegen, dass diese für die somalische Regierung oder deren Alliierte spionieren. Die Rückkehrer vermeiden es üblicherweise, in von der al Shabaab kontrollierte Gebiete zurückzukehren - selbst wenn dort ihr Clan beheimatet ist (EASO 8.2014). Rückkehrer aus der Diaspora können ein erhöhtes Risiko eines Attentates durch al Shabaab aufweisen, wenn sie sichtlich erkennbar sind (LIDIS 3.2014).

Der UNHCR geht davon aus, dass es in Mogadischu sehr schwer ist, ohne ein entsprechendes Unterstützungsnetzwerk zu überleben. Wenn der eigene Clan oder die Kernfamilie im Wohnbezirk nicht etabliert sind, werden sich Neuankömmlinge in einer prekären Situation wiederfinden (EASO 8.2014). Für den Lebenserhalt im wirtschaftlichen Sinne braucht es in erster Linie die Kernfamilie. Der größere Familienkreis wird den Lebenserhalt nur kurzfristig garantieren. Wenn eine Person nicht aus Mogadischu stammt, wird sie ausreichend Ressourcen benötigen, um sich dort niederzulassen. Bildung, erlernte Berufe und Kredite können ebenfalls eine Niederlassung bewerkstelligen. Außerdem gibt es lokale NGOs, die den Neuankömmlingen helfen können (EASO 8.2014; vgl. LIDIS 3.2014).

Mindestens 30.000 Personen sind im Jahr 2013 aus Kenia und Äthiopien kommend nach Somalia eingereist - viele davon aber nur temporär, z. B. zur Lageerkundung (EASO 8.2014). Im Rahmen eines Abkommens zwischen UNHCR, Kenia und Somalia plant UNHCR auch die Unterstützung von vorerst 10.000 Rückkehrern aus Kenia in die Bezirke Baidoa, Kismayo und Luuq (UNSG 3.3.2014). Bei allen Programmen geht es um freiwillige Rückkehr. Ausreichend gute Bedingungen für großangelegte Rückkehrprogramme sind gegenwärtig noch nicht gegeben (UNSG 2.12.2013; vgl. EASO 8.2014; ÖB 10.2014).

Zwangsrückführungen werden nur von sehr wenigen Ländern durchgeführt. Die meisten Betroffenen wurden aus Saudi Arabien deportiert (mehr als 34.000 Personen), das weder die Genfer Konvention ratifiziert hat, noch über ein Asylsystem verfügt. Einige Dutzend Personen wurden auch aus Kenia deportiert. IOM bietet den Ankömmlingen Unterstützung in Form von Repatriierung, medizinischer Betreuung, psycho-sozialer Unterstützung, Nahrung und Trinkwasser sowie Weitertransport an. Für gefährdete Personen gibt es auch Unterkunft und Schutz (EASO 8.2014).

Es ist bekannt, dass die Niederlande Zwangsrückführungen nach Somalia durchführen. Im Jahr 2013 betrug deren Anzahl weniger als fünf; ca. 50 freiwillige Rückkehrer wurden unterstützt (EASO 8.2014). Der UNHCR ruft dazu auf, von Zwangsrückführungen in jene Teile Süd-/Zentralsomalias Abstand zu nehmen, die von militärischen Aktivitäten und/oder anhaltender Vertreibung; von Fragilität und Unsicherheit nach kürzlich stattgefundenen militärischen Operationen; oder von anhaltender Kontrolle durch nicht-staatliche Gruppen betroffen sind (UNHCR 17.6.2014). Nach Somalia Rückgeführte sind nicht per se einem höheren Risiko ausgesetzt. Diese Feststellung wird durch fehlende negative Meldungen bezüglich der zahlreichen aus Saudi Arabien deportierten Personen unterstützt (UKUT 3.10.2014)." (Seite 57ff)

2.4.2. UNHCR, International Protection Considerations with Regard to people fleeing Southern and Central Somalia (Jänner 2014)

Für Somalier_innen sei es sehr schwer, ohne unterstützendes Netzwerk in Mogadischu zu überleben. Neuankömmlinge in der Stadt, insbesondere wenn sie keine Mitglieder von im Bezirk etablierten Clans oder Familien sind, müssen sich auf eine prekäre Existenz in der Hauptstadt einstellen. Dasselbe gelte für Rückkehrer_innen, die aus Bezirken stammen, die noch immer von Milizen kontrolliert, oder es früher gewesen seien. Somalier_innen der Diaspora, die während des Jahres 2013 nach Mogadischu zurückgekehrt seien, haben eher zu einflussreicheren Bevölkerungsschichten gehört und haben auf wirtschaftliche und soziale Ressourcen zurückgreifen können (Seite 9).

2.4.3. Österreichische Botschaft Nairobi, Asylländerbericht Somalia, Oktober 2014

"Die Versorgungslage ist anhaltend schlecht und hat sich im Berichtszeitraum aufgrund von Nahrungsmittelknappheit zusätzlich verschlechtert. Laut UN OCHA sind 3,2 Millionen Menschen in Somalia auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Laut Finanzierungsappell von OCHA sind derzeit nur 34% der insgesamt benötigten 933 Mio. UDF für die Nahrungsmittelhilfe 2014 in Somalia gesichert.

Arbeitsmöglichkeiten gibt es kaum. Medienberichte über den Aufschwung der lokalen Wirtschaft in Mogadischu können aus Sicht der Botschaft nicht bestätigt werden, da Mogadischu für Ausländer weiterhin nicht bzw. nur unter allerschärfsten Sicherheitsmaßnahmen zugänglich ist." (Seite 8)

"Die [medizinische] Grundversorgung kann als schlecht bis kaum vorhanden bezeichnet werden, durchgehende Versorgung ist wohl nur in den Flüchtlingslagern an der somalisch-kenianischen Grenze sowie in Mogadischu gesichert. Im Berichtszeitraum wurden mehrere Epidemien (Masern, Cholera, Polio) verzeichnet. Grundsätzlich muss im Bereich der Grundversorgung von einem negativen Trend ausgegangen werden. Die Einstellung aller Programme der internationalen Hilfsorganisation "Médécins sans Frontières" nach 22 Jahren ununterbrochener Aktivität in Somalia im Jahr 2013 bedeutete eine weitere Verschärfung der medizinischen Versorgungslage." (Seite 8f).

3. Beweiswürdigung:

3.1. Die Feststellungen zur Person ergeben sich aus den in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben der beschwerdeführenden Partei sowie aus ihren Sprach- und Ortskenntnissen.

Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels konnte die Identität der beschwerdeführenden Partei nicht festgestellt werden. Soweit diese namentlich genannt wird, legt das Gericht auf die Feststellung wert, dass dies lediglich der Identifizierung der beschwerdeführenden Partei als Verfahrenspartei dient, nicht jedoch eine Feststellung der Identität im Sinne einer Vorfragebeurteilung iSd § 38 AVG bedeutet.

Das Datum der Antragstellung und Ausführungen zum Verfahrenslauf ergeben sich aus dem Akteninhalt.

3.2. Die Feststellungen betreffend die Clanzugehörigkeit der beschwerdeführenden Partei ergeben sich in erster Linie aus ihren Angaben im Beschwerdeverfahren. Das Bundesverwaltungsgericht merkt an, dass die beschwerdeführende Partei in den Einvernahmen in der ersten Instanz betreffend ihre Zugehörigkeit zu den Danye anstatt zu den Abgaal (im eigentlichen Sinne) nicht sehr präzise war. Andererseits gab sie tatsächlich an, keine Frau der Abgaal heiraten zu dürfen (AS 106), was bei der Annahme einer Clanzugehörigkeit zu den Abgaal (einem der beiden dominierenden Hawyie-Subclans in XXXX) als eine doch etwas eigenartige Anmerkung hätte auffallen müssen. Die belangte Behörde fragte jedoch an dieser Stelle nicht weiter nach. Aufgrund insbesondere dieser Erwähnung bereits in der Einvernahme vom 13.11.2012, dass eben die beschwerdeführende Partei keine Abgaal hätte heiraten dürfen, geht das Bundesverwaltungsgericht von der Glaubwürdigkeit ihrer Zugehörigkeit zu den Danye aus. In der mündlichen Verhandlung konnte die beschwerdeführende Partei jedoch nicht näher erklären, ob die Danye nun als Subclan der Abgaal angesehen werden können, oder eigentlich als Minderheit, die sich der Abgaal als Schutzclan bedient. Von weiteren diesbezüglichen Ermittlungen wurde jedoch - auch aus Zeitgründen insbesondere wegen des Fristsetzungsantrags - abgesehen, da die Frage, welchen Status die Danye nunmehr tatsächlich in Bezug zu den Abgaal haben, für die Beurteilung der Frage einer asylrelevanten Verfolgung wegen einer angeblichen Minderheitenzugehörigkeit im Ergebnis nicht wesentlich ist - siehe dazu weiter unten unter Punkt 3.5 und in der rechtlichen Beurteilung.

3.3. Die Feststellungen betreffend die Familienangehörigen der beschwerdeführenden Partei in Somalia und das Fehlen von Kontakt zu diesen ergibt sich aus den gleichbleibenden diesbezüglichen Angaben der beschwerdeführenden Partei vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht.

3.4. Die Feststellung über die strafrechtliche Unbescholtenheit der beschwerdeführenden Partei fußt auf einem Strafregisterauszug vom 21.01.2015.

3.5. Das Bundesverwaltungsgericht stützt seine Beurteilung der gegenständlichen Beschwerde auf aktuelle Länderinformationen, die sich einerseits auf seriöse Quellen berufen oder, nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes, solche selbst sind. Wesentlich bei der Auswahl der Berichte ist dabei die Aktualität der Information, insbesondere betreffend die Sicherheitslage in Somalia, und die Qualität der Quellen, wobei das Bundesverwaltungsgericht versucht, Berichte unterschiedlicher Auftraggeber_innen zu sichten, um sich ein möglichst ausgewogenes Bild der Situation zu den relevanten Fragestellungen machen zu können. Die für die gegenständliche Beschwerde entscheidungsrelevanten Berichte sind unter Punkt 2. in diesem Erkenntnis zusammengefasst und teilweise übersetzt wiedergegeben.

Die relevanten Schlüsse, die das Bundesverwaltungsgericht aus den Berichten unter 2. zieht sind, zusammengefasst, die folgenden:

Es gibt in Somalia keine flächendeckende, effektive Staatsgewalt; auch die neue Regierung hat bislang über große Teile des Landes keine Kontrolle. Die Sicherheitslage in XXXX hat sich seit 2012 bedeutend gebessert, dennoch ist die Lage in manchen Bezirken vor allem in der Nacht schlecht, und verlegte sich die Al Shabaab auf Guerilla Kampfhandlungen. Es gibt in XXXX keine Gebiete, die als absolut sicher eingestuft werden können (Pkt. 2.1.1.).

In XXXX gibt es kein Risiko hinsichtlich einer Zwangsrekrutierung durch Al Shabaab. Auch in anderen Garnisonsstädten der AMISOM ist eine Zwangsrekrutierung durch Al Shabaab sehr unwahrscheinlich (Pkt. 2.2.1., 2.2.2.). Subjekte gezielter Attentate durch die Al Shabaab können zB sein: Sicherheitskräfte, Mitarbeiter_innen humanitärer Organisationen, Personen, die für die somalische Regierung arbeiten, Mitarbeiter_innen nationaler und internationaler NGOs oder der UN, Mitarbeiter_innen diplomatischer Missionen. Weiter Journalisten und Journalistinnen, Älteste, Richter_innen, Geschäftsleute und Akteure der Zivilgesellschaft (Pkt. 2.2.1., 2.2.3.). Zum Risikoprofil gehören auch Personen, die beschuldigt werden, als Spione für die Regierung zu arbeiten, und Deserteure, wobei hier strittig ist, ob einfache Fußsoldaten auch mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ins Visier der Al Shabaab geraten können (ebda.).

Die Abgaal, ein Subclan der Hawyie, dominieren, gemeinsam mit den Habr Gedir, XXXX (Pkt. 2.3.2.). Es gibt in XXXX keine Clankämpfe mehr. Es gibt dort auch kein Risiko einer schweren Diskriminierung wegen der Clanzugehörigkeit mehr. Minderheitenangehörige werden nicht mehr aufgrund ihrer Clanzugehörigkeit belästigt oder marginalisiert. Die Sicherheitslage für Angehörige kleiner, schwacher Clans oder ethnischer Minderheiten hat sich wesentlich gebessert (Pkt. 2.3.1.). Es gibt kein Risiko der Verfolgung wegen Clanzugehörigkeit mehr (Pkt. 2.3.2.). Einzelne Minderheiten leben unter schwierigen sozialen Bedingungen und sehen sich wirtschaftlich, politisch und sozial ausgegrenzt (Pkt. 2.3.1.).

Die Versorgungslage in Somalia ist anhaltend schlecht, und Mitte 2014 stieg die Zahl der akut von Nahrungsmittelnot betroffenen Personen wieder auf über eine Million an (Pkt. 2.4.1. und 2.4.3.). Das einzige soziale Sicherheitsnetz, das verblieben ist, sind die Familie und der Clan (Pkt. 2.4.1.). Grundsätzlich muss im Bereich der Grundversorgung von einem negativen Trend ausgegangen werden (Pkt. 2.4.3.). Das UNHCR geht davon aus, dass es in XXXX sehr schwer ist, ohne ein entsprechendes Unterstützungsnetzwerk zu überleben. Für den Lebenserhalt im wirtschaftlichen Sinne braucht es in erster Linie die Kernfamilie (Pkt. 2.4.1, 2.4.2.).

Zur Stellungnahme des Vertreters der beschwerdeführenden Partei in diesem Zusammenhang ist zu sagen, dass dieser sich offensichtlich nicht gegen die Verwendung der unter 2. zitierten Berichte wendet, sondern den daraus gezogenen Rückschlüssen bestimmte Akzente mitgeben wollte. Das Bundesverwaltungsgericht bezieht diese Anmerkungen in seine allgemeine Würdigung der Berichte mit ein.

Zur Kritik an der Quelle UK Upper Tribunal und UK Home Office ist zu sagen, dass es sich dabei um eine "Regierungsquelle" handelt, die als solche entsprechend zu werten ist. Die zitierte Entscheidung des UK Upper Tribunal etablierte für den dort innerstaatlichen Bereich eine sogenannte "Country Guidance" und setzt sich diesbezüglich sehr detailliert mit der aktuellen Berichtslage auseinander, wobei schließlich für das UK Home Office relevante Rückschlüsse für sog. "Returns to Mogadishu" gezogen werden. Dieser Bericht, wie auch alle anderen, dienen dem Bundesverwaltungsgericht als einer von mehreren relevanten und zu begutachtenden Entscheidungshilfen.

Schließlich wird noch darauf verwiesen, dass auch der EASO Bericht - eigentlich - wie eine Regierungsquelle zu behandeln ist; was das Bundesverwaltungsgericht auch tut.

3.6. Betreffend das Vorbringen einer Gefährdung durch die Al Shabaab im Falle einer Rückkehr nach XXXX glaubt das Bundesverwaltungsgericht, wie bereits die belangte Behörde, das Fluchtvorbringen der beschwerdeführenden Partei. Insbesondere fiel ihm im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf, dass diese ihre Geschichte detailreich und konsistent mit ihren früheren Vorbringen erzählte. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass Al Shabaab die beschwerdeführende Partei zum Zahlen von Schutzgeld oder zur Mitwirkung an der "Sache" der Al Shabaab aufforderte. Ebenso nimmt das Bundesverwaltungsgericht als wahr an, dass der Bruder der beschwerdeführenden Partei von Al Shabaab entführt, bestraft und schwer verletzt wurde.

Die asylrelevante Einordnung dieses Fluchtvorbringens wie auch der Clanzugehörigkeit der beschwerdeführenden Partei wird unten unter Punkt 4. besprochen.

3.7. Die persönliche Situation der beschwerdeführenden Partei, nämlich das Fehlen von Kontakt zu Kernfamilie vor Ort, durch ihre Zugehörigkeit zu den Danye auch das Fehlen ausreichender Sicherheit, dass sie in XXXX über entsprechenden Clanschutz verfügen würde, sowie die immer noch volatile Sicherheitslage und die schlechte Versorgungslage in XXXX, die die Notwendigkeit von Familien- und Clanaufnahme im Falle einer Rückkehr bedingt, sprechen für das Vorliegen eines Rückkehrhindernisses hinsichtlich der beschwerdeführenden Partei.

4. Rechtliche Beurteilung:

4.1. Allgemeine Rechtsgrundlagen

4.1.1. Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 7 B-VG wird der Asylgerichtshof mit 01.01.2014 zum Verwaltungsgericht des Bundes und hat daher gemäß § 75 Abs. 19 AsylG 2005 alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren, und somit auch das gegenständliche, zu Ende zu führen.

4.1.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter_innen, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen.

Zu A)

4.2. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Rechtsgrundlagen:

4.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Flüchtling im Sinne der Bestimmung ist demnach, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

4.2.2. Zentraler Aspekt des Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH vom 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Es kommt mithin nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde.

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen.

Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; vom 25.01.2003, Zl. 2001/20/0011).

Für eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (vgl. VwGH vom 26.02.1997, Zl. 95/01/0454; vom 09.04.1997, Zl. 95/01/0555), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH vom 18.04.1996, Zl. 95/20/0239; vom 16.02.2000, Zl. 99/01/0097), sondern erfordert eine Prognose. Verfolgungshandlungen, die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können jedoch im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. VwGH vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).

Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (vgl. VwGH vom 09.09.1993, Zl. 93/01/0284; vom 15.03.2001, Zl. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorherigen Aufenthaltes befindet.

Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH vom 24.03.1999, Zl. 98/01/0352).

4.2.3. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (vgl. VwGH vom 16.06.1994, Zl. 94/19/0183; vom 18.02.1999, Zl. 98/20/0468).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 28.03.1995, Zl. 95/19/0041; VwGH vom 27.06.1995, Zl. 94/20/0836; VwGH vom 23.07.1999, Zl. 99/20/0208; VwGH vom 21.09.2000, Zl. 99/20/0373; VwGH vom 26.02.2002, Zl. 99/20/0509 mwN; VwGH vom 12.09.2002, Zl. 99/20/0505 sowie VwGH vom 17.09.2003, Zl. 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH vom 22.03.2000, Zl. 99/01/0256). Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann mithin nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH vom 22.03.2003, Zl. 99/01/0256 mwN). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (vgl. VwGH vom 22.03.2000, Zl. 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichem Schutz einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH vom 22.03.2000, Zl. 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, "The Refugee in International Law² [1996] 73; weiters VwGH vom 26.02.2002, Zl. 99/20/0509 mwN sowie VwGH vom 20.09.2004, Zl. 2001/20/0430).

Anwendung der Rechtsgrundlagen auf die gegenständliche Beschwerde:

4.2.4. Wie in der Beweiswürdigung bereits angedeutet, konnte das Bundesverwaltungsgericht nicht endgültig feststellen, ob die Danye, zu denen sich die beschwerdeführende Partei als zugehörig erachtet, ein Subclan der Abgaal oder eine Minderheit sind, die sich den Abgaal zum Schutz angeschlossen haben, von denen aber verachtet werden.

Doch selbst wenn das Bundesverwaltungsgericht davon ausgeht, dass die Danye ein schwacher Clan sind, muss mit Verweis auf die aktuellen Länderfeststellungen anerkannt werden, dass im Raum XXXX von einem Risiko einer Verfolgung wegen einer Clanzugehörigkeit nicht (mehr) ausgegangen werden kann.

Nur der Vollständigkeit halber wird diesbezüglich auch angemerkt, dass die beschwerdeführende Partei selbst im Laufe des Verfahrens keine entsprechende konkrete und individuelle Verfolgung wegen ihrer Clanzugehörigkeit in der Vergangenheit vorgebracht hat. Aus ihrem Vorbringen ergibt sich daher auch kein Indiz für eine mögliche Verfolgung ihrer konkreten Person entgegen der aktuellen Länderinformationen.

4.2.5. Was nun die Angst vor einer Verfolgung und Tötung durch die Al Shabaab betrifft, muss wieder mit Verweis auf die aktuellen Länderinformationen bemerkt werden, dass die beschwerdeführende Partei in kein diesbezüglich relevantes Risikoprofil fällt: sie kann nicht als Deserteur angesehen werden, war kein Mitarbeiter der somalischen Regierung oder arbeitete für diese in irgendeiner indirekten Art und Weise und hat auch keine weiteren Merkmale, die sie ins Visier der Al Shabaab bringen würden. Sie führte ein Geschäft und hätte damals entweder Schutzgeld zahlen oder bei der "Sache" der Al Shabaab mitkämpfen sollen. Die beschwerdeführende Partei wurde aber gerade nicht von Al Shabaab rekrutiert.

Das Bundesverwaltungsgericht möchte das Schicksal des Bruders der beschwerdeführenden Partei, das es für glaubhaft hält, keineswegs banalisieren. Dennoch muss in Hinblick auf eine aktuelle und zukünftige maßgeblich wahrscheinliche Gefährdung einer gezielten und individuellen Verfolgung der beschwerdeführenden Partei durch die Al Shabaab in XXXX in Hinblick auf die geänderte Machtposition der Al Shabaab in der Stadt und die Profile ihrer Opfer gezielter Attentate davon ausgegangen werden, dass der beschwerdeführenden Partei eine solche gezielte Verfolgung eben nicht drohen würde.

4.2.6. Andere asylrelevante Gründe für eine mögliche Verfolgung wurden nicht vorgebracht und ergeben sich auch nicht aus dem Verwaltungsakt oder aus der aktuellen Berichtslage.

4.2.7. Mangels Bestehen oder Aktualität einer maßgeblichen Verfolgungsgefahr aus einem der Gründe, die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention aufgezählt sind, kann daher der Beschwerde zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides nicht stattgegeben werden.

4.3. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

Rechtsgrundlagen:

4.3.1. Wird ein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, so ist dem Fremden gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offen steht. Dies ist gem. § 11 Abs. 1 AsylG dann der Fall, wenn Asylwerber in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann. Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind. Bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände des Asylwerbers zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen (§ 11 Abs. 2 AsylG).

Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 3a AsylG nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückweisung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.

Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist gem. § 8 Abs. 2 AsylG mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 zu verbinden.

4.3.2. Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Die Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur Konvention betreffen die Abschaffung der Todesstrafe.

4.3.3. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 beschränkt den Prüfungsrahmen auf den Herkunftsstaat des Antragsstellers. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 ist ein Herkunftsstaat der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt.

Der (vormalige) § 8 Abs. 1 AsylG 1997 idF der AsylG-Novelle 2003 verwies auf § 57 Fremdengesetz (FrG), BGBl. I Nr. 75/1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002, wonach die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung verletzt würde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum vormaligen § 57 FrG - welche in wesentlichen Teilen auf § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zu übertragen sein wird - ist Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des bzw. der subsidiär Schutzberechtigten, dass eine konkrete, den Fremden betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122, VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (z.B. VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294, VwGH 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438, VwGH 30.05.2001, Zl. 97/21/0560). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 MRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427, VwGH 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028).

4.3.4. Einer Person, der der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, ist gemäß § 8 Abs. 4 AsylG vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine auf ein Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen.

Anwendung der Rechtsgrundlagen auf die gegenständliche Beschwerde:

4.3.5. Wie ebenfalls bereits oben in der Beweiswürdigung ausgeführt, lässt sich aus den aktuellen Länderberichten zu Somalia und zu XXXX eine zwar verbesserte, aber immer noch problematische allgemeine Sicherheitslage ablesen. Von einer effektiven Staatsgewalt kann immer noch nicht gesprochen werden.

Die Versorgungslage ist nach wie vor schwierig, und waren Mitte 2014 über eine Million Menschen von Nahrungsmittelnot betroffen. Rückkehrer_innen insbesondere nach XXXX sind auf eine Aufnahme durch ihre Kernfamilie und - allerdings weniger bedeutsam - durch ihren Clan angewiesen.

Und schließlich erleiden Minderheitenangehörige immer noch zahlreiche Formen der Diskriminierung und sind im Alltag häufig benachteiligt.

4.3.6. Die beschwerdeführende Partei hat seit 2012 keinen Kontakt mehr zu ihren Familienangehörigen in Somalia. Es kann daher nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass sie im Falle einer Rückkehr über ein entsprechendes, und nach den Länderfeststellungen notwendiges, Netzwerk durch ihre Kernfamilie verfügt.

Dazu kommt der unklare Status des Clans der beschwerdeführenden Partei. Die Indizien deuten darauf hin, dass diese im Falle einer Rückkehr nicht auf Unterstützung durch den Clan der Abgaal zählen würde können.

4.3.7. Es ist daher in Zusammenschau aller Faktoren davon auszugehen, dass die beschwerdeführende Partei im Falle einer Rückkehr in ihr Heimatland Somalia mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer realen Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung entgegen Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre.

4.3.8. Eine innerstaatliche Fluchtalternative steht der beschwerdeführenden Partei nicht offen, zumal in ihrem Fall eine allfällige Rückkehr bereits nach XXXX geprüft wurde. Eine Ansiedlung in Somaliland oder Puntland käme mangels dortiger familiärer oder sozialer Verwurzelung ebenfalls nicht in Frage (siehe EGMR, 05.09.2013, K.A.B./Schweden, Nr. 886/11, Abs. 82ff).

4.3.9. Ausschlussgründe nach § 9 Abs. 2 AsylG liegen nicht vor, da die beschwerdeführende Partei strafrechtlich unbescholten ist.

4.3.10. Daher war der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides stattzugeben und der beschwerdeführenden Partei gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Somalia zuzuerkennen.

Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG war der beschwerdeführenden Partei eine Aufenthaltsberechtigung für die Dauer eines Jahres zu erteilen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei der erheblichen Rechtsfrage betreffend die Zuerkennung von internationalem Schutz auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchpunkt A. wiedergegeben. Insoweit die dort angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte