BVwG W169 1425270-1

BVwGW169 1425270-15.11.2014

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art.133 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:W169.1425270.1.00

 

Spruch:

W169 1425270-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.02.2012, Zl. 11 04.684-BAT, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24.09.2014 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXXdamit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Gang des Verfahrens:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, reiste am 12.05.2011 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 20.05.2011 führte der Beschwerdeführer aus, dass er aus Jalalabad, Provinz Nangarhar, stamme und dort von 2004 bis 2007 die Schule besucht habe. Zum Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer vor, dass vor zirka einem Jahr ein Bauer seinen Vater beschuldigt habe, eine Kuh gestohlen zu haben. Es sei zu einem Handgemenge gekommen und sein Vater sei in Folge dieses Streites erschossen worden. Er selbst habe dies nicht gesehen, da er zu diesem Zeitpunkt in der Schule gewesen sei. Sein älterer Bruder habe das mitansehen müssen und sei verschwunden. Anschließend sei der Beschwerdeführer von seinem Onkel bei ihm zu Hause versteckt worden. Der Bauer, der seinen Vater erschossen habe, habe auch seinem Onkel gedroht, dass er diesen und den Beschwerdeführer töten werde. Im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan habe er Angst, getötet zu werden.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 06.07.2011 führte der Beschwerdeführer aus, dass seine Mutter vor zirka sieben Jahren und sein Vater vor zirka einem Jahr und zwei Monaten verstorben seien. Zum Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer vor, dass sein Vater von seinen Feinden immer wieder Drohungen bekommen habe. Der jüngere Sohn der Feinde seines Vaters habe seinen Vater zu Unrecht beschuldigt, deren Kuh gestohlen zu haben, weshalb es zu einen Handgemenge gekommen sei. Daraufhin habe dieser seinen Vater und seinen Onkel zu Hilfe geholt und diese hätten seinen Vater erschossen. Sein Bruder habe dies mit ansehen müssen und sei weggelaufen. Der Beschwerdeführer sei zu diesem Zeitpunkt in der Schule gewesen; als er nach Hause gekommen sei, habe er seinen toten Vater gesehen. Daraufhin habe ihn sein Onkel väterlicherseits mit nach Hause genommen und dort ca. zehn Monate versteckt. Vor ca. fünf Monaten hätten die Feinde seines Vaters seinem Onkel mitgeteilt, dass sie auch den Beschwerdeführer, seinen Bruder und den Onkel töten würden. An die Behörde seines Heimatlandes habe er sich nicht wenden können, zumal die Feinde seines Vaters sehr wohlhabend seien; sie hätten einen großen Handel.

Weiters führte der Beschwerdeführer aus, dass er in Österreich keine Verwandten habe. Er besuche seit einem Monat einen Deutschkurs. Er sei kein Mitglied in einem Verein.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesasylamtes wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zuerkannt und ihm unter Spruchpunkt III. die befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG bis zum 23.02.2013 erteilt.

Begründend wurde ausgeführt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen nicht glaubwürdig sei. Hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde vom Bundesasylamt im Bescheid festgehalten, dass aufgrund der allgemein instabilen Sicherheitslage in Afghanistan in Verbindung mit dem niedrigen Lebensalter des Beschwerdeführers die Kriterien für eine ausweglose Lage derzeit vorliegen würden.

4. Gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesasylamtes hat der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben und seine bereits im Rahmen der Einvernahme getätigten Angaben zu seinem Fluchtgrund wiederholt. Das Bundesasylamt habe die Zugehörigkeit des Beschwerdeführers zur "sozialen Gruppe der alleinstehenden Minderjährigen bzw. Waisen" rechtlich nicht gewürdigt. Die Begründung des Bundesasylamtes, weshalb seine Fluchtgründe nicht glaubwürdig seien, sei auch nicht nachvollziehbar. Es sei nicht unlogisch, dass die Feinde des Vaters die verschwundene Kuh zum Anlass für die Ermordung seines Vaters genommen hätten, auch wenn andere Gründe (Feindschaften) die Ursache darstellten. Im Gegensatz zur Auffassung des Bundesasylamtes habe der Beschwerdeführer seine Fluchtgeschichte durch konkrete Anhaltspunkte und Details glaubhaft machen können. So habe er zeitlich vergleichsweise genaue Daten getätigt, er habe eine Zeitangabe hinsichtlich der gegen ihn gerichteten Drohungen, ebenfalls ermordet zu werden, sowie die näheren Umstände des Todes seines Vaters nennen können. Zum Zeitpunkt der Ermordung seines Vaters sei der Beschwerdeführer beim religiösen Unterricht in einer Madrassa gewesen. Durch den Tod seines Vaters sei seine Familie schutzlos geworden, weshalb es für die Feinde umso leichter wäre, auch den Beschwerdeführer zu töten. Auch stehe sein Vorbringen mit der allgemeinen Lebenserfahrung in Afghanistan in Einklang; Sippenhaftung sei in Afghanistan weit verbreitet und werde ebenfalls in den Länderberichten des Bundesasylamtes erwähnt. Da er nichts Genaueres zu den Hintergründen der Ermordung seines Vaters, die bereits länger bestehenden Streitigkeiten, angeben habe können, erachte das Bundesasylamt sein Vorbringen ebenfalls als unglaubwürdig. Aufgrund seines geringen Alters - als er Afghanistan verlassen habe, sei er erst 15 Jahre alt gewesen - sei er jedoch nicht in der Lage, Begebenheiten zu erzählen, die Jahre zurückliegen würden. Wie bereits der VwGH ausgesprochen habe, sei das Alter des Einzuvernehmenden entsprechend zu berücksichtigen und könne das Vorbringen eines Minderjährigen nicht die gleiche Dichte wie das Vorbringen eines Erwachsenen aufweisen und müsste bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit bei Minderjährigen ein anderer Maßstab angelegt werden als bei erwachsenen Antragsstellern.

Darüber hinaus habe das Bundesasylamt bei der Entscheidungsfindung auch die Minderjährigkeit des Beschwerdeführers nicht ausreichend berücksichtigt, indem es außer Acht gelassen habe, dass er als Minderjähriger in Afghanistan durch sein geringes Alter einer umso höheren, qualifizierteren, somit asylrelevanten Gefahr ausgesetzt sei und damit besonders verletzlich und gefährdet sei. Die Bedrohungssituation richte sich individuell gegen ihn, da die unmittelbare Gefahr bestehe, getötet zu werden. Der Staat sei aufgrund der schwachen Zentralgewalt nicht in der Lage bzw. willens, geeignete Maßnahme zum Schutze Minderjähriger zu treffen. Auch Zwangsrekrutierungen und Entführungen durch verschiedenste Gruppierungen würden an der Tagesordnung stehen. Die Justiz und das Polizeiweisen sei weit davon entfernt, effektiven Schutz zu gewährleisten und komme es immer wieder zu Akten der Selbstjustiz. Täter könnten damit rechnen, straffrei auszugehen. Es liege sicherlich außerhalb der Möglichkeit eines Staates, jeden denkbaren Übergriff präventiv zu verhindern, jedoch habe die Zentralregierung, wie aus den Medien und allgemeinen Länderberichten hervorgehe, nur über weniger als 30% Afghanistans Herrschaftsgewalt und existiere somit keine effektive staatliche Ordnungsmacht.

Anschließend wurde auf die sich verschlechternde Sicherheitslage in der Provinz Nangarhar hingewiesen. In seiner Heimat wäre der Beschwerdeführer, abgesehen von der von ihm geschilderten individuellen Furcht vor Ermordung, auch zusätzlich der Gefahr der Entführung, der Gefahr der Zwangsrekrutierung, ständiger Bedrohung, struktureller Gewalt, unmittelbaren Einschränkungen und durch das Bestehen dieser Situation einer Reihe von Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Die ihn bedrohende Situation sei in ihrer Gesamtheit von asylrelevanter Intensität.

Schlussendlich wurde der Antrag gestellt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen

5. Am 19.03.2014 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein Schreiben des Beschwerdeführers ein, worin bekanntgegeben wurde, dass ein namentlich genannter Rechtsanwalt zum einstweiligen Sachwalter für den Beschwerdeführer bestellt worden sei. In einem wurde der Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 05.03.2014 bezüglich der Bestellung eines Verfahrenssachwalters für den Beschwerdeführer und eines einstweiligen Sachwalters zur Besorgung dringender Angelegenheiten übermittelt.

6. Am 24.09.2014 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche, mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seines Sachwalters statt. Im Rahmen der Verhandlung wiederholte der Beschwerdeführer seine bereits im Rahmen der erstinstanzlichen Einvernahme getätigten Angaben. Zudem legte der Sachwalter des Beschwerdeführers ein psychiatrisch-neurologisches Gutachten vom 05.05.2014 den Beschwerdeführer betreffend vor, welches auf Ersuchen des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien erstellt wurde.

Am Ende der Verhandlung wurden dem Sachwalter aktuelle Länderfeststellungen zur Situation in Afghanistan übergeben und ihm eine Frist von zwei Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.

7. Am 09.10.2014 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine diesbezügliche Stellungnahme des Sachwalters des Beschwerdeführers ein. Darin wurde ausgeführt, dass aus den Länderfeststellungen klar ersichtlich sei, dass die Sicherheitslage in Afghanistan äußerst instabil sei. Aus den übermittelten Länderfeststellungen gehe weiters hervor, dass die Zahl der zivilen Todesopfer in den ersten zehn Monaten des Jahres 2013 2568, die Zahl ziviler Verletzter 4826 betragen habe. Es sei damit ein Anstieg von 13% im Vergleich zum selben Zeitpunkt des Jahres 2012 verzeichnet worden. Anschläge würden das gesamte afghanische Staatsgebiet inklusive der Hauptstadt betreffen. Besonders in der Heimatregion des Beschwerdeführers sei die Sicherheitslage aber verehrend. In der Provinz Nangarhar hätten die regierungsfeindlichen Gruppierungen eine signifikante Eskalation zur Verstärkung ihrer Hochburg im Osten unternommen [...] Die am meisten umkämpften Provinzen seien 2012/13 Kandahar, Nangarhar, Helmand, Khost, Kunar und Ghazni. Die afghanischen Sicherheitsbehörden seien angesichts der aktuellen Berichte nicht in der Lage, Privatpersonen vor Übergriffen durch die Taliban oder durch private Feinde zu schützen. Dies ergebe sich aus den notorischen Länderfeststellungen sowie aus den Medien und gelte insbesondere für die Heimatprovinz des Beschwerdeführers. Die afghanischen Sicherheitsbehörden seien weder gewillt noch in der Lage, den Beschwerdeführer in seiner konkreten Situation (langjährige private Feindschaft) tatsächlich ausreichenden Schutz vor Verfolgung zu gewähren.

Wie der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung glaubwürdig und nachvollziehbar geschildert habe, sei sein Vater von den Feinden aufgrund eines Vorwandes (angeblicher Diebstahl einer Kuh) getötet worden. Der ältere Bruder sei geflüchtet, der Beschwerdeführer selbst sei einige Monate von einem Onkel versorgt und versteckt gehalten worden. Aufgrund des vom Beschwerdeführer geschildeten Vorfalls sei dieser bei einer Rückkehr nach Afghanistan jedenfalls asylrechtlich relevanter Verfolgung ausgesetzt. Festzuhalten sei, dass der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung die fluchtauslösenden Umstände glaubhaft und nachvollziehbar geschildert habe. Private Feindschaften mit lokalen Machthabern seien in Afghanistan weit verbreitet. Ebenfalls nachvollziehbar sei, dass der Vater des Beschwerdeführers seinen damals noch jungen Sohn nicht mit diesem "Generationenkonflikt" belasten habe wollen und der Beschwerdeführer daher nur sehr eingeschränkte Informationen darüber habe.

In diesen Zusammenhang sei weiters festzuhalten, dass der Beschwerdeführer aufgrund der Erlebnisse in seiner Heimat nach wie vor traumatisiert sei und werde diesbezüglich auf das neurologisch-psychologische Gutachten aus dem Sachwalterschaftsverfahren verwiesen. Aufgrund seines konkreten Fluchtvorbringens laufe der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Afghanistan Gefahr, von der verfeindeten Familie - genau wie sein Vater - getötet zu werden. Die afghanischen Sicherheitsbehörden seien keinesfalls willens oder in der Lage, dem Beschwerdeführer ausreichenden Schutz vor privater Verfolgung aufgrund dieser Blutfehde zu gewähren; insbesondere nicht in der Heimatregion des Beschwerdeführers. Vielmehr laufe der Beschwerdeführer Gefahr, bei einer Rückkehr nach Afghanistan von der gegnerischen Familie angegriffen und in weiterer Folge getötet zu werden. Aufgrund der konkreten Verfolgungslage des Beschwerdeführers seien die Voraussetzungen hinsichtlich Asylgewährung im konkreten Fall jedenfalls gegeben. Der Beschwerdeführer habe glaubhaft gemacht, dass ihm Verfolgung drohe bzw. er bereits im Visier der gegnerischen Familie stehe. Seine Angst, getötet zu werden, sei angesichts des aufgezeigten Sachverhaltes sohin jedenfalls glaubwürdig und nachvollziehbar und liege im konkreten Fall des Beschwerdeführers jedenfalls eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention vor.

Ferner sei festzuhalten, dass im konkreten Fall auch keine inländische Fluchtalternative gegeben sei. Der Beschwerdeführer habe in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass es sich bei der verfeindeten Familie um eine reiche und einflussreiche Familie handle, die weitreichenden Verbindungen zur Regierung als auch zu anderen Gruppierungen unterhalte (siehe Verhandlungsprotokoll Seite 6). Für diese dürfte es sohin ein Leichtes sein, den Beschwerdeführer im ganzen Land, sohin auch in Kabul, zu finden. Abschließend sei festzuhalten, dass der Beschwerdeführer keine Verwandten in Kabul habe; er wäre dort völlig auf sich alleine gestellt und es müsste auch der psychische Gesundheitszustand des Beschwerdeführers Berücksichtigung finden. Schließlich werde noch auf die UNHCR-Richtlinien zur Festlegung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom August 2013 verwiesen; dort würden an einer Blutfehde beteiligte Personen ausdrücklich genannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan und Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen. Er wurde in der Provinz Nangarhar in der Stadt Jalalabad geboren und hat dort vom siebten bis zum elften Lebensjahr die Schule besucht. Danach half er seinem Vater in der Landwirtschaft. Seine Mutter verstarb im Jahr 2004, sein Vater wurde vor ca. viereinhalb Jahren im Zuge einer Feindschaft, welche schon zu Lebzeiten der Großmutter des Beschwerdeführers existierte, getötet. Vor seinem Tod wurde der Vater des Beschwerdeführers immer wieder von seinen Feinden - einer wohlhabenden und einflussreichen Familie aus dem Nachbardorf, welche sowohl Verbindungen zur Regierung als auch zu anderen Gruppierungen hatte - schikaniert. Im Jahr 2010 wurde der Vater des Beschwerdeführers zu Unrecht vom jüngeren Sohn seiner Feinde beschuldigt, deren Kuh gestohlen zu haben, weshalb es zwischen den beiden zu einem Handgemenge kam. Daraufhin holte dieser seinen Vater und seinen Onkel zu Hilfe, welche den Vater des Beschwerdeführers erschossen. Aus Angst lief der Bruder des Beschwerdeführers, der dies mitansehen musste, von zu Hause weg. Wo sich dieser Bruder des Beschwerdeführers zur Zeit aufhält, weiß der Beschwerdeführer nicht. Der Beschwerdeführer war zu dem Zeitpunkt, als sein Vater erschossen wurde, in der Schule. Nach dem Vorfall versteckte sich der Beschwerdeführer ca. acht Monate bei seinem Onkel im ca. 30 Kilometer entfernten Nachbarsdorf, da die Feinde des Vaters des Beschwerdeführers auch drohten, den Beschwerdeführer, seinen Bruder bzw. seinen Onkel zu töten.

Im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland befürchtet der Beschwerdeführer aufgrund einer jahrelang bestehenden Feindschaft von den Feinden seines Vaters getötet zu werden.

Beim Beschwerdeführer liegen eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung und eine unreife Persönlichkeit vor, weshalb für diesen im März 2014 ein Verfahrenssachwalter und ein einstweiliger Sachwalter zur Besorgung dringender Angelegenheiten bestellt wurde.

Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten und nimmt Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch.

1.2 Zur Situation im Herkunftsstaat:

Allgemeines:

Afghanistan ist eine islamische Republik und hat schätzungsweise 24 bis 33 Millionen Einwohner. Die afghanische Verfassung sieht ein starkes Präsidialsystem mit einem Parlament vor, das aus einem Unterhaus und einem Oberhaus, deren Mitglieder von den Provinz- und Distriktsräten sowie vom Präsidenten bestellt werden, besteht.

(Country Report des U.S. Department of State vom 19. April 2013)

Laut afghanischer Verfassung ist es Präsident Karzai nicht erlaubt, für eine dritte Amtszeit zu kandidieren.

Die afghanische Nationalversammlung ("Shuraye Melli") besteht aus dem Unterhaus (Volksvertretung, "Wolesi Jirga") und dem Oberhaus (Ältestenrat/Senat, "Meshrano Jirga"), die nach dem Modell eines klassischen Zweikammersystems gleichberechtigt an der Gesetzgebung beteiligt sind. Die letzten Parlamentswahlen fanden am 18. September 2010 statt. Die Auseinandersetzung um die Ergebnisse bei den Parlamentswahlen hielt Monate an.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 10. Jänner 2012, S. 7; United States, Country on Human Rights Practices 2012 - Afghanistan, vom 19. April 2013, S. 1, Deutsches Auswärtiges Amt, Innenpolitik, vom April 2013; derstandard.at, "Afghanische Wahlkommission bestätigt Liste für Präsidentschaftswahl", vom 20. November 2013; Deutsche Bundesregierung, Fortschrittsbericht Afghanistan vom Januar 2014, S.

4)

Beim ersten Termin der Präsidentschaftswahlen am 05.04.2014 errangen Abdullah Abdullah mit 45 Prozent sowie Ahraf Ghani mit 31,6 Prozent die meisten Stimmen. Die Stichwahl fand am 14.06.2014 statt und war von Gewalt überschattetet. Die Wahlbeteiligung betrug dennoch fast 60 Prozent. Erste Resultate werden am 02.07.2014, das Endergebnis wird am 22.07.2014 erwartet. Abdullah und Ghani erhoben bereits gegenseitige Betrugsvorwürfe.

(Der Standard, Afghanistan: 250 Tote am Wahltag vom 15.06.2014)

Die Stichwahl für das Präsidentenamt in Afghanistan ist von Anschlägen, Angriffen und Gefechten mit etwa 250 Toten überschattet worden. Nach Angaben von Regierung und Provinzbehörden wurden am Wahltag 176 Aufständische, 44 Zivilisten und 29 Angehörige der Sicherheitskräfte getötet. Der Samstag war damit der blutigste Wahltag in Afghanistan seit dem Sturz des Taliban-Regimes Ende 2001.

(Die Presse, Rund 250 Tote am Wahltag in Afghanistan vom 15.06.2014)

Nach dem Sturz des Taliban-Regimes im Jahr 2001 wurde eine neue Verfassung erarbeitet, die schließlich im Januar 2004 ratifiziert wurde. In der afghanischen Verfassung ist die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau verankert und das Gesetz der Sharia wird nicht in dieser erwähnt. Jedoch wird Afghanistan als islamische Republik beschrieben, in welcher der Islam eine heilige Religion ist. Demzufolge darf es kein Gesetz geben, welches mit dem Glauben und der Religionspraxis im Islam in Konflikt gerät.

(IDEA [The International Institute for Democracy and Electoral Assistance]: Afghanistan: "An Electoral Management Body Evolves"; NDI [National Democratic Institute]: "Political Parties in Afghanistan - A Review of the State of Political Parties after the 2009 and 2010 Elections", vom Juni 2011; AREU [Afghanistan Research and Evaluation Unit]: "Women's Economic Empowerment in Afghanistan 2002-2012" vom Juli 2013)

Nach mehr als 30 Jahren Konflikt und 11 Jahre nach dem Ende der Herrschaft der Taliban befindet sich Afghanistan in einem langwierigen Wiederaufbauprozess. Die nationale Aussöhnung mit den Aufständischen sowie die Reintegration versöhnungswilliger Mitglieder der Insurgenz bleiben weiterhin eine Grundvoraussetzung für die Schaffung eines friedlichen und stabilen Afghanistans. Anstrengungen, die zur Sicherung der bisherigen Stabilisierungserfolge und zur Verbesserung der Zukunftsperspektiven der Bevölkerung beitragen, werden noch lange Zeit notwendig sein.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 4. Juni 2013, S. 4 und vom 31. März 2014, S.4)

Am Nato-Gipfeltreffen in Chicago im Mai 2012 wurden der schrittweise Abzug der internationalen Truppen bis 2014 sowie die Grundzüge des Nachfolgeeinsatzes diskutiert.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 3. September 2012, S. 2)

Nach einer Strategie der Übergabe der Sicherheitsverantwortung ("Transition") haben die afghanischen Sicherheitskräfte schrittweise die Verantwortung für die Sicherheit in Afghanistan von den internationalen Streitkräften übernommen. Ein Abzug aller ausländischen Streitkräfte aus dem Land ist bis Ende 2014 geplant. Es wird eine Intensivierung des Konflikts zwischen regierungstreuen und -feindlichen Kräften infolge des Abzugs der internationalen Truppen erwartet, sofern nicht vorher eine Friedensvereinbarung geschlossen wird.

(Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes afghanischer Asylsuchender vom 6. August 2013, S. 12)

Die afghanische Regierung ist weiterhin weit davon entfernt, ihren Bürgerinnen und Bürgern Sicherheit, effiziente Regierungsinstitutionen, Rechtsstaatlichkeit, soziale Basisdienstleistungen und Schutz vor Menschenrechtsverletzungen bieten zu können.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, S. 1)

Mittlerweile reklamieren die Taliban mit der systematischen Einrichtung parallelstaatlicher Strukturen in immer weiter nördlich gelegenen Gebieten den Anspruch für sich, als legitime Regierung Afghanistans betrachtet zu werden. Die regierungsähnlichen Strukturen in den von den Taliban kontrollierten Gebieten (mit Schattengouverneuren und in wichtigeren Gebieten mit verschiedenen Kommissionen z.B. für Justiz, Besteuerung, Gesundheit oder Bildung) sind relativ gut etabliert.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 3. September 2012)

Sicherheitslage allgemein:

Die Zahl der im Afghanistan-Konflikt getöteten oder verletzten Zivilisten ist nach Angaben der Vereinten Nationen im ersten Halbjahr 2013 deutlich gestiegen. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sind 23 Prozent mehr Opfer gezählt worden. Nach einem zwischenzeitlichen Rückgang im Jahr 2012 gibt es nun eine Rückkehr zu den hohen Zahlen von getöteten und verletzten Zivilisten des Jahres 2011. Von Jänner bis Oktober 2013 wurden insgesamt 2.568 Zivilisten getötet und 4.826 Zivilisten verletzt. Das entspricht einer Erhöhung um 13 Prozent im Vergleich zum selben Zeitraum im Jahr 2012.

Laut UNAMA sind 75 Prozent der Opfer durch Angriffe von Aufständischen getötet oder verletzt worden. In 10 Prozent der Fälle seien Regierungstruppen verantwortlich, weitere 13 Prozent seien bei Kämpfen zwischen beiden Seiten getötet oder verletzt worden. Die verbleibenden 4 Prozent der Fälle waren demnach keiner Konfliktpartei zuzuordnen und wurden in erster Linie durch Blindgänger verursacht.

(General Assembly/Security Council United Nations, "The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security" Rn. 24 vom 6. Dezember 2013; Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes afghanischer Asylsuchender vom 6. August 2013, S. 15)

Die Zahlen unterstreichen die schwierige Sicherheitslage in Afghanistan vor dem Ende des internationalen Kampfeinsatzes. Die USA und ihre NATO-Verbündeten wollen bis zum Ende 2014 alle Kampftruppen aus dem Land abziehen. Die Internationale Sicherheits-Unterstützungstruppe (ISAF) wird wie bisher bis zum Ende der Übergangsphase (31. Dezember 2014) die Afghan National Security Forces (ANSF) ausbilden, beraten und unterstützen, jedoch wenn erforderlich auch Kampfunterstützung liefern.

Auf die Abzugspläne der deutschen Bundeswehr haben die veränderten Daten zur Sicherheitslage keine Auswirkungen. Es bleibt bislang auch bei den Absichten, von Ende 2014 an für eine Ausbildungs- und Trainingsmission der NATO zwischen 600 und 800 Bundeswehrsoldaten zur Verfügung zu stellen.

(ORF-online: "Afghanistan: 2013 bereits über 1.300 zivile Opfer" vom 31. Juli 2013; NATO "International Security Assistance Force" vom 1. August 2013; Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Bundeswehr korrigiert Statistik über Sicherheit in Afghanistan" vom 31. Mai 2013)

Karzai versucht, Afghanistan vor der Präsidentenwahl und dem Abzug der NATO-Truppen in diesem Jahr zu stabilisieren. Die ausländischen Soldaten übertragen immer mehr der Verantwortung für die Sicherheit in Afghanistan auf die 350.000 Mitglieder der einheimischen Sicherheitskräfte.

(APA: "Afghanisches Parlament feuert Innenminister wegen Gewaltwelle" vom 22. Juli 2013)

Im Juni 2013, eineinhalb Jahre vor Ende des Nato-Kampfeinsatzes, haben die afghanischen Sicherheitskräfte offiziell im ganzen Land die Verantwortung übernommen.

(TAZ: "Afghanen tragen jetzt die volle Verantwortung" vom 19. Juni 2013)

Der Konflikt in Afghanistan beeinflusst nun auch Provinzen, die bisher als die stabilsten im Land betrachtet wurden, wie etwa die Provinz Panjshir. Die Gewalt ist nicht auf Kabul oder allgemein auf städtische Zentren beschränkt. Die Aufständischen in ländlichen Gebieten gehen oft extrem gewalttätig vor.

Die Verbreitung von lokalen Milizen und bewaffneten Gruppen - sowohl pro- und anti-Regierung - im Norden, Nordosten und in zentralen Hochland-Regionen haben eine weitere negative Auswirkung auf die Sicherheitslage für Zivilisten.

(Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes afghanischer Asylsuchender vom 6. August 2013, S. 14)

Die Opfer unter den ISAF-Angehörigen gingen insbesondere aufgrund der Verringerung der Kräfte als auch des gewandelten militärischen Auftrages in den ersten fünf Monaten des Jahres 2013 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 121 auf 60 zurück. Infolge des nahezu abgeschlossenen Aufwuchs der ANSF, der hohen Operationslast als Folge der Übernahme der aktiven Sicherheitsverantwortung und der damit einhergehenden Zielauswahl durch die regierungsfeindlichen Kräfte stiegen die personellen Verluste der ANSF von 499 auf 1.070 in den ersten vier Monaten 2013 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutlich an. Auch in Zukunft ist infolge der weiter fortschreitenden Transition mit hohen Verlustzahlen unter ANSF-Angehörigen zu rechnen. Die Hauptursachen für den Anstieg der zivilen Opfer in der ersten Jahreshälfte 2013 waren die vermehrte willkürliche Verwendung von Spreng- und Brandvorrichtungen durch regierungsfeindliche Elemente sowie Selbstmordanschläge und komplexe Angriffe an Orten, an denen sich Zivilisten aufhalten, darunter auch zivile Regierungsgebäude. Wie UNAMA weiters ausführt, hat eine sich verändernde politische und sicherheitsrelevante Dynamik in der ersten Jahreshälfte 2013 den Schutz von Zivilisten behindert und den Zugang zu Menschenrechten beschränkt. Auf die Übertragung der Sicherheitsverantwortung von den internationalen Truppen an die afghanischen Sicherheitskräfte und die Schließung von internationalen Militärbasen haben regierungsfeindliche Elemente mit zunehmenden Angriffen auf die afghanischen Sicherheitskräfte, hauptsächlich an Checkpoints, auf strategisch wichtigen Highways, in einigen Gebieten, die an die afghanischen Sicherheitskräfte übergeben wurden, und in Distrikten, die an Afghanistans Nachbarländer grenzen, reagiert.

(UNAMA, Mid-Year Report 2013, vom Juli 2013, S. 1f)

Die Planungen der NATO für den ISAF Folgeeinsatz Resolute Support Mission schreiten voran. Die konditionierte Zusage Deutschlands für seinen Beitrag zu Resolute Support vom 18. April 2013 bildet den Rahmen für die weiteren Planungen. Deutschland ist - vorbehaltlich der auch künftig jährlich einzuholenden Zustimmung des Deutschen Bundestages - zur Übernahme der Verantwortung als Rahmennation für den Norden von Afghanistan, Bereich Masar-e Scharif, für zunächst zwei Jahre bereit und will mit seinen multinationalen Partnern die Arbeit fortsetzen. Daneben wird ein deutscher Truppen-Beitrag im Großraum Kabul eingesetzt werden.

Aufbauend auf dem im Juni 2013 durch die NATO-Verteidigungsminister gebilligten Operationskonzept für Resolute Support wurde im Oktober mit der Verabschiedung des sog. Strategic Planning Assessment (SPA) eine weitere Weichenstellung für die Planung der ISAF-Folgemission vorgenommen. Das im November 2013 zwischen Afghanistan und den USA verhandelte, aber noch nicht unterzeichnete Bilaterale Sicherheitsabkommen dient als Grundlage für die bereits laufenden Verhandlungen zu einem umfassenden Stationierungsabkommen für die NATO und alle Partnernationen. Letzteres bildet auch eine wesentliche rechtliche Voraussetzung für die neue deutsche Mission.

(Deutsche Bundesregierung, Fortschrittsbericht Afghanistan, vom Januar 2014, S. 16 f.)

Der afghanische Innenminister Umer Daudzai hat laut einem Anfang September 2013 veröffentlichten Artikel bekannt gegeben, dass seit März 2013 insgesamt 1.792 Polizisten getötet wurden - die meisten durch am Straßenrand platzierte Bomben.

(AlertNet: "Afghan police deaths double as foreign troops withdraw" vom 2. September 2013)

Der UNO-Generalsekretär erwähnt in einem Bericht vom März 2013, dass im Zeitraum vom 16. November 2012 bis 15. Februar 2013 insgesamt

3.783 sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet wurden. Dies stellt einen 4-prozentigen Rückgang gegenüber dem gleichen Zeitraum ein Jahr zuvor dar. Die Zahl der zwischen 1. Jänner und 15. Februar 2013 verzeichneten Sicherheitsvorfälle lag allerdings um 6 Prozent höher als im Vorjahr. Wie der UNO-Generalsekretär berichtet, ereigneten sich die meisten der zwischen 16. November 2012 und 15. Februar 2013 verzeichneten Vorfälle auch weiterhin in den Provinzen im Süden, Südosten und Osten des Landes. Die größte Zahl wurde in der Provinz Nangarhar verzeichnet.

(UN-General Assembly Security Council: "The Situation in Afghanistan and its implications for international peace and security" vom 5. März 2013)

In einem Bericht vom Juni 2013 erwähnt der UNO-Generalsekretär, dass im Zeitraum vom 16. Februar bis 15. Mai 2013 insgesamt 4.267 sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet wurden. Dies stellt einen 10-prozentigen Anstieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum dar. 70 Prozent der Vorfälle ereigneten sich im Süden, Südosten und Osten des Landes. Im Osten des Landes ist es zu einem Zustrom von Aufständischen in die Provinzen Nuristan und Badachschan und einem 18-prozentigen Anstieg der Anzahl der Vorfälle gekommen. Bewaffnete Auseinandersetzungen und Spreng- und Brandvorrichtungen machten weiterhin die Mehrzahl der Vorfälle aus.

(UN-General Assembly Security Council: "The Situation in Afghanistan and its implications for international peace and security" vom 13. Juni 2013)

In einem im September 2013 erschienenen Bericht des UNO-Generalsekretärs wird erwähnt, dass die afghanischen Sicherheitskräfte die meisten Operationen durchführen und ihre Opferzahl deutlich angestiegen ist. Berichten zufolge wurden im zweiten Quartal des Jahres 2013 mehr als 3.500 Angehörige der afghanischen Sicherheitskräfte bei Kampfhandlungen verletzt oder getötet. Am 1. Juli 2013 hat der afghanische Innenminister bekannt gegeben, dass zwischen Mitte Mai und Mitte Juni 2013 insgesamt 299 Polizisten getötet wurden. Dabei handelt es sich um einen 22-prozentigen Anstieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Im selben Bericht wird angeführt, dass im Zeitraum vom 16. Mai bis 15. August 2013 insgesamt 5.922 sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet wurden. Dies stellt einen 11-prozentigen Anstieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum und einen 21-prozentigen Rückgang im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Jahr 2011 dar. Laut Bericht haben die Aufständischen ihren Schwerpunkt unter anderem auf Angriffe auf Sicherheitskontrollpunkte und Stützpunkte gelegt, die von den internationalen Truppen an die afghanischen Sicherheitskräfte übergeben wurden. Generell wirkungsvoller Widerstand durch die afghanischen Sicherheitskräfte hat sich auf den Schutz von wichtigen städtischen Zentren, Verwaltungszentren von Distrikten und strategisch wichtigen Transportrouten fokussiert. Die Mehrheit der sicherheitsrelevanten Vorfälle (69 Prozent) ereignete sich weiterhin in den Provinzen im Süden, Südosten und Osten des Landes.

(UN-General Assembly Security Council: "The Situation in Afghanistan and its implications for international peace and security" vom 6. September 2013)

Gemäß ANSO gelingt es den afghanischen Sicherheitskräften nicht, die sich aus dem Abzug der internationalen Truppen ergebenden Lücken zu füllen. Dies zeigt sich insbesondere in den nordwestlichen Provinzen Faryab und Badghis, im gesamten Nordosten und in der südlichen Provinz Paktika. In einigen Gebieten, in welchen die Übergabe in Phase drei erfolgt ist, sind zunehmende Aktivitäten regierungsfeindlicher Gruppierungen zu verzeichnen, während die Aktivitäten der afghanischen Sicherheitskräfte in diesen Gebieten zeitgleich zurückgegangen sind. Mit dem voranschreitenden Abzug der internationalen Truppen haben die regierungsfeindlichen Gruppierungen ihre Angriffe kontinuierlich von den internationalen Zielen weg auf afghanische Ziele fokussiert, d.h. auf die afghanischen Sicherheitskräfte sowie auf afghanische Regierungsangehörige. Dies widerspricht der erwarteten Logik, dass die sinkende internationale Präsenz zu einem Rückgang der militärischen Aktivitäten der regierungsfeindlichen Gruppierungen führen würde.

Die Führung der Taliban ist weiterhin in der Lage, die militärischen Operationen der Bewegung von Pakistan aus strategisch zu lenken sowie die notwendigen Ressourcen zur Unterstützung der operationellen Prioritäten zu beschaffen. Seit 2009 lassen sich drei Entwicklungen erkennen: Erstens wurden auf der strategischen Ebene beträchtliche Anstrengungen hin zu einer stärkeren Zentralisierung der Kommando- und Kontrollstrukturen unternommen, um einer Fragmentierung der Bewegung entgegenzuwirken. Zweitens zeichnet sich eine Militarisierung der Administration ab. Der militärische Druck seitens der ISAF zwang zahlreiche Schattengouverneure in den Untergrund oder zur Flucht nach Pakistan und führte dadurch zu einem verminderten Einfluss dieser. In der Konsequenz ist die Macht der Militärkommissionen gestiegen, die vor Ort präsent sind. Drittens lässt sich auf der taktischen Ebene eine Professionalisierung der Bewegung feststellen.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, S. 5 f; ANSO, Quarterly Data Report Q1 2013, S. 12 und 17; ANSO, Quarterly Data Report Q1 2013, S. 11)

In der afghanischen Hauptstadt Kabul sind bei einem Selbstmordanschlag acht Menschen getötet worden. Ziel des Attentäters sei ein Bus mit Militärangehörigen im stark abgesicherten Gebiet in der Nähe der Universität gewesen, teilte die Polizei heute mit. Mindestens fünf der Toten gehörten zur Luftwaffe. Bei der Explosion seien zudem 13 weitere Menschen verletzt worden. Vor zwei Wochen fand in Afghanistan eine Stichwahl um das Präsidentenamt statt. Das Wahlergebnis sollte eigentlich heute bekanntgegeben werden.

(ORF-online; http://www.orf.at/ #/stories/2236311/, Acht Tote bei Selbstmordanschlag in Kabul, 02.07.2014)

Bei tagelangen Gefechten in der südafghanischen Provinz Helmand sind nach offiziellen Angaben mehr als 330 Menschen getötet worden, darunter Dutzende Zivilisten. Das Innenministerium in Kabul teilte am Sonntag mit, mindestens 250 Taliban-Kämpfer seien unter den Toten der vergangenen zehn Tage. Nach Angaben der Provinzregierung kamen mindestens 32 Angehörige der Sicherheitskräfte und 50 Zivilisten ums Leben, darunter Frauen und Kinder. Der Sprecher der Provinzregierung, Omar Zwak, sagte, rund 3200 Familien seien vor der Gewalt geflohen. Die Gesundheitsbehörden in Helmand meldeten mehr als 300 Verwundete.

Am vorvergangenen Freitag hatten nach Zwaks Angaben mehr als 1000 Taliban-Kämpfer in den Distrikten Nawzad, Sangin, Kajaki und Musa Qala Stellungen der Sicherheitskräfte angegriffen. Diese begannen daraufhin eine Gegenoffensive. Zwak sagte, die Aufständischen seien weitgehend zurückgeschlagen worden, Gefechte dauerten aber noch an. Die Taliban waren in den vergangenen Jahren von offenen Großangriffen auf Sicherheitskräfte abgekommen und hatten vor allem auf Anschläge mit Sprengfallen gesetzt. Ihre Offensive gegen afghanische Sicherheitskräfte im Süden könnte einen Strategiewechsel vor dem Auslaufen des NATO-Kampfeinsatz zum Jahresende signalisieren.

(DiePresse.com,http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/3829431/Sudafghanistan_Hunderte-Tote-nach-tagelangen-Kaempfen?from=suche.intern.portal , 29.06.2014)

Bei einem Bombenanschlag im Süden Afghanistans sind nach Polizeiangaben drei US-Soldaten getötet worden. Der an einem Motorrad befestigte Sprengsatz explodierte den Angaben zufolge gestern in der Nähe einer Patrouille der NATO-geführten Afghanistan-Truppe ISAF. Die ISAF bestätigte den Vorfall im Bezirk Nad Ali in der südafghanischen Provinz Helmand. Pentagon-Vertreter erklärten, es habe sich um US-Soldaten gehandelt. Die islamistischen Taliban bekannten sich in einer Textbotschaft zu dem Attentat.

(ORF-Online, Drei US-Soldaten bei Anschlag in Afghanistan getötet vom 21.06.2014)

Drei Selbstmordattentäter der Taliban haben in Afghanistan Anschläge auf Nato-Lastwagen verübt. An der Grenze zu Pakistan im Osten des Landes hätten sich Polizisten und Taliban-Kämpfer daraufhin einen Schusswechsel geliefert, meldeten afghanische Offizielle. Alle drei Angreifer seien getötet worden, hieß es aus der Provinzregierung. Einer habe sich selbst in die Luft gesprengt, die beiden anderen seien von Polizisten erschossen worden. Die Taliban bekannten sich zu den Anschlägen. Die Attentäter hätten die Wagen auf dem Parkplatz des Nato-Quartiers in der Provinz Nangarhar attackiert, sagte ein Sprecher der Grenzpolizei. Der Gebäudekomplex am Torkham-Checkpoint liegt an einer wichtigen Route für Lieferungen der Nato in Afghanistan - die meisten Transporte der Truppe laufen über diesen Grenzposten. Der durch die Anschläge ausgelöste Schaden ist offenbar verheerend. Der Provinzregierung zufolge wurden durch Explosionen, die bei dem Schusswechsel ausgelöst wurden, 37 Nato-Benzinlaster beschädigt oder gänzlich zerstört.

(Spiegel-Online,

http://www.spiegel.de/politik/ausland/afghanistan-taliban-anschlag-auf-nato-lastwagen-a-976069.html , vom 19.06.2014)

Sicherheitslage im Südwesten, Süden und Osten des Landes:

Im Süden waren auch 2012 die meisten zivilen Opfer zu beklagen (46 Prozent). Im Süden und Osten finden die meisten extralegalen Hinrichtungen statt, die überdies um 107 Prozent bzw. 114 Prozent massiv anstiegen. Der Fokus der regierungsfeindlichen Gruppierungen richtete sich jedoch zunehmend auf den Osten, wo die gewaltsamen Auseinandersetzungen in der Folge rasant zunahmen. Insbesondere in der Provinz Nangarhar haben die regierungsfeindlichen Gruppierungen eine signifikante Eskalation zur Verstärkung ihrer Hochburg im Osten unternommen. ANSO geht davon aus, dass es sich um eine strategische Positionierung im Hinblick auf 2014 handelt. Im Frühjahr 2013 konnten die regierungsfeindlichen Gruppierungen ihre Position im Osten weiter konsolidieren und auch im Süden sind die Angriffe erneut in die Höhe geschnellt. Die am meisten umkämpften Provinzen waren 2012/13 Kandahar, Nangarhar, Helmand, Khost, Kunar und Ghazni.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, S. 10)

In Nangarhar stiegen die Zwischenfälle durch regierungsfeindliche Gruppierungen im ersten Quartal 2013 gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres um 81 Prozent an. Ebenso wie in Laghman, wo die Zahl der Zwischenfälle um 250 Prozent anstieg, wurden in Nangarhar die größten Zuwächse an Angriffen der bewaffneten Opposition verzeichnet, die auf die Infiltrationsrouten aus Pakistan und die strategisch bedeutsamen Gebiete angrenzend an Kabul-Tokham-Highway abzielen. Die Provinz Kunar war im ersten Quartal 2013 nach Helmand "Spitzenreiter", was das Ausmaß der Angriffe anbelangt. Die Zahl der Vorfälle erhöhte sich in Kunar um 21 Prozent im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Auch in der Provinz Ghazni geht der Trend bezüglich der Sicherheitslage in Richtung einer Verschärfung: Im ersten Quartal 2013 stieg die Zahl der Vorfälle jedoch im Vergleichszeitraum des Vorjahres um 127 Prozent.

(ANSO, Quarterly Report ,vom April 2013)

Vorfälle, wie etwa die Entführung von 20 Zivilisten auf dem Weg in die Distrikte Jaghori und Malistan, ereignen sich am häufigsten in den Distrikten Qarabagh und Gilan, wo die Taliban über Einfluss verfügen.

(ACCORD-Anfragebeantwortung vom 14. August 2013)

Die Provinz Wardak liegt strategisch günstig beim westlichen Zugang zu Kabul und wird von regierungsfeindlichen Gruppen als Tor für Angriffe auf die Provinz Kabul genützt.

(Länderinformation der Staatendokumentation vom 28. Jänner 2014)

Im ersten Quartal haben sich die Vorfälle in Wardak um 187 Prozent im Vergleich zum Vorjahr erhöht. Auch in der Provinz Helmand, wo die Taliban in das soziale Gefüge eingebettet sind, und in der Provinz Kandahar, der traditionellen Hochburg der Taliban, nahm die Zahl der Vorfälle zu.

(ANSO, Quarterly Report, vom April 2013)

Helmand und Kandahar sind die Provinzen, wo mit Abstand die meisten Opfer von Bombenanschlägen zu beklagen sind.

(UNAMA-Annual Report vom Februar 2014)

Sicherheitslage in der Provinz Nangarhar:

Eineinhalb Jahre vor Ende des Nato-Kampfeinsatzes haben die afghanischen Sicherheitskräfte offiziell im ganzen Land die Verantwortung übernommen. Dies sagte Präsident Hamid Karzai am 18. Juni 2013 in der Militärakademie bei Kabul. Zuvor hatte ein Selbstmordattentäter in Kabul drei Zivilisten getötet. Karzai sprach von einer verbesserten Sicherheitslage, doch hat sich diese laut Experten verschlechtert.

(TAZ: "Afghanen tragen jetzt die volle Verantwortung" vom 19. Juni 2013)

Unter anderem sind Hekmatyars Hezb-e Islami, Taliban, das Haqqani-Netzwerk und die Al Qaida in Nangarhar als regierungsfeindliche Gruppierungen aktiv.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, S. 4f)

Der UNO-Generalsekretär erwähnt in einem Bericht vom März 2013, dass im Zeitraum vom 16. November 2012 bis 15. Februar 2013 insgesamt

3.783 sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet wurden. Dies stellt einen 4-prozentigen Rückgang gegenüber dem gleichen Zeitraum ein Jahr zuvor dar. Die Zahl der zwischen 1. Jänner und 15. Februar 2013 verzeichneten Sicherheitsvorfälle lag allerdings um 6 Prozent höher als im Vorjahr. Wie der UNO-Generalsekretär berichtet, ereigneten sich die meisten der zwischen 16. November 2012 und 15. Februar 2013 verzeichneten Vorfälle auch weiterhin in den Provinzen im Süden, Südosten und Osten des Landes. Die größte Zahl wurde in der Provinz Nangarhar verzeichnet.

(UN-General Assembly Security Council, The Situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, vom 5. März 2013)

Menschenrechte und Menschenrechtsorganisationen:

Trotz beachtlicher Erfolge während der vergangenen elf Jahre bleibt die gesellschaftliche Verankerung der Menschenrechte, insbesondere der Frauenrechte, eine große Herausforderung in Afghanistan. Das liegt zum einen an der Schwäche der afghanischen Institutionen und mangelnder Rechtskenntnis bei Bevölkerung und Behörden, zum anderen an der mangelnden Akzeptanz von Menschen- und Frauenrechten innerhalb der Gesellschaft. Nicht zuletzt spielt die fehlende Bereitschaft von Justiz und Strafverfolgungsbehörden, geltende Gesetze zum Schutz von Menschen- und Frauenrechten umzusetzen, eine Rolle. In Umsetzung der Tokio-Verpflichtungen muss die afghanische Regierung weitere Anstrengungen zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und Verbesserung der Situation der Menschenrechte vorweisen. Mittlerweile haben sich die afghanische Regierung und die Staatengemeinschaft auf zwei messbare Hard Deliverables im Bereich der Menschenrechte geeinigt, anhand derer die internationale Gemeinschaft eine erste Bilanz der Reformfortschritte ziehen will:

1. Bericht aller beteiligten Regierungsinstitutionen zur landesweiten Umsetzung des Gesetzes zur Eliminierung von Gewalt gegen Frauen [EVAW] und 2. inklusiver Nominierungsprozess für die Kommissare der Unabhängigen Afghanischen Menschenrechtskommission (Afghan Independent Human Rights Commission [AIHRC]).

Neben der afghanischen Verfassung selbst, in der die Gleichberechtigung von Männern und Frauen festgeschrieben ist, bedeutet insbesondere das per Präsidialdekret erlassene EVAW-Gesetz vom August 2009 eine signifikante Stärkung der Frauenrechte. Sowohl ein UNAMA-Bericht vom 11. November 2012 als auch die AIHRC bestätigen, dass im Vergleich zum Vorjahr deutlich mehr Fälle von Gewalt registriert und damit öffentlich geworden sind. Damit sind die Voraussetzungen für eine Strafverfolgung der Schuldigen erheblich besser geworden. Von einer effektiven Umsetzung des Gesetzes sind die Behörden jedoch noch weit entfernt.

Dies bestätigt auch der jüngste Bericht von Human Rights Watch zur Situation weiblicher Insassen afghanischer Hafteinrichtungen, denen sogenannte "Sittenverbrechen" nach der islamischen Scharia vorgeworfen werden. Derzeit seien rund 600 Frauen - also die Hälfte aller weiblichen Insassen - wegen solcher "moralischer Vergehen" inhaftiert. Den meisten dieser Frauen werde Flucht aus dem Elternhaus oder dem Haus des Ehemannes angelastet. Dies sei auch nach afghanischem Recht keine Straftat. Vielmehr seien gerade diese Frauen oft Opfer von häuslicher Gewalt, die nach dem EVAW-Gesetz unter besonderem Schutz der Behörden stehen müssten.

Mangelnde Kenntnis und Akzeptanz des EVAW-Gesetzes führen jedoch dazu, dass viele Fälle von Gewalt gegen Frauen nach wie vor an traditionelle Streitschlichtungsgremien überwiesen werden. Zudem haben auch Menschenrechtsorganisationen festgestellt, dass es der afghanischen Polizei und Justiz weiterhin nicht selten noch an hinreichender Qualifikation fehlt, um Mindeststandards der Rechtspflege konsequent einzuhalten.

Der UNAMA-Folgebericht zu Folter in afghanischen Haftanstalten vom Januar 2013 bestätigt ebenfalls, dass Defizite bei den Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden die Durchsetzung der Menschenrechte in Afghanistan erschweren. Der Bericht konzentriert sich auf Inhaftierte, die im Zusammenhang mit dem bewaffneten Konflikt in Afghanistan festgenommen oder verurteilt wurden. Darin werden den Sicherheitskräften erneut Rechtsverstöße, vor allem Folter, vorgeworfen. Die Gebergemeinschaft, vor allem die EU und die UN, hat nach Veröffentlichung des UNAMA-Berichts die afghanische Regierung nachdrücklich aufgefordert, die Menschenrechte einzuhalten und die Haftbedingungen zu verbessern.

Die afghanische Regierung zog die Ergebnisse des UNAMA-Berichts zunächst in Zweifel. Präsident Karzai beauftragte noch im Januar 2013 eine afghanische Untersuchungskommission, die Vorwürfe zu prüfen. Diese bestätigte die Feststellungen des UNAMA-Berichts. Die Kommission gab elf Handlungsempfehlungen an die Regierung, darunter eine minimale Gesundheitsversorgung für Inhaftierte und Videoaufzeichnungen bei Verhören. Der Präsident ordnete am 11. Februar 2013 die Umsetzung der Empfehlungen per Dekret an. Die AIHRC ist inzwischen wieder voll besetzt.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 4. Juni 2013, S. 4f; Deutsche Bundesregierung, Fortschrittsbericht Afghanistan, vom Juni 2013, S.17ff; Deutsche Bundesregierung, Fortschrittsbericht Afghanistan, vom Januar 2014, S. 27ff.)

Allerdings hat die Ernennung der neuen Mitglieder der Menschenrechtskommission im Juni 2013 Unmut unter Menschenrechtsorganisationen sowohl in Afghanistan, als auch im Ausland hervorgerufen.

(RFE-Radio Free Europe: "Human Rights Appointments Draw Fire In Afghanistan", vom 3. Juli 2013)

So beförderte Staatspräsident Karzai, unter anderem, einen früheren Talibanführer zum Kommissionär der AIHRC. Es gab auch andere kontroverse KandidatInnen.

(Afghan Analyst: AIHRC Commissioners Finally Announced, vom 16. Juni 2013; vgl. Revolutionary Association of the Women of Afghanistan:

"Human Rights Commission Appointments Draw Fire In Afghanistan" vom 3. Juli 2013)

Justiz und (Sicherheits‑)Verwaltung:

Verwaltung und Justiz funktionieren nur sehr eingeschränkt. Neben der fehlenden Einheitlichkeit in der Anwendung der verschiedenen Rechtsquellen (kodifiziertes Recht, Scharia und Gewohnheitsrecht), werden auch rechtsstaatliche Verfahrensprinzipien nicht regelmäßig eingehalten. Trotz bestehender Aus- und Fortbildungsangebote für Richter und Staatsanwälte wird die Schaffung eines funktionierenden Verwaltungs- und Gerichtssystems noch Jahre dauern.

(Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 4. Juni 2013)

Richterinnen und Richter sind Bestechungsversuchen und Drohungen sowohl seitens lokaler Machthaber, Beamten aber auch Familienangehörigen, Stammesältesten und Angehöriger regierungsfeindlicher Gruppierungen ausgesetzt, was ihre Unabhängigkeit schwerwiegend beeinträchtigt. Die Urteile zahlreicher Gerichte basieren auf einem Gemisch von kodifiziertem Recht, Schari'a, lokalen Gebräuchen und Stammesgesetzen. Gerichtsprozesse entsprechen in keiner Weise den internationalen Standards für faire Verfahren. Die Haftbedingungen liegen weiterhin unter den internationalen Standards; sanitäre Einrichtungen, Nahrungsmittel, Trinkwasser und Decken sind mangelhaft, ansteckende Krankheiten verbreitet.

Die Afghanische Nationale Polizei [ANP] gilt als korrupt und verfügt bei der afghanischen Bevölkerung kaum über Vertrauen. Die afghanischen Sicherheitskräfte, die inzwischen praktisch im ganzen Land an vorderster Front kämpfen, werden auch künftig auf internationale Unterstützung sowie Beratung und Ausbildung angewiesen sein. Ein weiteres schwerwiegendes Problem stellt die hohe Ausfallquote dar: Rund 35 Prozent der Angehörigen der Afghanischen Sicherheitskräfte schreiben sich jedes Jahr nicht mehr in den Dienst ein. Die Desertionsrate in der Armee wird nur noch von jener der ANP übertroffen.

Die Taliban haben in den von ihnen kontrollierten Gebieten ihre eigenen parallelstaatlichen Justizsysteme eingerichtet. Ihre Rechtsprechung basiert auf einer äußerst strikt ausgelegten Interpretation der Shari'a; die von ihnen ausgeführten Bestrafungen umfassen auch Hinrichtungen und körperliche Verstümmelungen und werden von UNAMA teilweise als Kriegsverbrechen eingestuft.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, S. 12f)

Eine Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis, die systematisch nach Merkmalen wie Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung diskriminiert, ist nicht festzustellen. Fälle von Sippenhaft sind allerdings nicht auszuschließen (Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 4.6.2013). Blutfehden können zu lang anhaltenden Kreisläufen aus Gewalt und Vergeltung führen. Nach dem Pashtunwali muss die Rache sich grundsätzlich gegen den Täter selbst richten, unter bestimmten Umständen kann aber auch der Bruder des Täters oder ein anderer Verwandter, der aus der väterlichen Linie stammt, zum Ziel der Rache werden. Im Allgemeinen werden Racheakte nicht an Frauen und Kinder verübt. Wenn die Familie des Opfers nicht in der Lage ist, sich zu rächen, dann kann die Blutfehde ruhen, bis die Familie des Opfers sich in der Lage sieht, Racheakte auszuüben. Daher kann sich die Rache Jahre oder sogar Generationen nach dem eigentlichen Vergehen ereignen. Die Bestrafung des Täters durch das formale Rechtssystem schließt gewaltsame Racheakte durch die Familie des Opfers nicht notwendigerweise aus.

Innerhalb der Polizei sind Korruption, Machtmissbrauch und Erpressung - ebenso wie in der Justiz - endemisch.

(Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes Afghanischer Asylsuchender vom 6. August 2013)

Versorgungslage:

Die Grundversorgung ist für große Teile der Bevölkerung eine tägliche Herausforderung. Das World Food Programme reagiert das ganze Jahr hindurch in verschiedenen Landesteilen auf Krisen bzw. Notsituationen wie Dürre, Überschwemmungen oder extremen Kälteeinbruch. Auch der Norden - eigentlich die "Kornkammer" - des Landes ist extremen Natureinflüssen wie Trockenheiten, Überschwemmungen und Erdverschiebungen ausgesetzt. Die aus Konflikt und chronischer Unterentwicklung resultierenden Folgeerscheinungen im Süden und Osten haben zur Folge, dass ca. 1 Mio. oder 29,5 Prozent aller Kinder als akut unterernährt gelten.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 4. Juni 2013, S. 18)

Medizinische Versorgung:

Die medizinische Versorgung ist trotz erkennbarer Verbesserungen landesweit (die Anzahl der Gesundheitseinrichtungen hat sich seit 2002 vervierfacht) aufgrund ungenügender Verfügbarkeit von Medikamenten, Ausstattung der Kliniken, Ärzten und Ärztinnen sowie mangels gut qualifizierten Assistenzpersonals (v.a. Hebammen) immer noch unzureichend. Dies führt dazu, dass Afghanistan weiterhin zu den Ländern mit der höchsten Mütter- und Kindersterblichkeitsrate der Welt gehört. Die Lebenserwartung der Frauen liegt bei 51, Männer werden im Schnitt 48 Jahre alt.

Durch die überdurchschnittlich gute ärztliche Versorgung im French Medical Institute in Kabul können Kinder auch mit komplizierteren Krankheiten in Kabul behandelt werden. Afghanische Staatsangehörige mit guten Kontakten zum ausländischen Militär oder Botschaften, können sich unter Umständen auch in Militärkrankenhäusern der ausländischen Truppen behandeln lassen. Die Militärkrankenhäuser können Zivilisten (jeglicher Staatsangehörigkeit) allerdings nur in beschränktem Maße aufnehmen, da Betten für Mitglieder der internationalen Streitkräfte vorgehalten werden müssen.

Die Behandlung von psychischen Erkrankungen stellt Afghanistan nach wie vor vor große Herausforderungen. Die wenigen Kliniken, die es in einigen größeren Städten gibt, sind klein und überfüllt.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 4. Juni 2013, S. 18)

Während sich der Zugang zu Gesundheitseinrichtungen für die städtische Bevölkerung verbessert hat, hat sich dieser für die ländliche Bevölkerung sowie für Nomaden verschlechtert. Insbesondere für Personen, welche in Gebieten unter der Kontrolle regierungsfeindlicher Gruppierungen leben, sind medizinische Einrichtungen schwer zu erreichen. 10 Prozent der Kinder sterben, bevor sie das 5. Lebensjahr erreichen und die Müttersterblichkeit gehört noch immer zu den weltweit höchsten.

(Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, S. 21)

Physisch und psychisch behinderte Personen und Opfer von Misshandlungen, die erwägen, in ihr Heimatland zurückzukehren, müssen eine starke Unterstützung seitens ihrer Familie und der betreffenden Kommune sicherstellen. Medizinische Versorgung ist für eine Vielzahl von Krankheiten weitestgehend nicht erhältlich. Chirurgische Eingriffe können nur in ausgewählten Orten durchgeführt werden; generell fehlt es an adäquater Ausrüstung und Fachpersonal. Diagnosegeräte wie zum Beispiel Computertomographen, von denen es nur in Kabul einen gibt, sind ebenfalls nicht erhältlich. Der Zugang zu Medikamenten verbessert sich, wobei einige dennoch den meisten Afghanen nicht zugänglich sind.

(BAMF_IOM, Länderinformationsblatt - Afghanistan, vom Oktober 2012, S. 16)

Rückkehrfragen:

Freiwillig zurückkehrende Afghanen kamen in den ersten Jahren meist bei Familienangehörigen unter, was die in der Regel nur sehr knapp vorhandenen Ressourcen (Wohnraum, Versorgung) noch weiter strapazierte. Eine zunehmende Zahl von Rückkehrern verfügt aber nicht mehr über diese Anschlussmöglichkeiten.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage, vom 10. Jänner 2012, S. 28)

Ob ein Schutz in Kabul für Personen aus einer Konfliktregion gegeben ist, hängt sehr von der Schwere des Konflikts ab, ob sie oder er in Kabul weiter verfolgt wird. Aufgrund der Stammesgesellschaft mit nahen Familiennetzen ist es kein Problem, jemanden zu finden, wenn man es wirklich will. Auch den nationalen Behörden ist es möglich, in Kabul Personen ausfindig zu machen. Die Problematik, die sich jedoch dabei stellt, ist, dass es in Afghanistan keine Registrierung der Adresse gibt.

(Danish Immigration Service, Report from Danish Immigration Service's fact finding mission to Kabul, vom 29. Mai 2012)

Physisch und psychisch behinderte Personen und Opfer von Misshandlungen, die erwägen, in ihr Heimatland zurückzukehren, müssen eine starke Unterstützung seitens ihrer Familie und der betreffenden Kommune sicherstellen. Medizinische Versorgung ist für eine Vielzahl von Krankheiten weitestgehend nicht erhältlich. Chirurgische Eingriffe können nur in ausgewählten Orten durchgeführt werden; generell fehlt es an adäquater Ausrüstung und Fachpersonal. Diagnosegeräte wie zum Beispiel Computertomographen, von denen es nur in Kabul einen gibt, sind ebenfalls nicht erhältlich. Der Zugang zu Medikamenten verbessert sich, wobei einige dennoch den meisten Afghanen nicht zugänglich sind.

(BAMF_IOM, Länderinformationsblatt - Afghanistan, vom Oktober 2012, S. 16)

Die Fähigkeit Afghanistans, Rückkehrer aufzunehmen, bleibt gering (Country Report des U.S. Department of State vom 19.04.2013). Gemäß UNHCR waren rund 40% der Rückkehrenden nicht in der Lage, sich in ihren Heimatgemeinden wieder zu integrieren, was zu einer signifikanten zweiten Vertreibung geführt hat. Bis zu 60% der Rückkehrenden kämpfen mit Schwierigkeiten, sich in Afghanistan wieder einzugliedern. Erschwert wird die Wiedereingliederung durch die anhaltend prekäre Sicherheitslage, den Verlust der Lebensgrundlage, den fehlenden Zugang zu Gesundheits- und Bildungseinrichtungen sowie durch die Herausforderungen bei der Einforderung von Land und Besitz

(Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30.09.2013).

Bei der Rückkehr von Frauen, Kindern, alten Menschen oder Alleinerziehenden stellt die Reintegration in ein religiöses und sozial traditionelles Umfeld oft eine Herausforderung dar (Bericht von IOM vom Oktober 2012). Rückkehrer können auf Schwierigkeiten gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Art vor allem dann stoßen, wenn sie außerhalb des Familienverbandes oder nach einer längeren Abwesenheit aus dem (westlich geprägten) Ausland zurückkehren und ihnen ein soziales oder familiäres Netzwerk sowie aktuelle Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse fehlen

(Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 04.06.2013).

UNHCR spricht sich gegen eine Rückkehr von Personen an einen Ort aus, der weder dem Herkunftsort noch früheren Wohnorten entspricht, wo keine tatsächlichen Familien- oder Stammesstrukturen und entsprechende Unterstützung bestehen

(Anfragebeantwortung des UNHCR vom 11.11.2011).

Die traditionelle erweiterten Familien- und Gemeinschaftsstrukturen der afghanischen Gesellschaft bilden weiterhin den vorwiegenden Schutz- und Bewältigungsmechanismus, insbesondere in ländlichen Gebieten, in denen die Infrastruktur nicht so entwickelt ist. Afghanen sind auf diese Strukturen und Verbindungen zum Zweck der Sicherheit und des wirtschaftlichen Überlebens, einschließlich des Zugangs zur Unterkunft und eines angemessenen Niveaus des Lebensunterhaltes angewiesen.

Alleinstehende Männer und Kernfamilien können unter gewissen Umständen ohne Unterstützung von Familie oder Gemeinschaft in städtischen oder semi-urbanen Gegenden mit entwickelter Infrastruktur und unter effektiver Kontrolle der Regierung leben.

(UNHCR - UN High Commissioner for Refugees: UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, Zusammenfassende Übersetzung, 06.08.2013).

Ausweichmöglichkeiten:

Die Ausweichmöglichkeiten für diskriminierte, bedrohte oder verfolgte Personen hängen maßgeblich vom Grad ihrer sozialen Verwurzelung, ihrer Ethnie und ihrer finanziellen Lage ab. Die größeren Städte bieten aufgrund ihrer Anonymität eher Schutz als kleine Städte oder Dorfgemeinschaften.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 4. Juni 2013, S. 14)

Nach Ansicht von UNHCR besteht in umkämpften Gebieten keine interne Fluchtmöglichkeit. Da regierungsfeindliche Gruppierungen wie die Taliban, das Haqqani-Netzwerk oder Hekmatyars Hezb-e Islami über operationelle Kapazitäten verfügen, Personen im ganzen Land zu verfolgen, existiert für von diesen Gruppierungen bedrohte Personen auch in Gebieten, welche von der Regierung kontrolliert werden, keine Fluchtalternative. Die afghanische Regierung hat in zahlreichen Gebieten des Landes die effektive Kontrolle an regierungsfeindliche Gruppierungen verloren und ist dort daher nicht mehr schutzfähig. Betreffend der Verletzung sozialer Normen muss in Betracht gezogen werden, dass konservative Akteure auf allen Regierungsstufen Machtpositionen innehaben und das weite Segmente der afghanischen Gesellschaft konservative Wertvorstellungen vertreten. UNHCR schließt für alleinerziehende Frauen ohne nahe männliche Angehörige eine innerstaatliche Fluchtalternative aus.

(UNHCR, Eligibility Guidelines, vom August 2013, S. 72 bis 78)

Risikogruppen:

In seinen "Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom August 2013" geht UNHCR (HCR/EG/AFG/13/01) von folgenden "möglicherweise gefährdeten Personenkreisen in Afghanistan" aus:

• Personen, die tatsächlich oder vermeintlich mit der Regierung oder mit der internationalen Gemeinschaft einschließlich der internationalen Streitkräfte verbunden sind, oder diese tatsächlich oder vermeintlich unterstützen

• Journalisten und in der Medienbranche tätige Personen

• Männer und Burschen im wehrfähigen Alter

• Zivilisten, die der Unterstützung regierungsfeindlicher Kräfte verdächtigt werden

• Angehörige religiöser Minderheiten und Personen, bei denen vermutet wird, dass sie gegen die Scharia verstoßen haben

• Personen, bei denen vermutet wird, dass sie gegen islamische Grundsätze, Normen und Werte gemäß der Auslegung durch die Taliban verstoßen

• Frauen

• Kinder

• Opfer von Menschenhandel oder Zwangsarbeit und Personen, die entsprechend gefährdet sind

• lesbische, schwule, bisexuelle, transgender und intersexuelle Personen (LGBTI)

• Angehörige ethnischer (Minderheiten‑)Gruppen

• an Blutfehden beteiligte Personen

• Familienangehörige von Geschäftsleuten und anderen wohlhabende Personen

Die Aufzählung ist nicht notwendigerweise abschließend. Je nach den spezifischen Umständen des Falls können auch Familienangehörige oder andere Mitglieder des Haushalts von Personen mit diesen Profilen aufgrund ihrer Verbindung mit der gefährdeten Person inter-nationalen Schutzes bedürfen.

Überdies können nach den genannten UNHCR-Richtlinien "Menschenrechtsverletzungen einzeln oder zusammen eine Verfolgung darstellen, wie etwa:

• die Kontrolle über die Zivilbevölkerung durch regierungsfeindliche Kräfte einschließlich der Einführung paralleler Justizstrukturen und der Verhängung ungesetzlicher Strafen sowie der Bedrohung und Einschüchterung der Zivilbevölkerung, der Einschränkung der Bewegungsfreiheit und der Einsatz von Erpressungen und illegalen Steuern

• Zwangsrekrutierung

• die Auswirkung von Gewalt und Unsicherheit auf die humanitäre Situation in Form von Ernährungsunsicherheit, Armut und Vernichtung von Lebensgrundlagen

• steigende organisierte Kriminalität und die Möglichkeit von lokalen Machthabern ("Warlords") und korrupten Beamten, in von der Regierung kontrollierten Gebieten straflos zu agieren

• die systematische Beschränkung des Zugangs zu Bildung und zu grundlegender Gesundheitsversorgung

• die systematische Beschränkung der Teilnahme am öffentlichen Leben, insbesondere für Frauen

2. Beweiswürdigung:

2.1 Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, zur Volksgruppenzugehörigkeit, zum Herkunftsort bzw. zur Herkunftsregion des Beschwerdeführers, zum Fluchtgrund sowie zur familiären Situation des Beschwerdeführers in Afghanistan und in Österreich ergeben sich aus dem diesbezüglich glaubwürdigen Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesasylamt sowie in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 24.09.2014. Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben des Beschwerdeführers bestehen im Hinblick auf die in der Einvernahme vor dem Bundesasylamt sowie in der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gleichlautenden Angaben nicht. Der Beschwerdeführer wiederholte in der mündlichen Beschwerdeverhandlung glaubwürdig die bereits im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie die im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesasylamt getätigten Angaben zu seinem Fluchtgrund. Dass der Beschwerdeführer keine genaueren Details bezüglich der Ermordung seines Vaters anführen konnte, liegt daran, dass der Beschwerdeführer bei diesem Vorfall , wie bereits in der Einvernahme vor dem Bundesasylamt und später auch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht angegeben, nicht dabei gewesen ist, sondern zu dem Zeitpunkt, als sein Vater erschossen wurde, in der Schule war. Darüber hinaus ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen , dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Einvernahme vor dem Bundesasylamt erst 15 Jahre alt war und daher ein anderer Maßstab als bei einem Volljährigen anzulegen ist, wobei auch nicht übersehen werden darf, dass für den Beschwerdeführer in weiterer Folge ein Sachwalter bestellt werden musste und sich aus dem dem Sachwalterbeschluss zugrunde liegenden psychiatrisch-neurologischen Gutachten vom 05.05.2014 ergibt, dass es dem Beschwerdeführer aufgrund der diagnostizierten posttraumatischen Belastungsstörung äußerst schwer fällt, über die vergangenen Ereignisse in der Heimat zu sprechen.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer an einer unreifen Persönlichkeit mit einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung leidet und deshalb für ihn ein Sachwalter bestellt werden musste, ergibt sich aus dem im Verfahren vorgelegten Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 05.03.2014 sowie dem in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten psychiatrisch-neurologischen Gutachten vom 05.05.2014.

Dass der Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten ist und Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch nimmt, ergibt sich aus der Einsichtnahme ins Strafregister und ins Grundversorgungssystem.

2.2. Die Feststellungen zur aktuellen Situation in Afghanistan beruhen auf den angeführten Quellen und wurden in der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 24.09.2014 erörtert. Bei den Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Afghanistan ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 7 B-VG wird der Asylgerichtshof mit 01. Jänner 2014 zum Verwaltungsgericht des Bundes und hat daher das vorliegende Beschwerdeverfahren zu führen. Gemäß § 75 Abs. 19 AsylG 2005 sind alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 01. Jänner 2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Abs. 20 zu Ende zu führen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zum Spruchpunkt A)

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z. 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht. Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.

Flüchtling i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK (i.d.F. des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

Gemäß § 3 Abs. 3 Z. 1 und § 11 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Asylantrag abzuweisen, wenn dem Asylwerber in einem Teil seines Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann ("innerstaatliche Fluchtalternative"). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK vorliegen kann (vgl. zur Rechtslage vor dem AsylG 2005 z.B. VwGH 15.3.2001, 99/20/0036; 15.3.2001, 99/20/0134, wonach Asylsuchende nicht des Schutzes durch Asyl bedürfen, wenn sie in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen). Damit ist - wie der Verwaltungsgerichtshof zur GFK judiziert - nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "inländischen Flucht- oder Schutzalternative" (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal wirtschaftliche Benachteiligungen auch dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 8.9.1999, 98/01/0614, 29.3.2001, 2000/20/0539).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.3.1995, 95/19/0041; 27.6.1995, 94/20/0836; 23.7.1999, 99/20/0208; 21.9.2000, 99/20/0373; 26.2.2002, 99/20/0509 m.w.N.; 12.9.2002, 99/20/0505; 17.9.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 m.w.N.).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen wer-den, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichen Schutzes einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law, 2. Auflage [1996] 73; weiters VwGH 26.2.2002, 99/20/0509 m.w.N.; 20.9.2004, 2001/20/0430; 17.10.2006, 2006/20/0120; 13.11.2008, 2006/01/0191). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert wird. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.2.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 22.3.2000, 99/01/0256; 13.11.2008, 2006/01/0191).

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass die Furcht des Beschwerdeführers vor Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention wohlbegründet ist. Es ist nach den Feststellungen davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seine Heimatprovinz Nangarhar der erheblichen Gefahr ausgesetzt wäre, von den Feinden seines Vaters aufgrund einer jahrelang bestehenden Feindschaft - ebenso wie sein Vater - getötet zu werden. Die Anknüpfung an Konventionsgründen ist insofern gegeben, als der Grund für die Verfolgung des Beschwerdeführers "in der bloßen Angehörigeneigenschaft" des Beschwerdeführers, somit in seiner Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der "Familie", liegt (vgl. VwGH 16.12.2010, 2007/20/1490; 21.03.2007, 2006/19/0083-0085 mwN; 04.03.2008, 2006/19/0385; 26.05.2009, 2007/01/0077).

Der Beschwerdeführer kann vor der Bedrohung durch die Feinde seines Vaters in Afghanistan auch nicht ausreichend geschützt werden, da die Inanspruchnahme des Schutzes durch den afghanischen Staat vor einer diesbezüglichen Bedrohung angesichts der ineffizienten Schutzmechanismen des afghanischen Staates (kein funktionierender Polizei- oder Justizapparat) sowie der instabilen Sicherheitslage in Nangarhar nur theoretischer Natur ist.

Die Möglichkeit, sich der Bedrohung durch die Feinde seines Vaters durch Ausweichen in eine andere Region Afghanistans zu entziehen, besteht für den Beschwerdeführer - wie auch den Länderfeststellungen zu entnehmen ist - im gegenständlichen Fall ebenfalls nicht. Der Beschwerdeführer hat sein gesamtes Leben bis zu seiner Flucht ausschließlich in der Provinz Nangarhar verbracht. Außerhalb der Provinz Nangarhar leben keine Verwandten des Beschwerdeführers, auch nicht in Kabul. Zudem darf nicht übersehen werden, dass die Eltern des Beschwerdeführers bereits verstorben sind und der aktuelle Aufenthaltsort des Bruders des Beschwerdeführers nicht bekannt ist.

Unabhängig davon verfügt der Beschwerdeführer, abgesehen von seiner Tätigkeit in der Landwirtschaft, weder über eine Berufsausbildung noch über eine abgeschlossene Schulbildung. Insofern ist dem Beschwerdeführer eine Niederlassung in Afghanistan außerhalb seines Heimatortes bzw. außerhalb der Heimatprovinz Nangarhar nicht zumutbar, zumal der Beschwerdeführer in einer größeren Stadt in Afghanistan ohne Familienanschluss oder ohne soziales Netzwerk auf sich alleine gestellt nicht in der Lage wäre, dort Fuß zu fassen und seine existenziellen Grundbedürfnisse zu decken, zumal er nicht von vornherein über die nötigen finanziellen Mitteln für die Ansiedelung in einer Stadt verfügt und zudem unter schwerwiegenden psychischen Problemen leidet, welche auch dazu geführt haben, dass für den Beschwerdeführer ein Sachwalter bestellt werden musste.

Der Beschwerdeführer läuft daher mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan aktuell Gefahr, von Verfolgungshandlungen seitens der Feinde seines Vaters betroffen zu sein, zumal sein Vater bereits von diesen getötet wurde und auch der Beschwerdeführer bzw. sein Bruder bereits von diesen mit dem Tode bedroht wurden. Es ist zu prognostizieren, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner nunmehrigen Rückkehr in seine Heimatregion mit hoher Wahrscheinlichkeit Eingriffen von erheblicher Intensität (Ermordung) seitens der Feinde seines Vaters ausgesetzt sein wird .

Hinweise auf das Vorliegen von Ausschlussgründen gemäß § 6 AsylG sind nicht hervorgekommen.

Dem Beschwerdeführer war daher gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Zum Spruchpunkt B)

Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde in den obigen rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.

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