BVwG W150 2154606-2

BVwGW150 2154606-21.8.2018

AsylG 2005 §57 Abs1
AsylG 2005 §6 Abs1 Z4
AsylG 2005 §7 Abs1 Z1
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs3a
AsylG 2005 §9 Abs2 Z3
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W150.2154606.2.00

 

Spruch:

W150 2154606-2/4E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. KLEIN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX1995, StA. Syrien, vertreten durch die Diakonie - Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH, Steinergasse 3/12, 1170 Wien, FN 272779 x und die Volkshilfe Flüchtlings- und Migrant-Innenbetreuung GmbH, Stockhofstraße 40, 4020 Linz, FN 444937 w, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.05.2017, VerfahrensZl.

XXXX, zu Recht erkannt:

 

A)

 

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 7 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 AsylG 2005, § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 und § 57 AsylG 2005, als unbegründet abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 09.10.2012 wurde dem Beschwerdeführer der Status eines Asylberechtigten zuerkannt. Dieser Bescheid erwuchs am 30.10.2012 in Rechtskraft. 2. Am 28.09.2014 wurde durch Organe der Landespolizeidirektion Tirol (LPD T) gegen den Beschwerdeführer eine Wegweisung/ein Betretungsverbot in einer gekennzeichneten Schutzzone ausgesprochen um weitere Straftaten nach dem Suchtmittelgesetz (SMG) insbesondere die Weitergabe von Suchtmitteln an Jugendliche zu verhindern.

 

3. Mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck (im Folgenden: LG Innsbruck) vom 14.10.2014, Zl. 23 Hv 101/14f, wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall Suchtmittelgesetz (SMG) sowie wegen der Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall und Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten, bedingt nachgesehen unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, nach § 27 Abs. 3 SMG rechtskräftig verurteilt.

 

4. Mit Urteil des LG Innsbruck vom 16.02.2015, Zl. 36 Hv 7/15d, wurde der Beschwerdeführer erneut wegen der Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1, 1. und 2. Fall, SMG sowie der Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 3 (§ 27 Abs. 1 Z 1, 8. Fall) SMG rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe in der Höhe von sechs Monaten verurteilt. Die bedingte Nachsicht zu der mit Urteil vom 14.10.2014 verhängten Strafe (vier Monate) wurde widerrufen.

 

5. Am 09.10.2015 wurde erneut gegen den Beschwerdeführer durch die LPD T betreffend dieselbe Schutzzone wie am 28.09.2014 eine Wegweisung/ein Betretungsverbot ausgesprochen um weitere strafbare Handlungen zu verhindern. Es wurde eine Anzeige wegen den §§ 27 und 30 SMG gelegt.

 

6. Am 08.04.2016 wurde der Beschwerdeführer durch das LG Innsbruck aufgrund § 28a Abs. 1 5. Fall, SMG (Verbrechen des Suchtgifthandels) und § 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall und Abs. 2 SMG (Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften) zu einer Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten verurteilt.

 

7. Am 10.05.2016 - persönlich zugestellt an den Beschwerdeführer in der Justizanstalt Innsbruck - wurde ihm durch das BFA Parteiengehör betreffend die Aberkennung des Status des Asylberechtigten eingeräumt. Ihm wurde eine vierzehntätige Frist zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.

 

8. Am 06.05.2017 - zugestellt am 12.05.2017 - wurde dem Beschwerdeführer mit Bescheid des BFA der Status eines Asylberechtigten aberkannt und es wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.). Der Status eines subsidiär Schutzberechtigten wurde dem Beschwerdeführer nicht zuerkannt, gleichzeitig wurde ausgeführt, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Syrien unzulässig sei (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.).

 

9. Am 08.06.2017 erhob der Beschwerdeführer gegen den angefochtenen Bescheid - ausgenommen die Unzulässigkeit der Zurückverweisung, der Zurückschiebung oder der Abschiebung nach Syrien - Beschwerde und begründete diese aufs Wesentlichste zusammengefasst damit, dass das BFA den Beschwerdeführer im Zuge des Aberkennungsverfahrens nicht einvernommen habe, sondern alle Feststellungen auf den Akteninhalt gestützt hätte. Auch wenn das BFA nicht zu einer Einvernahme verpflichtet gewesen sei, ergebe sich aus der Systematik eines Asylverfahrens, dass zur Wahrung des Parteiengehörs jedenfalls eine dolmetscher-gestützte Einvernahme durchzuführen gewesen wäre, zumal es den Betroffenen in den meisten Fällen nicht möglich sei ihr Vorbringen in Schriftform ausführen zu können. Das BFA sei auch das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers betreffend ihrer Ermittlungspflicht nicht nachgekommen. Der Beschwerdeführer habe Familienmitglieder in Österreich, habe sich gut integriert und verfüge über gute Deutschkenntnisse. Weiters wurde ausgeführt, dass das BFA dem Beschwerdeführer den Status eines Asylberechtigten aufgrund rechtskräftiger Verurteilungen aberkannt habe, was grundsätzlich im Gesetz Deckung finden würde. Allerdings hätte die Behörde im Einzelfall prüfen müssen, ob die Taten des Beschwerdeführers im konkreten Einzelfall so schwerwiegend sind, dass die Aberkennung gerechtfertigt wäre. Der Beschwerdeführer sei auch nur wegen eines Verbrechens und mehrerer Vergehen und nicht wegen mehrerer Verbrechen verurteilt worden. Es wäre auch eine Zukunftsprognose sowie eine Interessensabwägung vorzunehmen gewesen. Es sei im Falle des Beschwerdeführers auch zu seinen Gunsten zu erwägen, dass er gestanden habe und auch sein junges Alter. Es sei auch bei der Strafbemessung nicht der volle Strafrahmen ausgeschöpft worden. Hinsichtlich der Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit hätte das BFA berücksichtigen müssen, warum der Beschwerdeführer die für die Aberkennung zugrundeliegenden Delikte begangen hat. Der Beschwerdeführer habe an Drogensucht gelitten und die Taten größtenteils zur Befriedigung seiner eigenen Sucht begangen. Das BFA habe auch nicht berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer die Option der "Therapie statt Strafe" in Anspruch genommen habe und er gewillt und bemüht sei sich künftig wohl zu verhalten und er bereue seine begangenen Straftaten zutiefst. Seit November 2016 habe der Beschwerdeführer seine Erkrankung überwunden und es zeige auch dies, dass der Beschwerdeführer gewillt sei sich an die Gesetz zu halten und er stelle keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.

 

10. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden vom BFA vorgelegt und sind am 16.06.2017 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

 

11. Am 28.07.2017 wurde seitens des Beschwerdeführers eine Beschwerdeergänzung in Form einer Stellungnahme durch "Neustart" (Haftentlassenenhilfe) sowie eines Untersuchungsberichtes der Universitätsklinik Innsbruck den Intelligenzstand des Beschwerdeführers betreffend vorgelegt.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des angefochtenen Bescheides, der Beschwerde gegen diesen, der Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungsakten sowie der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister, das Zentrale Fremdenregister und das Strafregister werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsbürger, er hat sich vor seiner Flucht in Syrien aufgehalten und ihm wurde mit Bescheid vom 09.10.2012 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt. Seine Identität steht nicht fest.

 

Der Beschwerdeführer wurde erstmalig am 14.10.2014 vom LG Innsbruck, Zl. 23 Hv 101/14f, gemäß § 27 Abs. 3 SMG in Anwendung des § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten, bedingt nachgesehen unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt. Mit diesem Urteil wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, zumindest zwischen 16.06. und 01.07.2014 in Innsbruck vorschriftswidrig Cannabisharz (THC) mit unbekanntem Reinsubstanzgehalt erworben, besessen und einem anderen überlassen zu haben. Er hat diesen Tatbestand durch den Erwerb von zumindest 24 Gramm bei Unbekannten, überwiegend zum Zwecke des Weiterverkaufs sowie den Besitz dieser Suchtgiftmengen (Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z1, erster und zweiter Fall SMG) und auch durch den gewerbsmäßigen Verkauf von 1,4 Gramm an einen abgesondert Verfolgten (Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 abs. 3 - § 27 Abs. 1 Z 1, 8. Fall SMG) verwirklicht. Mildernd wurden im Urteil die Unbescholtenheit, das Alter des Beschwerdeführers unter 21 Jahren sowie das teilweise Geständnis angeführt. Als erschwerend wurde das Zusammentreffen von zwei Vergehen angeführt.

 

Am 16.02.2015 wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des LG Innsbruck, Zl. 36 Hv 7/15d, gemäß § 27 Abs. 3 in Anwendung des § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt und die bedingte Nachsicht zu 23 Hv 101/14f auf Grund eines sehr raschen einschlägigen Rückfalles in der Probezeit widerrufen. Der Beschwerdeführer hat zumindest zwischen August 2014 und 20.01.2015 in Innsbruck vorschriftswidrig und in vielen Teilhandlungen insgesamt unbekannte Mengen, aber zumindest 100,6 Gramm Cannabisharz (THC) erworben, besessen und überlassen, und zwar: durch den Erwerb der genannten Cannabisharzmenge bei Unbekannten überwiegend zum Zwecke des Weiterverkaufes sowie den Besitz dieser Suchtgiftmengen und durch den gewerbsmäßigen Verkauf von zumindest 30,8 Gramm Cannabisharz an abgesondert verfolgte Personen wobei er bei einem Verkauf im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem Mittäter handelte. Mildern wurde das Geständnis zum Erwerb und dem Weiterverkauf der Drogen, die Gewöhnung an Suchtgift sowie die Sicherstellung desselben angeführt. Als erschwerend kam die einschlägige Vorstrafe sowie die Tatwiederholung zum Tragen.

 

Am 28.09.2014 sowie am 09.10.2015 wurde der Beschwerdeführer aus der Schutzzone "Spielplatz XXXX" weggewiesen und es wurde ein Betretungsverbot erteilt. Der Beschwerdeführer wurde weggewiesen um weitere strafbare Handlungen, insbesondere die Weitergabe von Suchtmitteln an Jugendliche zu verhindern und es wurde eine Anzeige gegen den Beschwerdeführer gelegt.

 

Mit Urteil des LG Innsbruck vom 08.04.2016, Zl. 23 Hv 22/16s, wurde der Beschwerdeführer zu einer Freiheitsstrafe in der Höhe von achtzehn Monaten gemäß § 28a Abs. 1 SMG verurteilt. Der Beschwerdeführer hat zu datumsmäßig nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkten in Innsbruck und an anderen Orten jeweils vorschriftswidrig im Zeitraum von spätestens Herbst 2015 bis zu seiner Festnahme am 17.02.2016 Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge anderen überlassen, und zwar durch gewinnbringenden Verkauf von insgesamt zumindest 100 Gramm Kokain in zahlreichen Teilhandlungen an abgesondert verfolgte Personen sowie von nicht näher bekannten Mengen von Kokain an Unbekannte und die uneigennützige Überlassung von zumindest 0,5 Gramm Kokain an eine abgesondert verfolgte Person. Weiters hat der Beschwerdeführer im Zeitraum von seiner Haftentlassung am 20.06.2015 bis zu seiner Festnahme am 17.02.2016 wiederholt Suchtgifte zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen. Er kaufte Kokain, Cannabisharz und Heroin zum Zwecke des Eigenkonsums und verwahrte diese Suchtgifte bis zur tatsächlichen Konsumation. Mildernd wurde die teilweise Tatbegehung unter 21 Jahren sowie das Geständnis zu einem Teilvorwurf gewertet. Erschwerend angeführt wurde das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit mehreren Vergehen, die Tatwiederholung, zwei einschlägige Vorstrafen sowie der rasche Rückfall.

 

Der Beschwerdeführer befand sich bereits sowohl in U-Haft als auch in Strafhaft.

 

Mit Bescheid des BFA vom 06.05.2017 wurde dem Beschwerdeführer der Status eines Asylberechtigten aberkannt.

 

Der Beschwerdeführer ist bis dato in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen. Der Beschwerdeführer hat in Österreich kein Vermögen und lebt von der Sozialhilfe.

 

Der Beschwerdeführer hat sich - zuerst im Rahmen der Bewährungshilfe und nachfolgend freiwillig im Rahmen der Haftentlassenenhilfe - einer Drogenentwöhnungstherapie unterzogen.

 

Der Beschwerdeführer ist rechtswidrig nach Österreich eingereist und hat - außer seinem asylrechtlichen Status - kein Aufenthaltsrecht in Österreich.

 

Der Beschwerdeführer könnte nur über den Flughafen von Damaskus sicher und legal nach Syrien einreisen, dieser befindet sich in der Hand des syrischen Regimes. Es besteht das reale Risiko, dass der Beschwerdeführer am Flughafen von Damaskus - aufgrund seines wehrfähigen Alters - verhaftet wird und dem Dienst bei der syrischen Armee zugeführt wird. Der Dienst als Soldat ist mit hinreichender Wahrscheinlichkeit mit dem Zwang zur Beteiligung an Menschenrechtsverletzungen verbunden, im Falle einer Weigerung würde der Beschwerdeführer zumindest zu einer Gefängnisstrafe, die mit Folter verbunden ist, bestraft werden. Auch hat der Beschwerdeführer sich an Demonstrationen beteiligt und ist somit aufgrund seiner - allenfalls unterstellten - oppositionellen politischen Gesinnung in das Visier der syrischen Regierung geraten, was wiederum zu einer Verhaftung des Beschwerdeführers führen kann.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen gründen sich auf den Akteninhalt, das Länderinformationsblatt zu Syrien (Stand: 25.01.2018) und die diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers und sind soweit unstrittig. Bezüglich der Staatsangehörigkeit ist auch das Landesgericht Innsbruck von der syrischen Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers ausgegangen. Dies ist nachvollziehbar, ist doch auf der Kopie des syrischen Ausweisdokumentes des Beschwerdeführers Syrien (Akt S. 53) als Nationalität angegeben. Gegenteiliges kam im Verfahren nicht hervor. Auch die Vertreterin des Beschwerdeführers führte zuletzt auf ihrer Beschwerdeergänzung namens des Beschwerdeführers vom 28.07.2017 als Staatsangehörigkeit "Syrien" an.

 

Aus dem Länderinformationsblatt wird wie folgt angeführt:

 

Wehr- und Reservedienst und Rekrutierungen

 

Die syrischen Streitkräfte - Wehr- und Reservedienst

 

Seit Jahren versuchen immer mehr Männer die Rekrutierung zu vermeiden, indem sie beispielsweise das Land verlassen oder lokalen bewaffneten Gruppen beitreten, die das Regime unterstützen. Jenen, die den Militärdienst verweigern, oder auch ihren Familienangehörigen, können Konsequenzen drohen. Es ist schwer zu sagen, in welchem Ausmaß die Rekrutierung durch die syrische Armee in verschiedenen Gebieten Syriens, die unter der Kontrolle verschiedener Akteure stehen, tatsächlich durchgesetzt wird, und wie dies geschieht. In der syrischen Armee herrscht zunehmende Willkür und die Situation kann sich von einer Person zur anderen unterscheiden (FIS 23.8.2016).

 

Die Rekrutierung von männlichen Syrern findet nach wie unvermindert statt (DRC/DIS 8.2017). Für männliche syrischen Staatsbürger und Palästinenser, welche in Syrien leben, ist ein Wehrdienst von 18 oder 21 Monaten ab dem Alter von 18 Jahren verpflichtend, außerdem gibt es einen freiwilligen Militärdienst. Frauen können ebenfalls freiwillig einen Militärdienst ableisten (CIA 5.12.2017; vgl. FIS 23.8.2016; vgl. BFA 8.2017). Diejenigen männlichen palästinensischen Flüchtlinge, im Alter von 18 bis 42 Jahren, welche vor 1956 bei der General Administration for Palestine Arab Refugees (GAPAR) registriert waren, und deren Nachkommen müssen den verpflichtenden Wehrdienst bei der Palästinensischen Befreiungsarmee (PLA), einer Einheit der syrischen Streitkräfte, ableisten. Für diese Palästinenser gelten die gleichen Voraussetzungen für den Wehrdienst wie für Syrer (BFA 8.2017). [Informationen zu Palästinensern finden sich auch unter Abschnitt "15.1. Palästinensische Flüchtlinge"]

 

Laut Gesetz sind in Syrien junge Männer im Alter von 17 Jahren dazu aufgerufen, sich ihr Militärbuch abzuholen und sich einer medizinischen Untersuchung zu unterziehen. Im Alter von 18 Jahren wird man einberufen, um den Wehrdienst abzuleisten. Wenn bei der medizinischen Untersuchung ein gesundheitliches Problem festgestellt wird, wird man entweder vom Wehrdienst befreit, oder muss diesen durch Tätigkeiten, die nicht mit einer Teilnahme an einer Kampfausbildung bzw. -einsatz verbunden sind, ableisten. Wenn eine Person physisch tauglich ist, wird sie entsprechend ihrer schulischen bzw. beruflichen Ausbildung eingesetzt. "Rekrut" ist der niedrigste Rang, und die Rekruten müssen eine 45-tägige militärische Grundausbildung absolvieren. Männer mit niedrigem Bildungsstand werden häufig in der Infanterie eingesetzt, während Männer mit einer höheren Bildung oft in prestigeträchtigeren Positionen eingesetzt werden. Gebildetere Personen kommen damit auch mit höherer Wahrscheinlichkeit in Positionen, in denen sie über andere Personen Bericht erstatten oder diese bestrafen müssen (BFA 8.2017).

 

Normalerweise werden Einberufungsbefehle schriftlich mit der Post zugestellt, zur Zeit wird jedoch eher auf persönlichem Wege zum verpflichtenden Militärdienst rekrutiert, um ein Untertauchen der potentiellen Rekruten möglichst zu verhindern. Zu diesem Zweck werden Mitarbeiter des Rekrutierungsbüros zum Haus der Wehrpflichtigen geschickt. Wenn der Gesuchte zu Hause ist, wird er direkt mitgenommen. Wenn er nicht zu Hause ist, wird der Familie mitgeteilt, dass er sich bei der nächsten Kaserne zu melden habe. Es gibt immer wieder Razzien, wie zum Beispiel Anfang Mai 2017, als bei einem Fußballspiel in Tartus alle Männer beim Verlassen des Stadions versammelt und zum Dienst verpflichtet wurden. Einige Zeit zuvor gab es einen weiteren Vorfall, bei dem vor einem Einkaufszentrum in Damaskus alle wehrfähigen Männer eingesammelt und rekrutiert wurden. Auch ein "Herauspflücken" bei einem der zahlreichen Checkpoints ist weit verbreitet. Die Altersgrenze ist auf beiden Enden des Altersspektrums nur theoretisch und jeder Mann in einem im weitesten Sinne wehrfähigen Alter, kann rekrutiert werden (BFA 8.2017; vgl. FIS 23.8.2016; vgl. Syria Direct 7.12.2017). Berichten zufolge besteht aber auch für - teils relativ junge - Minderjährige die Gefahr, in Zusammenhang mit der Wehrpflicht an Checkpoints aufgehalten zu werden und dabei Repressalien ausgesetzt zu sein (UNHCR 30.11.2016). Wenn eine persönliche Benachrichtigung nicht möglich ist, können Männer, die das wehrfähige Alter erreichen, auch durch Durchsagen im staatlichen Fernsehen, Radio oder der Zeitung zum Wehrdienst aufgerufen werden (DIS 26.2.2015).

 

Die syrische Armee hat durch Todesfälle, Desertionen und Überlaufen zu den Rebellen einen schweren Mangel an Soldaten zu verzeichnen (FIS 23.8.2016; vgl. ISW 8.3.2017). Viele weigern sich, der Armee beizutreten. Die regulären Rekrutierungsmethoden werden in Syrien noch immer angewendet, weil das Regime zeigen will, dass sich nichts verändert hat, und das Land nicht in totaler Anarchie versinkt. Es gibt auch Männer im kampffähigen Alter, die frei in Syrien leben. Dem Regime liegt nicht daran, alle wehrtauglichen Personen in die Flucht zu treiben. Es werden nämlich auch künftig motivierte Kämpfer benötigt (FIS 23.8.2016).

 

Bei der Einreise nach Syrien über den Flughafen Damaskus oder andere Einreisepunkte in Gebiete, die vom syrischen Regime kontrolliert werden, wird bei Männern im wehrfähigen Alter überprüft, ob diese ihren Militärdienst bereits abgeleistet haben. Selbst wenn sie ihren Militärdienst bereits absolviert haben, kommt es vor, dass Männer im wehrfähigen Alter erneut zwangsrekrutiert werden (IRB 19.1.2016; vgl. Zeit 10.12.2017).

 

Im November 2017 beschloss das syrische Parlament eine Gesetzesnovelle der Artikel 74 und 97 des Militärdienstgesetzes. Die Novelle besagt, dass jene, die das Höchstalter für die Ableistung des Militärdienstes überschritten haben und den Militärdienst nicht abgeleistet haben, und auch nicht aus anderen gesetzlich vorgesehenen Gründen vom Wehrdienst befreit sind, eine Kompensationszahlung von 8.000 USD oder dem Äquivalent in SYP leisten müssen. Diese Zahlung muss innerhalb von drei Monaten nach Erreichen des Alterslimits geleistet werden. Wenn diese Zahlung nicht geleistet wird, ist die Folge eine einjährige Haftstrafe und die Zahlung von 200 USD für jedes Jahr, um welches sich die Zahlung verzögert, wobei der Betrag 2000 USD oder das Äquivalent in SYP nicht übersteigen soll. Jedes begonnene Jahr der Verzögerung wird als ganzes Jahr gerechnet. Außerdem kann basierend auf einem Beschluss des Finanzministers das bewegliche und unbewegliche Vermögen der Person, die sich weigert den Betrag zu bezahlen, konfisziert werden (SANA 8.11.2017; vgl. SLJ 10.11.2017; vgl. PAR 15.11.2017)

 

Wehrdienstverweigerung / Desertion

 

Besonders aus dem Jahr 2012 gibt es Berichte von desertierten syrischen Soldaten, welche gezwungen wurden, auf unbewaffnete Zivilisten und Protestierende, darunter Frauen und Kinder, zu schießen. Falls sie sich weigerten, wären sie Gefahr gelaufen, erschossen zu werden (AI 6.2012).

 

Wehrdienstverweigerer werden laut Gesetz in Friedenszeiten mit ein bis sechs Monaten Haft bestraft, die Wehrpflicht besteht dabei weiterhin fort. In Kriegszeiten wird Wehrdienstverweigerung laut Gesetz, je nach den Umständen, mit Gefängnisstrafen von bis zu 5 Jahren bestraft. Nach Verbüßen der Strafe muss der Wehrdienstverweigerer weiterhin den regulären Wehrdienst ableisten. Bei einer Wehrdienstverweigerung hat man die Möglichkeit sich zu verstecken und das Haus nicht mehr zu verlassen, das Land zu verlassen, sich durch Bestechung freizukaufen oder einer anderen Gruppierung beizutreten. Bezüglich Konsequenzen einer Wehrdienstverweigerung gehen die Meinungen der Quellen auseinander. Während die einen eine Foltergarantie und Todesurteil sehen, sagen andere, dass Verweigerer sofort eingezogen werden (BFA 8.2017). Die Konsequenzen hängen jedoch vom Profil und den Beziehungen der Person ab. Wenn es eine Verbindung zu einer oppositionellen Gruppe gibt, wären die Konsequenzen ernster (DIS 26.2.2015).

 

Wenn jemand den Wehrdienst verweigert und geflohen ist, gibt es die Möglichkeit seinen Status zu "regularisieren", wobei möglicherweise auch ein signifikanter Betrag zu entrichten ist (gerüchteweise bis zu 8.000 USD). Eine solche "Regularisierung" schützt allerdings nicht automatisch vor Repressalien oder einer zukünftigen Rekrutierung. Berichten zufolge betrachtet die Regierung Wehrdienstverweigerung nicht nur als eine strafrechtlich zu verfolgende Handlung, sondern auch als Ausdruck von politischem Dissens und mangelnder Bereitschaft, das Vaterland gegen "terroristische" Bedrohungen zu schützen (BFA 8.2017).

 

Desertion wird gemäß dem Militärstrafgesetz von 1950 in Friedenszeiten mit ein bis fünf Jahren Haft bestraft und kann in Kriegszeiten bis zu doppelt so lange Haftstrafen nach sich ziehen. Deserteure, die zusätzlich außer Landes geflohen sind (so genannte externe Desertion), unterliegen Artikel 101 des Militärstrafgesetzbuchs, der eine Strafe von fünf bis zehn Jahren Haft in Friedenszeiten und 15 Jahre Haft in Kriegszeiten vorschreibt. Desertion im Angesicht des Feindes ist mit lebenslanger Haftstrafe zu bestrafen. In schwerwiegenden Fällen wird die Todesstrafe verhängt (BFA 8.2017).

 

In vielen Fällen erwartet Deserteure der Tod. Möglicherweise werden sie inhaftiert, befragt und gefoltert, wobei die Behandlung eines Deserteurs auch davon abhängt wer er ist, welcher Konfession er angehört, wie wohlhabend er ist etc. Die große Sorge vieler ist hierbei auch, dass dies nicht nur den Tod des Deserteurs oder die Vergeltung gegen ihn, sondern auch Maßnahmen gegen seine Familie nach sich ziehen kann. Die gängige Vorgehensweise ist, Deserteure nicht zurück an die Front zu schicken, sondern sie zu töten. Berichten zufolge werden sie an Ort und Stelle erschossen. Theoretisch ist ein Militärgerichtsverfahren vorgesehen und Deserteure könnten auch inhaftiert und dann strafrechtlich verfolgt werden. Außergerichtliche Tötungen passieren dennoch (BFA 8.2017; vgl. FIS 23.8.2017). Für ‚desertierte', vormals bei der Armee arbeitende Zivilisten gelten dieselben Konsequenzen wie für einen Deserteur. Solche Personen werden als Verräter angesehen, weil sie über Informationen über die Armee verfügen (FIS 23.8.2016).

 

Im Gegensatz zum Beginn des Konfliktes haben sich mittlerweile die Gründe für Desertion geändert: Nun desertieren Soldaten, weil sie kampfmüde sind und dem andauernden Krieg entkommen wollen (BFA 8.2017).

 

Auch Familien von Deserteuren oder Wehrdienstverweigerern haben mit Konsequenzen zu rechnen. Eine Familie kann von der Regierung unter Druck gesetzt werden, wenn der Deserteur dadurch vielleicht gefunden werden kann. Familienmitglieder (auch weibliche) können festgenommen werden, um den Deserteur dazu zu bringen, sich zu stellen. Manchmal wird ein Bruder oder der Vater eines Deserteurs ersatzweise zur Armee rekrutiert (FIS 23.8.2016; vgl. BFA 8.2017).

 

In Gebieten, welche durch sogenannte Versöhnungsabkommen wieder unter die Kontrolle des Regimes gebracht wurden, werden häufig Vereinbarungen bzgl. Wehrdienst getroffen. Manche Vereinbarungen besagen, dass Männer nicht an die Front geschickt, sondern stattdessen bei der Polizei eingesetzt werden. Berichten zufolge wurden solche Zusagen von der Regierung aber bisweilen auch gebrochen, was jedoch schwer zu beweisen ist (BFA 8.2017).

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen (BFA-VG, FPG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

 

Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

 

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

 

Im vorliegenden Verfahren wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch den Beschwerdeführer beantragt es wurde aber in der Beschwerde kein Vorbringen erstattet, welches die Abhaltung einer Verhandlung erfordert hätte. Verfahrensgegenständlich ist vielmehr die rechtliche Würdigung eines feststehenden Sachverhaltes, weshalb auch nicht von Amts wegen eine mündliche Verhandlung durchzuführen war.

 

Zu A)

 

3.1. Zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten und zur Feststellung, dass dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.):

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017 (in Folge AsylG) ist einem Fremden der Status des Asylberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn (1.) ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt,

(2.) einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder (3.) der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.

 

Gemäß § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG ist ein Fremder von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe zuletzt VwGH 05.04.2018, Ra 2017/19/0531-5) müssen für die Anwendung des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 kumulativ vier Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Flüchtling trotz drohender Verfolgung in den Herkunftsstaat verbracht werden darf. Er muss erstens ein besonders schweres Verbrechen verübt haben, dafür zweitens rechtskräftig verurteilt worden und drittens gemeingefährlich sein, und schließlich müssen die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung seine Interessen am Weiterbestehen des Schutzes durch den Zufluchtsstaat überwiegen. Es genügt nicht, wenn ein abstrakt als "schwer" einzustufendes Delikt verübt worden ist. Die Tat muss sich im konkreten Einzelfall als objektiv und subjektiv besonders schwer wiegend erweisen. In gravierenden Fällen schwerer Verbrechen ist bereits ohne umfassende Prüfung der einzelnen Tatumstände eine eindeutige Wertung als schweres Verbrechen mit negativer Zukunftsprognose zulässig (vgl. etwa VwGH 14.02.2018, Ra 2017/18/0419; VwGH 23.09.2009, 2006/01/0626; mit Hinweis auf die zur Vorläuferbestimmung ergangene und auch für die aktuelle Rechtslage weiterhin maßgebliche Rechtsprechung; vgl. zu § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 weiters auch VwGH 05.12.2017, Ra 2016/01/0166; VwGH 01.03.2016, Ra 2015/18/0247; VwGH 21.9.2015, Ra 2015/19/0130).

 

Unter den Begriff des schweren Verbrechens iSd Art. 1 Abschn. F lit b GFK fallen nach herrschender Lehre nur Straftaten, die in objektiver und subjektiver Hinsicht besonders verwerflich sind und deren Verwerflichkeit in einer Güterabwägung gegenüber den Schutzinteressen der betroffenen Person diese eindeutig überwiegt. Dieser Standpunkt - Berücksichtigung subjektiver Faktoren, wie Milderungsgründe, Schuldausschließungsgründe oder Rechtfertigungsgründe - wird auch in der Rechtsprechung des VwGH vertreten (z.B.: VwGH, 06.10.1999, Zl. 99/01/0288). Um ein schweres Verbrechen, das zum Ausschluss von der Anerkennung als Asylberechtigter - und im vorliegenden Fall somit zur Aberkennung des Status eines Asylberechtigten - führen kann, handelt es sich typischerweise um Vergewaltigung, Tötung, Kindesmisshandlung, Brandstiftung, Drogenhandel und bewaffneter Raub. Schließlich auch Menschenhandel bzw. Schlepperei (vgl. Putzer, Asylrecht. Leitfaden zum Asylgesetz 2005, 2. Auflage, 2011, Rz. 125).

 

Der Beschwerdeführer wurde wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1, 5. Fall SMG und mehrfach der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1, 1. und 2. Fall und Abs. 2 SMG, des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 3 (§ 27 Abs. 1 Z 1, 8. Fall) SMG verurteilt.

 

Im Rahmen der ersten Verurteilung vom 14.01.2014 wurde die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers, das Alter unter 21 Jahren sowie das teilweise Geständnis als mildernd angesprochen, erschwerend wurde das Zusammentreffen von zwei Vergehen angeführt.

 

Am 16.02.2015 wurde als mildernd ein teilweises Geständnis, die Gewöhnung an Suchtgift sowie die Sicherstellung von Suchtgift angeführt. Erschwerend wurde die einschlägige Vorstrafe sowie die Tatwiederholung gesehen. Im Rahmen dieser Verurteilung wurde auch beschlossen, dass die bedingte Nachsicht zur vorgängig angeführten, verhängten Haftstrafe aufgrund des "einschlägigen sehr raschen Rückfalles in der Probezeit" widerrufen.

 

Am 08.04.2016 wurde die teilweise Tatbegehung unter 21 Jahren sowie das teilweise erfolgte Geständnis als mildernd gewertet. Erschwerend war das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit mehreren Vergehen, die Tatwiederholung, zwei einschlägige Vorstrafen sowie der rasche Rückfall anzusprechen.

 

Auch die zweimalige Wegweisung bzw. das verhängte Betretungsverbot einer Schutzzone (28.09.2014 und 09.10.2015) - zumal im Rahmen der zweiten Wegweisung/dem zweiten Betretungsverbot auch eine Anzeige durch die Polizei erfolgte - rund um einen Kinderspielplatz um weitere Suchtgiftdelikte, vor allem die Weitergabe von Suchtmitteln an Jugendliche zu verhindern können als Indiz für die schädliche Neigung des Beschwerdeführers angesprochen werden.

 

Vor dem Hintergrund der bereits dreimalig erfolgten Verurteilung des Beschwerdeführers - wobei jede dieser Verurteilungen aufgrund derselben schädlichen Neigung des Beschwerdeführers erfolgt ist - und im Hinblick auf die Abstände der Verurteilungen - 1. 14.10.2014, 2. 16.02.2015, 3. 08.04.2016 - kann eine Zukunftsprognose zur Zeit - auch nicht aufgrund einer bereits erfolgten Suchtmittelentwöhnungstherapie - keinesfalls zugunsten des Beschwerdeführers ausfallen und die solcherart vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr ist auch durch das seitherige Wohlverhalten des Beschwerdeführers nicht entscheidend zu relativieren. Der verstrichene Zeitraum von der letzten Verurteilung - 08.04.2016 - bis dato ist daher jedenfalls noch zu kurz, um nunmehr von einem Wegfall der Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung die vom Beschwerdeführer ausgeht zu sprechen. Es wird noch eines längeren Zeitraumes des Wohlverhaltens bedürfen, um begründet von einem Wegfall der Gründe für die Aberkennung des Asylstatus auszugehen.

 

Zur Gefährdungsprognose ist weiter festzuhalten, dass der Beschwerdeführer während seines bisherigen Aufenthaltes in Österreich wegen eines Verbrechens sowie fünf Vergehen rechtskräftig verurteilt wurde und auf Grund dieser Verurteilungen bereits in Haft war. Zusätzlich wurden zwei Wegweisungen bzw. Betretungsverbote durch die Sicherheitsbehörde ausgesprochen, um Suchtmitteldelikte - vor allem die Weitergabe von Suchtgiften an Jugendliche - zu verhindern.

 

Es überwiegen daher im gegenständlichen Fall die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung die Interessen des Beschwerdeführers am Weiterbestehen des Schutzes durch den Zufluchtsstaat und ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des im Spruch bezeichneten Bescheides abzuweisen.

 

Eine - nachträglich durch Vorlage eines Untersuchungsberichtes der medizinischen Universität - attestierte Intelligenzminderung des Beschwerdeführers, gleichwohl wie eine Stellungnahme von Neustart (Haftentlassenenhilfe) eine Entzugstherapie betreffend, vermag nichts an den vorgängigen Ausführungen zu ändern.

 

3.2. Zur Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.):

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, (1.) der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

(2.) dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Gemäß § 8 Abs. 3a AsylG hat eine Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten - soweit diese nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen ist - auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.

 

Gemäß § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG hat eine Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, so diese nicht schon aus den Gründen des Abs. 1 zu erfolgen hat, dann zu erfolgen, wenn der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist.

 

Dem Beschwerdeführer wurde der Status des Asylberechtigten aberkannt und er ist von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens und fünf Vergehen rechtskräftig verurteilt worden. Allerdings wäre die Rückkehr des Beschwerdeführers nach Syrien unzweifelhaft mit einer realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bzw. für den Beschwerdeführer als Zivilperson mit einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden. Dies ergibt sich einerseits aus der notorischen Bürgerkriegslage in Syrien und andererseits aus dem Umstand, dass sich der Beschwerdeführer dem Wehrdienst durch seine Ausreise entzogen hat bzw. an Demonstrationen teilgenommen hat. Ihm droht daher mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Verhaftung und mit Folter verbundene Anhaltung.

 

Daher ist gemäß § 8 Abs. 3a AsylG vorzugehen, dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen, dies mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Somit ist die Beschwerde hinsichtlich des Spruchpunkts II. des im Spruch bezeichneten Bescheides, also hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen.

 

Wie bereits in Spruchpunkt II. des Bescheides bereits richtig ausgeführt, ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Syrien unzulässig.

 

3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.):

 

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen, wenn

(1.) der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

(2.) zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder (3.) der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

Für die in Z 2 und 3 angeführten Voraussetzungen finden sich keinerlei Hinweise, die Z 1 ist nicht anwendbar, da der Beschwerdeführer von einem Gericht wegen eines Verbrechens sowie wegen fünf Vergehen rechtskräftig verurteilt wurde. Daher ist die Beschwerde gegen Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides, somit gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, abzuweisen.

 

3.4. Die belangte Behörde hat daher zu Recht die Aberkennung des Asylstatus sowie die Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten verfügt, sodass die Beschwerde daher abzuweisen ist.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen (Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

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