AlVG §56
AlVG §7
B-VG Art.133 Abs4
Koordinierung Soziale Sicherheit Art.65 Abs2
Koordinierung Soziale Sicherheit Art.65 Abs5
VwGVG §28
AlVG §44
AlVG §56
AlVG §7
B-VG Art.133 Abs4
Koordinierung Soziale Sicherheit Art.65 Abs2
Koordinierung Soziale Sicherheit Art.65 Abs5
VwGVG §28
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W121.2104262.1.00
Spruch:
W121 2104262-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Erika ENZLBERGER-HEIS als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Mag. Günter KRAPF (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) und Mag. Gerhard WEINHOFER (aus dem Kreis der Arbeitgeber) als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid der regionalen
Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservices XXXX vom 10.11.2014, VN:
XXXX , und gegen die Beschwerdevorentscheidung der genannten Behörde vom 18.02.2015, Zahl: XXXX , nach Durchführung einer mündlichen
Verhandlung am 01.09.2015 zu Recht erkannt:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der Bescheid gemäß
§ 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), iVm § 56 und § 44 iVm
§ 7 Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 idgF, a u f g e h o b e n und der Beschwerde stattgegeben.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG n i c h t z u l ä s s i
g.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin ist seit 2012 regelmäßig in Österreich in der Gastronomie als Saisonarbeiterin beschäftigt.
Das Arbeitsmarktservice XXXX hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 10.11.2014 ausgesprochen, dass ihr Antrag auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes vom 8.10.2014 gemäß § 44 in Verbindung mit § 46 Abs. 1 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) und gemäß Artikel 1 lit f in Verbindung mit Artikel 65 Abs. 2 der Verordnung EG Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit mangels Zuständigkeit der regionalen Geschäftsstelle abgelehnt wird. Begründend wurde im Bescheid insbesondere ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin während ihrer letzten Beschäftigung in Deutschland vom 27.05.2014 bis zum 14.09.2014 nicht laufend nach Österreich zurückgekehrt sei und sich immer in Deutschland aufgehalten habe. Ihr Antrag auf Arbeitslosengeld sei somit mangels Zuständigkeit zurückzuweisen.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht eine Beschwerde und führte aus, dass sie folgende Anträge stelle:
1. eine mündliche Verhandlung durchzuführen
2. den Bescheid wegen materieller Rechtswidrigkeit zu beheben und das beantragte Arbeitslosengeld zu gewähren
3. in eventu den angefochtenen Bescheid wegen formeller Mängel aufzuheben und zur Erlassung eines neuen Bescheids an die erste Instanz zurückzuverweisen
Es wurde in der Beschwerde auf den Versicherungsdatenauszug und das Formular U1 als Beweismittel verwiesen. Die Beschwerdeführerin habe in dieser Zeit grundsätzlich die Anwartschaft auf Arbeitslosengeld erworben (mehr als 52 Wochen Beschäftigung in den letzten zwei Jahren). Sie sei in Österreich wohnhaft und habe hier ihr soziales Netz aufgebaut. Die zeugenschaftliche Einvernahme von XXXX , alle aus XXXX , wurde beantragt. Die Beschwerdeführerin habe seit 2012 in Deutschland hingegen nur rund fünfeinhalb Monate Versicherungszeiten erworben, zuletzt vom 28.5.2014 bis 15.9.2014. Als Beweis wurde auf die Angabe im Antrag auf das (noch nicht ausgestellte) Formular U1 aus Deutschland und die Arbeitsbescheinigung der Bundesagentur für Arbeit zur Beschäftigung 2014 verwiesen. Der Wohnort der Beschwerdeführerin sei eindeutig XXXX , sie sei ausschließlich für berufliche Tätigkeiten abwesend gewesen. Eine Anmeldung in XXXX (an der Adresse der Eltern) sei lediglich zum Zweck der Gewährleistung einer Zustelladresse erfolgt. Die belangte Behörde habe den Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld mit der auf Art. 65 der VO(EG)883/2004 gestützten Begründung abgewiesen, XXXX wäre zuständiger Staat.
In weiterer Folge wurde wie folgt ausgeführt:
" 2. Rechtliche Würdigung
Zur Frage der Zuständigkeit für die Gewährung von Arbeitslosenunterstützung ist der wahre Gehalt des Kapitels 6 der VO(EG) 883/2004 zu prüfen. Wie von der Behörde zitiert sind die Art 64 und 65 leg. cit. zur Entscheidung über die Zuständigkeitsregelungen heranzuziehen. Zunächst ergibt sich - wie richtig in der Begründung des bekämpften Bescheides zitiert wird - aus Abs. 2 des Art. 65 leg. cit., dass sich die BF der Arbeitsverwaltung des Wohnsitzmitgliedstaates, in welchen sie zurückgekehrt ist, zur Verfügung zu stellen hat (also dem AMS in Österreich). Richtigerweise wurde der dritte Satz nicht zitiert, nach dem sie sich bei Unterbleiben der Rückkehr der Arbeitsverwaltung im Mitgliedstaat zur Verfügung zu stellen gehabt hätte, dessen Rechtsvorschriften sie zuletzt unterworfen war (also in Deutschland). Will die belangte Behörde - die abermals korrekt Art. 5 lit. a leg.cit. zitiert - aus dem Leistungsbezug nach den Bestimmungen des lit. b verwehren, indem sie auf eine angenommen Zuständigkeit der Behörde im Staat der letzten Erwerbstätigkeit verweist, übersieht sie dabei, dass
1. Der BF keine Leistungen im Mitgliedstaat, dessen Rechtsvorschriften sie zuletzt unterworfen war (Deutschland) bezogen hat, und
2. gem. Art. 64 Abs. 1 Z. 1 leg.cit. auch nicht möglich ist, da die BF eben keine 4 Wochen (nach der Sommersaison) in Deutschland verblieben und der dortigen Arbeitsverwaltung zur Verfügung gestanden ist, sondern binnen rd. drei Wochen in den Wohnsitzstaat zurückgekehrt ist.
Eine Auslegung des Begriffs "Grenzgänger" in überschießend enger Wortinterpretation widerspricht zunächst dem Sinn und Zweck der Verordnung (effet utile). Gemäß dem ersten der Erwägungsgründe, die für jedwede Interpretation vorrangig heranzuziehen sind (1) Die Vorschriften zur Koordinierung der nationalen Systeme der sozialen Sicherheit sind Teil des freien Personenverkehrs und sollten zur Verbesserung des Lebensstandards und der Arbeitsbedingungen beitragen kann die Verordnung nicht zulasten der BF ausgelegt werden. Es kann deshalb auch nicht ein Sonderregime "nur für Grenzgänger" angenommen werden, das faktisch Berufsgruppen unterschiedlich (diskriminierend) behandeln würde: In einer administrativen Tätigkeit mit geregelter Wochenarbeitszeit von Montag bis Freitag kann eine Rückkehr am Wochenende möglich sein, wohingegen eine Saisonbeschäftigung in der Gastronomie von Schicht- und Wochenenddiensten dies erschwert oder unmöglich macht. Der effet utile einer derartigen Regelung kann iSd dreizehnten Erwägungsgrundes
(13) Die Koordinierungsregeln müssen den Personen, die sich innerhalb der Gemeinschaft bewegen, sowie ihren Angehörigen und Hinterbliebenen die Wahrung erworbener Ansprüche und Vorteile sowie der Anwartschaften ermöglichen.
1 effet utile: In verschiedenen Urteilen hat nämlich der Gerichtshof die Mitgliedstaaten verpflichtet, alles zu tun, was zur Anwendung und Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts notwendig ist. "Man nennt dies in der französischen Bezeichnung den effet utile des Gemeinschaftsrechts" (aus: Hakenberg W., Grundzüge des europäischen Wirtschaftsrechts, Verlag Pranz Vahlen, München 1994, 5.67) nur bedeuten, dass die beabsichtigte und tatsächliche Rückkehr nach Österreich maßgeblich ist, welche ja auch tatsächlich erfolgt ist. Die Bindung an den "zuletzt zuständigen Träger" richtet sich hingegen an vormals Beschäftigte, die als Vollarbeitslose Chancen auf Beschäftigung in anderen Mitgliedstaaten ausloten und dies eben - unabhängig von realen Erfolgsaussichten - nach einem Monat vergeblicher Vermittlung durch den (vermutlichen) Herkunftsstaat auch unter Wahrung ihrer arbeitslosenversicherungsrechtlichen Ansprüche dürfen. Die BF hat hingegen in den letzten Jahren regelmäßig in der Wintersaison in der Gastronomie in Österreich gearbeitet und hat damit bewiesen, dass sie hier mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit Beschäftigung finden wird. Es würde ihr mit der gewählten Vorgangsweise hingegen zum Nachteil gereichen, nicht das Sommerhalbjahr Arbeitslosengeld und Notstandshilfe in Österreich bezogen, sondern aktiv eine- temporäre - Beschäftigung in einem anderen Mitgliedstaat angenommen zu haben. Soll nun subsidiär die Wortinterpretation des Art. 1 lit. f leg.cit. herangezogen werden, um die Dichte der Bindungen zu bestimmen, wird zu prüfen sein ob im Wortlaut f) "Grenzgänger" eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt und in einem anderen Mitgliedstaat wohnt, in den sie in der Regel täglich, mindestens jedoch einmal wöchentlich zurückkehrt; die Wortfolge "in der Regel" nur auf den Intervall "täglich" zu beziehen ist oder ob ein "in der Regel" erfolgender Heimatbesuch "täglich, mindestens jedoch einmal wöchentlich" stattfinden soll. Für zweitere Interpretation spricht, dass ein einmalig ausfallender Wochenendbesuch, etwa durch Krankheit oder Dienstreise, nicht zum Verlust des Status führen kann. Überdies hat der EuGH als für die Interpretation von Unionsrecht einzig zuständiges Gericht im Urteil zur Rs. 1/85 Miethe2 festgestellt, wie hinsichtlich der VO(EWG) 1408/71 die Zuständigkeit für Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung zu sehen ist:
(9) Nach Artikel 71 Buchstabe b der Verordnung Nr. 1408/71 können Arbeitnehmer, die nicht Grenzgänger sind, bei Vollarbeitslosigkeit zwischen den Leistungen des Beschäftigungsstaats und denen des Wohnortstaats wählen. Dieses Wahlrecht üben sie dadurch aus, dass sie
sich entweder der Arbeitsverwaltung des Staats der letzten Beschäftigung (Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer i) oder der Arbeitsverwaltung des Wohnortstaats (Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer ii) zur Verfügung stellen.
(10) Vollarbeitslosen Grenzgängern steht dagegen ein solches Wahlrecht nicht zu; vielmehr haben sie nach dem eindeutigen Wortlaut des Artikels 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii lediglich Anspruch auf die Leistungen des Wohnortstaats.
Wollte die belangte Behörde aus der Neufassung der Verordnung durch VO(EG)883/2004 folgern, dass der unionsrechtliche Gesetzgeber die Regelung für Grenzgänger nicht bestätigen wollte bzw. keine Definition des "atypischen Grenzgängers" vorgenommen hat, so ist dies für das vorliegende Verfahren irrelevant. Die offene Frage betrifft nämlich die Zuständigkeit für Grenzgänger3
(38) Andererseits aber könnte der Gerichtshof über diesen offensichtlich fehlenden Willen des Gesetzgebers hinweggehen, wenn er überzeugt sein sollte, dass die Bestimmungen der
2 Rz. 9-10 in: EuGH Rs. 1/85 Horst Miethegegen Bundesanstalt für Arbeit, Urteil vom 12.6.1986, Slg. 1986 s. 01837
3 Rz. 38-39 in: Schlussantrag des Generalanwalts in der Rs. C-443/11 , F. P. Jeltes, M. A. Peeters, J, G. J. Arnold gegen Raad van bestuur van het Uitvoeringsinstituut werknemersverzekeringen vom 10.1.2013, ECU:EU:C:2013:6
Verordnung Nr. 883;2.004 nicht geeignet sind, das ihnen zugeschriebene Ziel, die bestmöglichen Bedingungen für die berufliche Wiedereingliederung des Grenzgängers zu garantieren, zu erfüllen.
(39) Wenn man sich jedoch strikt an den von der Grundverordnung (der Verordnung Nr. 883/2004 ) geschaffenen und von der Durchführungsverordnung (der Verordnung Nr. 987;2009) präzisierten rechtlichen Rahmen hält, ist die Situation folgende: Der Grenzgänger hat Anspruch auf Leistungen im Wohnsitzmitgliedstaat, er ist verpflichtet, sich bei der Arbeitsverwaltung in diesem Staat zu melden, und kann, wenn er es wünscht, sich auch bei der Arbeitsverwaltung in seinem Staat der letzten Beschäftigung melden, wobei feststeht, dass er die Verpflichtungen, die für ihn im Staat der Zahlung der Leistungen gelten, d. h. in seinem Wohnsitzmitgliedstaat, gleichwohl vorrangig zu beachten hat.
Die "Neuerung" besteht gemäß dem Urteil in der Rs. C-443/11 4 in einer Option für den Grenzgänger, im Staat der letzten Beschäftigung - unter Einschränkungen - ihre berufliche Wiedereingliederung anzustreben:
(35) In Bezug auf die Durchführungsverordnung hatte das Europäische Parlament in einem Bericht vom 10. Juni 2008 vor geschlagen, in einem Erwägungsgrund dieser Verordnung klarzustellen, dass die dem Arbeitnehmer eröffnete Möglichkeit, sich bei der Arbeitsverwaltung des Staates seiner letzten Beschäftigung zu melden, zur Förderung der Mobilität von Arbeitnehmern und Arbeitslosen dient, dass der Arbeitnehmer aber nur Anspruch auf eine einzige Arbeitslosenunterstützung, und zwar in seinem Wohnmitgliedstaat, hat. Das Parlament hatte erläutert, dass seine Änderung jedes Missverständnis hinsichtlich der Anwendbarkeit des Urteils Miethe ausräumen sollte. Im 13. Erwägungsgrund dieser Verordnung ist die vom Parlament vorgeschlagene Änderung dann fast unverändert übernommen worden. Dabei ist es dem Mitgliedstaat der letzten Beschäftigung aber nicht verweint, die Arbeitslosenunterstützung zu versagen:
Die Vorschriften über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, insbesondere die Bestimmungen von Art. 45 AEUV, sind dahin auszulegen, dass sie den Mitgliedstaat der letzten Beschäftigung nicht daran hindern, im Einklang mit seinem nationalen Recht einem vollarbeitslosen Grenzgänger, der in diesem Mitgliedstaat die besten Aussichten auf berufliche Wiedereingliederung hat, eine Arbeitslosenunterstützung zu versagen, weil er nicht im Inland wohnt, sofern nach den Bestimmungen des Art. 65 der Verordnung Nr. 883;2.004 in der durch die Verordnung Nr. 988/2009 geänderten Fassung die Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats zur Anwendung kommen.
Zusammenfassend bedeutet dies, dass für den Fall, dass die BF als "atypische Grenzgängerin" angesehen wird, nicht einmal die Option besteht, dass sie in Deutschland Wiedereingliederungshilfe bezieht. Sollte hingegen dieser Status bestritten werden, hat sie lediglich die Option, in Deutschland Wiedereingliederungsleistungen zu beantragen, denn, so der Gerichtshof
(26) Aus Art. 65 Abs. 2 der Verordnung Nr. 883/2004 geht hervor, dass sich ein vollarbeitsloser Grenzgänger, der in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedstaat gewohnt hat und weiterhin in diesem Mitgliedstaat, dem Wohnmitgliedstaat, wohnt, dessen Arbeitsverwaltung zur Verfügung stellen muss. Nach dieser Bestimmung kann er sich zusätzlich der Arbeitsverwaltung des Mitgliedstaats zur Verfügung stellen, in dem er zuletzt eine Beschäftigung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt hat.
(27) Ein vollarbeitsloser Arbeitnehmer, der kein Grenzgänger ist, muss sich entweder der Arbeitsverwaltung seines Wohnstaats, wenn er dorthin zurückkehrt, oder, wenn er nicht dorthin zurückkehrt, der Arbeitsverwaltung des letzten Mitgliedstaats, in dem er beschäftigt war, zur Verfügung stellen.
Die Leistung von tatsächlicher Arbeitslosenunterstützung ist grundsätzlich in Österreich zu beantragen.
3. Formelle Rechtswidrigkeit
Gemäß § 58 Abs. 2 AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt einer Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird.
In der entsprechenden Begründung sind die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen anzuführen, die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage ist klar und übersichtlich zusammenzufassen.
Gemäß regelmäßiger Judikatur des VwGH kann ein Begründungsmangel eine wesentlichen Verfahrensmangel i S d § 42 Abs. 2 Z 3 AVG darstellen. Ein Hinweis auf mehr oder weniger passende Abschnitte aus dem NAG alleine kann der behördlichen Begründungspflicht ebensowenig entsprechen, wie die alleinige Bezugnahme auf den Grundsatz der freien Beweiswürdigung oder die undifferenzierte Bezugnahme auf ein Sachverständigengutachten.
(vgl. VwGH 82/12/0079; VwGH 82/11/0087; VwGH 86/07 /0244)
In rezenter Judikatur7 hat der VwGH zu einem Bescheid, in dem sich die belangte Behörde zumindest vermeintlich auf Judikatur gestutzt hatte, ausgeführt und den Bescheid behoben:
Vorweg ist zu bemerken, dass die Bescheidbegründung der belangten Behörde nicht unbeanstandet bleiben kann, weil sie den Anforderungen des § 60 A VG, wonach in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen sind, nicht gerecht wird.
Im gegenwärtigen Bescheid wurde in keiner Weise ausgeführt:, woraus die belangte Behörde die ihre Unzuständigkeit herleitet, zumal sie in der Bescheidbegründung die korrekten anzuwenden Rechtsquellen zitiert. Ein einziger apodiktischer Satz, der Antrag wäre mangels Zuständigkeit zurückzuweisen, der zum konkreten Sachverhalt in keinem Bezug stehen, vermag eine nachvollziehbare Begründung nicht zu ersetzen, zumal der Bescheid dadurch mit dem Mangel der fehlenden Überprüfbarkeil belastet wird.
Es ist also festzustellen, dass der gegenständliche Bescheid mangels ausreichender Begründung der behördlichen Entscheidung mit formeller Rechtswidrigkeit belastet ist.
Sollte das erkennende Gericht in dieser weshalb der Eventualantrag gestellt wird."
Mit Bescheid des AMS vom 18.02.2015 wurde die Beschwerde vom 8.12.2014 gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 10.11.2014 im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG iVm § 56 Abs. 2 AlVG abgewiesen. Begründend wurde insbesondere wie folgt ausgeführt:
"Folgender Sachverhalt wurde festgestellt:
Sie beantragten am 8.10.2014 die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes in Österreich beim Arbeitsmarktservice XXXX . Sie sind XXXX Staatsbürgerin und Ihre Kernfamilie, Ihre Eltern nämlich, halten sich in XXXX , in XXXX auf. Sie sind XXXX und waren bisher in verschiedenen Hotels in Österreich und Deutschland ausschließlich saisonal beschäftigt.
Laut Auszug aus dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger mit Stand vom XXXX waren Sie erstmals 2012 in Österreich beschäftigt.
Folgende Beschäftigungszeiten scheinen in Österreich auf:
XXXX , UE vom 18.04.2012 bis 26.04.2012, XXXX - während der Beschäftigung waren Sie auch in diesem Hotel wohnhaft.
XXXX , UE 01.05.2013 bis 12.05.2013, XXXX - während der Beschäftigung waren Sie ebenfalls in diesem Hotel wohnhaft.
XXXX
XXXX
XXXX UE 06.05.2014 bis 17.05.2014, XXXX - während der Beschäftigung waren Sie auch in diesem Hotel wohnhaft.
Im U1 Formular zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit ausgestellt am 2.10.2014 lautet Ihre derzeitige Anschrift, XXXX , in XXXX und scheinen folgende Zeiten, die für die Gewährung von Leistungen bei Arbeitslosigkeit zu berücksichtigen sind, Verordnungen EG Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009, auf:
27.05.2014 bis 14.09.2014
01.06.2012 bis 20.11.2012 01.08.2008 bis 15.12.2011
Weiters scheinen folgende Zeiten des Arbeitslosengeldbezuges in Deutschland auf:
25.05.2014 bis 26.05.2014
13.11.2013 bis 24.11.2013 24.05.2012 bis 09.06.2013
Unmittelbar vor Antragstellung waren Sie nicht in Österreich beschäftigt, sondern in Deutschland.
Laut Auszug aus dem zentralen Melderegister vom XXXX waren Sie an der Adresse der Eltern Ihres Lebensgefährten, XXXX , in der Zeit vom XXXX mit Neben Wohnsitz und seit XXXX mit Hauptwohnsitz gemeldet.
Niederschriftlich gaben Sie am 7.11.2014 gegenüber dem Arbeitsmarktservice XXXX bekannt, dass Ihr Nebenwohnsitz in XXXX , eher ein Scheinwohnsitz gewesen sei. Sie hätten während der Tätigkeit in Deutschland keine Zeit gehabt, nach Österreich zu kommen. Sie hätten sich in der Zeit vom 27.5.2014 bis 14.9.2014 (Tätigkeit in Deutschland) nicht in Österreich aufgehalten. Erst ab 8.10.2014 (Rückkehr nach Österreich) und Hauptwohnsitz in Österreich wären Sie ständig vor Ort. Sie sind vom Arbeitsmarktservice informiert worden, dass Sie keinen Anspruch auf eine Leistung haben und sich selbst versichern müssen.
Am 10.11.2014 erging der im Verfahren bekämpfte Bescheid.
Am 16.12.2014 gaben Sie niederschriftlich dem Arbeitsmarktservice bekannt, dass Sie am 17.9.2014 bei der Agentur für Arbeit in XXXX einen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt hätten. Sie hätten daher nur für den 17.9.2014 Arbeitslosengeld in Deutschland bezogen, da Sie dem Mitarbeiter der Agentur für Arbeit mitgeteilt hätten, dass Sie ab dem nächsten Tag nach Österreich fahren und sich dort aufhalten würden. Über den Mitnahmeanspruch wären Sie nicht informiert worden. Sie hätten am XXXX bei der Gemeinde XXXX Ihren Hauptwohnsitz gemeldet und sich beim Arbeitsmarktservice XXXX arbeitslos gemeldet. Weiters gaben Sie niederschriftlich am 16.12.2014 bekannt, dass Sie während Ihres Auslandsaufenthaltes in XXXX bei Ihren Eltern in XXXX , Ihren Wohnsitz gehabt hätten. Eine Rückkehr nach Österreich sei in dieser Zeit vom 27.5.2014 bis 14.9.2014 nicht möglich gewesen. Lediglich die Eltern Ihres Lebensgefährten, Herrn XXXX , wären einmal auf Besuch in XXXX gewesen.
Das Arbeitsmarktservice ist auf Grund Ihrer Angaben in der Niederschrift vom 16.12.2014 per Mail mit der Arbeitsagentur XXXX in Kontakt getreten. Ein Kollege der Arbeitsagentur Team XXXX hat per Mail vom 23.1.2015 Ihre Angaben bestätigt, dass Sie sich am 17.9.2014 persönlich arbeitslos gemeldet und einen Antrag auf Arbeitslosengeld in Deutschland gestellt haben. Die Ausreise nach Österreich haben Sie mit 18.9.2014 bekanntgegeben. Aufgrund des Eintritts einer Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung für die Zeit vom 15.09.2014 bis 21.09.2014 besteht für den 17.09.2014 kein Auszahlungsanspruch. Deshalb wurde dieser Tag auch nicht in Punkt 5.1 des PDU1 vom 19.1.2015 bescheinigt, da hier nur tatsächliche Bezugszeiträume von Arbeitslosengeld einzutragen sind.
Festgestellt wird, dass Sie sich an der Adresse Ihres Lebensgefährten in XXXX vor Ihrer Antragstellung auf Arbeitslosengeld lediglich von 15.7.2013 bis 24.11.2013 mit Nebenwohnsitz aufgehalten haben. Vom XXXX waren Sie mit Ihrem Lebensgefährten bei Ihrem damaligen Dienstgeber die XXXX mit Nebenwohnsitz gemeldet. In der Zeit vom 6.5.2014 bis 26.5.2014 scheint kein Dienstverhältnis auf. Vom 25.05.2014 bis 26.05.2014 haben Sie Arbeitslosengeld in Deutschland bezogen. Danach waren Sie vom 27.05.2014 bis 14.09.2014 in Deutschland gemeinsam mit Ihrem Lebensgefährten beschäftigt.
Tatsache ist, dass Ihnen die Arbeitsagentur in Deutschland nach den jeweiligen Beschäftigungen zuletzt bis 14.9.2014 in Deutschland Arbeitslosengeld zuerkannt hat. Sobald eine beschäftigte Person Ihre Beschäftigung wieder in Ihren Wohnsitzstaat verlegt, ist Sie keine Grenzgängerin mehr im Sinne der Verordnung EG Nr. 883/2004 .
Festgehalten wird, dass Sie vor Antragsstellung am 8.10.2014 und nach Ende der Beschäftigung in Deutschland keine Beschäftigung in Österreich nachgewiesen haben. Durch die Beschäftigung in Deutschland ist die Zuständigkeit für die Beantragung des Arbeitslosengeldes an Deutschland übergegangen. Dies wird auch durch das Mail vom 23.1.2015 der Arbeitsagentur Team XXXX bestätigt. Von der Zeugeneinvernahme der Schwiegereltern und des Lebensgefährten konnte insofern Abstand genommen werden, da das Arbeitsmarktservice auf Grund der erhobenen Aktenlage keine Zweifel an der Feststellung der Zuständigkeit sieht und durch die Einvernahme der Schwiegereltern bzw. des Lebensgefährten keine für die Entscheidungsfindung maßgeblichen Sachverhalte hervorkommen können, die eine andere Entscheidung herbeiführen. Die Beschwerdeausführung, dass Sie sich bereits ein soziales Netz in Österreich aufgebaut hätten, wird vom Arbeitsmarktservice nicht bestritten. Tatsache ist jedoch, dass Ihre Aufenthalte in Österreich sich bis dato auf saisonale kurzfristige Beschäftigungen beschränkt haben und Sie selbst bekanntgegeben haben, während Ihrer Beschäftigung in Deutschland keinen Bezug/Kontakt zu Österreich gehabt zu haben. In dieser Zeit war auch Ihr Lebensgefährte in Deutschland beschäftigt, somit hatten Sie auch keinen Bezugspunkt zu Österreich. Somit ist eindeutig, dass Sie kein Grenzgänger im Sinne der Verordnung EG Nr. 883/2004 sind.
Rechtlich war zu erwägen:
Im gegenständlichen Verfahren kommt die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 unmittelbar zur Anwendung.
Grundsätzlich unterliegen Personen, auf die die Verordnung (EG)Nr. 883/2004 anzuwenden ist, nur den Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaates. Gemäß Artikel 11 der Verordnung(EG) Nr. 883/2004 unterliegen Personen, die in einem Mitgliedstaat eine Erwerbstätigkeit ausüben, den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaates, Artikel 11 Abs 3 lit a EG-Verordnung aus 883/2004. Für Leistungen bei Arbeitslosigkeit ist vom Grundsatz her somit der Beschäftigungsstaat zuständig. Eine Ausnahme betreffend die Zuständigkeit des Beschäftigungsstaates für Personen, die erwerbstätig sind, gibt es bei Grenzgängerinnen, die Leistungen vom Wohnmitgliedstaat erhalten und somit den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats unterliegen.
Die Ermittlungen ergaben diesbezüglich, dass Sie XXXX Staatsbürgerin sind und Ihre Eltern in XXXX leben. Laut U1 Formular ausgestellt von der Agentur für Arbeit in XXXX am 2.10.2014 ist Ihre derzeitige Anschrift in XXXX , in XXXX . Eindeutig ist, dass sich Ihre Familie in XXXX aufhält und Sie einen Wohnsitz und Lebensmittelpunkt während Ihrer Beschäftigung vom 27.05.2014 bis 14.09.2014 in XXXX gehabt haben. Sie hatten während dieser Zeit keine Kontakt zu Österreich, lediglich Ihre Schwiegereltern sind einmal nach XXXX zu Besuch gekommen. Das Arbeitsmarktservice bestreitet nicht, dass Sie einen österreichischen Lebensgefährten haben, jedoch haben Sie bis dato überwiegend in Hotels bei Ihren jeweiligen Arbeitgebern mit ihm zusammengewohnt. Durch die Verlegung Ihres Arbeitsortes nach Deutschland sind Sie wieder in Ihren Wohnsitzstaat zurückgekehrt. Sie haben selbst in der Niederschrift vom 16.12.2014 vorgebracht, bereits in Deutschland einen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt zu haben, jedoch auf Grund Ihrer Ausreise nach Österreich nur einen Tag - 17.9.2014 - Arbeitslosengeld erhalten zu haben. Diese Aussage wird vom Mitarbeiter der Agentur für Arbeit in Deutschland per Mail am 23.1.2014 insofern bestätigt, dass Sie einen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt haben, jedoch am 17.9.2014 kein Auszahlungsanspruch bestanden hat. Ihre Aussage in der Beschwerde, doch keinen Antrag in Deutschland gestellt zu haben, konnte deshalb nicht verifiziert werden und wird daher als Schutzbehauptung gewertet. Sie vermeinen in der Beschwerde, dass Sie bereits eine derartige soziale Bindung zu Österreich aufgebaut hätten, dass Sie als unechter Grenzgänger zu qualifizieren wären. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass sich Ihre bisherigen Aufenthalte in Österreich überwiegend auf die saisonalen kurzfristigen Beschäftigungen im Hotel- und Gastronomiebereich beschränkt haben und danach sind Sie in Ihren Wohnsitzstaat Deutschland zurückgekehrt und haben dort eine Beschäftigung zusammen mit Ihrem österreichischen Lebensgefährten aufgenommen.
Eindeutig ist sohin, dass Sie daher kein "unechter Grenzgänger" im Sinne des Artikels 65
Abs 2 2. Satz der EG-Verordnung Nr. 883/2004 sind, und diese Bestimmung daher nicht zur Anwendung kommt.
Im Sinne des Artikel 11 Abs 3 lit a der EG-Verordnung Nr. 883/2004 ergibt sich eine Änderung der Zuständigkeit erst ab der Aufnahme einer Beschäftigung (Arbeitslosenversicherungszeit) im anderen Mitgliedsstaat, in diesem Fall Österreich.
Das Arbeitsmarktservice kam aus all diesen Erwägungen zur Entscheidung, dass Sie mangels einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung vor Antragsstellung auf Arbeitslosengeld in Österreich mangels Zuständigkeit keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld in Österreich haben und sich somit der Arbeitsmarktverwaltung der Republik Deutschland zur Verfügung zu stellen haben, wie Sie es bereits am 17.9.2014 gemacht haben.
Dem Antrag auf Arbeitslosengeld vom 8.10.2014 war aus all diesen Gründen nicht stattzugeben.
In Ihrem Fall hat die Beschwerde aufschiebende Wirkung. Jedoch wurde der Antrag auf Leistung abgewiesen, weshalb die Rechtslage während des Rechtsmittelverfahrens so zu beurteilen ist, als ob über den Antrag noch nicht entschieden worden wäre. In Ihrem Fall kommt daher eine vorläufige Anweisung der beantragten Leistung nicht in Betracht.
Sofern entgegen der Ansicht der belangten Behörde formelle Mängel im erstinstanzlichen Bescheid Vorgelegen sind, wurden diese durch die Erlassung der Beschwerdevorentscheidung saniert."
Das Bundesverwaltungsgericht führte eine Beschwerdeverhandlung am 01.09.2015 durch. Die Beschwerdeführerin (BF) und die Vertreterin des AMS (AMS) sowie XXXX als Zeugin wurden in Anwesenheit des Beschwerdeführervertreters (BFV) von der Vorsitzenden Richterin (VR) sowie den Laienrichtern befragt. Die Verhandlung gestaltete sich im Wesentlichen wie folgt:
"(...)
VR beginnt mit der Befragung der Beschwerdeführerin. Die Zeugin verlässt nach Aufforderung den Verhandlungssaal.
VR ersucht die BF um Schilderung ihrer derzeitigen beruflichen Situation. Wo sind Sie wohnhaft? ( XXXX ?)
BF: Ich wohne in XXXX . Ich wohne seit letztem Jahr Oktober dort mit Hauptwohnsitz. Seit der Sommersaison bin ich wieder in XXXX wohnhaft. Ich bin Hotelfachfrau im Hotel XXXX am XXXX . Ich arbeite 40 Stunden dort, 5 Tage die Woche in einem festen Arbeitsverhältnis. Dort arbeite ich seit Mitte Februar.
Mag. XXXX : Waren Sie arbeitslos, bis zum Beginn des Arbeitsverhältnisses im Hotel XXXX ?
BF: Vom Oktober 2014 bis Mitte Februar 2015 war ich zu Hause und ich habe für den Kurs gelernt. Ich bin XXXX Staatsbürgerin. Ich bin aus dem XXXX , nahe von XXXX und XXXX .
AMS: Am 08.10 sind Sie in Österreich gewesen. In Deutschland haben Sie am 17.09. den Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt. Das AMS in Deutschland hat nicht ausgezahlt, weil eine Sperrfrist eingetreten ist. Der Mitnahmeanspruch ist ganz wichtig. Grundsätzlich ist immer ein Mitgliedsstaat zuständig. 2013 und 2014 hatte die BF Saisonbeschäftigungen. Sie war jedes Mal wieder in Deutschland und bezog Arbeitslosengeld. Am 27.05. bis 14.09.2104 waren Sie in Österreich beschäftigt. Deutschland hat sich dann nach dieser Beschäftigung auch für zuständig erklärt.
BF: Ich bin mit 17 Jahren bei meinen Eltern ausgezogen. Ich habe dann die Ausbildung angefangen. Direkt im August ging es los. Das war August 2008. Ich habe meinen Abschluss gemacht. Am 01.08.20108 machte ich 3 Jahre bis 2011 meine Lehre als Hotelfachfrau. Bis Dezember habe ich als Ausgelernte gearbeitet. Dann ging ich nach XXXX auf Saison. Ich war in XXXX auch tätig, immer im Restaurant. Meine längste Saison in Deutschland war jene, bis November, dann war ich noch 3 1/2 Monate auf Saison und dann in Österreich.
AMS: Sie waren vor der Arbeitslosigkeit in Deutschland beschäftigt.
BF: Ja, das waren 3 1/2 Monate.
AMS: Die Zuständigkeit ist somit in Deutschland gegeben. Beim AMS hätten Sie sich auf Arbeitssuche in ein anderes EU-Land begeben können. Das passierte nicht in dem Fall. Zum Zeitpunkt in Deutschland, war Ihr Lebensgefährte auch beim selben Hotel tätig. Sobald ich Wohnsitz und Beschäftigung zusammenführe, hat die BF keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, weil bei uns in Österreich die Zuständigkeit liegt. Laut Mail vom AMS Deutschland, haben Sie sich am 17.09.2014 persönlich arbeitslos gemeldet. Vom 15.09. bis 21.09 besteht kein Auszahlungsanspruch. Sie haben es tatsächlich geltend gemacht.
VR: Am 08.10.2014 haben Sie dann den Antrag in Österreich gestellt. Was sagte man beim AMS XXXX ?
BF: Ich habe gefragt, was ich machen soll. 3 Wochen später hieß es, nein, das geht nicht. Ich war bei meiner Saisonarbeit nicht beim AMS XXXX , das ging wegen des weiten Weges nicht. In 3 1/2 Monaten konnte ich nicht nach XXXX fahren. Das AMS XXXX meinte, ich müsste das belegen. Ich war nicht dort. Man arbeitet auf Saison nur. es kann sein, dass man wegen eines Krankheitsfalls gar nicht frei hat.
BFV: Erkundigungen einholen, kann ich überall. Liegt eine, wenn auch atypische Grenzgängereigenschaft vor? Man ist in der Gastronomie in der Zeit auf Saison auf seinen Arbeitsplatz gebunden. Wenn es diese Grenzgängereigenschaft gibt - liegt der Arbeitsort 29,2km von der österreichischen Grenze entfernt. Das AMS hängt die Grenzgängereigenschaft am Wohnort der Eltern auf. Das kann bei einer 17jährigen sein, nicht aber bei einer erwachsenen Frau. Die BF hat ihren Wohnsitz in XXXX .
AMS: Definitiv wurde in Deutschland der Antrag gestellt. nach der Rechtsprechung geht es nicht nur um den Wohnsitz. Sie war immer mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet. Man geht auch auf PKW-Zulassungen und Telefonzulassungen in Österreich bzw. familiären Verhältnissen ein.
BF: Zuerst bin ich mit dem Auto der Großmutter gefahren. Dann habe ich ein Auto gekauft in Deutschland. Das Auto verwendet jetzt meine Mutter.
Mag. XXXX : Anfangs meinten Sie, dass Ihre Familie und Freunde in XXXX lebten?
BF: Es hat sich ein bisschen gedreht. Viele Freunde hatte ich in der Schule. 2 Freunde habe ich in Deutschland. In Vereinen war ich zu meiner Jugendzeit. Meine Eltern, 1 Schwester und meine Verwandten leben in XXXX .
Mag. XXXX : Während der letzten Beschäftigung in Deutschland, konnten Sie wegen der Dienstzeiten nicht nach Österreich fahren. Wen hätten Sie in Österreich besucht?
BF: Die Familie meines Lebensgefährten. Ich bin nur einmal in das XXXX gefahren. Man braucht von XXXX nach XXXX zum Teil länger als von XXXX nach XXXX , weil es täglich Stau gibt. 1-2mal bin ich zu meinen Eltern gefahren. Herr XXXX ist seit Dezember XXXX mein Lebensgefährte. Ich habe in XXXX gearbeitet, dann gingen wir wieder auf Saison. Die Familie des Lebensgefährten habe ich in XXXX kennen gelernt. Das war im Februar XXXX .
Mag. XXXX : Wann waren Sie das erste Mal in XXXX ?
BF: Ende Mai 2013. Die Saison ging bis 05. Mai. Es war Ende Mai, Anfang Juni.
Mag. XXXX : Wie lange haben Sie sich dort aufgehalten?
BF: Ich war dann in XXXX in einem XXXX tätig. Dann hatte ich das Auto.
Das ist ca. 30 Minuten von XXXX entfernt. Ich arbeitete dann in XXXX in einer Weinstube.
Mag. XXXX : Sie waren von Ende Mai 2013 bis Anfang November 2013 in XXXX wohnhaft?
BF: Ja. Ich habe zwischen XXXX und XXXX das Auto gekauft, weil ich auf dem Land arbeitete. Beim Weingut XXXX gab es eine Winterpause. Als die Saison in XXXX fertig war, zog ich nach XXXX . Ich wohnte dort bis November. Ich bin dann wieder nach XXXX . Ich arbeitete dann bei der XXXX .
Mag. XXXX : 2x waren Sie in Deutschland gesperrt. Was war der 1. Grund?
BF: Ich habe angerufen und mich arbeitslos gemeldet, das war nicht notiert. Mir war die Sperre egal, weil es so ein Hin und Her gab. Ich fragte, wie ich es richtig machen soll.
2014 beim 2. Mal, war es wieder so. Ich habe das per Post bekommen, dass ich gesperrt wurde. Ich dachte, dass es nicht mehr relevant ist, ich sollte mich beim AMS in Österreich melden.
Mag. XXXX : Haben Sie den Mitnahmebescheid nachgereicht?
BF: Nein. Ich konnte nicht direkt in XXXX anrufen.
Mag. XXXX : Sie haben diesen auch nicht dem AMS in Österreich nachgereicht?
BF: Das ging nicht.
Mag. XXXX : Sie waren vor der Arbeitslosenmeldung in XXXX ca. 5 Monate dort wohnhaft.
BF: Ja. Als ich mich dort arbeitslos meldete, war ich zuvor in Deutschland.
Mag. XXXX : Wie viel Zeit haben Sie in XXXX in der Wohnung verbracht?
BF: Die Zeit, wo ich nicht arbeitete. Das Haus gehört den Eltern des Lebensgefährten. Wir haben im "alten Kinderzimmer" geschlafen. Ich habe Sachen bei meinen Eltern, die ich nicht brauche.
Mag. XXXX : Als Sie in XXXX waren, sind Sie einem Verein beigetreten?
BF: Nein. Die Vereine sind meistens am Abend. Seitdem ich in der Gastronomie bin, gibt es keine Hobbies in einem Verein mehr. In XXXX habe ich fast 6 Tage lang gearbeitet. Ich hatte dann keine Lust, sportlich zu sein.
Mag. XXXX : Wie sieht das soziale Netz in XXXX aus?
BF: Es ist die Familie und die Freunde meines Lebensgefährten. Ich lernte Freunde durch die Arbeit kennen, das wurden Bekannte. Ich bekomme 2 Tage bevor die neue Woche beginnt, meinen Dienstplan. Wir sind nur Leute, die in der Gastronomie arbeiten.
AMS: Zum Aufenthalt in XXXX 2013: Am 13.11.2013 bis 24.11.2013 waren Sie in Deutschland im Arbeitslosengeldbezug, obwohl Sie in XXXX tätig waren.
BF: Ich dachte, dass ich das so machen muss. Den PKW habe ich gekauft und ich habe mich in Deutschland arbeitslos gemeldet. Ich wusste nicht, dass ich das in Österreich machen darf. Ich machte das, was man mir sagte.
AMS: Sie wollten wieder zu Ihren Eltern zurück 2013?
BF: Ich habe dann 11 Tage meine Großmutter besucht nach einem halben Jahr. Ich bin aber nicht mehr vollkommen eingezogen. Ich schlafe bei meiner Schwester im Zimmer. Es ist nur eine Übernachtung und ein Besuch nach so einer langen Zeit.
Mag. XXXX : Waren Sie in diesen 5 Monaten gemeldet?
BF: Ja, im Haus meines Lebensgefährten war ich nebengemeldet. Bei meinen Eltern war der Hauptwohnsitz.
Mag. XXXX : Seit Anfang 2014 waren Sie in XXXX hauptgemeldet?
BF: Ja.
BFV: Der 1. Wohnsitz im jeweiligen Staat - dazu bekommt man in Meldeämtern immer unterschiedliche Auskünfte. Der Steuerwohnsitz zur Arbeitnehmerveranlagung liegt ebenfalls in Österreich.
Mag. XXXX : Das war auch 2013, 2014 der Fall?
BF: 2013 und 2014 waren das. Ich habe das nie gemacht. Ich habe dann alles auf einmal gemacht.
Die Zeugin betritt nach Aufforderung um 10.54 Uhr den Saal. Die VR beginnt mit der Befragung der Zeugin:
Z: Seit 2 1/2 Jahren kenne ich die BF. Das erste Mal habe ich sie in XXXX bei der Saison gesehen. Ich wohne in XXXX . Mein Bruder hat zu Weihnachten gearbeitet. Es war selbstverständlich, dass sie mit uns feiert, weil mein Bruder nicht da war.
Mag. XXXX : Wie oft trafen Sie 2013 die BF?
Z: Ich wohne in XXXX . Ich bin nur 4-5mal im Jahr im XXXX . Immer, wenn es eine Familienfeier gibt, treffe ich alle.
Mag. XXXX : Gibt es noch andere Geschwister?
Z: 2 Stiefbrüder, die auch in XXXX leben. Sie haben nicht so viel mit unserer Familie zu tun. Sie hat gemeinsam mit meinem Bruder in XXXX gelebt. Ich weiß auch, wann die BF und mein Bruder nach XXXX fahren.
Die Zeugin wird verabschiedet und verlässt den Saal um 10.58 Uhr.
Die VR befragt die BF, ob sie noch etwas Ergänzendes vorbringen will.
Dies wird verneint.
VR befragt die BF, ob sie weitere Beweisanträge einbringen möchte.
Dies wird von der BF verneint."
Im 02.09.2015 langte eine Stellungnahme des AMS XXXX zur mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht beim BVwG ein. Zusammengefasst wurde zum Verhandlungsprotokoll angemerkt, dass folgende Sätze wie folgt lauten müssten: Die Beschwerdeführerin sei am 08.10.2014 in Österreich gewesen. In Deutschland habe sie am 17.09.2014 den Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt. Sie sei danach jedes Mal wieder in Deutschland gewesen und habe dort Arbeitslosengeld bezogen. Am 27.05.2014 bis zum 14.09.2014 sei die Beschwerdeführerin in Deutschland beschäftigt gewesen. Die Beschwerdeführerin sei vor der Arbeitslosigkeit im September 2014 in Deutschland beschäftigt gewesen. Im Zeitraum der Beschäftigung in Deutschland sei ihr Lebensgefährte auch beim selben Hotel in Deutschland tätig gewesen. Sobald der Wohnsitz und die Beschäftigung im selben Mitgliedstaat liegen, liege keine Grenzgängereigenschaft vor. Aufgrund der Beschäftigung in Deutschland und des Wohnsitzes in Deutschland habe die Beschwerdeführerin keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld in Österreich. Sie habe das Arbeitslosengeld tatsächlich in Deutschland geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin sei während ihrer Saisonarbeit in Deutschland nicht in XXXX gewesen, das gehe wegen des weiten Weges nicht. In diesen dreieinhalb Monaten habe sie nicht nach XXXX fahren können. Das AMS XXXX meine, die Beschwerdeführerin müsste Nachweise bezüglich ihres Aufenthaltes in Österreich vorlegen. Nach der Rechtsprechung gehe es nicht nur um den Wohnsitz als polizeiliche Meldung. Man stelle auch zB auf PKW-Zulassungen und Telefonzulassungen(anmeldungen) im jeweiligen Mitgliedstaat bzw. auf die familiären Verhältnisse ab. Gefragt wurde, ob die Beschwerdeführerin ein Auto in Österreich angemeldet habe. Die Aussage der Beschwerdeführerin sei zu ergänzen, dass sie kein Auto in Österreich habe. Zur Frage XXXX XXXX , ob die Beschwerdeführerin vor der Arbeitslosenmeldung in XXXX ca. fünf Monate dort wohnhaft gewesen sei, ist zu ergänzen, dass die Beschwerdeführerin dies bejaht habe und ausgeführt habe, als sie sich dort arbeitslos gemeldet habe, sei sie zuvor in Deutschland beschäftigt gewesen und habe auf Grund der Entfernung und der Dienstzeiten nicht nach XXXX kommen können. Das AMS habe zum Aufenthalt in XXXX im Jahr 2013 ausgeführt, dass am 13.11.2013 bis 24.11.2013 die Beschwerdeführerin in Deutschland im Arbeitslosengeldbezug gewesen sei, obwohl er davor in Österreich tätig gewesen sei.
Am 16.09.2015 langte eine Stellungnahme der Beschwerdeführerin beim BVwG ein. Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin vor der Aufnahme einer Beschäftigung im Februar 2015 einen Kurs bei der WIFI belegt habe und sie sei damit einer Ausbildung in Österreich nachgegangen. Hier sei zu präzisieren, dass die Beschwerdeführerin ein KFZ selbst fast nie benötige. Sie habe nach Stilllegung des KFZ ihrer Großmutter, das sie gelegentlich verwendet habe, ein KFZ gleichsam für ihre Mutter "vorfinanziert" und dieses mittlerweile an sie übertragen. Keinesfalls könne daraus geschlossen werden, dass sie das KFZ längere Zeit halten wolle und eine Wohnsitzbegründung in Deutschland erwogen hätte. Hier sei es zu einem Tippfehler (bzw. einem Fehlvorschlag der Rechtschreibkorrektur?) gekommen: XXXX sei unrichtig, richtig wäre XXXX (am Nordufer des Bodensees). Aufgrund der beschränkten Platzverhältnisse in den Dienstwohnungen (besser: -zimmern) in den Hotels verbleibe nicht benötigter persönlicher Besitz am jeweils "letzten" privaten Aufenthaltsort, damit sowohl in XXXX als auch bei seinen Eltern, die Zusammenfassung im Protokoll könnte missverstanden werden. Die Arbeitszeiten im Gastgewerbe nebst den negativen Auswirkungen auf soziale Kontakte sei in der Verhandlung klar dargelegt worden, damit beschränkte sich der Umgang auf einerseits Freunde des Lebensgefährten, andererseits auf "entferntere" Bekannte, die in derselben Branche tätig seien und mit der Kurzfristigkeit der Freizeitplanung umgehen könnten. Das sei aus anderen Berufen mit vergleichbarer Dienstzeitregelung ebenso bekannt (Gesundheitsberufe, Sicherheitsdienste) und dürfe nicht als "Fehlen" von sozialen Kontakten angesehen werden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Auf Grundlage des Akteninhaltes und nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht werden folgende Feststellungen getroffen und der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt:
Die Beschwerdeführerin ist XXXX Staatsbürgerin und XXXX . Sie war bisher in verschiedenen Hotels in Österreich und Deutschland ausschließlich saisonal beschäftigt.
Laut Auszug aus dem zentralen Melderegister vom XXXX war die Beschwerdeführerin an der Adresse der Eltern ihres Lebensgefährten, XXXX , in der Zeit vom XXXX mit Nebenwohnsitz und seit XXXX mit Hauptwohnsitz gemeldet.
Die Beschwerdeführerin hat sich in der Zeit vom 27.5.2014 bis 14.9.2014 aufgrund einer Arbeitstätigkeit in Deutschland nicht in Österreich aufgehalten.
Die Beschwerdeführerin hatte am 17.9.2014 bei der Agentur für Arbeit in XXXX einen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt, aber in Deutschland keine Leistung bezogen, da sie dem Mitarbeiter der Agentur für Arbeit mitgeteilt hatte, dass sie ab dem nächsten Tag nach Österreich fahre und sich dort aufhalten würde. Über den Mitnahmeanspruch ist die Beschwerdeführerin von der Agentur für Arbeit in Deutschland nicht informiert worden. Erst ab 8.10.2014 beantragte sie in XXXX in Österreich Arbeitslosengeld und meldete bei der Gemeinde XXXX ihren Hauptwohnsitz an. Am 16.12.2014 gab die Beschwerdeführerin bekannt, dass sie während ihres Auslandsaufenthaltes in XXXX bei ihren Eltern in XXXX , ihren Wohnsitz gehabt hätte (lediglich zur Gewährleistung einer Zustelladresse). Eine Rückkehr nach Österreich war in dieser Zeit vom 27.5.2014 bis 14.9.2014 nicht erfolgt. Lediglich die Eltern ihres Lebensgefährten, Herrn XXXX , hatten die Beschwerdeführerin einmal in XXXX besucht.
Die Beschwerdeführerin hat nach 2012 nur im geringen Umfang in Deutschland Versicherungszeiten erworben. Der Wohnort der Beschwerdeführerin ist eindeutig in Österreich, sie ist ausschließlich für berufliche Tätigkeiten abwesend gewesen. Eine Anmeldung in XXXX (an der Adresse der Eltern) ist lediglich zum Zweck der Gewährleistung einer Zustelladresse erfolgt.
Der Wohnort der Beschwerdeführerin ist in Gesamtbetrachtung im entscheidungsrelevanten Zeitraum sowie derzeit eindeutig Österreich, sie ist ausschließlich für berufliche Tätigkeiten abwesend gewesen.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des AMS und des Bundesverwaltungsgerichtes sowie der vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung am 01.09.2015.
Der oben festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des von der belangten Behörde auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.
Insbesondere ist auf die niederschriftlich festgehaltenen und glaubwürdigen Angaben der Beschwerdeführerin und ihren persönlichen glaubwürdigen Eindruck im Rahmen der Beschwerdeverhandlung Bedacht zu nehmen.
Der erkennende Senat folgt den Feststellungen der belangten Behörde, wonach die Beschwerdeführerin XXXX Staatsbürgerin ist.
Zur Frage der Zuständigkeit für die Gewährung von Arbeitslosenunterstützung ist der wahre Gehalt des Kapitels 6 der GVO 883/2004 zu prüfen. Es stellt sich im gegenständlichen Fall somit die Frage, wo der Wohnort der Beschwerdeführerin ist, zur Beantwortung dieser Frage ist Art. 1 lit. j GVO 883/2004 iVm Art. 11 VO 987/2009 heranzuziehen.
Die fehlende Zuständigkeit des AMS XXXX wurde in der nunmehr angefochtenen Beschwerdevorentscheidung vom 18.02.2015 im nunmehr angefochtenen Bescheid vom 10.11.2014 im Wesentlichen damit begründet, dass sich gemäß § 44 AIVG die Zuständigkeit der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice soweit Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers betroffen sind nach dessen Wohnsitz richte, mangels eines solchen, nach dessen gewöhnlichen Aufenthaltsort.
Im gegenständlichen Fall wurde vom AMS festgestellt, dass die Beschwerdeführerin XXXX Staatsbürgerin sei und ihre Eltern in XXXX leben würden. Laut U1 Formular, ausgestellt von der Agentur für Arbeit in XXXX am 2.10.2014, scheint als "derzeitige Anschrift" XXXX auf. Für das AMS erschien eindeutig, dass sich die Familie der Beschwerdeführerin in XXXX aufhält und die Beschwerdeführerin einen Wohnsitz und Lebensmittelpunkt während ihrer Beschäftigung vom 27.05.2014 bis 14.09.2014 in Deutschland gehabt habe. Sie habe während dieser Zeit keinen Kontakt zu Österreich gepflegt, lediglich ihre Schwiegereltern seien einmal nach XXXX zu Besuch gekommen. Das Arbeitsmarktservice räumte ein, dass die Beschwerdeführerin einen österreichischen Lebensgefährten habe, jedoch habe die Beschwerdeführerin bis dato überwiegend in Hotels bei ihren jeweiligen Arbeitgebern mit ihm zusammengewohnt. Durch die Verlegung des Arbeitsortes der Beschwerdeführerin nach Deutschland sei die Beschwerdeführerin wieder in ihren Wohnsitzstaat zurückgekehrt. Sie habe selbst in der Niederschrift vom 16.12.2014 vorgebracht, bereits in Deutschland einen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt zu haben, jedoch auf Grund ihrer Ausreise nach Österreich nur einen Tag - 17.9.2014 - Arbeitslosengeld erhalten zu haben. Diese Aussage sei vom Mitarbeiter der Agentur für Arbeit in Deutschland per Mail am 23.1.2014 insofern bestätigt worden, dass die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt habe, jedoch am 17.9.2014 kein Auszahlungsanspruch bestanden habe. Zur Behauptung, dass sie bereits eine derartige soziale Bindung zu Österreich aufgebaut hätte, dass sie als unechter Grenzgänger zu qualifizieren wäre, hielt das AMS fest, dass sich ihre bisherigen Aufenthalte in Österreich überwiegend auf die saisonalen kurzfristigen Beschäftigungen im Hotel- und Gastronomiebereich beschränkt habe und danach sei die Beschwerdeführerin in ihren Wohnsitzstaat Deutschland zurückgekehrt und habe dort eine Beschäftigung zusammen mit ihrem österreichischen Lebensgefährten aufgenommen. Laut AMS sei daher eindeutig, dass die Beschwerdeführerin kein "unechter Grenzgänger" im Sinne des Artikels 65
Abs 2 2. Satz der EG-Verordnung Nr. 883/2004 sei, und diese Bestimmung daher nicht zur Anwendung komme. Im Sinne des Artikel 11 Abs 3 lit a der EG-Verordnung Nr. 883/2004 ergebe sich eine Änderung der Zuständigkeit erst ab der Aufnahme einer Beschäftigung (Arbeitslosenversicherungszeit) im anderen Mitgliedsstaat, in diesem Fall Österreich. Das Arbeitsmarktservice kam aus all diesen Erwägungen zur Entscheidung, dass die Beschwerdeführerin mangels einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung vor Antragsstellung auf Arbeitslosengeld in Österreich mangels Zuständigkeit keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld in Österreich habe und sich somit der Arbeitsmarktverwaltung der Republik Deutschland zur Verfügung zu stellen habe, wie sie es bereits am 17.9.2014 gemacht habe. Dem Antrag auf Arbeitslosengeld vom 8.10.2014 wurde daher aus all diesen Gründen nicht stattgegeben.
Der erkennende Senat kann der Einschätzung der belangten Behörde, wonach der Lebensmittelpunkt der Beschwerdeführerin nach wie vor in Deutschland anzunehmen sei, nicht folgen.
Im Rahmen der Stellungnahme vom 16.09.2015 legte die Beschwerdeführerin ebenfalls nachvollziehbar dar, dass sie vor der Aufnahme einer Beschäftigung im Februar 2015 einen Kurs bei der WIFI belegt hat und sie ist damit einer Ausbildung in Österreich nachgegangen. Weiters verwies sie nachvollziehbar darauf, dass sie ein KFZ selbst fast nie benötige und ein KFZ gleichsam für ihre Mutter "vorfinanziert" und dieses mittlerweile an sie übertragen habe. Die Beschwerdeführerin verneinte jedoch nachvollziehbar, dass sie das KFZ nicht für eine längere Zeit halten wollte und eine Wohnsitzbegründung in Deutschland erwogen hat. Der Umstand, dass sich persönlicher Besitz neben ihrem Wohnort in XXXX auch nach wie vor bei ihren Eltern in XXXX befindet kann nachvollziehbar mit den beschränkten Platzverhältnissen in den Dienstzimmern, welche sie bewohnt, erklärt werden. Schlüssig verwies die Beschwerdeführerin weiters darauf, dass sie aufgrund ihrer Arbeitstätigkeit als XXXX wenig soziale Kontakte pflege und wenn, dann meist zu Arbeitskollegen. Dies wird jedoch vom erkennenden Senat nicht als absolutes "Fehlen" von sozialen Kontakten gewertet.
In Summe steht für den erkennenden Senat fest, dass im gegenständlichen Fall grundsätzlich Deutschland als letzter Beschäftigungsstaat für die XXXX Staatbürgerin in Arbeitslosenversicherungsangelegenheiten zuständig ist, außer die Beschwerdeführerin wohnt in einem anderen Staat. Die Feststellungen des AMS, dass die Beschwerdeführerin noch bei den Eltern in XXXX wohnt, kann vom erkennenden Senat nicht nachvollzogen werden. Es ergibt sich aufgrund des Akteninhaltes und aufgrund der glaubhaften Angaben in der Beschwerdeverhandlung hinsichtlich der familiären Verhältnisse kein dauerhafterer Charakter in XXXX zu den Eltern der Beschwerdeführerin. Die familiäre Bindung der Beschwerdeführerin zu ihrem Lebensgefährten und dessen Familie in Österreich, wo die Beschwerdeführerin nunmehr zweifellos wohnhaft ist, wird als stärker und dauerhafter gewertet. Beruflich und privat ist derzeit der Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich. Insbesondere ist darauf zu verweisen, dass die 25jährige Beschwerdeführerin mit 17 Jahren von zu Hause ausgezogen war.
Der Wohnort der Beschwerdeführerin ist laut Einschätzung des erkennenden Senats in Gesamtbetrachtung im entscheidungsrelevanten Zeitraum sowie derzeit eindeutig Österreich, sie ist ausschließlich für berufliche Tätigkeiten abwesend gewesen. Eine Anmeldung in XXXX (an der Adresse der Eltern) ist lediglich zum Zweck der Gewährleistung einer Zustelladresse erfolgt.
Da der Lebensmittelpunkt der Beschwerdeführerin aufgrund ihres überwiegenden Aufenthalts und aufgrund der familiären Verhältnisse und familiären Bindungen zweifellos in Österreich liegt, kann die Beschwerdeführerin - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - in Österreich das Arbeitslosengeld bei Vorhandensein der weiteren Voraussetzungen beanspruchen.
Die Beschwerdeführerin ist daher unechte Grenzgängerin und kann wählen, ob sie sich im Beschäftigungsstaat oder im Wohnortstaat arbeitslos meldet. Der erkennende Senat übersieht nicht, dass die Judikatur zum Teil ein solches Wahlrecht bei unechten Grenzgängern bestreitet (vgl. etwa BVwG 1.12.2014, L504 2011268-1), aber der Senat schließt sich der Argumentation im Erkenntnis vom BVwG vom 19.08.2015, L503 2112213-1, an, wonach ein solches Wahlrecht gemäß Art. 65 Abs. 2 letzter Satz iVm
65 Abs. 5 lit. b VO 883/2004 weiterhin besteht (vgl. Felten in Spiegel, Zwischenstaatliches Sozialversicherungsrecht, Manz Kommentar, Erläuterungen zu Art. 65).
Derzeit arbeitet die Beschwerdeführerin 40 Stunden pro Woche ein Jahr im Hotel in XXXX , dies spricht dafür, dass die Beschwerdeführerin in Österreich bleiben will. Die Anknüpfung ist in Österreich damit stärker als in Deutschland.
Österreich ist somit für die Gewährung des Arbeitslosengeldes zuständig.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
3.1.1. Gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
3.1.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 11 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren nach diesem Abschnitt jene Verfahrensvorschriften anzuwenden, die die Behörde in einem Verfahren anzuwenden hat, das der Beschwerde beim Verwaltungsgericht vorangeht.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Im gegenständlichen Verfahren konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, da das Bundesverwaltungsgericht die Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 Z 1 Halbsatz VwGVG als gegeben erachtet, zumal bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
Gemäß § 27 VwGVG hat, soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (Anmerkung: sog. Bescheidbeschwerden) dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).
Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg cit. nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
§ 42 Abs. 3 VwGG (Verwaltungsgerichtshofgesetz) bestimmt, dass durch die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses (vormals: des Bescheides - idF vom 31.12.2013) gemäß Abs. 2 die Rechtssache in die Lage zurück tritt, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses bzw. Beschlusses (vormals: des Bescheides - idF vom 31.12.2013) befunden hat.
Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG sind die Verwaltungsgerichte und die Verwaltungsbehörden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision (vormals: Beschwerde - idF vom 31.12.2013) stattgegeben hat, verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
3.2. Zu Spruchteil A): Stattgebung der Beschwerde
3.2.1. Mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde mit 01.01.2014 (Art. 151 Abs. 51 Z 6 B-VG) das Bundesverwaltungsgericht (Art. 129 B-VG) eingerichtet.
Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 9 B-VG treten in den beim Verwaltungsgerichtshof und beim Verfassungsgerichtshof mit Ablauf des 31.12.2013 anhängigen Verfahren die Verwaltungsgerichte an die Stelle der unabhängigen Verwaltungsbehörden, sonstigen unabhängigen Verwaltungsbehörden und, soweit es sich um Beschwerdeverfahren handelt, aller sonstigen Verwaltungsbehörden mit Ausnahme jener Verwaltungsbehörden, die in erster und letzter Instanz entschieden haben oder zur Entscheidung verpflichtet waren, sowie mit Ausnahme von Organen der Gemeinde. Nach Beendigung des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof betreffend den Bescheid oder die Säumnis einer unabhängigen Verwaltungsbehörde oder vor dem Verfassungsgerichtshof betreffend den Bescheid einer solchen ist das Verfahren gegebenenfalls vom Verwaltungsgericht fortzusetzen.
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 56 (1) AlVG entscheidet über Ansprüche auf Leistungen die regionale Geschäftsstelle. Über die Anerkennung von Maßnahmen gemäß § 18 Abs. 6 entscheidet die Landesgeschäftsstelle.
Über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle entscheidet gemäß Abs. 2 leg. cit. das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung durch die Geschäftsstelle beträgt zehn Wochen.
3.2.2. Gemäß § 44 Abs. 1 AlVG richtet sich die Zuständigkeit der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice (in den übrigen Bestimmungen "regionale Geschäftsstellen" genannt) und der Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice (in den übrigen Bestimmungen "Landesgeschäftsstellen" genannt)
1. soweit Rechte und Pflichten des Arbeitgebers betroffen sind, nach dem Sitz des Betriebes;
2. soweit Rechte und Pflichten der arbeitslosen, beschäftigten oder karenzierten Person betroffen sind, nach deren Wohnsitz, mangels eines solchen nach deren gewöhnlichem Aufenthaltsort; nach Beendigung des Bezuges einer Leistung nach diesem Bundesgesetz bleibt die bisherige Zuständigkeit auch bei Wechsel des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltsortes, insbesondere betreffend den Widerruf oder auch die Rückforderung von Leistungen, so lange aufrecht, bis ein neuer Anspruch geltend gemacht wird.
Ist gemäß Abs. 2 leg. cit. auf Grund internationaler Verträge bei einem Wohnsitz im Ausland der Bezug von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe im Inland zulässig, so ist die regionale Geschäftsstelle zuständig, in deren Bezirk der Arbeitslose zuletzt beschäftigt war. Dies gilt auch für die Geltendmachung des Anspruches (§ 46), die Einhaltung der Kontrollmeldungen (§ 49) und die Erfüllung der Meldepflicht (§ 50). Das gleiche gilt für den Bezug eines Pensionsvorschusses gemäß § 23. Für die Krankenversicherung des Leistungsbeziehers (§ 40 Abs. 1) ist die nach dem Sitz der regionalen Geschäftsstelle örtlich zuständige Gebietskrankenkasse zuständig.
Gemäß § 7 Abs. 1 AlVG hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht (Z 1), die Anwartschaft erfüllt (Z 2) und die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat Z 3).
Der Arbeitsvermittlung steht gemäß Abs. 2 leg. cit. zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf (Abs. 3) und arbeitsfähig (§ 8), arbeitswillig (§ 9) und arbeitslos (§ 12) ist.
Eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf eine Person gemäß Abs. 3 leg. cit., die sich zur Aufnahme und Ausübung einer auf dem Arbeitsmarkt üblicherweise angebotenen, den gesetzlichen und kollektivvertraglichen Vorschriften entsprechenden zumutbaren versicherungspflichtigen Beschäftigung bereithält (Z 1), die sich berechtigt im Bundesgebiet aufhält, um eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen und auszuüben sowie, wenn ihr eine unselbständige Beschäftigung nur nach Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung gestattet ist, keine dieser gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975, entgegenstehenden wichtigen Gründe wie insbesondere wiederholte Verstöße infolge Ausübung einer Beschäftigung ohne Beschäftigungsbewilligung während der letzten zwölf Monate vorliegen (Z 2).
3.2.3. Begriffsdefinition GVO 883/2004
Gemäß Art 1 lit. f GVO 883/2004 ist "Grenzgänger" eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt und in einem anderen Mitgliedstaat wohnt, in den sie in der Regel täglich, mindestens jedoch einmal wöchentlich zurückkehrt.
Gemäß Art 1 lit. j GVO 883/2004 ist "Wohnort" der Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes einer Person.
3.2.4. Anzuwendendes Recht
Gemäß Art 11 Abs. 1 GVO 883/2004 unterliegen Personen, für die diese Verordnung gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaates, welche bestimmt sich nach den folgenden Bestimmungen.
Gemäß Art 11 Abs. 3 lit. a GVO 883/2004 unterliegt eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit ausübt, den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaates.
Gemäß Art. 11 Abs. 3 lit. c GVO 883/2004 unterliegt eine Person, die nach den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats Leistungen bei Arbeitslosigkeit gemäß Artikel 65 erhält, den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaates.
Gemäß Art 61 GVO 883/2004 (Besondere Vorschriften für die Zusammenrechnung von Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten und Zeiten einer selbständigen Erwerbstätigkeit) berücksichtigt der zuständige Träger eines Mitgliedstaats, nach dessen Rechtsvorschriften der Erwerb, die Aufrechterhaltung, das Wiederaufleben oder die Dauer des Leistungsanspruchs von der Zurücklegung von Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten oder Zeiten einer selbständigen Erwerbstätigkeit abhängig ist, soweit erforderlich, die Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten oder Zeiten einer selbständigen Erwerbstätigkeit, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegt wurden, als ob sie nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften zurückgelegt worden wären.
Ist jedoch nach den anzuwendenden Rechtsvorschriften der Leistungsanspruch von der Zurücklegung von Versicherungszeiten abhängig, so werden die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegten Beschäftigungszeiten oder Zeiten einer selbständigen Erwerbstätigkeit nicht berücksichtigt, es sei denn, sie hätten als Versicherungszeiten gegolten, wenn sie nach den anzuwendenden Rechtsvorschriften zurückgelegt worden wären.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. gilt Abs. 1 außer in den Fällen des Artikels 65 Absatz 5 Buchstabe a) des vorliegenden Artikels nur unter der Voraussetzung, dass die betreffende Person unmittelbar zuvor nach den Rechtsvorschriften, nach denen die Leistungen beantragt werden, folgende Zeiten zurückgelegt hat:
- Versicherungszeiten, sofern diese Rechtsvorschriften Versicherungszeiten verlangen,
- Beschäftigungszeiten, sofern diese Rechtsvorschriften Beschäftigungszeiten verlangen
- Zeiten einer selbständigen Erwerbstätigkeit, sofern diese Rechtsvorschriften Zeiten einer selbständigen Erwerbstätigkeit verlangen
Gemäß Art 65 Abs. 2 GVO 883/2004 muss eine vollarbeitslose Person, die während ihrer letzten Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedstaat gewohnt hat und weiterhin in diesem Mitgliedstaat wohnt oder in ihn zurückkehrt, sich der Arbeitsverwaltung des Wohnmitgliedstaats zur Verfügung stellen. Unbeschadet des Artikels 64 kann sich eine vollarbeitslose Person zusätzlich der Arbeitsverwaltung des Mitgliedstaats zur Verfügung stellen, in dem sie zuletzt eine Beschäftigung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt hat.
Ein Arbeitsloser, der kein Grenzgänger ist und nicht in seinen Wohnmitgliedstaat zurückkehrt, muss sich der Arbeitsverwaltung des Mitgliedstaats zur Verfügung stellen, dessen Rechtsvorschriften zuletzt für ihn gegolten haben.
Gemäß Abs. 3 leg. cit. muss sich der in Abs. 2 Satz 1 genannte Arbeitslose bei der zuständigen Arbeitsverwaltung des Wohnmitgliedstaats als Arbeitsuchender melden, sich dem dortigen Kontrollverfahren unterwerfen und die Voraussetzungen der Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats erfüllen. Entscheidet er sich dafür, sich auch in dem Mitgliedstaat, in dem er zuletzt eine Beschäftigung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, als Arbeitsuchender zu melden, so muss er den in diesem Mitgliedstaat geltenden Verpflichtungen nachkommen.
Gemäß Abs. 4 leg. cit. werden die Durchführung des Absatzes 2 Satz 2 und des Absatzes 3 Satz 2 sowie die Einzelheiten des Informationsaustauschs, der Zusammenarbeit und der gegenseitigen Amtshilfe zwischen den Trägern und Arbeitsverwaltungen des Wohnmitgliedstaats und des Mitgliedstaats, in dem er zuletzt eine Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, in der Durchführungsverordnung geregelt.
Gemäß Abs. 5 Buchstabe a leg. cit. erhält der in Absatz 2 Satz 1 und 2 genannte Arbeitslose nach den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats Leistungen, als ob diese Rechtsvorschriften für ihn während seiner letzten Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit gegolten hätten. Diese Leistungen werden von dem Träger des Wohnorts gewährt.
Abs. 2 S. 1 des Artikels 65 spricht von einer vollarbeitslosen Person, die während ihrer letzten Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedstaat gewohnt hat. Die Differenzierung zwischen echtem und unechtem Grenzgänger ergibt sich aus den Bestimmungen des Unterabs. 2. Somit umfasst Unterabs. 1 S. 1 auch den unechten Grenzgänger, also den Arbeitslosen, der kein Grenzgänger ist, weil er zB nicht wenigstens einmal wöchentlich nach Hauszurückkehrt. Nach Judikatur des EuGH (Rs 76/76, Slg 1977, 350) hat der Gerichtshof den Begriff des Wohnmitgliedstaats dahingehend bestimmt, dass dieser den Ort meint, an dem "der Arbeitnehmer, obgleich in einem anderen Mitgliedstaat beschäftigt, weiterhin gewöhnlich wohnt und in dem sich auch der gewöhnliche Mittelpunkt seiner Interessen befindet". Es seien daher nicht nur die familiären Verhältnisse des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, sondern auch die Gründe, die ihn zu der Abwanderung bewogen haben und die Art seiner Tätigkeit. (Fuchs, Europäisches Sozialrecht, Art 65 Rn 7-8, 15).
3.2.5. Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:
Zu prüfen ist, ob verfahrensgegenständlich gem. § 44 Abs 2 AlVG der Antrag auf Arbeitslosengeld in Österreich zulässig ist.
Nach den Gemeinschaftsbestimmungen unterliegt eine erwerbstätige Person, die sich innerhalb der Europäischen Union in einen anderen Staat begibt, den Sozialversicherungsvorschriften nur eines Mitgliedstaats, sofern nicht ausdrücklich eine Ausnahme von dieser Regel vorgesehen ist.
Die Verordnung trifft in den Art 61 - 65a Regelungen eine Sonderkoordinierung, die auf alle Leistungen bei Arbeitslosigkeit Anwendung findet.
Liegt - wie im konkreten Fall - Vollarbeitslosigkeit vor, so kommt Art 65 Abs 2 VO (EG) 883/2004 zur Anwendung. Zentraler Regelungsgegenstand dieser Norm ist ein Statutenwechsel. Zuständiger Staat ist demnach nicht - wie nach den allgemeinen Grundsätzen - der Staat der letzten Beschäftigung (Art 11) - als solcher gilt jener Ort an dem die Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wird (Art 1 lit a), dies wäre gegenständlich Deutschland - sondern gemäß § 65 Abs 5 lit a der Wohnsitzstaat Österreich. Das gilt für alle Fälle in denen der Staat der letzten Beschäftigung und der Wohnsitzstaat nicht deckungsgleich sind, entweder weil die betr. Person während der letzten Beschäftigung bzw. Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedsstaat wohnte und weiterhin dort wohnt oder weil sie nach dem Verlust des Arbeitsplatzes in den ehemaligen Wohnsitzstaat zurückgekehrt ist. Folglich erfasst Art 65 Abs 2 sowohl echte Grenzgänger iSd Art 1 it f, dh Personen, die idR täglich, mindestens jedoch einmal wöchentlich in den Wohnsitzstaat zurückkehren, als auch unechte Grenzgänger, die in größeren Abständen oder erst nach Aufgabe der Beschäftigung zum Wohnort zurückkommen (Spiegel, Zwischenstaatliches Sozialversicherungsrecht, Manz Kommentar, Rz 5 zu Art 65).
Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine vollarbeitslose Person, die in Österreich gewohnt und zuletzt in Deutschland gearbeitet hat.
Aufgrund der von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungen hat die Beschwerdeführerin laut Einschätzung des erkennenden Senates ihren Lebensmittelpunkt sowie ihren Wohnsitz in Österreich, die Beziehungen zu Deutschland hat sie aufrecht erhalten, jedoch befinden sich in Österreich neben ihrem Lebensgefährten auch dessen Eltern und Arbeitskollegen, zu denen die Beschwerdeführerin eine gute Beziehung hat.
Die Verordnung unterscheidet zwischen Wohnort (Art 1 lit j) und Aufenthalt (Art 1 lit f). Wohnort ist demnach der Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes einer Person; Aufenthalt bezeichnet den vorübergehenden Aufenthalt.
Nach der Judikatur des EuGH ist Wohnort jener, zu dem eine verfestigte Beziehung iSv Mittelpunkt der Lebensinteressen besteht, während Aufenthalt nur die vorübergehende Anwesenheit in einem anderen Mitgliedsstaat, ohne die Absicht sich dort ständig aufzuhalten bedeutet (zB während einer Entsendung) während dessen aber die engste Beziehung weiterhin zum Heimatstaat verbleibt (Spiegel, Europäisches Sozialrecht, Art 1, Rn 31; sowie Spiegel in Zwischenstaatliches Sozialversicherungsrecht, Manz Kommentar, Rz 31 zu Art 1).
Zu verweisen ist auf Art. 11 Abs 1 VO (EG) 883/2004 , wonach bei einer Meinungsverschiedenheit zwischen den Trägern von zwei oder mehreren Mitgliedstaaten über die Feststellung des Wohnortes einer Person für die die Grundverordnung ermitteln diese Träger im gegenseitigen Einvernehmen den Mittelpunkt der Interessen dieser Person und stützen sich dabei auf eine Gesamtbewertung aller vorliegenden Angaben zu den einschlägigen Fakten, wozu gegebenenfalls insbesondere auch ihre familiären Verhältnisse und familiären Bindungen zu berücksichtigen sind.
Die Beschwerdeführerin ist XXXX Staatsbürgerin und XXXX . Sie war bisher in verschiedenen Hotels in Österreich und Deutschland ausschließlich saisonal beschäftigt.
Wie beweiswürdigend ausgeführt ist der Wohnort der Beschwerdeführerin im entscheidungsrelevanten Zeitraum eindeutig Österreich, und ist sie ausschließlich für berufliche Tätigkeiten abwesend gewesen. Eine Anmeldung in XXXX (an der Adresse der Eltern) ist lediglich vorübergehend lediglich zum Zweck der Gewährleistung einer Zustelladresse erfolgt.
Da der Lebensmittelpunkt der Beschwerdeführerin aufgrund ihres überwiegenden Aufenthalts und aufgrund der familiären Verhältnisse und familiären Bindungen - wie beweiswürdigend dargelegt - zweifellos in Österreich liegt, kann die Beschwerdeführerin - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - in Österreich das Arbeitslosengeld bei Vorhandensein der weiteren Voraussetzungen beanspruchen.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Der Senat beurteilt im gegenständlichen Fall nach Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung lediglich die soziale Situation (Mittelpunkt der Lebensinteressen) der Beschwerdeführerin anders als das AMS. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH vertritt eine eindeutige und einheitliche Rechtsprechung, weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)