BVwG W119 2006001-1

BVwGW119 2006001-126.1.2016

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs4
B-VG Art.133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W119.2006001.1.00

 

Spruch:

W119 2006001-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a EIGELSBERGER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27. 2. 2014, Zl 821863210-1600022, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 3. 9. 2015 und am 3. 11. 2015 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.

III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wird XXXXeine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 26. 1. 2017 erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Artikel I. I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 23. 12. 2012 den gegenständlichen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz.

Am selben Tag fand die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Zunächst gab er an, nicht 17 Jahre, sondern mit Beginn des nächsten Jahres nach dem afghanischen Kalender 20 Jahre alt zu werden. Das Geburtsdatum wurde nunmehr mit XXXXprotokolliert. Weiters gab er an, der Volksgruppe der Hazara anzugehören und drei Jahre die Grundschule in Kabul besucht zu haben. Sein Vater sei im Alter von fünfunddreißig Jahren während des Bürgerkrieges getötet worden. Seine Mutter, seine Schwester und sein Bruder würden in Kabul leben. Er sei in Afghanistan gelegentlich als Hilfsarbeiter beschäftigt gewesen. Zu seinem Fluchtgrund gab er an, Afghanistan aus wirtschaftlichen Gründen verlassen zu haben. Ein weiterer Grund sei auch seine schlechte Ausbildung gewesen. Außerdem habe er sich in Afghanistan nicht sicher gefühlt, da dort ständig Krieg herrsche und es immer wieder zu Selbstmordanschlägen komme. Er habe die geerbten Grundstücke seines Vaters verkaufen müssen, um seine Reise zu organisieren.

Am 3. 9. 2013 wurde der Beschwerdeführer beim Bundesasylamt einvernommen. Dort führte er zunächst aus, in Baghlan geboren zu sein. Er habe das letzte Jahr vor seiner Ausreise in Kabul gelebt. Zuvor habe er seit seiner Geburt mit seiner Mutter und seinen Geschwistern in Baghlan gelebt. Er wisse nicht, wann er Afghanistan verlassen habe. Sein Vater sei ca vor vierzehn Jahren gestorben. Er stehe im telefonischen Kontakt zu seiner Familie. Er habe Afghanistan deshalb verlassen, weil nach dem Tod seines Vaters dessen ehemalige Geschäftspartner das gesamte Geld gestohlen hätten. Es sei von seiner Familie niemand in der Lage gewesen, diese anzuklagen, weil er und seine Geschwister noch zu klein gewesen seien. Es seien dann die Gläubiger erschienen, die ihr Geld hätten haben wollen. Als seine Mutter diesen Personen gesagt habe, dass sie kein Geld hätten, wollten diese seine Schwester mitnehmen. Aus diesem Grund seien er und seine Familie von Baghlan nach Kabul geflohen. In Kabul hätten sie bei einem Onkel väterlicherseits gewohnt, bis auch dort die Gläubiger sie gefunden hätten. Seine Familie, sein Onkel und er selbst hätten daraufhin beschlossen, dass er das Land verlassen solle. Sie hätten ein Grundstück verkauft und mit diesem Erlös seine Ausreise finanziert. Sein Onkel habe ihm danach erzählt, dass die Gläubiger noch immer zu ihm nach Hause kommen würden und er deshalb nicht ruhig schlafen könne. Ansonsten habe der Beschwerdeführer keine weiteren Fluchtgründe. Auf die Frage, wer die ehemaligen Geschäftspartner seines Vaters gewesen seien, gab er an, dies nicht zu wissen, er kenne sie nicht. Seine Mutter habe ihm erzählt, dass sie das gesamte Geld gestohlen hätten. Zum Alter seiner Geschwister befragt gab er an, dass seine Schwester vierundzwanzig Jahre, sein Bruder vierzehn oder fünfzehn Jahre alt sei. Auf die Frage, welches Geschäft sein Vater betrieben habe, gab er an, dass sein Vater in den Bergen Kräuter gesammelt und aus diesen etwas gemacht habe. Er wisse nicht, wie die Firma seines Vaters geheißen habe. Er habe die Gläubiger, die bei ihnen zu Hause gewesen seien und ihr Geld hätten wollen, nicht gekannt. Sie seien jedoch sehr oft zu ihnen nach Hause gekommen. Es seien jedoch nicht immer die gleichen Gläubiger gekommen. Wenn die Gläubiger bei ihnen gewesen seien, hätten sie das Geld gewollt oder gedroht ansonsten seine Schwester mitzunehmen. Diese Gläubiger hätten in Baghlan gewohnt, genauer in XXXX. Die Gläubiger seien so oft bei ihnen erschienen, dass er sich nicht mehr daran erinnern könne, wann sie das erste und das letzte Mal erschienen seien. Manchmal hätten sich diese Männer auch Stunden bei ihnen aufgehalten. Sie seien vor dem Haus gestanden und hätten gewartet, dass er aus dem Haus komme, um ihn als Pfand mitzunehmen. Er habe seine Schwester nicht mitnehmen können, weil das Geld nicht gereicht habe. Als sie in Kabul gewohnt hätten, seien die Gläubiger dreimal gekommen. Es habe jedoch niemals Übergriffe auf seine Person gegeben. Der Beschwerdeführer wurde in weiterer Folge auf das Neuerungsverbot hingewiesen und gab daraufhin an, alles vorgebracht zu haben.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27. 2. 2014, Zl 821863210-1600022, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Mit Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt und gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für seine freiwillige Ausreise auf zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.

Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) aus, dass die Behauptung des Beschwerdeführers, einer Verfolgung der ehemaligen Gläubiger seines Vaters ausgesetzt gewesen zu sein, lediglich allgemein in den Raum gestellt worden seien, ohne diese zu belegen oder glaubhaft gemacht zu haben. Aufgrund der Allgemeinheit und der mangelnden Nachvollziehbarkeit des Vorbringens könne diesem keine Glaubwürdigkeit zuerkannt werden. Hinzu trete, dass sich aus dem Vorbringen Ungereimtheiten bzw Widersprüchlichkeiten ergeben würden. Bei seiner Einvernahme am 23. 12. 2012 habe der Beschwerdeführer angegeben, dass er Afghanistan aus wirtschaftlichen Gründen verlassen habe. Ein weiterer Grund sei seine schlechte Ausbildung gewesen. Anlässlich der Einvernahme am 3. 9. 2013 habe er hingegen angegeben, dass er einer Verfolgung durch ehemalige Gläubiger seines Vaters ausgesetzt gewesen sei. Nach dem Tod seines Vaters hätten diese das gesamte Geld gestohlen. Auf diesen Widerspruch aufmerksam gemacht, habe der Beschwerdeführer erklärt, dass ihm am 23. 10. 2012 gesagt worden sei, sich kurz zu fassen. Nach Ansicht des Bundesamtes sei es auch bei einer Kurzfassung möglich, den wahren Ausreisegrund zu schildern. Gegen die Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers würden auch die geringen Kenntnisse des Beschwerdeführers über die Tätigkeit seines Vaters sprechen. Dies gelte auch für die dem Beschwerdeführer nicht bekannten Gläubiger.

Der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Sachverhalt biete daher keine Grundlage für eine Subsumierung unter den Tatbestand des § 3 AsylG.

Zu Spruchpunkt II wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach Afghanistan in der Lage sei, für seine notwendigsten Lebensbedürfnisse aufzukommen. Zudem leide er an keiner lebensbedrohlichen, bereits ein tödliches Stadium erreichenden Erkrankung im Sinne der Judikatur des EGMR. Es würden sich somit keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend ergeben, wonach die unmittelbar nach erfolgter Rückkehr nach Afghanistan allenfalls drohenden Gefahren nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht wären, dass sich daraus das reale Risiko einer extremen Gefahrenlage ergeben würde, die einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art 3 EMRK darstellen würden.

Zu Spruchpunkt III. erwog das Bundesamt, dass die Ausweisung des Beschwerdeführer im Hinblick auf Artikel 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt sei.

Mit Verfahrensanordnung vom 27. 2. 2014 wurde dem Beschwerdeführer der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 11. 4. 2014 Beschwerde. In dieser wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass in Afghanistan Krieg herrsche und es immer wieder zu Selbstmordanschlägen komme. Da er die Grundstücke seines Vaters verkauft habe, um seine Flucht zu finanzieren, besitze er nichts mehr in Afghanistan. In seinem Heimatdorf in Baghlan würden zudem die Taliban herrschen.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 3. 9. 2015 und am 3. 11. 2015 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht teilnahm. Obwohl der Beschwerdeführer von seinem Recht, einen Rechtsberater für diese Verhandlung beizuziehen, informiert wurde, erklärte er auf eine Kontaktaufnahme mit diesem verzichtet zu haben. Er gab in der Verhandlung am 3. 9. 2015 eingangs an, in XXXX gelebt zu haben. Bei XXXXhandle es sich um einen Stadtteil von XXXX. Er habe dort ungefähr fünfzehn Jahre gelebt.

Derzeit halte sich seine Familie in Kabul auf. Sie würde jedoch immer wieder ihren Wohnsitz wechseln, weil sie sich wegen der Schwierigkeiten bedroht fühle.

Sein Vater habe einen Handel betrieben, wonach er in den Bergen Gewächse namens Jahir und Anguza gesammelt und ins Ausland gebracht habe. Er habe die Geschäftspartner seines Vaters gekannt. Dies deshalb, weil sie zu seinem Vater nach Hause gekommen seien und dort mit der Ware gearbeitet hätte. Das Verhältnis eines Vaters zu den Geschäftspartnern sei anfangs sehr gut gewesen, vor allem, weil das Geschäft sehr erfolgreich gewesen sei. Später, als der Erfolg geringer geworden sei, habe es Schwierigkeiten gegeben und als sein Vater gestorben sei, hätten die Geschäftspartner alles an sich genommen. Es habe insgesamt vier Geschäftspartner gegeben, sein Vater sei mit einem Viertel beteiligt gewesen. Er habe den Namen eines Geschäftspartners gekannt, die beiden anderen jedoch nicht. Sein Vater sei während des Krieges mit den Taliban getötet worden. Er wisse jedoch nichts Genaueres. Sein Vater habe am Krieg teilgenommen, in dieser Zeit hätten seine Geschäftspartner die Arbeit erledigt. Er wisse nicht, ob die anderen Geschäftspartner am Krieg teilgenommen hätten. Nach dem Tod seines Vaters hätten seine Geschäftspartner das Geschäft übernommen. Sie hätten seinem Vater vorgeworfen, Schulden gemacht zu haben, damit er und seine Familie die Anteile seines Vaters nicht verlangt hätten. Er und seine Familie seien von diesen Männern verfolgt worden. Auf die Frage, warum eine Verfolgung stattgefunden habe, gab er an, dass diese Männer hätten verhindern wollen, dass er die Anteile seines Vaters einfordere. Sie hätten ihn bedroht, verfolgt und gewollt, dass er die Schulden seines Vaters begleiche. Auf Vorhalt, dass er beim Bundesasylamt angegeben habe, dass die Geschäftspartner seines Vaters das gesamte Geld gestohlen hätten, in weiterer Folge die Gläubiger erschienen seien, die ihr Geld hätten einfordern und auch seine Schwester anstelle des Geldes hätten mitnehmen wollen, würde er nunmehr die Verfolgungshandlungen in der Weise schildern, dass die Geschäftspartner seines Vaters ihn verfolgen würden. Der Beschwerdeführer gab dazu an, dass er sowohl von den Geschäftspartnern als auch von den Gläubigern verfolgt worden sei. Auf Vorhalt, warum er zuvor nichts von den Verfolgungen der Gläubiger erwähnt habe, gab er an, auf die ihm gestellten Fragen geantwortet zu haben. Auf die Frage, ob er die Gläubiger seines Vaters gekannt habe, bejahte er dies und gab an, dass es sich um verschiedene Personen gehandelt habe, die Waren seien nicht nur von einer Person übernommen worden. Befragt, ob er den Unterschied zwischen Gläubigern und Geschäftspartnern kenne, gab er an, dies nicht gut zu wissen. Unter Gläubigern verstehe er jene Leute, von denen sein Vater die Ware gekauft, sie nach Hause gebracht und von dort in das Lager transportiert habe. Auf Vorhalt, dass der Beschwerdeführer beim Bundesasylamt angegeben habe, dass sein Vater in den Bergen Kräuter gesammelt habe und etwas daraus gemacht habe, während er nunmehr angebe, sein Vater habe die Ware gekauft, gab der Beschwerdeführer an, dass dies fehlerhaft protokolliert worden sei. Er habe damals angegeben, dass das Gewächs in den Bergen gesammelt und an die Händler verkauft worden sei. Auf die Frage, welche Probleme seine Familie mit den Gläubigern gehabt habe, gab er an, dass sein Vater die Ware von ihnen gesammelt und sie erst bezahlt habe, als die Firma die Ware weiterverkaufen habe können. Wie bereits erwähnt, habe die Firma jedoch Schwierigkeiten gehabt, sodass diese Leute nicht bezahlt hätten werden können. Nach dem Tod seines Vaters hätten die Gläubiger von ihm und seiner Familie das Geld erstattet haben wollen. Auf die Frage, wie lange er sich nach dem Tod seines Vaters er noch in Afghanistan aufgehalten habe, gab er an, dass es sich um ca fünf Jahre gehandelt habe. Dem Beschwerdeführer wurde vorgehalten, dass er angegeben habe, dass sein Vater vor fünfzehn Jahren gestorben sei, er habe vor drei Jahren die Flucht aus Afghanistan angetreten, damit bleibe ein Zeitraum von zwölf Jahren. Dazu gab er an, dass sie nach dem Tod seines Vaters für ein paar Jahre nach Pakistan gezogen seien und danach nach Afghanistan zurückgekehrt seien, nämlich nach Kabul. Auf Vorhalt, dass er beim Bundesasylamt angegeben habe, direkt von Baghlan nach Kabul gereist zu sein, gab er an, vieles vergessen zu haben. Die Entfernung zwischen XXXX und Kabul sei nicht so groß, deshalb seien sie zuerst nach Kabul und danach nach Pakistan gefahren. Auf die Frage, ob er auch in Kabul Schwierigkeiten gehabt habe, gab er an, dass sich die Gläubiger sich bei seinem Onkel nach ihm und seiner Familie erkundigt hätten. Dieser Onkel habe seine Familie in Kabul etwas unterstützt. Sie hätten in der Nähe dieses Onkels ein Haus gemietet, die Miete habe sein Onkel beglichen. Auf Frage, dass die Gläubiger somit nicht gewusst hätten, dass der Beschwerdeführer und seine Familie in Kabul gelebt hätten, gab er an, dass dies richtig sei, sie hätten versteckt gelebt. Auf Vorhalt, dass er beim Bundesasylamt angegeben habe, dass die Gläubiger in Kabul im Garten vor dem Haus gestanden seien und gewartet hätten, dass er hinauskomme, gab er an, dass er gemeint habe, dass die Gläubiger zum Haus seines Onkels gegangen seien, und sich nach ihnen erkundigt hätten. Zu dieser Zeit habe er sich im Haus seines Onkels versteckt. Er habe telefonischen Kontakt zu seiner Familie, diese habe noch immer Probleme mit den Gläubigern.

Die Verhandlung wurde vertagt, um nach Einholung eines Sachverständigengutachtes die Versorgungs- und Sicherheitslage in Kabul zu erörtern.

Am 3. 11. 2015 wurde die Verhandlung fortgesetzt und das vom Sachverständigen schriftlich erstattete Gutachten dem Beschwerdeführer übersetzt, das in den Länderfeststellungen seinen Niederschlag findet. Zur Situation seiner in Kabul lebenden Familie gab er an, dass seine Mutter manchmal als Haushaltshilfe arbeite, sein Onkel bezahle die Miete. Sein Onkel sei Gärtner und staatlicher Angestellter. Er habe fünf Kinder.

Der länderkundige Sachverständige erstattete unter Zugrundelegung des schriftlichen Gutachtens ein auf den Beschwerdeführer individuell bezogenes mündliches Gutachten, aus dem hervorgeht, dass die Mutter des Beschwerdeführers als Haushaltshilfe ihre Dienste anbiete, damit über ein geringes Einkommen verfüge. Der Onkel des Beschwerdeführers sei als Gärtner tätig und gehöre ebenfalls der ärmeren Schicht der Gesellschaft an. Aufgrund der hohen Arbeitslosenrate sei es für den Beschwerdeführer schwierig, einen Arbeitsplatz zu finden.

Dem Beschwerdeführer wurden im Anschluss an die Verhandlung die Länderfeststellungen übergeben und ihm zur Abgabe einer Stellungnahme sowohl zu den Feststellungen als auch dem zur Sicherheits- und Versorgungslage in Kabul erstatteten Gutachten eine zweiwöchige Frist gewährt. Eine solche Stellungnahme ist jedoch bis zum jetzigen Zeitpunkt ausgeblieben.

Artikel II. II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Abschnitt 2.01 1. Feststellungen:

Abschnitt 2.02 Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Hazara an. Er wurde in XXXX, einem Stadtteil von XXXX in der Provinz Baghlan geboren. Dort lebte er fünfzehn Jahre, ehe er mit seiner Mutter und seinen beiden Geschwistern nach Kabul übersiedelte. Der Vater des Beschwerdeführers hatte gemeinsam mit Geschäftspartnern einen Handel betrieben. Er wurde während der Herrschaft der Taliban getötet.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer von den Geschäftspartnern oder den Gläubigern seines Vaters verfolgt worden ist.

Weiters kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführerin in Kabul Verfolgungshandlungen ausgesetzt war.

Die Familie des Beschwerdeführers sowie ein Onkel des Beschwerdeführers leben in Kabul. Die Mutter des Beschwerdeführers ist als Haushaltshilfe tätig. Der Onkel des Beschwerdeführers ist als Gärtner beschäftigt. Es ist für den Beschwerdeführer aufgrund der hohen Arbeitslosenrate kaum möglich, einen Job zu finden. Der Beschwerdeführer verfügt über keine Berufsausbildung.

Zur Situation in Afghanistan:

Sicherheitslage

Die allgemeine Sicherheitslage hat sich seit der Verkündung der Wahlergebnisse ein wenig stabilisiert. Für afghanische Verhältnisse kann man sogar von einer Verbesserung sprechen. Solange sich die neue Regierung aber noch nicht formiert hat und die Ministerien noch nicht neu besetzt sind, kann davon ausgegangen werden, dass radikale Gruppierungen nach wie vor durch Anschläge, speziell gegen Regierung und ISAF (International Security Assistance Force), die Lage destabilisieren wollen, um die Handlungsunfähigkeit der Regierung unter Beweis zu stellen (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 10.11.2014).

* Die Motive der Gruppierungen in Afghanistan sind einerseits politisch/religiös, andererseits rein wirtschaftlich bedingt. Die Maßnahmen der neuen Regierung wurden von der Zivilbevölkerung positiv aufgenommen. Es ist daher davon auszugehen, dass Gruppierungen, die die Handlungsunfähigkeit der Regierung unter Beweis stellen wollen, diesen Winter vermehrt Aktionen setzen werden. Mit nächstem Jahr wird auch ISAF in RSM (Resolut Support Mission) umfunktioniert und auf internationaler Seite eine massive Truppenreduktion eingeleitet. Auch das kann noch einmal zu einer Verschärfung der Lage führen. Sollte die Masse der Bevölkerung nicht ausreichend informiert werden, wird von radikalen Gruppen versucht werden, die planmäßige Reduktion der Truppen als Rückzug auf Grund des massiven Drucks gegen die IC (International Coalition) zu verkaufen. Trotzdem ist die Anzahl der Anschläge im Gesamten leicht rückgängig, ihre "Qualität" hat aber zugenommen (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 10.11.2014).

Der Nato-Kampfeinsatz in Afghanistan läuft zum Jahresende aus. Einen Vertrag über einen neuen internationalen Militäreinsatz wollte der bisherige afghanische Präsident Hamid Karzai nicht unterschreiben. Nach monatelanger Verzögerung hat die afghanische Regierung den Weg für einen internationalen Militäreinsatz über den Jahreswechsel hinaus freigemacht. Dem NATO-Kampfeinsatz in Afghanistan soll ein kleinerer Einsatz zur Ausbildung und Unterstützung afghanischer Sicherheitskräfte mit rund 12.000 Soldaten folgen. Deutschland will sich mit bis zu 800 Soldaten an dieser Mission mit dem Namen "Resolute Support" beteiligen (FAZ 30.9.2014).

Im Zeitraum 1.6.-15.8.2014 registrierte die UNO landesweit 5.456 sicherheitsrelevante Vorfälle. Dies bedeutet eine Steigerung von 10,7% zum Vergleichszeitraum des Vorjahres und von 18,7% zu 2012. Jedoch bedeuten diese Zahlen auch einen Rückgang von 12,6% im Vergleich zu 2011. Die erhöhte Zahl der Vorfälle ist auf Operationen unter Führung der ANSF zurückzuführen, die sich auf die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen konzentrierten, und auf die andauernde "Khaibar"-Offensive der Taliban, aber auch auf Versuche der Rebellen, den Wahlprozess zu stören. Während des Berichtszeitraumes machten bewaffnete Zusammenstöße 47,3% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle aus, während 29,1% auf IEDs zurückzuführen sind. Im gleichen Zeitraum wurden 36 Selbstmordattentate registriert, was, verglichen mit 32 Selbstmordattentaten im vorigen Berichtzeitraum, einen geringen Anstieg bedeutet. 2013 wurden im gleichen Zeitraum 33 Selbstmordattentate registriert. Insgesamt wurden von 1.6.-15.8.2014 211 Attentate und 30 Attentatsversuche registriert, was einen Anstieg von 7,1% gegenüber dem Vergleichszeitraum 2013 bedeutet (UN GASC 9.9.2014).

Im Zeitraum 1.3.-31.5.2014 verzeichnete die UNO landesweit 5.864 sicherheitsrelevante Vorfälle. Diese Vorfälle beziehen sich auf die Arbeit, Mobilität und Sicherheit von zivilen Akteuren in Afghanistan, speziell jene Vorfälle, die eine Rolle in festgelegten Aktivitäten und Programmen spielen. Dies deutete eine Steigerung von 22% zum Vergleichszeitraum des Jahres 2011 an. Bewaffnete Zusammenstöße machten 45% der sicherheitsrelevanten Vorfälle aus. Die hohe Zahl sicherheitsrelevanter Vorfälle ist hauptsächlich der Wahlzeit zuzuschreiben, was auf die Räumungsoperationen der afghanischen Sicherheitskräfte und Versuche der Taliban den Wahlprozess zu stören, zurückzuführen ist. Vorfälle im Süden, Südosten und Osten des Landes machten 3.917 aller Vorfälle während des Berichtszeitraumes aus. Nennenswert ist speziell der Anstieg im Osten, wo mehrere al-Qaida Zweige, wie z.B. Tehrik-e-Taliban Pakistan, Lashkar-e-Tayyiba, Lashkar-i-Jhangvi und Islamic Movement of Uzbekistan regelmäßig Angriffe auf die afghanischen Sicherheitskräfte durchgeführt haben, parallel zu den Bemühungen der Taliban und dem bewaffneten Flügel Hezb-e Islami (UN GASC 18.6.2014).

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist weiterhin volatil. Die Vereinten Nationen (UNO) registrierten 20.093 sicherheitsrelevante Vorfälle im Jahr 2013, es ist damit nach 2011 das gewaltreichste Jahr seit dem Fall der Taliban. 70% dieser Angriffe wurden im Osten, Südosten und speziell im Süden registriert. Bewaffnete Zusammenstöße und Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung (IED) machten 75% aller Vorfälle aus. Bewaffnete Zusammenstöße sind im Vergleich zu 2012 um 51% gestiegen. Die afghanischen Sicherheitskräfte haben bewiesen, dass sie fähig sind Gebiete gegen Angriffe durch regierungsfeindliche Elemente zu verteidigen und Territorien zurückzuerobern, wenn auch unter signifikanten Opferzahlen (UN GASC 7.3.2014).

Zwischen 1.1. und 30.6.2014 registrierte die UNAMA 4.853 zivile Opfer (1.564 Tote und 3.289 Verletzte) - dies deutet einen Anstieg um 17% bei getöteten bzw. um 28% bei verletzten Zivilisten. Es wurde damit ein Anstieg von 24% im Vergleich zum selben Zeitraum des Jahres 2013 verzeichnet. Zum ersten Mal seit 2009 wurden mehr Zivilisten in Bodenkämpfen und Kreuzfeuer zwischen regierungsfeindlichen Elementen und den ANSF getötet oder verletzt, als durch andere Taktiken. In den vergangenen Jahren wurde die Mehrzahl der Zivilisten durch IEDs getötet oder verletzt (UNAMA 7.2014).

Konflikt-bedingte Gewalt hatte in der ersten Hälfte 2014 Auswirkungen auf Frauen und Kinder. Die UNAMA verzeichnete 1.071 minderjährige Opfer (295 Kinder starben und 776 wurden verletzt). Das ist ein Anstieg von 34% im Vergleich zu den ersten sechs Monaten 2013. Es gab 440 weibliche Zivilopfer, davon wurden 148 Frauen getötet und 292 verletzt. Das bedeutet einen Anstieg von 24% gegenüber 2013. Laut UNAMA waren 74% aller zivilen Opfer regierungsfeindlichen Elementen zuzuschreiben, 9% regierungsfreundlichen Kräften (8% den ANSF, und 1% internationalen militärischen Kräften), 12% aufgrund von Bodenkämpfen zwischen regierungsfeindlichen Kräften und den ANSF. UNAMA rechnete 4% der zivilen Opfer explosiven Munitionsrückständen des Krieges zu und die übrigen 1% grenzübergreifenden Bombardements von Pakistan nach Afghanistan. Im Gegensatz zu den ersten sechs Monaten des Jahres 2009 (599), verdoppelte sich die Zahl der von regierungsfeindlichen Elementen getöteten Zivilisten auf 1.208 im Jahr 2014. Während sich die Zahl der von regierungsfreundlichen Kräften getöteten Zivilisten halbierte - von 302 auf 158. Dies ist auf die Luftoperationen der internationalen militärischen Kräfte zurückzuführen. Die Intensivierung von Bodenkämpfen in bevölkerungsreichen Gegenden führte zu hohen Opfern bei Frauen und Kindern. Die Zahl der minderjährigen Opfer aufgrund von Bodenkämpfen verdoppelte sich auf 520 (112 Kinder starben und 408 wurden verletzt). Dies ist im Gegensatz zu 2013 eine Steigerung von 110%. Bodenkämpfe führten zu 256 weiblichen Zivilopfer (64 Frauen starben und 192 wurden verletzt). Dies ist im Gegensatz zu 2013 eine Steigerung von 61% (UNAMA 7.2014).

In insgesamt 41 Distrikten, ungefähr 10% aller Distrikte in Afghanistan, gab es mindestens eine große Talibanoffensive. Die meisten dieser Offensiven wurden zurückgedrängt, oftmals mit hohen Opfern auf Seiten der Taliban. Fast jede größere Stadt, angefangen von Kabul über Jalalabad, Kandahar City, Mazar-e-Sharif und Sangin, hatte eine Offensive vor den eigenen Toren zu verzeichnen. Kunduz City ist weiterhin komplett von Talibankräften umzingelt. Gleichzeitig zeigen diese Daten nur Distrikte an, in welchen die Taliban die Regierungsautoritäten offen herausforderten. Nicht angezeigt werden Gegenden (z.B.: Wardak, Ghazni und Logar) wo bereits eine Talibandominanz besteht (WP 20.10.2014). Die afghanischen Streitkräfte haben in den meisten Teilen des Landes die Sicherheitsverantwortung übernommen (Die Welt 5.10.2014). Das Innenministerium verlautbarte, dass von April bis September 1.523 Polizisten und 800 Soldaten der ANA im Zuge von Kämpfen mit Aufständischen getötet wurden (Tolo 17.9.2014; vgl. WP 20.10.2014). Auch die Taliban verzeichneten schwere Verluste (WP 20.10.2014). Die Vereinten Nationen melden, dass allein in der ersten Jahreshälfte 24% mehr Zivilisten umkamen als im gleichen Zeitraum 2013. Und zum ersten Mal seit Beginn der Statistik starben die meisten im Zuge von Kampfhandlungen, nicht aber durch Terror-Akte (Die Welt 5.10.2014). Als Waffe ihrer Wahl verwenden Rebellengruppen oft IEDs um afghanische und Koalitionssicherheitskräfte anzugreifen. Jedoch werden meist Zivilisten Ziel der Angriffe (Khaama Press 20.9.2014). Die Taliban versuchten die Sicherheit in Teilen vor allem der östlichen, westlichen und nördlichen Provinzen zu stören. Offizielle Vertreter der Provinzen gaben an, dass sie auch weiterhin ihre Truppen für eine schnelle und effektive Reaktion mobilisierten (Tolo 13.8.2014).

Quellen:

Die Welt (5.10.2014): Unverhüllter Widerstand, http://www.welt.de/print/wams/politik/article132921470/Unverhuellter-Widerstand.html

* FAZ - Frankfurter Allgemeine (30.9.2014): Afghanische Regierung unterzeichnet Abkommen über Militäreinsatz, http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/asien/vereinigte-staaten-und-nato-afghanische-regierung-unterzeichnet-abkommen-ueber-militaereinsatz-13181946.html

* Khaama Press (20.9.2014): 6 militants blown up by own explosives in Kabul province,

http://www.khaama.com/6-militants-blown-up-by-own-explosives-in-kabul-province-6724

* Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA (10.11.2014):

Memo, per Mail.

* Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA (14.11.2014):

Sicherheitslage, per Mail.

* Tolo News (13.8.2014): Baghlan Police Chief: No Mercy for Taliban, http://www.tolonews.com/en/afghanistan/15953-baghlan-police-chief-no-mercy-for-taliban

* Tolo (17.9.2014): ANSF Casualties on the Rise, http://www.tolonews.com/en/afghanistan/16410-ansf-casualties-on-the-rise

* UNAMA (7.2014): Afghanistan: Mid-Year Report on the Protection of Civilians in Armed Conflict 2014, July 2014, http://www.unama.unmissions.org/Portals/UNAMA/human rights/English edited light.pdf , 27.10.2014

* UN GASC (7.3.2014): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, http://unama.unmissions.org/Portals/UNAMA/SG Reports/SG-report-Afghanistan-March2014.pdf

* UN GASC (18.6.2014): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, http://www.securitycouncilreport.org/atf/cf/{65BFCF9B-6D27-4E9C-8CD3-CF6E4FF96FF9}/s_2014_420.pdf

* UN GASC (9.9.2014): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, http://www.securitycouncilreport.org/atf/cf/{65BFCF9B-6D27-4E9C-8CD3-CF6E4FF96FF9}/s_2014_656.pdf

WP - Washington Post (20.10.2014): A (fighting) season to remember in Afghanistan,

http://www.washingtonpost.com/blogs/monkey-cage/wp/2014/10/20/a-fighting-season-to-remember-in-afghanistan/

Sicherheitslage in der Provinz Baghlan:

Baghlan liegt im Nordosten Afghanistans und wird als eine der industriellen Provinzen Afghanistans gesehen. Sie ist von strategischer Bedeutung, da sie an sieben weitere Provinzen, inklusive Kabul, angrenzt. Baghlan hat 14 administrative Bezirke, inklusive der Provinzhauptstadt Puli Khumri: Kinjan, Dushi, Banu, Dih Salah, Puli Hisar, Jilgah, Khost, Talawa Barfak, Farang, Guzargah-a-Noor, Nahrin, Burkah und Dahana-i-Ghori. Im Nordosten grenzt sie an die Provinzen Panjsher, Takhar und Kundoz, im Westen an Samangan und Bamyan, im Süden grenzt sie an die Provinz Parwan (Pajhwok o.D.h).

Baghlan zählt zu den relativ friedlichen Provinzen im Norden Afghanistans. Jedoch haben regierungsfeindliche bewaffnete Aufständische ihre Aktivitäten in einer Anzahl von Bezirken in den letzten Monaten erhöht (Khaama Press 24.9.2014; vgl. Khaama Press 15.9.2014).

Afghanische Sicherheitskräfte haben in der nördlichen Provinz Baghlan militärische Operationen geführt, um diese noch vor Abhaltung der Wahlen von Aufständischen zu befreien. Gleichzeitig führten Sicherheitskräfte Operationen in Gegenden, in denen sich die Sicherheitsbedrohung erhöht hat, durch (Tolo News 1.3.2014). Es wird erwartet, dass ein Großteil der Sicherheitsverantwortung in Baghlan an die afghanischen Truppen übergeben wird. Aus diesem Grund werden, laut offiziellen Vertretern, massive militärische Operationen geführt, um die Aufständischen zu eliminieren oder sie zu veranlassen ihren Aufstand aufzugeben (ATN 30.6.2014). In einer gemeinsamen militärischen Operation wurde, laut Sicherheitskräften, in Baghlan die bewaffnete regierungsfeindliche Opposition besiegt (ATN 28.8.2014).

Im Jahresvergleich 2011 und 2013, ist die Zahl regierungsfeindlicher Angriffe um 120% gestiegen. 2013 wurden 180 Vorfälle registriert (Vertrauliche Quelle 1.2014)

Aufständische Gruppen

Rebellengruppen, internationale Terroristen und damit verbundene Netzwerke nutzten die die Wahlkrise aus, um landesweit große Angriffe durchzuführen. Speziell in der Provinz Helmand im Süden, den Provinzen Faryab und Ghor im Westen, der Provinz Logar im Zentralraum, den Provinzen Nangarhar und Nuristan im Osten und der Provinz Kunduz im Nordosten. Es gab Versuche ein Gebiet nicht nur einzunehmen, sondern auch zu halten, indem durch mehrere hundert sogenannter "Schwarmangriffe" administrative Bezirkszentren und Sicherheitscheckpoints überrannt wurden. Dies resultierte in einer beträchtlichen Opferzahl unter Zivilisten, Sicherheitspersonal und Rebellen. Das Ziel scheint zu sein, den Einfluss der Rebellen größer erscheinen zu lassen, als dies der Fall ist. Die afghanischen Sicherheitskräfte demonstrierten auch weiterhin ihre Leistungsfähigkeit in der Bekämpfung des Großteils der Rebellenoffensiven und der Rückeroberung von Distriktzentren und Sicherheitsanlagen, selbst wenn ihnen die Ressourcen fehlen, um die Rebellenpräsenz einzudämmen und ihre Bewegungsfreiheit, speziell in abgelegenen ländlichen Distrikten, eingeschränkt ist. Diese Entwicklungen gingen unter großer öffentlicher und medialer Aufmerksamkeit von statten, speziell in Bezug auf die negativen Auswirkungen der Wahlkrise auf die afghanische Sicherheit, das bevorstehende Ende der ISAF-Mission und die militärische Operation Pakistans in Nordwaziristans (UN GASC 9.9.2014).

Während der warmen Jahreszeit (ca. Mai - Oktober) spricht man von der "Fighting Season", in der die meist koordinierten, gruppenstarken oder stärkeren Angriffe von Aufständischen auf Einrichtungen der ANSF (Afghan Security Forces) oder GIROA (Government of Islamic Republic of Afghanistan) stattfinden. Manchmal sind auch Einrichtungen der IC (International Coalition) betroffen. Diese werden aber meist gemieden, da es sich hierbei um sogenannte "harte Ziele" handelt. Gegen die IC werden nach wie vor nicht-konventionelle Mittel eingesetzt (Sprengfallen, Magnetbomben). Außerhalb dieser "Fighting Season" kommen alle Aufständischen, die weiterkämpfen wollen in die Städte, da hier die Gründe für die Unterbrechung nicht vorliegen (ungünstige Witterung) (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014).

Taliban: Die Talibanbewegung ist nach vor der Kern der Rebellenaktivitäten in Afghanistan. Berichten zufolge operieren sie noch immer von Pakistan aus, wahrscheinlich aus Gegenden in der Nähe der Grenze oder der Stadt Quetta. In den letzten Jahren verloren die Taliban hochrangigen Vertraute und Kommandanten aufgrund von Kämpfen oder Verhaftungen. Der Führungskreis Mullah Muhammad

* zunehmend bereitwillig gegenüber einer politischen Einigung ist (CRS 9.10.2014). Talibankämpfer sind eine erhebliche Kraft - deren Zahl der auf etwa 30.000 geschätzt wird. Es wird aber berichtet, dass die Unterstützung für die Taliban auch in Gegenden in welchen sie auf die Hilfe von Dorfbewohnern zählen konnten, schwindet und dass ihnen die Mittel fehlen um größere Städte zu erobern oder sich in frontale Kämpfe verwickeln zu lassen (Reuters 7.4.2014). Zum Beispiel war den Rebellen in Distrikten wie Marjah, Nawa, Garmser und Nad Ali - alle in der Provinz Helmand -ein Wiedererstarken nicht möglich. NATO und afghanische Kräfte hatten diese in intensiven Kämpfen 2010 und 2011 erobert und sie werden nun meist von den ANSF kontrolliert. Ein spezielleres Beispiel ist eine Gegend in Ghazni, in welcher einst der Aufstand begann. Anders als früher, ist es dort seit 2009 immer schwieriger neue Rekruten für den Aufstand zu finden (AAN 25.3.2014). Die von den Taliban ausgehende Gewalt in Afghanistan hält an. Auf den Druck afghanischer Sicherheitskräfte in unruhigen Provinzen antworteten die Taliban mit Bomben und bewaffneten Angriffen (Xinhua 21.9.2014). Die Taliban sind zwar nicht besiegt, aber die afghanischen Kräfte übernehmen nun die volle Verantwortung (BBC 26.10.2014). Am 8. Mai verkündeten die Taliban in einem Statement, dass ihre Frühlingsoffensive "Khaibar", hochrangige Regierungsvertreter, Parlamentsmitglieder, Sicherheitsoffiziere, Anwälte und Richter aber auch ausländische Kräfte, sowie deren diplomatische Zentren und Konvoys, zum Ziel hatte (UN GASC 18.6.2014). Am angekündigten Startdatum, dem 12.5.2014, wurde ein komplexer Angriff auf ein Justizgebäude in Jalalabad verübt, bei dem acht Menschen getötet wurden (UN GASC 9.9.2014; vgl. NYT 12.5.2014). Am 20.5. nahmen etwa 300 Rebellen das administrative Bezirkszentrum Yamgan der nordöstlichen Provinz Badakhshan ein. Der Regierung gelang es die Kontrolle am 23.5 wieder zurück zu erlangen (UN GASC 18.6.2014).

Al-Qaida: Die Zahl der al-Qaida-Kämpfer in Afghanistan wird von amerikanischen Behörden mit 50 bis 100 beziffert. Die meisten von ihnen sind in den nordöstlichen Provinzen Afghanistans, wie Kunar, aktiv. Manche dieser Kämpfer gehören zu Gruppen, die an al-Quaida angegliedert und in den Provinzen Faryab und Kunduz aktiv sind, wie zum Beispiel zum Islamic Movement of Uzbekistan (CRS 9.10.2014).

Haqqani-Netzwerk: Die Gruppe wurde in den späten 1970er Jahren durch Jalaluddin Haqqani gegründet. Die Gruppe ist mit der al-Qaida und den afghanischen Taliban verbündet, sowie anderen terroristischen Organisationen in der Gegend (Khaama Press 16.10.2014a). Es wird angenommen, dass das Netzwerk der al-Qaida näher ist als den Taliban (CRS 9.10.2014). Das Haqqani-Netzwerk ist für unzählige Attacken gegen die afghanische Regierung und ihre westlichen Verbündeten verantwortlich. Zwei ihrer hochrangigen Führer wurden im Oktober 2014 festgenommen (NYT 17.10.2014). Das Netzwerk operiert von Pakistan aus, wo sich in manchen Gegenden dessen ursprüngliche Unterstützung durch die Bevölkerung in Feindseligkeit umgewandelt hat (NYT 5.11.2013). Die Stärke des Haqqani-Netzwerks wird auf 3.000 Kämpfer geschätzt (NYT 17.10.2014). Der Aufstand des Haqqan-Netzwerks ist vermehrt in den östlichen Provinzen Khost, Paktia, Paktika und Kunar vorzufinden(DW 17.10.2014).

Hezb-e Islami Gulbuddin: Die radikale islamistische Rebellengruppe Hezb-e Islami Gulbuddin (HIG) [Anmerkung: auch Hizb-i-Islami Gulbuddin] wird von Mujahed Gulbuddin Hikmatyar geführt, ehemaliger Verbündeter der USA im Kampf gegen die Besatzungstruppen der Sowjetunion in den 1980er Jahren. Die HIG wird als kleiner Akteur in den Kampfzonen Afghanistans gesehen (CRS 9.10.2014). Sie ist über die Jahre für ihre Grausamkeit bekannt geworden, sodass sogar die Taliban sich von ihr abwendeten (BBC 2.9.2014). Die Gruppe selbst ist ideologisch wie auch politisch mit al-Qaida und den Taliban verbündet. In der Vergangenheit kam es mit den Taliban jedoch zu Kämpfen um bestimmte Gebiete. Berichten zufolge rief Hikmatyar im Jänner 2014 dazu auf, am 5. April wählen zu gehen. Dies wird als Versuch interpretiert die HIG für eine politische Rolle zu positionieren (CRS 9.10.2014).

Quellen:

AAN - Afghan Analyst Network (25.3.2014): Can the Taleban outwrestle the government? An assessment of the insurgency's military capability,

https://www.afghanistan-analysts.org/can-the-taleban-outwrestle-the-government-an-assessment-of-the-insurgencys-military-capability/

* BBC (26.10.2014): UK ends Afghan combat operations, http://www.bbc.com/news/uk-29776544

* CRS - Congressional Research Service (9.10.2014): Afghanistan:

Post-Taliban Governance, Security, and U.S. Policy, http://fas.org/sgp/crs/row/RL30588.pdf

* DW - Deutsche Welle (17.10.2014): Capture of senior leaders to 'further weaken' Haqqani network, http://www.dw.de/capture-of-senior-leaders-to-further-weaken-haqqani-network/a-18001448

* Khaama Press (16.10.2014): Top Haqqani Network leaders arrested by Afghan intelligence,

http://www.khaama.com/top-haqqani-network-leaders-arrested-by-afghan-intelligence-8821

* Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA (14.11.2014):

Sicherheitslage, per Mail.

* NYT - The new York Times (12.5.2014): Taliban Wage Deadly Attacks in 3 Afghan Provinces,

http://www.nytimes.com/2014/05/13/world/asia/taliban-afghanistan.html?_r=0

* NYT - The new York Times (17.10.2014): 2 Haqqani Militant Leaders Are Captured, Afghan Officials Say, http://www.nytimes.com/2014/10/17/world/asia/haqqani-leaders-arrested-afghanistan-khost.html?_r=0

* NYT - The new York Times (5.11.2013): Afghan Militant Group Faces Unusual Discontent,

http://www.nytimes.com/2013/11/06/world/asia/afghan-militant-group-faces-unusual-discontent.html?pagewanted=1

* Reuters (7.4.2014): Smooth Afghan election raises questions about Taliban's strength,

http://www.reuters.com/article/2014/04/07/us-afghanistan-election-idUSBREA331N920140407

* UN GASC (18.6.2014): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, http://www.securitycouncilreport.org/atf/cf/{65BFCF9B-6D27-4E9C-8CD3-CF6E4FF96FF9}/s_2014_420.pdf

* UN GASC (9.9.2014): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, http://www.securitycouncilreport.org/atf/cf/{65BFCF9B-6D27-4E9C-8CD3-CF6E4FF96FF9}/s_2014_656.pdf

* Xinhua (21.9.2014): Afghanistan says 51 militants killed in fresh operations,

http://news.xinhuanet.com/english/world/2014-09/21/c_133660018.htm

Innerstaatliche Ausweichmöglichkeiten

Die Ausweichmöglichkeiten für diskriminierte, bedrohte oder verfolgte Personen hängen maßgeblich vom Grad ihrer sozialen Verwurzelung, ihrer Ethnie und ihrer finanziellen Lage ab. Die größeren Städte bieten aufgrund ihrer Anonymität eher Schutz als kleine Städte oder Dorfgemeinschaften. (AA 04.06.2013)

* Nach Ansicht von UNHCR besteht in umkämpften Gebieten keine interne Fluchtmöglichkeit. Da regierungsfeindliche Gruppierungen wie die Taliban, das Haqqani-Netzwerk oder Hekmatyars Hezb-e Islami über operationelle Kapazitäten verfügen, Personen im ganzen Land zu verfolgen, existiert für von diesen Gruppierungen bedrohte Personen auch in Gebieten, welche von der Regierung kontrolliert werden, keine Fluchtalternative. Die afghanische Regierung hat in zahlreichen Gebieten des Landes die effektive Kontrolle an regierungsfeindliche Gruppierungen verloren und ist dort daher nicht mehr schutzfähig. Betreffend der Verletzung sozialer Normen muss in Betracht gezogen werden, dass konservative Akteure auf allen Regierungsstufen Machtpositionen innehaben und das weite Segmente der afghanischen Gesellschaft konservative Wertvorstellungen vertreten. UNHCR schließt für alleinerziehende Frauen ohne nahe männliche Angehörige eine innerstaatliche Fluchtalternative aus. (UNHCR August 2013)

Ende Juni 2014 waren, laut UNHCR, 683.301 Personen internvertrieben. Zum Zeitpunkt des Berichtes im Juli kamen zustzlich noch 18.608 dazu. Womit zum Zeitpunkt des Berichtes im Juli die Zahl der IDPs auf 701.909 stieg (UNHCR 7.2014). Die Zahl der neu hinzugekommenen Binnenvertriebenen für 2013 wird mit 124.000 angegeben. Zunehmende Kämpfe werden als Ursache für den Anstieg der IDP-Zahlen gesehen. Fast die Hälfte der Neuvertriebenen floh aufgrund von militärischen Operationen und Unsicherheit in der südlichen Provinz Helmand (IDMC 5.2014). Vertreibung ist in vielen Provinzen ein Problem. Die höchste Zahl an IDPs wurde im Westen gemessen und führte den anhaltenden Trend der vergangenen Monate weiter. Grund dafür ist im Allgemeinen der bewaffnete Konflikt, aber auch die sich verschlechternde Sicherheitslage und Einschüchterung durch regierungsfeindliche Gruppen. In fast allen Fällen, gaben IDPs an, dass ihre größte Sorge der Zugang zu einer Lebensgrundlage und Arbeit war. Auch Zugang zu Trinkwasser und Nahrung wurde angegeben (UNHCR 4.2014). In Afghanistan haben Binnenvertriebene aus urbanen Gebieten und zurückgekehrte Flüchtlinge in Städten wie Kabul, Herat und Jalalabad, ungenehmigte Siedlungen auf öffentlichem Grund errichtet. Ohne Kündigungsschutz, Rechtshilfe, Kompensation und alternativen Wohnmöglichkeiten, sind viele dem Risiko der Zwangsräumung, Obdachlosigkeit und steigender Vulnerabiltät ausgesetzt (IDMC 5.2014).

Wegen des Zuzugs aus anderen Städten, der Rückkehr von Exil-Afghanen und dem beispiellosen Bevölkerungswachstum kann der Wohnraumbedarf in Kabul derzeit nicht gedeckt werden. Eine Zweizimmerwohnung kostet zwischen 80.000 und 100.000 US-Dollar, während das afghanische Bruttoinlandsprodukt pro Kopf und Jahr circa 400 Dollar beträgt. Die afghanische Regierung kann die steigende Nachfrage nach Wohnraum nicht befriedigen. Als Reaktion auf den ständig wachsenden Bedarf an Wohnraum in Kabul sollen im Rahmen des Entwicklungsprojekte Kabul New City (KNC) in den nächsten 30 Jahren Wohnungen für etwa drei Millionen Menschen entstehen (EBN).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (4.6.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan

* EBN - European Business Network (26.8.2014): Gholam Sachi Hassanzadah: Kabul New City (KNC) - ein Megaprojekt für die lokale und internationale Privatwirtschaft, http://www.ebn24.com/?p=4552

* IDMC - Internal Displacement Monitoring Centre (5.2014): Global Overview 2014,

http://www.internal-displacement.org/assets/publications/2014/201405-global-overview-2014-en.pdf

* UNHCR, Eligibility Guidelines, vom August 2013, S. 72 bis 78

* UNHCR- United Nations High Commissioner for Refugees (4.2014):

Conflict-induced Internal Displacement - Monthly Update, http://www.refworld.org/docid/5385882b4.html

UNHCR- United Nations High Commissioner for Refugees (7.2014):

Conflict-Induced Internal Displacement - Monthly Update, http://unhcr.af/UploadDocs/DocumentLibrary/July.2014_IDP_Report_635439485339293664.pdf

Grundversorgung/Wirtschaft

Afghanistan teilt die üblichen Herausforderungen, die viele Niedriglohn- und Entwicklungswirtschaften haben: hohen Entwicklungsbedarf und beschränkte Ressourcen. Afghanistan ist zusätzlich mit dem Problem konfrontiert, eine große Sicherheitsinfrastruktur zu pflegen, wodurch die bereits begrenzten Geldmittel von wichtigeren Kapitalausgaben weggeleitet werden (IMF 5.2013). Die letzten zehn Jahre haben zu keiner wesentlichen Veränderung der Arbeitslosenrate der afghanischen Bevölkerung beigetragen. Das Land leidet unter einem hohen Grad an Arbeitslosigkeit und den Mangel an Strategien im Bereich von Manufaktur (AF 14.6.2012).

36 Prozent der Bevölkerung leben unter der nationalen Armutsgrenze (WB 17.3.2013). Der Prozentsatz der Bevölkerung in Afghanistan, der Zugang zu Elektrizität hat, ist mit ca. 30 Prozent der niedrigste weltweit. (WB 2013). Die Analphabetenrate beträgt bei Frauen 88 Prozent und bei Männer 61 Prozent (IOM 2.12.2012). Rund 90 Prozent der Frauen und 70 Prozent der Männer haben keinen Schulabschluss. Außerhalb der Hauptstadt Kabul und der Provinzhauptstädte fehlt es an vielen Orten an grundlegender Infrastruktur für Transport, Energie und Trinkwasser. Das rapide Bevölkerungswachstum stellt eine weitere besondere Herausforderung für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Landes dar (AA 4.6.2013).

Das reale Wachstum des Bruttoinlandsproduktes konnte seit 2011 aufgrund von günstigen Wetterbedingung und einer außergewöhnlichen Ernte im Jahr 2012 gesteigert werden. Der Bergbausektor verzeichnete dynamische Entwicklungen 2012 und positive Entwicklungen im Dienstleistungssektor konnten ein Wachstum im selben Jahr verzeichnen. Eine sich verschlechternde Sicherheitssituation und die erhöhte Wahrnehmung von Unsicherheit wirkt sich auf neue Investitionen aus. Die Opiumproduktion 2012 konnte im Gegensatz zum Vorjahr mit 36 Prozent gesenkt werden, ist jedoch höher als die Produktionsrate 2010 (WB 2.5.2013).

Die lokale Wirtschaft basiert auf dem informellen Sektor (miteingerechnet sind illegale Aktivitäten), welcher etwa 80-90 Prozent der wirtschaftlichen Aktivität ausmacht. Der Arbeitsmarkt in Afghanistan wird dominiert von dem landwirtschaftlichen Sektor und dem Dienstleistungssektor. Der Landwirtschaftssektor kann nur schwach die Menschen mit Arbeit und Einkommen versorgen. Der Dienstleistungssektor, der Hauptträger des starken afghanischen Wachstums, wird am meisten unter der progressiven Reduktion des internationalen Geldflusses leiden (ILO 31.5.2012).

Die Arbeitslosenrate beträgt 38 Prozent, während die Grundlinie der Arbeitslosenrate der zwischen 15- und 24-jährigen bei 26 Prozent liegt (IOM 2.12.2012). Afghanistan ist jährlich mit 400,000 neuen arbeitslosen Jugendlichen konfrontiert. Es bedarf der Generierung neuer Beschäftigungsmöglichkeiten für jene, die in den Arbeitsmarkt neu eintreten, aber auch für diejenigen, die arbeitslos und unterbeschäftig sind (IOM 31.5.2012). Die Rückkehrer üben Druck auf lokale Bewältigungskapazitäten aus. Im Durchschnitt, überleben die Familien mit weniger als einen Dollar pro Tag und ein Drittel der Arbeitskraft fällt unter die Kategorie der unstabilen und ungelernten Arbeit (saisonale Tagesarbeit im landwirtschaftlichen Sektor oder im Baugewerbe) (ILO 31.5.2012).

Ein weiteres Problem ist laut ILO die hohe Anzahl derjenigen, die z. B. ohne Gehalt im Familienbetrieb aushelfen (sogenanntes "vulnerable employment"). Dies sind zu 95% Frauen, insgesamt etwa 6,18 Millionen Menschen und damit rund ein Fünftel der Gesamtbevölkerung. Da das Wachstum der Privatwirtschaft und die Schaffung von Arbeitsplätzen nicht nur wichtig für die Armutsreduzierung im Land ist, sondern durch die Schaffung von Perspektiven auch zu Sicherheit und Stabilität im Land beiträgt, ist die Unterstützung der Privatwirtschaft einer der Schlüsselbereiche der bilateralen Zusammenarbeit (AA 4.6.2013).

* Die Landwirtschaft ist besonders relevant für das Wachstum von Arbeitsplätzen und Einkommen. ArbeiterInnen dieses Sektors repräsentieren 60 Prozent aller Beschäftigten. Die Arbeit im Landwirtschaftssektor ist charakterisiert von kleinen Familienbetrieben, die oftmals genügend für den Eigenbedarf produzieren und selten genügend Ressourcen haben, um für die Familien das ganze Jahr über zu sorgen (WB 2.5.2013).

Die Grundversorgung ist für große Teile der Bevölkerung eine tägliche Herausforderung. Für Rückkehrer gilt dies naturgemäß verstärkt. Eine hohe Arbeitslosigkeit wird verstärkt durch vielfältige Naturkatastrophen. Das World Food Programme reagiert das ganze Jahr hindurch in verschiedenen Landesteilen auf Krisen bzw. Notsituationen wie Dürre, Überschwemmungen oder extremen Kälteeinbruch. Auch der Norden - eigentlich die "Kornkammer" des Landes - ist extremen Natureinflüssen wie Trockenheiten, Überschwemmungen und Erdverschiebungen ausgesetzt. Die aus Konflikt und chronischer Unterentwicklung resultierenden Folgeerscheinungen im Süden und Osten haben dazu geführt, dass ca. 1 Mio. oder fast ein Drittel aller Kinder als akut unterernährt gelten (AA 31.3.2014).

Die Schlüsselfaktoren für Nahrungsmittelunsicherheit in Afghanistan:

steigender bewaffneter Konflikt, Unsicherheit und Binnenvertreibung, sowie immer wiederkehrende Zyklen von Naturkatastrophen wie Dürre und Überflutungen (IOM 2.12.2012).

Laut internationalen Finanzinstitutionen und Gebern, werden jahrzehntelang Milliarden an Hilfsgeldern notwendig sein, soll das Land seine eigene Sicherheit verantworten, seine Kinder ausbilden und die Wirtschaft modernisieren. Der IWF gab an, dass sich die finanzielle Eigenständigkeit Afghanistan bis weit nach 2032 verzögern wird (FT 20.5.2013). Afghanistan muss radikal seine Methoden, wie Hilfsgelder verwendet werden, ändern (CSIS 23.1.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (4.6.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan

* AA - Auswärtiges Amt (31.3.2014): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan

* AF - Asia Foundation (14.6.2012): The prospects for economic development in Afghanistan,

http://asiafoundation.org/resources/pdfs/ProspectsofEconomicDevelopmentinAfghanistanOccasionalPaperfinal.pdf , Zugriff 9.8.2013

* CSIS - Center for Srategic & International Studies (23.1.2013):

Afghanistan: Meeting The Real World Challenges Of Transition, http://csis.org/files/publication/130123_Afghan_Meeting_Challenges_Transition.pdf , Zugriff 9.8.2013

* FT- Financial Times (20.5.2013): Afghanistan's forgotten crisis:

its economy,

http://www.ft.com/intl/cms/s/0/59d9a5ae-b21e-11e2-a388-00144feabdc0.html #axzz2bT1Wn3iL, Zugriff 9.8.2013

* IOM - International Organization of Migration (2.12.2012):

Afghanistan 2012- Consolidated Appeal, http://www.iom.int/jahia/webdav/shared/shared/mainsite/activities/countries/docs/afghanistan/IOM-Afghanistan-CAP-2012.pdf , Zugriff 17.9.2013

* WB - Worldbank (17.3.2013): Afghanistan at a glance, http://devdata.worldbank.org/AAG/afg_aag.pdf , Zugriff 9.8.2013

WB - Worldbank (2.5.2013): Afghanistan Economic Update, http://www-wds.worldbank.org/external/default/WDSContentServer/WDSP/IB/2013/05/02/000333037_20130502161223/Rendered/PDF/770830REVISED0box377289B00PUBLIC00.pdf , Zugriff 9.8.2013

Medizinische Versorgung

Die medizinische Versorgung ist trotz erkennbarer Verbesserungen (die Anzahl der Gesundheitseinrichtungen hat sich seit 2002 vervierfacht) landesweit aufgrund ungenügender Verfügbarkeit von Medikamenten, Ausstattung der Kliniken, Ärzten und Ärztinnen sowie mangels gut qualifizierten Assistenzpersonals (v.a. Hebammen) immer noch unzureichend. (AA 31.3.2014). Lediglich in größeren Städten kann man eine bessere medizinische Versorgung vorfinden (GIZ 7.2013). Auch in Kabul entspricht die medizinische Versorgung nicht immer europäischem Standard. Durch die überdurchschnittlich gute ärztliche Versorgung im French Medical Institute in Kabul können Kinder auch mit komplizierteren Krankheiten in Kabul behandelt werden (AA 17.1.2014).

Afghanische Staatsangehörige mit guten Kontakten zum ausländischen Militär oder Botschaften, können sich unter Umständen auch in Militärkrankenhäusern der ausländischen Truppen behandeln lassen. Die Militärkrankenhäuser können Zivilisten (jeglicher Staatsangehörigkeit) allerdings nur in beschränktem Maße aufnehmen, da Betten für Mitglieder der internationalen Streitkräfte vorgehalten werden müssen (AA31.3.2014).

Die Indikatoren der hauptsächlichen Gesundheitsprobleme des afghanischen Gesundheitssystem sind: eine hohe Sterberate unter Säuglingen und Unter-Fünfjährigen, eine der weltweit höchsten Müttersterblichkeitsraten, eine erhöhte Rate bei der Unterernährung und ein hohes Vorkommen von ansteckenden Krankheiten, aber auch eine ungleiche Verteilung qualitativer sowie effizienter Gesundheitsleistungen in allen Bereichen des Gesundheitssystems (WHO 2.2013).

Die Anzahl der Angriffe durch die bewaffnete Opposition zwischen Januar und März des Jahres 2013, sind um 47 Prozent gestiegen (IRIN 1.7.2013). In der Provinz Helmand gab es eine ca. 80 prozentige Steigerung der ins Spital eingelieferten Personen aufgrund von Verletzungen durch den Konflikt. Dies indiziert eine Steigerung der Gewalt und belastet zusätzlich die Gesundheitsanstalten in den unsicheren Gegenden. Das Ergebnis ist, dass Vorräte und medizinisches Material aufgebraucht sind und die Arbeitsbelastung für das qualifizierte Personal, welches bereits spärlich ist, stetig steigt (OCHA 31.5.2013). Gesundheitseinrichtungen und mobile Programme mussten ihre Aktivitäten in manchen Regionen aufgrund von Kämpfen und Unsicherheit auf den Straßen einstellen (IRIN 1.7.2013). Auch das Einstellen von qualifiziertem Personal - speziell weiblichem - welches bereit ist, unter diesen Umständen zu arbeiten, wurde zunehmend schwieriger (OCHA 31.5.2013).

Die Unsicherheit, die Entfernungen, der Transport und die Kosten sind die Haupteinschränkungen der Möglichkeiten der Bevölkerung beim Zugang und Erreichen wesentlicher Gesundheitsleistungen. Die Disparität steigt weiterhin zwischen urbanen, sicheren Gegenden und ländlichen, unsicheren und abgelegenen Gegenden. Diese Beschränkungen spielen eine besondere Rolle für Frauen und Kinder. Die Disparität zwischen urbanen, sicheren und ländlichen, unsicheren und abgelegenen Gegenden wird sich auch weiterhin stetig fortsetzen (WHO 2.2013).

Organisationen, sowohl nationale als auch internationale, die im Gesundheitsbereich tätig sind, sind folgende:

• United States Agency for International Development (USAID)

• Das afghanische Gesundheitsministerium - Afghan Ministry of Public Health (MoPH) (USAID 1.2013)

• Die Weltgesundheitsorganisation (WHO)

• Afghan Red Cross Society

• Afghan Health and Development Services

• Aga Khan Health Services

• Medical Emergency Relief International

• Care of Afghan Families

• Urgence Aide Médicale Internationale (WHO 2.2013)

• United Nations International Children's Emergency Fund (UNICEF) (UNICEF 8.2013)

Im Rahmen von Bemühungen des afghanischen Gesundheitsministeriums in Kooperation mit USAID und anderen Gebern, die schlechte Gesundheitssituation in Afghanistan zu verbessern, wurde eine weitgehende Überholung des Gesundheitssystem initiiert, um zu garantieren, dass Frauen und Familien ein "basic package of health services (BPHS)" an primären Gesundheitskliniken im ganzen Land erhalten (USAID 1.2013; vgl USAID 19.9.2012).

Die Anzahl nicht funktionierender Gesundheitseinrichtungen im Jahr 2012 ist im Gegensatz zu 2011 um 40 Prozent gestiegen - 540 geplante Einrichtungen können ihre Arbeit nicht aufnehmen bzw. sind sie gezwungen, aufzuhören, da es keine Finanzierung gibt und aufgrund von Unsicherheiten. In den südlichen Provinzen, aufgrund des stetigen Konfliktes, haben 50-60 Prozent der Bevölkerung Schwierigkeiten bzw. keinen Zugang zu notwendiger grundlegender Gesundheitsversorgung (WHO 2.2013). Es können aber auch namhafte Fortschritte der letzten neun Jahre verzeichnet werden. Rund 85 Prozent der Bevölkerung lebt in Bezirken mit Anbietern von Gesundheitsvorsorge, die grundlegende Gesundheitsleistungen anbieten (WB 2013). Der Großteil der Gesundheitsversorgung wird an Nichtregierungsorganisationen in Auftrag gegeben, welche vom Gesundheitsministerium (MoPH) beaufsichtigt werden. Das Gesundheitsministerium ist zusätzlich für das Monitoring, die Evaluierung und die Koordination von Basispaketen der Gesundheitsvorsorge zuständig (UKBA 15.2.2013). Die Behandlung von psychischen Erkrankungen stellt Afghanistan nach wie vor vor große Herausforderungen. (31.3.2014).

* Die afghanische Regierung veröffentlichte im Dezember 2007 eine Liste jener Medikamente, die - unter ihrem vergebenen Internationalen Freinamen (INN) - nach Afghanistan importiert und in Afghanistan verkauft werden können. Die Medikamente werden aus Ländern wie Iran, China, Pakistan und Indien nach Afghanistan importiert. Die Regulierung ist schwach, die Landesgrenzen sind durchlässig und manche Importfirmen nicht lizensiert. Das begünstigt den Import gefälschter und minderwertiger Medikamente nach Afghanistan (UKBA 15.2.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt: Afghanistan - Reise- und Sicherheitshinweise, Stand 17.1.2014, (Unverändert gültig seit: 11.9.2013) http://www.auswaertiges-amt.de/sid_8845A1EEE2FAECF7D8808747FED28C35/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/AfghanistanSicherheit.html?nn=343328 #doc343208bodyText5, Zugriff 9.8.2013

* AA - Auswärtiges Amt (31.3.2014): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan

* GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2013): Afghanistan, http://liportal.giz.de/afghanistan/alltag/ , Zugriff 9.8.2013

* IOM - International Organization of Migration (2.12.2012):

Afghanistan 2012- Consolidated Appeal, http://www.iom.int/jahia/webdav/shared/shared/mainsite/activities/countries/docs/afghanistan/IOM-Afghanistan-CAP-2012.pdf , Zugriff 17.9.2013

* IRIN - Integrated Regional Information Networks (1.7.2013):

Increased fighting takes toll on health care in Afghanistan, http://www.irinnews.org/report/98333/increased-fighting-takes-toll-on-health-care-in-afghanistan , Zugriff 9.8.2013

* OCHA - Office for the Coordination of Humanitarian Affairs(31.5.2013): Humanitarian Bulletin - Afghanistan, http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/May MHB Afghanistan.pdf , Zugriff 8.8.2013

* UKBA - United Kingdom Border Agency (15.2.2013): Country Of Origin Information (Coi) Report,

http://www.ukba.homeoffice.gov.uk/sitecontent/documents/policyandlaw/coi/afghanistan/report-feb.pdf , Zugriff 27.9.2013 WB - Worldbank (2013): Afghanistan, http://www.worldbank.org/en/country/afghanistan/overview , Zugriff 9.8.2013

* United Nations International Children's Emergency Fund (8.2013):

Innovative Approaches to Maternal and Newborn Health Compendium of Case Studies,

http://www.unicef.org/health/files/Innovative_Approaches_MNH_CaseStudies-2013.pdf , Zugriff 17.1.2014

* USAID - United States Agency for International Development (19.09.2012): Innovating to Save Lives: Improving Maternal and Newborn Health in Afghanistan,

http://www.jhpiego.org/files/HSSP Booklet-Final 190912.pdf , Zugriff 17.1.2014

* USAID - United States Agency for International Development (1.2013): Afghanistan - Fact Sheet Health Services Support Project

(HSSP),

http://www.usaid.gov/sites/default/files/documents/1871/HSSP Fact Sheet - Jan 2013.pdf , Zugriff 17.1.2014

* United Nations International Children's Emergency Fund (8.2013):

Innovative Approaches to Maternal and Newborn Health Compendium of Case Studies,

http://www.unicef.org/health/files/Innovative_Approaches_MNH_CaseStudies-2013.pdf , Zugriff 17.1.2014

* USAID - United States Agency for International Development (19.09.2012): Innovating to Save Lives: Improving Maternal and Newborn Health in Afghanistan,

http://www.jhpiego.org/files/HSSP Booklet-Final 190912.pdf , Zugriff 17.1.2014

* USAID - United States Agency for International Development (1.2013): Afghanistan - Fact Sheet Health Services Support Project

(HSSP),

http://www.usaid.gov/sites/default/files/documents/1871/HSSP Fact Sheet - Jan 2013.pdf , Zugriff 17.1.2014

WHO - World Health Organization (2.2013): 2013 Humanitarian Response, http://www.who.int/hac/cap_2013_Feb.pdf , Zugriff 17.1.2014

Behandlung nach Rückkehr

Afghanistan teilt die üblichen Herausforderungen, die viele Niedriglohn und Entwicklungswirtschaften haben: hohen Entwicklungsbedarf und beschränkte Ressourcen. Afghanistan ist zusätzlich der Problematik ausgesetzt, eine große Sicherheitsinfrastruktur zu pflegen, wodurch die schon begrenzten Geldmittel von wichtigeren Kapitalausgaben weggeleitet werden (IMF 5.2013). Die nationale Armutsrate in Afghanistan beträgt laut Weltbank 35.8 Prozent (WB 5.2012). Die lokale Wirtschaft basiert auf dem informellen Sektor (miteingerechnet sind illegal Aktivitäten), welche etwa 80-90 Prozent der wirtschaftlichen Aktivität ausmacht. Der Arbeitsmarkt in Afghanistan wird dominiert von dem landwirtschaftlichen Sektor und dem Dienstleistungssektor. Der Landwirtschaftssektor, kann nur schwach die Menschen mit Arbeit und Einkommen versorgen. Der Dienstleistungssektor, der Hauptträger des starken afghanischen Wachstums, wird am meisten unter der progressiven Reduktion internationalen Geldflusses leiden (ILO 31.5.2012).

Die Arbeitslosenrate beträgt 38 Prozent, während die Grundlinie der Arbeitslosenrate der zwischen 15- und 24-jährigen bei 26 Prozent liegt (IOM 2.12.2012). Afghanistan ist jährlich mit 400,000 neuen arbeitslosen Jugendlichen konfrontiert. Es bedarf der Generierung neuer Beschäftigungsmöglichkeiten für die, die in den Arbeitsmarkt neu eintreten, aber auch für diejenigen, die arbeitslos und unterbeschäftig sind (IOM 31.5.2012). Die Rückkehr üben Druck auf lokale Bewältigungskapazitäten aus. Im Durchschnitt, überleben die Familien mit weniger als einen Dollar pro Tag und ein Drittel der Arbeitskraft fällt unter die Kategorie der unstabilen und ungelernten Arbeit (saisonmale Tagesarbeit im landwirtschaftlichen Sektor oder im Baugewerbe) (ILO 31.5.2012).

Ein weiteres Problem ist laut ILO die hohe Anzahl derjenigen, die z. B. ohne Gehalt im Trotz erheblicher und anhaltender Anstrengungen belegt Afghanistan laut dem Human Development Index von UNDP (2011) unter 187 ausgewerteten Ländern den 172. Rang (AA 4.6.2013). Die Analphabetenrate beträgt bei erwachsenen Frauen 88 Prozent und bei erwachsenen Männer 61 Prozent (IOM 2.12.2012).

* Die Schlüsselfaktoren für Nahrungsmittelunsicherheit in Afghanistan: steigender bewaffneter Konflikt, Unsicherheit und Binnenvertreibung, sowie immer wiederkehrender Zyklen von Naturkatastrophen wie Dürre und Überflutungen (IOM 2.12.2012).

Quellen:

ILO - International Labour Organization (31.5.2012): Afghanistan:

Time to move to sustainable jobs - Study on the state of employment in Afghanistan,

http://www.ilo.org/public/libdoc/jobcrisis/download/story165_state_of_employment_in_afghanistan.pdf , Zugriff 17.1.2014

* IMF - International Monetary Fund (5.2013):Afghanistan: Balancing Social and Security Spending in the Context of Shrinking Resource Envelope http://www.imf.org/external/pubs/ft/wp/2013/wp13133.pdf , Zugriff 17.1.2014

* IOM - International Organization of Migration (2.12.2012):

Afghanistan 2012- Consolidated Appeal, http://www.iom.int/jahia/webdav/shared/shared/mainsite/activities/countries/docs/afghanistan/IOM-Afghanistan-CAP-2012.pdf , Zugriff 17.1.2014

WB - Worldbank (5.2012): Afghanistan - Interactive Visualization Tool,

http://siteresources.worldbank.org/AFGHANISTANEXTN/Resources/305984-1326909014678/8376871-1334700522455/DataToolOverview.pdf , Zugriff 17.1.2014

Ethnische Minderheiten

Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Art. 16) sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht. Diese weiteren in der Verfassung genannten Sprachen sind Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri (AA 31.3.2014; vgl. Max Planck Institute 27.1.2004).

In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2014 mehr als 31,8 Millionen Menschen. Davon sind 42% Pashtunen, 27% Tadschiken, 9% Hazara, 9% Usbeken, 4% Aimaken, 3% Turkmenen, 2% Balutschen und 4% gehören zu kleineren ethnischen Gruppen (CIA 24.6.2014).

Der Gleichheitsgrundsatz ist in der afghanischen Verfassung verankert. Fälle von Sippenhaft oder sozialer Diskriminierung sind jedoch nicht auszuschließen und kommen vor allem in Dorfgemeinschaften auf dem Land häufig vor (AA 31.3.2014). Ethnische Identität war auch weiterhin ein sensibles Thema in Afghanistan (MRG 3.7.2014). Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen resultierten weiterhin in Konflikten und Tötungen (USDOS 27.2.2014).

In der neuen Verfassung Afghanistans von 2004 werden Pashtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Pahsai, Nuristanis, Aimaken, Araber, Kirgisen, Qilbash, Gujuren, Brahuin und andere ethnische Gruppen erwähnt, die ein Recht auf die afghanische Staatsbürgerschaft haben. Aber auch die Sprache der ethnischen Gruppen wurde in die neue Verfassung aufgenommen (MRGI 7.2012).

Ethnische Pashtunen sind die größte Ethnie in Afghanistan. Sie sprechen Paschtu/Pashto, aber die meisten ihrer Regierungsvertreter sprechen auch Dari (CSR 28.7.2014). Die Pashtunen haben mehr Sitze in beiden Häusern des Parlaments, aber nicht mehr als 50% der Gesamtsitze. Es gibt keinen Beweis, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Es gibt keine Gesetze, welche die Teilnahme von Minderheiten am politischen Leben verhindern. Nichtsdestotrotz, beschweren sich unterschiedliche ethnische Gruppen, dass sie keinen Zugang zu staatlicher Anstellung in Provinzen haben, in denen sie eine Minderheit darstellen (USDOS 27.2.2014). Unter den vielen Volksgruppen bilden die Paschtunen zwar die Mehrheit im Staat, dominieren aber nur im Süden, im Norden hingegen eher die persisch-sprachigen Tadschiken (DW 26.4.2014). Die Pashtunen sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 44% in der Afghan National Army (ANA) und der Afghan National Police (ANP) repräsentiert (Brookings 31.7.2014).

Interethnische Ehen, im Speziellen zwischen Paschtunen und anderen Gruppen, haben die ethnischen Unterschiede zwischen den Gemeinschaften verwischt. Es gibt auch interethnische Beziehungen zwischen Tadschiken und mongolischen und turkmenischen MigrantInnen und zwischen Hazara und Usbeken (MRGI 7.2012).

Quellen:

Hazara

Die Hazara machen etwa 9% der Bevölkerung aus (CIA 24.6.2014). Die schiitische Minderheit der Hazara verbessert sich ökonomisch und politisch durch Bildung. In der Vergangenheit wurden die Hazara von den Pashtunen verachtet, da diese dazu tendierten, die Hazara als Hausangestellte oder für andere niedere Arbeiten einzustellen. Berichten zufolge schließen viele Hazara, inklusive Frauen, Studien ab oder schlagen den Weg in eine Ausbildung in Informationstechnologie, Medizin oder anderen Bereichen ein, die in den unterschiedlichen Sektoren der afghanischen Wirtschaft besonders gut bezahlt werden (CRS 28.7.2014).

Für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara hat sich die Lage verbessert. Sie sind in der öffentlichen Verwaltung nach wie vor unterrepräsentiert. Unklar ist, ob dies Folge der früheren Marginalisierung oder eine gezielte Benachteiligung neueren Datums ist. Gesellschaftliche Spannungen bestehen fort und leben in lokal unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf (AA 31.3.2014). Gesellschaftliche Diskriminierung gegen die schiitischen Hazara mit Bezug auf Klasse, Ethnie und Religion hält weiter an - in Form von Erpressung, durch illegale Besteuerung, Zwangsrekrutierung und Zwangsarbeit, physische Misshandlung und Verhaftung. Zusammenstöße zwischen den ethnischen Hazara und den nomadischen Stämmen der Kutschis halten ebenso an, wobei die Hazara behaupteten, die Kutschi versuchten auf illegale Weise sich Land anzueignen (USDOS 27.2.2014).

Mitglieder der Hazarastämme, meist schiitische Muslime, sind in den Provinzen Bamiyan, Daikundi und Ghazni in Zentralafghanistan vertreten. Einer der zwei Vizepräsidenten von Präsident Hamid Karzai war Karim Khalil. Er entstammt der Minderheit der Hazara (CSR 11.7.2014).

Die Hazara sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 10% in der Afghan National Army und der Afghan National Police repräsentiert (Brookings 31.7.2014).

Quellen:

Versorgungs- und Sicherheitslage in der Stadt Kabul:

Betreffend die Versorgungs- und Sicherheitslage in Kabul habe ich in Kabul vom 24. 08. bis zum 03. 09. 2 015 Forschungen angestellt. Außerdem habe ich bis Mitte Oktober durch meine Mitarbeiter in Kabul Informationen zu diesem Thema erhalten. Meine persönlichen Beobachtungen in Kabul umfassten folgende Schritte:

1. Ich habe in Kabul zivile Angestellten und Beamten des Staates, Angehörigen der Sicherheitsministerien und Vertragsbediensteten zu diesem Zweck befragt und Zahlen betreffend das Gehaltsschema der Ministerien und Firmen gesammelt.

2. Ich habe auch Privatfirmen, wie Laden- und Firmenbesitzer und Geschäftsmänner, Pendler aus den umliegenden Regionen von Kabul und aus anderen Provinzen, die nach Kabul kommen und arbeiten bzw. Arbeit suchen, befragt.

3. Ich habe Studenten, Politiker, Hotelier, Straßenkinder, Rückkehrer aus dem Ausland, die auf der Straße leben, Straßenbettler Geschäftsleute und Familien vom 06.- 09. 01. 2015 in Kabul angetroffen und sie befragt.

4. Meine Mitarbeiter haben ihre diesbezüglichen Beobachtungen in meinem Auftrag bis Mitte Oktober fortgesetzt und ihre Informationen mir telefonisch übermittelt. Nach diesen Informationen und nach meinen Beobachtungen in Kabul möchte ich das folgende Gutachten zur derzeitigen Versorgungs- und Sicherheitslage in Kabul erstatten:

Versorgungslage in Kabul:

In Kabul ist die Versorgungslage verschieden zu beurteilen: In Kabul gibt es alle Konsumgüter, die man in Europa vorfindet, d.h. man kann in Kabul jede Konsumware finden, die man in Österreich kaufen kann.

Allerdings sind die Preise der meisten Luxuswaren sind sehr unerschwinglich und ein Afghane mit dem Gehalt eines Lehrers oder eines Soldaten oder eines Hilfsarbeiters kann sich nicht diese Waren leisten.

Versorgungslage für Unterschicht und Rückkehrern ohne Familienrückhalt:

Die Waren, die für Grundversorgung benötigt werden, sind auch für die breite Schicht der Kabuler Bevölkerung, die zunehmend aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit, verarmen, sehr teuer geworden, z.B. Lebensmittel, Kleidung, Medikamente und Miete. Für einen Afghanen, der Lehrer oder als Hilfsarbeiter oder als Soldat in Kabul lebt, sind die Preise dieser Waren derzeit sehr hoch sie können sich und ihre Familie in Kabul mit notwendigsten Grundnahrungsmitten ernähren, aber nicht ausreichend, sodass die Mehrheit der Unterschicht in Kabul im Winter vor Hunger, Kälte, und Krankheiten nicht geschützt ist. Die Unterschicht ist froh, wenn sie täglich, zwei Mal am Tag, Brot und Tee und Gemüse, welche sie leisten können, als Hauptspeise vor sich finden. Mindestens 20% der Kabul Bevölkerung, die sehr verarmt sind; sie sind teilweise die internen Flüchtlinge, können manchmal nur einmal am Tag für ihre Familie Brot und Tee besorgen. Diese Familien können Monate sich kein Fleisch leisten und sie wären froh, wenn bei einem Totenzeremonie oder eine andere Almosen-Gabe etwas Fleisch oder Reis oder etwas anderes zubereitetes Essen vielleicht in der Woche einmal zu sich nehmen könnten. Wenn die internationale Hilfe, die sehr spärlich ist und Almosengabe in der Gesellschaft nicht gäbe und wenn die Flüchtlinge im Ausland ihre Familien nicht unterstützen könnten, würde unter dieser 20% der Bevölkerung in Kabul im Winter eine Hungersnot ausbrechen.

Behausung:

Die Hilfsarbeiter leben meistens am Rande der Stadt Kabul in Slums oder mehrere Personen mieten ein Zimmer, wo sie unter sehr schwierigen und menschenunwürdigen Bedingungen leben. Sie haben Großteils keine Wasch-und Kochgelegenheit, kein Strom und Heizung und keinen geschützten Mietvertrag und sind jeder Zeit von Verlust der Behausung bedroht. Diese Situation ist auch dadurch bedingt, dass hunderttausende Menschen aus den unruhigen Provinzen sich, seit dem Beginn der Kriege im Norden, nach Kabul begeben haben, mit der Hoffnung, in Kabul in Sicherheit zu leben und Arbeit zu finden. Ein Großteil von Rückkehrern, die aus dem Iran oder Pakistan abgeschoben werden, gehört zu dieser Kategorie der Menschen in Kabul.

Versorgungslage für Rückkehrer mit Familienrückhalt aus dem Mittel- und Oberschicht:

Personen, die in Kabul eigene Wohnung oder Haus besitzen und mindestens ein kleines Laden betreiben oder Familien haben, zu denen sie hinziehen könnten, haben keine Versorgungsschwierigkeiten. Besonders die Jugendlichen werden von ihren Eltern und leiblichen Brüdern langfristig aufgenommen und auch versorgt.

Unter engen Verwandten gibt es eine traditionelle verpflichtende Solidarität, dass kein enges Familienmitglied vom Hause der Familie verstoßen wird. Solange einer der Elternteile am Leben ist, ist der Rückkehrer an das Erbe beteiligt. Ausgenommen die Jungendlichen, die in die Drogenszene geraten und mit ihren Familien nicht auskommen. Diese behausen unter den Brücken und in Abbruchhäusern in Kabul.

Fachkräfte wie gute Köche, gut ausgebildete Mechaniker, Krankenschwester, gute Buchhalter, soweit sie eine Arbeit finden und benötigt werden, können mit ihrem Gehalt in Kabul ohne besondere Probleme leben. Berufsgruppen mit hoher Verdienstmöglichkeiten, wie Ärzte, junge qualifizierte Ingenieure, qualifizierte Universitäts-Lehrkräfte, Dolmetscher und Übersetzer, Anwälte, Investoren usw. haben auch ohne Aussicht auf Anstellung die Möglichkeit, sich in Kabul und in Umgebung niederzulassen und von ihrem Einkommen sich und ihre Familien unterhalten. Ich möchte allerdings darauf hinweisen, dass durch den Abzug der ausländischen Truppen und Schließung ihrer Armeebasen, sowie mit dem Abzug der ausländischen NGO sind auch tausende Fachkräfte, wie Dolmetscher, Ingenieure und Investoren auch arbeitslos geworden. Denn, Millionen Arbeitsstellen worden von ISAF-Truppen und von ausländischen NGO in Afghanistan nach dem Sturz des Taliban-Regimes geschaffen. Diese Arbeitsplätze gehen Großteils verloren und auch Fachkräfte kommen dadurch wirtschaftlich in Bedrängnis.

Gerade diese Berufsgruppe versucht, mit ihren Ersparnissen und durch den Verkauf ihrer Häuser und Autos ins Ausland gelangen, weil derzeitige schlechte Wirtschafts- und Sicherheitslage diesen Menschen Zukunftsangst erzeugen.

Betreffend die Jugendlichen ohne Fachausbildung und jugendlichen Rückkehrer aus den Nachbarländern habe ich verschiedene Parkanlagen, abgelegene Straßenränder und Abbruchhäuser in Kabul besucht und solche Personen angetroffen. Ich habe beobachten können, dass tausende junge Menschen in den öffentlichen Parkanlagen und in Abbruchhäusern sich zusammentun und dort Großteils Drogen einnehmen und ein elendes Leben führen. Nach meiner Information sind diese Jugendlichen meisten Personen, die aus den Nachbarländern wie dem Iran, abgeschoben worden oder sie sind Kriegskinder, die Weisen waren oder ihre Familienbindung verloren hatten. Ein Großteil dieser jungen Menschen stammt aus den Provinzen, die mit der Hoffnung nach Kabul gekommen waren, Arbeit zu finden.

Die Zahl der Arbeitslosigkeit ist unter den Jugendlichen in Afghanistan im Allgemeinen und in Kabul im Besonderen derzeit im Wachsen. Nach meiner Schätzung beträgt die Arbeitslosigkeitsrate unter den Jugendlichen derzeit mehr als 60 Prozent. Gäbe es keine Familiensolidarität, so würden sofort noch weitere tausenden Jungendlichen in Kabul verelenden.

Afghanische Firmen:

Bedingt durch die Streitigkeiten zwischen den Präsidentschaftskandidaten, die noch andauern, und den Beginn des Abzuges der ISAF Truppen haben viele Firmen geschlossen, weil einerseits ein Teil von diesen unsicher sind und ins Ausland abwandern, und andererseits sie keine Förderung bzw. Projekte mehr von den Ausländern bekommen, ihre Firmen weiter in Betrieb zu halten. Dieser Zustand hat auch dazu geführt, dass tausende Menschen ihre Arbeitsplätze verloren und keine Aussicht auf Arbeit in naher Zukunft haben.

Für diese Menschen hat der afghanischen Staat und die internationale Gemeinschaft, allen voran der UNHCR, keine geeignete Programme, um einerseits die Unternehmer zu stärken und den Abbau der wenigen Arbeitsplätze zu verhindern, andererseits die Verelendung der jungen Menschen zu verhindern. Sie haben keine Programme zum Schutze der Jugendlichen und keine Programme, die den Jugendlichen Zukunftsperspektive zur Verbesserung ihrer Lage bieten könnten.

Ich habe diesbezüglich auch die Politiker in Kabul befragt. Sie waren teils gleichgültig gegenüber diesem Problem und teils ratlos. Sie haben zugegeben, dass sie keine Möglichkeit haben, solche Missstände zu beseitigen, weil es Ihnen die finanzielle Unterstützung fehlen würde. Sie hätten keine geeigneten Infrastrukturen, z.B. Wohnheime, genügende geeigneten Krankenhäuser, Rehabilitationszentren und geeignete Fachkräfte. Fachkräftemangel ist auch dadurch entstanden, dass ein Teil der Fachkräfte das Land allmählich verlässt.

Durch die Befragung über die Versorgungslage habe ich folgende Informationen über lebensunterhaltskosten und Löhne und Gehälter in Kabul gesammelt, die einen Überblick darüber geben kann, wie hoch die Lebensunterhaltskosten sind und wie weit die jugendlichen Rückkehrer sich ohne Schwierigkeiten in Kabul niederlassen können oder auch nicht.

Lebenskosten in Kabul:

Ausgehend von diesen Informationen braucht, z.B. ein junger Rückkehrer in Kabul, um ein menschenwürdigen Leben führen zu können, im Monat für sich alleine folgendes am Mittel:

Ein Einzelperson braucht in Kabul ca. USD 350.- für seine Lebensunterhaltskosten. Diese Kosten beinhalten: Zimmermiete, Kleidung, Transport und Essen.

Eine Familie benötigt ca. USD 600.- im Monat in Kabul für ihre Lebensunterhaltskosten. Diese Kosten beinhalten, Wohnungsmiete, Kleidung, Fahrtkosten und Lebensmittelkosten.

Wenn eine Person oder eine Familie schon im Vorhinein ein eigenes Privat-Haus oder Privatwohnung in Kabul hat, können diese Kosten sich auf $250.- bzw. auf $400 minimieren.

Ich möchte im Folgenden die gesammelten Daten bezüglich der Versorgungslage ausgehend von Gehältern, Einkommenshöhe und Einkommensquellen der Menschen in Kabul auflisten, damit ich die derzeitige Versorgungslage in Kabul verständlicher darstellen kann:

1 USD ist derzeit 62.- Afghani

1. Grundnahrungsmittelpreise in Kabul:

Ware: in kg in Afghani in USD

Zwiebel: 1kg Afs 20.- $ 0, 40

Tomaten: 1kg Afs 60.- $ 1, 10

Hühnerfleisch:1kg Afs 130.- $ 2, 30

Lammfleisch: 1kg Afs 320.- $ 5, 60

Kalbsfleisch: 1kg Afs 280.- $ 4, 90

Rindfleisch: 1kg Afs 220.- $ 4.-

Kartoffeln 1kg Afs 20.- § 0, 20

Mehl: 1kg Afs 30.- $ 0, 30

Speiseöl 2L Afs 85 $ 1, 30

Tee: 1kg Afs 350.- $ 5, 60

Milch: 1L Afs 45 $ 0, 70

Obst/durchschnitt: 1kg Afs 80.- $ 1, 20

Reis: 1kg Afs 90. $ 3.-

Zucker: 1kg Afs 35.- $ 4.-

Strom/Heißkosten/Monat:Afs 1000.- $17.-

Bekleidung jährlich: Afs 700 $122.-

Miete für ein Zimmer: Afs 5000.- $80.-

Miete/Familienwohnung: $150.- - $500.-

Gehälter der Staatsbeamten und Angestellten:

Gehälter der Offiziere der Sicherheitsorgane:

Die Offiziere und Soldaten bekommen ungefähr folgende Gehälter.

Diese Gehälter werden Großteils von den Amerikanern bezahlt. Derzeit gibt es Engpässe bei der Ausbezahlung von Gehältern, sie werden später als sonst bezahlt.

Unteroffizier: Afs 15000.- $ 280.-

Soldat/Wachmann: Afs 12000.- $ 200.-

Vertragsbedienstete: Afs 6000.- $100.-

Wachmann/Privatfirmen1: Afs 8000 -21000.- $ 150.- - $ 380.-

Leutnant zweiten Grades: Afs 14500.- $ 255.-

Leutnant des I. Grades: Afs 15500.- $ 272.-

Oberleutnant: Afs 17600.- $ 309.-

Major: Afs 19750.- $ 346.-

Obersleutnant: Afs 22000.- $ 421.-

Oberst: Afs 24000.- $ 421.-

Brigadegeneral : Afs 27000.- $ 389.-

Generalmajor: Afs 29000.- $.509.-

3 Sterne General: Afs 35000.- $ 614.-

4 Sterne General: Afs 38000.- $ 665.-

Fachberate2: $ 3500.- - $ 5000.-

Gehälter der Zivile Beamten und Angestellten:

Zivile Staatsbeamten:

Lehrer und Beamten/Monat : Afs 4500.- bis 18000.- $ 100.- - $ 270.-

Bäckereigehilfe/pro Tag: Afs 250.- - 1200.- $ 04.- - 20.-

Hilfsarbeiter /pro Tag: Afs 250.- - 600.- $ 04.- - 10.-

Arbeiter/pro Monat : Afs 9000.- -12000.- $ 130.- 200.-

Koch/Tageslohn: Afs 500.- - 1000.- $ 09.- - 19.-

Kellner/pro Monat: Afs 5000.- -13000.- $ 80.- - 210.-

Straßenverkäufer/pro Tag: Afs 1200.- -1800.- $ 19.- - 30.-

Miete für ein Laden: Afs 6200.- -50000 $ 100.- 800.-

Straßenbettler/pro Tag Afs 300.- .- 700.- $ 4.- - 8.-

Kinderarbeit/Tageslohn: Afs 100.- bis 600.- $1, 40 - 10.-

Studenten: Studenten aus den Provinzen bekommen teilweise Wohn- und Verpflegungsmöglichkeit. Aufgrund der Sicherheitslage und der besseren Qualifikation versuchen die Studenten an der Kabuler Universitäten unterzukommen, obwohl in den meisten Provinzen Universitäten und Fachschulen gegründet worden sind. Aber aufgrund der Mangel an Fachlehrer ist die Qualität dieser Unis und Fachschulen sehr schlecht. Deshalb können auch die Absolventen der Universitäten des Landes auf dem Arbeitsmarkt sich nicht durchsetzen.

Zusammenfassung:

Kosten für Lebensunterhalt einer Person pro Monat $ 200 -300.-

Kosten für Lebensunterhalt einer Familie pro Monat: $ 500.-

Aufgrund der hohen Arbeitslosigkeitsrate kann die Mehrheit der Menschen in Kabul diese Summe nicht immer aufbringen und sie leben ständig mit Schwierigkeiten im Hinblick auf Versorgung. Zudem hat sich die Anzahl der Personen in einem Haushalt, die vom Gehalt von einer Personen leben erhöht. Bis zum Abzug der ausländischen Truppen und NGO haben oft von einer Familie zwei Personen Gehälter bezogen und sie könnten locker ihre Familie ohne Sorgen ernähren.

Wenn die Rückkehrer nach Kabul keine familiäre Bindung und kein Geldmittel bei sich haben, werden sie mit großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert sein. Wenn sie Fachausbildung haben, könnten sie sich im Lauf der Zeit etwas verdienen bzw. eine Stelle bekommen oder ein Geschäft gründen. Aber wenn junge Leute keine Bildung- und keine Fachausbildung haben, werden sie mit Sicherheit in ernster Versorgungssituation geraten.

Die Junge Leute in den Dörfern überlaufen zu den Taliban, damit sie etwas verdienen können.

Auf diesem Weg sind viele Fronten in Dörfern entstanden, die mit den Taliban Ideologisch nichts am Hut haben, aber sie arbeiten für sie als ¿Söldner.

Die schlechte Versorgungslage in Kabul hat auch dazu geführt, dass Gewaltbereitschaft und Raubüberfälle in den Außenbezirken Kabuls sich vermehr zugenommen haben.

Ad Sicherheitslage in Afghanistan

Eine Einnahme der Stadt Kabul durch die Taliban in naher Zukunft ist nicht möglich, weil die internationale Gemeinschaft die Fortsetzung der Präsenz ihrer Truppen in Afghanistan angekündigt hat. Diese Ankündigung schreckt die Taliban ab, Großoffensive gegen die Stadt Kabul vorzunehmen. Aber monatlich werden durch Attentate der Taliban in der Stadt Kabul durchschnittlich, nach meiner Schätzung, 50-80 Personen verletzt und getötet. Solche Vorfälle sind unvorhersehbar und kann nicht vorausgesagt werden, welche Zivilisten-Gruppe und welche Orte in Kabul diese Attentate treffen.

Kabul ist seit Juli diese Jahres von den afghanischen Sicherheitskräften und der Sicherheitskräften der ISAF soweit geschützt, dass die Taliban bis jetzt keine Chance hatten, diese Stadt, wie z.B. Kunduz, Faryab oder Helmand umfassend anzugreifen und kurzfristig auch unter ihrer Kontrolle zu bringen. Der Grund für die strengen Maßnahmen liegt darin, dass alle Ministerien, ausländische Botschaften und internationale Organisationen sich in Kabul befinden. Die Taliban versuchen, immer wieder, durch schwere Selbstmordattentate, Raketenabwurf auf Kabul und Angriffe auf bestimmte staatliche Einrichtungen und auf Häuser der Politiker auf sich aufmerksam zu machen. Dadurch kommen im Durchschnitt im Monat in der 5 Millionen Stadt mehr als fünfzig Zivilisten getötete und verletzt.

Die Attentate finden nicht jeden Tag in Kabul statt, obwohl die Taliban gerne jeden Tag einen Anschlag verüben würden. Aufgrund der starken Präsenz der Sicherheitskräfte in sensiblen Ecken und Plätzen, sowie vor den Amtsgebäuden, können sie ihre Pläne nicht jeden Tag durchführen. Aber jeden Tag sind Taliban-Selbstmörder in verschieden Ecken unterwegs und versuchen, die ausländischen Konvois und die Konvois der Sicherheitskräften anzugreifen. Es wird auch jeden zweiten Tag gemeldet, dass die afghanischen Sicherheitskräfte Selbstmordattentäter vor der Ausführung ihrer Terrorakte erwischt hätten.

Derzeit verlassen tausende Menschen die Stadt Kabul; insgesamt reisen hunderttausend Menschen monatlich aus ganz Afghanistan aus. Dies ist unter Anderen auf die Angst der Menschen zurückzuführen, weil sie nicht wissen, wie die Sicherheitslage in den nächsten Monaten und Jahren sich in Afghanistan entwickeln würde. Heuer sind die Taliban in hunderten Distrikten in Afghanistan aktiv und ich gehe davon aus, dass es mehr als 70% der außerstädtischen Gebiete des Landes unter direkte oder indirekte Kontrolle der Taliban stehen.

Die Bezirke außerhalb der Stadt Kabul sind nicht so sicher wie die Stadt Kabul. Die Bevölkerung dieser Bezirke beschwert sich darüber, dass die Sicherheitskräfte in diesen Regionen sich nicht kümmern würden. Diese Bezirke sind zwar nicht unter der Kontrolle der Taliban, aber sie sind nicht so sicher wie die Stadt Kabul.

2. Beweiswürdigung:

Die Länderfeststellungen beruhen auf den jeweils angeführten Länderberichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen sowie auf dem am 23. 10. 2015 schriftlich erstatteten Gutachten des länderkundigen Sachverständigen zur Sicherheits- und Versorgungslage in der Stadt Kabul und dem von ihm in der mündlichen Verhandlung vom 3. 11. 2015 verfassten mündlichen Gutachten. Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation in Afghanistan zugrunde gelegt werden konnten. Der Beschwerdeführer ist weder den Länderberichten noch dem Gutachten des Sachverständigen inhaltlich entgegen getreten.

Der Sachverständige ist in Afghanistan geboren und aufgewachsen, er hat in Kabul das Gymnasium absolviert, in Wien Politikwissenschaft studiert und war in den neunziger Jahren an mehreren Aktivitäten der Vereinten Nationen zur Befriedung Afghanistans beteiligt. Er hat Werke über die politische Lage in Afghanistan verfasst und verfügt dort über zahlreiche Kontakte, ist mit den dortigen Gegebenheiten vertraut und recherchiert dort selbst - auch für den unabhängigen Bundesasylsenat, den Asylgerichtshof und das Bundesverwaltungsgericht - immer wieder (zuletzt im September 2015). Darüber hinaus hält er an der Universität Wien Lehrveranstaltungen ab, die sich mit Afghanistan beschäftigen. Auf Grund seiner Sachkenntnis wurde er bereits in vielen Verfahren als Gutachter herangezogen; er hat im Auftrag vieler Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, des Asylgerichtshofes und des Bundesverwaltungsgerichtes zahlreiche nachvollziehbare und schlüssige Gutachten zur aktuellen Lage in Afghanistan erstattet.

Der Beschwerdeführer brachte vor, von den Geschäftspartnern beziehungsweise Gläubigern seines Vaters verfolgt worden zu sein, sodass er Afghanistan habe verlassen müssen.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist wie folgt zu würdigen:

Hinsichtlich der persönlichen sowie familiären Situation des Beschwerdeführers in Afghanistan folgt das Bundesverwaltungsgericht den glaubwürdigen eigenen Angaben des Beschwerdeführers im verwaltungsbehördlichen Verfahren. Dass die Familie des Beschwerdeführers in Kabul lebt, hat der Beschwerdeführer ebenso glaubhaft angegeben.

Die vom Beschwerdeführer gemachten Angaben zu dem fluchtauslösenden Ereignis sind aus folgenden Erwägungen nicht glaubwürdig:

Der Beschwerdeführer brachte anlässlich der Einvernahme beim Bundesasylamt vor, dass die Geschäftspartner seines Vaters nach dessen Tod das gesamte Geld an sich genommen hätten. In weiterer Folge hätten die Gläubiger seines Vaters das ihnen zustehende Geld einfordern wollen, da sie ansonsten seine Schwester mitnehmen wollten. In der mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht brachte der Beschwerdeführer hingegen völlig diametral zu seinem bisherigen Vorbringen vor, von den Geschäftspartnern seines Vaters verfolgt worden zu sein. Als er zu diesen widersprüchlichen Aussagen befragt wurde, gab er an, sowohl von den Geschäftspartnern als auch von den Gläubigern verfolgt worden zu sein. Eine konkrete Erklärung zu diesen unterschiedlichen Angaben blieb er schuldig. Er gab jedoch an, dass er lediglich auf die ihm gestellten Fragen geantwortet habe, was jedoch im Hinblick auf die Frage nach den Fluchtgründen im Herkunftsland keinen Spielraum für andere Antworten zulässt, als anzugeben, warum er geflüchtet sei und wer ihn verfolge.

Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung angab, die Begriffe "Gläubiger" und "Geschäftspartner" nicht genau zu kennen, so ist dennoch darauf hinzuweisen, dass er die Gläubiger als jene Personen beschrieb, von denen sein Vater die Ware gekauft hatte. Somit ist nicht davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer diese Begrifflichkeiten unbekannt sind.

Eine Ungereimtheit im Vorbringen des Beschwerdeführers ist auch darin zu ersehen, dass der Beschwerdeführer anlässlich der Einvernahme beim Bundesasylamt anführte, dass sein Vater vor fünfzehn Jahren gestorben sei und er sich danach noch fünf Jahre in Afghanistan aufgehalten habe. Diesbezüglich wurde dem Beschwerdeführerin der mündlichen Verhandlung vorgehalten, dass er angegeben habe, vor drei Jahren die Flucht angetreten zu haben, sodass ein Zeitraum von zwölf Jahren bleibe, keinesfalls jedoch die von ihm angegebenen fünf Jahre seines Aufenthaltes in Afghanistan. Der Beschwerdeführer erklärte dies damit, dass er und seine Familie sich nach dem Tode seines Vaters für einige Jahre in Pakistan aufgehalten hätten und danach nach Afghanistan zurückgekehrt seien, konkret nach Kabul. In der mündlichen Verhandlung wurden dem Beschwerdeführer seine Angaben beim Bundesasylamt vorgehalten, wonach er dort angegeben hatte, dass sie direkt von Baghlan nach Kabul gereist seien. Er begründete diese widersprüchlichen Angaben damit, dass er vieles vergessen habe. Kurz darauf erklärte er jedoch, dass die Entfernung zwischen XXXX und Kabul nicht sehr groß gewesen sei, weshalb sie zuerst nach Pakistan und danach nach Kabul gefahren seien. Dass der Beschwerdeführer einen mehrjährigen Aufenthalt in Pakistan vergessen konnte, erscheint nicht nachvollziehbar.

Als der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung zu der von ihm in Kabul behaupteten Verfolgungsgefahr befragt wurde, gab er an, dass sich die Gläubiger (Verfolger) bei seinem in der Nähe wohnenden Onkel nach ihm erkundigt hätten. Zudem hätten seine Verfolger nicht gewusst, dass er sich in Kabul aufhalte. Dazu wurde dem Beschwerdeführer seine Aussage beim Bundesasylamt vorgehalten, wonach die Gläubiger in Kabul im Garten seines Hauses gestanden seien und darauf gewartet hätten, dass er das Haus verlasse. Diesen Widerspruch begründete er damit, dass er damit gemeint habe, dass die Gläubiger sich bei seinem Onkel nach ihm erkundigt hätten. Eine weitere Erklärung blieb der Beschwerdeführer wiederum schuldig.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers erwies sich somit zusammenfassend in wesentlichen Teilen nicht nur als vage und unplausibel, sondern darüber hinaus sogar als massiv widersprüchlich. In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vermochte der Beschwerdeführer nicht den Eindruck zu erwecken, den vorgebrachten Sachverhalt selbst erlebt zu haben. Im Ergebnis teilt das Bundesverwaltungsgericht daher die Ansicht der belangten Behörde von der Unglaubwürdigkeit der Fluchtgründe.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers im Beschwerdeschriftsatz, wonach er - speziell als Angehöriger der Hazara - Angst vor den Taliban habe, kann für sich keine Asylrelevanz beigemessen werden. Die Länderfeststellungen belegen, dass Angehörige der Volksgruppe der Hazara Diskriminierungen ausgesetzt sein können, jedoch ergeben sich keine tragfähigen Anhaltspunkte für eine Verfolgung aufgrund der Volksgruppen- oder Religionszugehörigkeit iSd Flüchtlingskonvention. Eine solche wurde in der Beschwerde nur unsubstantiiert behauptet, findet aber keinen Halt in den Länderfeststellungen, die seitens des Beschwerdeführers nicht beeinsprucht wurden. Die schwierige allgemeine Lage einer ethnischen Minderheit oder der Angehörigen einer Religionsgemeinschaft im Heimatland eines Asylwerbers ist - für sich allein - nicht geeignet, die für die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorauszusetzende Bescheinigung einer konkret gegen den Asylwerber gerichteten drohenden Verfolgungshandlung darzutun (VwGH 31.01.2002, 2000/20/0358). Der Beschwerdeführer selbst gab nicht an, dass er jemals einer persönlichen Bedrohung durch Taliban ausgesetzt war, eine konkret ihm drohende Verfolgung ist demnach auszuschließen. Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich der allgemeinen Gefährdungslage in seiner Heimatregion lässt sich aber keine drohende konkret gegen ihn gerichtete Verfolgung ableiten, weshalb dieses Vorbringen nicht zur Glaubhaftmachung einer asylrelevanten Verfolgung geeignet ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG 2005 idF ist das AsylG 2005 am 1.1.2006 in Kraft getreten; es ist gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 auf alle Verfahren anzuwenden, die am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz (Art. 2 FNG) idF des Art. 2 FNG-Anpassungsgesetz BGBl. I 68/2013 und des BG BGBl. I 144/2013 (in der Folge: BFA-VG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.

Das vorliegende Verfahren war am 31.12.2005 nicht anhängig; das Beschwerdeverfahren ist daher nach dem AsylG 2005 zu führen.

Gemäß § 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, Art. 1 BG BGBl. I 33/2013 (in der Folge: VwGVG), idF BG BGBl. I 122/2013 ist das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch das VwGVG geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens bereits kundgemacht waren, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit im VwGVG nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG - wie die vorliegende - das AVG mit Ausnahme seiner §§ 1 bis 5 und seines IV. Teiles, die Bestimmungen weiterer, hier nicht relevanter Verfahrensgesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, welche die Verwaltungsbehörde in jenem Verfahren angewandt hat oder anzuwenden gehabt hätte, das dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangen ist. Dementsprechend sind im Verfahren über die vorliegende Beschwerde Vorschriften des AsylG 2005 und des BFA-VG anzuwenden. (So enthalten zB § 16 Abs. 1 zweiter Satz und § 21 Abs. 7 BFA-VG ausdrücklich Sonderbestimmungen gegenüber dem VwGVG.)

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - und somit auch das Bundesverwaltungsgericht - über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder seine Feststellung durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Verwaltungsbehörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde "unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens" widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Verwaltungsbehörde ist dabei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von der das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine andere als die Zuständigkeit des Einzelrichters ist für die vorliegende Rechtssache nicht vorgesehen, daher ist der Einzelrichter zuständig.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFA VG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.

(a) Zu A)

Zu Spruchpunkt I.

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.

Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH 24.11.1999, Zl. 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; 23.09.1998, Zl. 98/01/0224; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318;

09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 06.10.1999, Zl. 99/01/0279 mwN;

19.10.2000, Zl. 98/20/0233; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131;

25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 05.11.1992, Zl. 92/01/0792; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH 01.06.1994, Zl. 94/18/0263; 01.02.1995, Zl. 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256).

Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 22.10.2002, Zl. 2000/01/0322).

Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. "inländische Fluchtalternative" vor. Der Begriff "inländische Fluchtalternative" trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503 und Zl. 98/01/0648).

Grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, können die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings reicht eine bloße - möglicherweise vorübergehende - Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände iSd. Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK mit sich brachten, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (VwGH 21.01.1999, Zl. 98/20/0399; 03.05.2000, Zl. 99/01/0359).

Im vorliegenden Fall ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, objektiv begründete Furcht vor aktueller und landesweiter Verfolgung in gewisser Intensität glaubhaft zu machen. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung von internationalem Schutz, nämlich die Gefahr einer aktuellen Verfolgung aus einem der in der GFK genannten Gründe, liegen daher nicht vor.

Es ergaben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer als Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und als Zugehöriger zur Religionsgemeinschaft der Schiiten aktuell alleine wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit und/oder wegen seiner Glaubensrichtung in Afghanistan einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt wäre, zumal er während des gesamten Verfahrens niemals persönliche Probleme aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit zu den Hazara bzw. aufgrund seiner schiitischen Glaubensrichtung dargetan hat. Eine individuelle Betroffenheit aufgrund einer konkret gegen ihn gerichteten Verfolgungshandlung hat er somit (im Zusammenhang mit den Taliban und/oder seiner Volksgruppenzugehörigkeit) nicht behauptet, wodurch es aber bereits an einer zentralen Voraussetzung für eine mögliche Asylgewährung mangelt. Dementsprechend hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass die schwierige allgemeine Lage einer ethnischen Minderheit oder der Angehörigen einer Religionsgemeinschaft - für sich allein - nicht geeignet sei, die für die Anerkennung einer Flüchtlingseigenschaft vorauszusetzende Bescheinigung einer konkret gegen den Asylwerber gerichteten drohenden Verfolgungshandlung darzutun (VwGH 31.10.2002, 2000/20/0358). Der Beschwerdeführer gehört als Hazara zwar einer ethnischen und als Schiit auch einer religiösen Minderheit an, doch ist festzustellen, dass, sich für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara - wie aus den zugrundegelegten Länderfeststellungen ersichtlich - die Situation in der Zwischenzeit deutlich verbessert hat, wenn gleich die gesellschaftlichen Spannungen fortbestehen und in lokal unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder aufleben. Es ist somit davon auszugehen, dass weder die Zugehörigkeit einer Person zur ethnischer Minderheit der Hazara noch die Zugehörigkeit einer Person zur religiösen Minderheit der Schiiten für sich alleine ausreicht, um davon ausgehen zu müssen, dass diese Person der Gefahr einer Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse bzw. einer bestimmten Religionsgemeinschaft ausgesetzt wäre.

Es ist daher nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer aktuell alleine wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit und/oder wegen seiner Glaubensrichtung in Afghanistan einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt wäre, zumal es auch keine von Amts wegen aufzugreifenden Hinweise darauf gibt.

Auch aus der allgemeinen Lage in Afghanistan lässt sich für den Beschwerdeführer eine Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten nicht herleiten: Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation stellt nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keinen hinreichenden Grund für eine Asylgewährung dar (vgl. etwa VwGH 14.3.1995, 94/20/0798; 17.6.1993, 92/01/1081).

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II.

Wird ein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, so ist dem Fremden gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§11 AsylG) offen steht. Dies ist gem. § 11 Abs. 1 AsylG dann der Fall, wenn Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann. Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind. Bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen (§ 11 Abs. 2 AsylG). Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 3a AsylG nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückweisung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist. Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist gem. § 8 Abs. 2 AsylG mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Die Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur Konvention beinhalten die Abschaffung der Todesstrafe.

§ 8 Abs. 1 AsylG 2005 beschränkt den Prüfungsrahmen auf den Herkunftsstaat des Antragsstellers. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 ist ein Herkunftsstaat der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt oder - im Falle der Staatenlosigkeit - der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes.

Der (vormalige) § 8 Abs. 1 AsylG 1997 idF der AsylG-Novelle 2003 verwies auf § 57 Fremdengesetz (FrG), BGBl. I Nr. 75/1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002, wonach die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung verletzt würde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum vormaligen § 57 FrG - welche in wesentlichen Teilen auf § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zu übertragen sein wird - ist Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, dass eine konkrete, den Berufungswerber (nunmehr: Beschwerdeführer) betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122, VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (z.B. VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294, VwGH 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438, VwGH 30.05.2001, Zl. 97/21/0560). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 MRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 MRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427, VwGH 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028).

Im Fall des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Feststellungen zu seiner persönlichen Situation vor dem Hintergrund der spezifischen Länderfeststellungen zu Afghanistan und unter Zugrundelegung des Sachverständigengutachtens konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Hindernisses seiner Rückverbringung nach Afghanistan.

Hinsichtlich der Sicherheitslage in Afghanistan, insbesondere der Provinz Baghlan, dem Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers, ist mit Blick auf die individuelle Situation des Beschwerdeführers auf die Länderfeststellungen zu verweisen. Baghlan zählt zwar zu den relativ friedlichen Provinzen im Norden Afghanistans, jedoch haben regierungsfeindliche bewaffnete Aufständische ihre Aktivitäten in einer Anzahl von Bezirken in den letzten Monaten erhöht. Afghanische Sicherheitskräfte haben militärische Operationen geführt, um diese noch vor Abhaltung der Wahlen von Aufständischen zu befreien. Gleichzeitig führten Sicherheitskräfte Operationen in Gegenden, in denen sich die Sicherheitsbedrohung erhöht hat, durch. Es wird erwartet, dass ein Großteil der Sicherheitsverantwortung in Baghlan an die afghanischen Truppen übergeben wird. Aus diesem Grund werden, laut offiziellen Vertretern, massive militärische Operationen geführt, um die Aufständischen zu eliminieren oder sie zu veranlassen ihren Aufstand aufzugeben (ATN 30.6.2014). In einer gemeinsamen militärischen Operation wurde, laut Sicherheitskräften, in Baghlan die bewaffnete regierungsfeindliche Opposition besiegt.

Zusammenfassend ergibt sich daraus, dass die Sicherheitslage in der Heimatregion des Beschwerdeführers zwar als relativ friedlich anzusehen ist, doch sind dort regierungsfeindliche bewaffnete Gruppen in einer Vielzahl von Bezirken aktiv. Rückschauend ist außerdem ein markanter Anstieg von regierungsfeindlichen Angriffen auszumachen, weshalb dem Beschwerdeführer eine Rückkehr dorthin nicht zugemutet werden kann.

Die Familie des Beschwerdeführers ist nunmehr in der Stadt Kabul aufhältig, sodass hier auf das Gutachten des länderkundigen Sachverständigen zur wirtschaftlichen und persönlichen Situation des Beschwerdeführers in der Stadt Kabul zu verweisen ist. Dabei ist davon auszugehen, dass die Mutter des Beschwerdeführers als Haushaltshilfe ihre Dienste anbietet und somit über ein geringes Einkommen verfügt. Der Onkel des Beschwerdeführers ist als Gärtner tätig und gehört ebenso der ärmeren Schicht der Gesellschaft an. Zudem ist es aufgrund der hohen Arbeitslosenrate für den Beschwerdeführer schwer möglich, einen Arbeitsplatz zu finden, sodass für ihn ein wirtschaftliches Überleben in Kabul nicht gewährleistet ist.

Dass der Beschwerdeführer tatsächliche Unterstützung erhalten könnte, ist aufgrund obiger Ausführungen nicht ersichtlich. Ausgehend davon ist mit Blick auf die persönliche Situation des Beschwerdeführers zu erkennen, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner nunmehrigen Rückkehr nach Afghanistan - bezogen auf das gesamte Staatsgebiet - in eine ausweglose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen würde, eine Verletzung seiner durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden.

Eine Rückverbringung des Beschwerdeführers nach Afghanistan steht nach dem Gesagten im Widerspruch zu § 8 Abs. 1 AsylG. Dem Beschwerdeführer war daher nach der genannten Bestimmung der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuzuerkennen.

Zu Spruchpunkt III.

Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005, idF BGBl. I Nr. 68/2013 ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.

Im gegenständlichen Fall war dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuzuerkennen (siehe Spruchpunkt II.).

Daher war dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer eines Jahres zuzuerkennen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. die oben im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu Spruchteil A angeführten zahlreichen Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

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