UVP-G 2000 §19 Abs10
UVP-G 2000 §19 Abs7
UVP-G 2000 §3 Abs1
UVP-G 2000 §3 Abs7
UVP-G 2000 §3a Abs1 Z1
UVP-G 2000 §3a Abs1 Z2
UVP-G 2000 §3a Abs2
UVP-G 2000 §3a Abs3
UVP-G 2000 §3a Abs6
UVP-G 2000 §39
UVP-G 2000 §40
UVP-G 2000 Anh.1 Z43 lita
UVP-G 2000 Anh.1 Z43 litb
WRG 1959 §34
WRG 1959 §35
WRG 1959 §37
B-VG Art.133 Abs4
UVP-G 2000 §19 Abs10
UVP-G 2000 §19 Abs7
UVP-G 2000 §3 Abs1
UVP-G 2000 §3 Abs7
UVP-G 2000 §3a Abs1 Z1
UVP-G 2000 §3a Abs1 Z2
UVP-G 2000 §3a Abs2
UVP-G 2000 §3a Abs3
UVP-G 2000 §3a Abs6
UVP-G 2000 §39
UVP-G 2000 §40
UVP-G 2000 Anh.1 Z43 lita
UVP-G 2000 Anh.1 Z43 litb
WRG 1959 §34
WRG 1959 §35
WRG 1959 §37
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:W109.2008471.1.00
Spruch:
W109 2008471-1/8E IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Büchele als Vorsitzenden und die Richter Dr. Andrä und Dr. Baumgartner als Beisitzer über die Beschwerden
des Herrn XXXX,
des Herrn XXXX und
des XXXX,
gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 23.04.2014, Zl. ABT13-11.10-304/2014-13, mit dem zum Vorhaben "XXXX, Erweiterung der Mastschweinehaltung um 308 Tiere sowie der Mastgeflügelhaltung um 4599 Tiere" festgestellt wurde, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerden des XXXX werden zurückgewiesen.
II. Der Beschwerde des XXXX wird abgewiesen.
B)
I. Die Revision gegen Spruchpunkt A.I. ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
II. Die Revision gegen Spruchpunkt A.II. ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Das Verfahren der Steiermärkischen Landesregierung:
Mit Antrag vom 19.12.2013 stellte der Bürgermeister der Gemeinde XXXX als mitwirende Baubehörde nach dem Steiermärkischen Baugesetz gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 bei der Steiermärkischen Landesregierung als UVP-Behörde (die belangte Behörde des gegenständlichen Verfahrens) den Antrag auf Feststellung, ob für das Vorhaben von XXXX (in der Folge: Antragsteller), der Erweiterung der Mastschweinehaltung um 308 Tiere sowie der Mastgeflügelhaltung um 4599 Tiere eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchzuführen ist. Derzeit betrage der bewilligte Tierbestand im betroffenen landwirtschaftlichen Betrieb 64 Zuchtschweine, 511 Mastscheine und 1420 Hühner; künftig soll der Tierbestand insgesamt 819 Mastschweine und 6019 Hühner betragen. Dem Antrag wurden verschiedene Unterlagen aus dem Bauverfahren angeschlossen.
Die Baubehörde übermittelte sodann der UVP-Behörde die Zahlen des bewilligten sowie beantragten Tierbestandes des Betriebes der beiden Antragsteller samt Aufstellung der übrigen landwirtschaftlichen Betriebe im Umkreis von 500 m zum Vorhaben samt Tierbestand.
Das wasserwirtschaftliche Planungsorgan teilte mit, dass das vom Vorhaben betroffene Grundstück weder innerhalb eines Wasserschutznoch innerhalb eines Wasserschongebietes nach §§ 34, 35 und 37 WRG 1959 liege.
Die belangte Behörde forderte ein Gutachten des Amtssachverständigen (ASV) für Luftreinhaltung zur Frage an, ob mit kumulierenden Auswirkungen des beantragten Vorhabens mit den übrigen in einem räumlichen Zusammenhang stehenden Vorhaben auf die Umwelt zu rechnen sei.
2. Der angefochtene Bescheid:
Mit Bescheid vom 23.04.2014 stellte die UVP-Behörde fest, für das Vorhaben "XXXX, Erweiterung der Mastschweinehaltung um 308 Tiere sowie der Mastgeflügelhaltung um 4599 Tiere" sei keine UVP durchzuführen.
Die UVP-Behörde stellte sodann folgenden entscheidungsrelevanten Sachverhalt zur Hofstelle der Antragsteller in Bezug auf den bewilligten Tierbestand fest:
Zuchtsauen: 64
Mastschweine: 511
Mastgeflügel: 1420
Hinkünftig sei folgender Tierbestand geplant:
Zuchtsauen: 0
Mastschweine: 819
Mastgeflügel: 6019
Die Erweiterung des landwirtschaftlichen Betriebes umfasse somit die Schaffung von 308 zusätzlichen Mastschweineplätzen sowie von 4599 Mastgeflügelplätzen; die Haltung von Zuchtsauen werde aufgegeben.
Im Umkreis von 300 m um das gegenständliche Vorhaben seien nach Angabe der Gemeinde Grundstücke im Sinne der Definition des Anhanges 2 UVP-G 2000 - Kategorie E Siedlungsgebiet - ausgewiesen.
Nach Mitteilung des wasserwirtschaftlichen Planungsorgans liege das fragliche Grundstück in keinem schutzwürdigen Gebiet der Kategorie
C.
Im Umkreis von ca. 500 m um das gegenständliche Vorhaben befänden sich sechs weitere landwirtschaftliche Betriebe mit insgesamt 2115 bewilligten Mastschweinen.
In rechtlicher Hinsicht kam die UVP-Behörde zum Ergebnis, dass durch das gegenständliche Änderungsvorhaben die nach Anhang 1 Z 43 lit. a der Spalte 2 und lit. b der Spalte 3 UVP-G 2000 maßgeblichen Schwellenwerte nicht erreicht würden. Das Vorhaben der Antragsteller und die sechs in einem räumlichen Zusammenhang stehenden Nachbar-Betriebe würden jedoch gemeinsam die gemäß Anhang 1 Z 43 lit. a) Spalte 2 UVP-G 2000 maßgeblichen Schwellenwerte von 2.500 Mastschweineplätzen bzw. von 65.000 Mastgeflügelplätzen überschreiten. Das Vorhaben der Antragsteller weise eine Kapazität von mehr als 25 % der Z 43 lit. a, Spalte 2 im Anhang 1 UVP-G 2000 maßgeblichen Schwellenwertes von 2.500 Mastschweineplätzen bzw. von 65.000 Mastgeflügelplätzen auf.
In Bezug auf die Kumulationsbestimmung nach § 3a Abs. 6 UVP-G 2000 kam die UVP-Behörde zum Ergebnis, dass durch eine Kumulierung der Auswirkungen des Vorhabens mit den in einem räumlichen Zusammenhang stehenden sonstigen landwirtschaftlichen Vorhaben nicht mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen sei und legte ihrer Beurteilung das Gutachten des ASV für Luftreinhaltung vom 14.03.2014 zugrunde. Es sei daher keine UVP für die geplante Änderung durchzuführen.
3. Dagegen wurden von Herrn XXXXsowie vom XXXX Beschwerden eingebracht.
Begründend wird zusammengefasst ausgeführt, der angefochtene Bescheid würde hinsichtlich der Umweltauswirkungen nur den Fachbereich Geruch durch Einholung eines Gutachtens des ASV für Luftreinhaltung abdecken. Andere Aspekte, wie die Auswirkungen auf den Boden, Wasser und Luft, Nähe zu Natura 2000 Gebiet würden im gegenständlichen Bescheid nicht betrachtet. Diese lägen im Wesentlichen bei den Auswirkungen durch Geruch in Bezug auf den Menschen (was auch beurteilt worden sei) sowie gegenüber Wald und anderen empfindlichen Ökosystemen durch die Auswirkungen von Ammoniak und Stickstoffdeposition und gegenüber Gewässern durch die Entsorgung der tierischen Fäkalien. Es fehle auch eine humanmedizinische Beurteilung. Die Beurteilung Geruchsbildung sei auf Grundlage der schon 19 Jahre alten "Vorläufigen Richtlinie zur Beurteilung von Immissionen aus der Nutztierhaltung in Stallungen" des [ehemaligen] Bundesministeriums für Umwelt ergangen. Dies entspreche nicht dem geforderten Stand der Technik.
Nach Übermittlung der Beschwerden an die mitbeteiligten Parteien und Verfahrensbeteiligten langte von der Umweltanwältin eine Stellungnahme ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die Beschwerden erwogen:
1. Zu den Rechtsgrundlagen:
1.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 Bundesverfassungsgesetz (B-VG) entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß Art. 131 Abs. 4 Z 2 lit. a B-VG iVm § 40 Abs. 1 UVP-G 2000 entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen nach dem UVP-G 2000 das Bundesverwaltungsgericht.
Für alle Ermittlungen, Entscheidungen und Überwachungen nach den betroffenen Verwaltungsvorschriften ist gemäß § 39 Abs. 1 UVP-G 2000 die Landesregierung zuständig. Diese kann ihre Zuständigkeit gem. § 39 Abs. 1 UVP-G - verfassungsrechtlich zulässig (VwGH 12.9.2013, 2011/040002) - an die Bezirksverwaltungsbehörde delegieren.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 40 Abs. 2 UVP-G 2000 liegt Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1). Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (im konkreten Fall das UVP-G 2000).
1.2. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Prüfung der Umweltverträglichkeit (Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 - UVP-G 2000), BGBl. Nr. 697/1993 idF BGBl. I Nr. 14/2014, lauten:
"Änderungen
§ 3a. (1) Änderungen von Vorhaben,
1. die eine Kapazitätsausweitung von mindestens 100 % des in Spalte 1 oder 2 des Anhanges 1 festgelegten Schwellenwertes, sofern ein solcher festgelegt wurde, erreichen, sind einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen; dies gilt nicht für Schwellenwerte in spezifischen Änderungstatbeständen;
2. für die in Anhang 1 ein Änderungstatbestand festgelegt ist, sind einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen, wenn dieser Tatbestand erfüllt ist und die Behörde im Einzelfall feststellt, dass durch die Änderung mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt im Sinn des § 1 Abs. 1 Z 1 zu rechnen ist.
(2) Für Änderungen sonstiger in Spalte 1 des Anhanges 1 angeführten Vorhaben ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn
1. der Schwellenwert in Spalte 1 durch die bestehende Anlage bereits erreicht ist oder bei Verwirklichung der Änderung erreicht wird und durch die Änderung eine Kapazitätsausweitung von mindestens 50 % dieses Schwellenwertes erfolgt oder
2. eine Kapazitätsausweitung von mindestens 50 % der bisher genehmigten Kapazität des Vorhabens erfolgt, falls in Spalte 1 des Anhanges 1 kein Schwellenwert angeführt ist,
und die Behörde im Einzelfall feststellt, dass durch die Änderung mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 zu rechnen ist.
(3) Für Änderungen sonstiger in Spalte 2 oder 3 des Anhanges 1 angeführten Vorhaben ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem vereinfachten Verfahren durchzuführen, wenn
1. der in Spalte 2 oder 3 festgelegte Schwellenwert durch die bestehende Anlage bereits erreicht ist oder durch die Änderung erreicht wird und durch die Änderung eine Kapazitätsausweitung von mindestens 50 % dieses Schwellenwertes erfolgt oder
2. eine Kapazitätsausweitung von mindestens 50 % der bisher genehmigten Kapazität des Vorhabens erfolgt, falls in Spalte 2 oder 3 kein Schwellenwert festgelegt ist,
und die Behörde im Einzelfall feststellt, dass durch die Änderung mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 zu rechnen ist.
(4) Bei der Feststellung im Einzelfall hat die Behörde die in § 3 Abs. 4 Z 1 bis 3 angeführten Kriterien zu berücksichtigen. § 3 Abs. 7 ist anzuwenden. Die Einzelfallprüfung gemäß Abs. 1 Z 2, Abs. 2, 3 und 6 entfällt, wenn der Projektwerber/die Projektwerberin die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beantragt.
(5) Soweit nicht eine abweichende Regelung in Anhang 1 getroffen wurde, ist für die Beurteilung der UVP-Pflicht eines Änderungsprojektes gemäß Abs. 1 Z 2 sowie Abs. 2 und 3 die Summe der Kapazitäten, die innerhalb der letzten fünf Jahre genehmigt wurden einschließlich der beantragten Kapazitätsausweitung heranzuziehen, wobei die beantragte Änderung eine Kapazitätsausweitung von mindestens 25 % des Schwellenwertes oder, wenn kein Schwellenwert festgelegt ist, der bisher genehmigten Kapazität erreichen muss.
(6) Bei Änderungen von Vorhaben des Anhanges 1, die die in Abs. 1 bis 5 angeführten Schwellenwerte nicht erreichen oder Kriterien nicht erfüllen, die aber mit anderen Vorhaben in einem räumlichen Zusammenhang stehen und mit diesen gemeinsam den jeweiligen Schwellenwert oder das Kriterium des Anhanges 1 erreichen oder erfüllen, hat die Behörde im Einzelfall festzustellen, ob auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen und daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die geplante Änderung durchzuführen ist. Eine Einzelfallprüfung ist nicht durchzuführen, wenn das beantragte Vorhaben eine Kapazität von weniger als 25 % des Schwellenwertes aufweist. Bei der Entscheidung im Einzelfall sind die Kriterien des § 3 Abs. 4 Z 1 bis 3 zu berücksichtigen, § 3 Abs. 7 ist anzuwenden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist im vereinfachten Verfahren durchzuführen.
(7) Die Genehmigung der Änderung hat auch das bereits genehmigte Vorhaben soweit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der in § 17 Abs. 1 bis 5 angeführten Interessen erforderlich ist."
Anhang 1 Ziffer 43, lit. a (2. Spalte) lit. b (3. Spalte) UVP-G 2000::
"a) Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Tieren ab folgender Größe:
48 000 Legehennen-, Junghennen-, Mastelterntier- oder Truthühnerplätze
65 000 Mastgeflügelplätze
2 500 Mastschweineplätze
700 Sauenplätze;
b) Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Tieren in schutzwürdigen Gebieten der Kategorien C oder E ab folgender Größe:
40 000 Legehennen-, Junghennen-, Mastelterntier- oder Truthühnerplätze
42 500 Mastgeflügelplätze
1 400 Mastschweineplätze
450 Sauenplätze
Betreffend lit. a und b gilt: Bei gemischten Beständen werden die Prozentsätze der jeweils erreichten Platzzahlen addiert, ab einer Summe von 100 % ist eine UVP bzw. eine Einzelfallprüfung durchzuführen; Bestände bis 5 % der Platzzahlen bleiben unberücksichtigt."
2. Zu Spruchpunkt A.I. - zur Zurückweisung der Beschwerden des XXXX:
2.1. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Entscheidung vom 17.06.2014, W113 2006688-1/8E, die Beschwerden von Nachbarn auf Feststellung der UVP-Pflicht eines Vorhabens abgewiesen. Nach der Darstellung der innerstaatlichen und unionsrechtlichen Rahmenbedingungen bzw. der Aarhus-Konvention samt der dazu jeweils ergangen Rechtsprechung (insbesonders in Bezug auf EuGH vom 30.04.2009, C-75/08 , Mellor, sowie Vorlagebeschluss des VwGH vom 16.10.2013, Zl. 2012/04/0040, an den EuGH) wurde begründend in dieser Entscheidung des Bundesverwaltungsgericht zusammenfassend ausgeführt:
"§ 3 Abs. 7 UVP-G 2000 zählt taxativ jene Personen auf, die im UVP-Feststellungsverfahren Parteistellung haben und einen diesbezüglichen einleitenden Antrag stellen können. Die Nachbarn haben demnach keine Antragslegitimation für die Einleitung eines UVP-Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000.
Ein diesbezügliches Recht der Beschwerdeführer ergibt sich nach Ansicht des Gerichtes auch nicht auf Grund eines unmittelbar anzuwendenden Unionsrechtes. Dieses, insbesondere die UVP-RL, gebietet den Mitgliedstaaten, Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit (zB auch Nachbarn) die Möglichkeit einzuräumen, die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung, wonach ein Vorhaben keiner UVP zu unterziehen ist, einer (gerichtlichen) Überprüfung zu unterziehen. Daraus kann jedoch nicht gefolgert werden, dass diesen Mitgliedern der Öffentlichkeit ein Antragsrecht auf Einleitung eines UVP-Feststellungsverfahrens unmittelbar auf Grund der UVP-RL zukommt. Dem steht auch nicht das beim EuGH anhängige Vorabentscheidungsverfahren entgegen, in welchem der VwGH die Frage aufwirft, ob das Entgegenhalten der Bindungswirkung eines negativen UVP-Feststellungsbescheides dem Nachbar gegenüber unionsrechtswidrig ist. Vielmehr kann diese Problematik innerhalb des nationalen Rechts auch so gelöst werden, dass Nachbarn in den materienrechtlichen Genehmigungsverfahren ihre Einwendungen vorbringen können und somit eine ‚de-facto-UVP' erreichen.
Aus den Bestimmungen der Aarhus-Konvention kann für das Vorbringen der Beschwerdeführer ebenfalls nichts gewonnen werden, da diese Konvention einer Umsetzung ins nationale oder gemeinschaftsrechtliche Recht bedarf und nicht unmittelbar anwendbar ist.
Gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 haben die Beschwerdeführer als Nachbarn weder Parteistellung noch eine Antragslegitimation im UVP-Feststellungsverfahren, womit die belangte Behörde die Beschwerden im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen hat.
Die gegenständlichen Beschwerden waren daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen und es war spruchgemäß zu entscheiden."
2.2. Der erkennende Senat schließt sich diesen Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichtes zur Entscheidung vom 17.06.2014, W113 2006688-1/8E, an. Die Beschwerden sind zurückzuweisen, da Nachbarn weder Parteistellung noch eine Antragslegitimation zur Einleitung eines UVP-Feststellungsverfahren haben. Somit kommt ihnen auch kein Recht auf eine Beschwerde gegen einen UVP-Feststellungsbescheid zu.
3. Zu Spruchpunkt A.II. - zur Beschwerde des XXXX:
3.1. Beim Naturschutzbund Steiermark handelt es sich um eine anerkannte Naturschutzorganisation nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000, die zur Einbringung der vorliegenden, rechtzeitig eingebrachten Beschwerde nach Abs. 10 dieser Bestimmung berechtigt ist.
3.2. Nach § 3 Abs. 1 UVP-G 2000 sind Vorhaben, die in Anhang 1 angeführt sind, sowie Änderungen dieser Vorhaben nach Maßgabe der Bestimmungen des UVP-G 2000 einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen.
Nach Anhang 1 Ziffer 43 lit. a (2. Spalte) sind UVP-pflichtige Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Tieren ab folgender Größe:
48.000 Legehennen-, Junghennen-, Mastelterntier- oder Truthühnerplätze; 65.000 Mastgeflügelplätze; 2.500 Mastschweineplätze; 700 Sauenplätze.
Nach Anhang 1 Ziffer 43, lit. b (3. Spalte) sind UVP-pflichtige Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Tieren in schutzwürdigen Gebieten der Kategorien C oder E und die einer Einzelfallprüfung unter bestimmten Umständen zu unterziehen sind sind ab folgender Größe: 40.000 Legehennen-, Junghennen-, Mastelterntier- oder Truthühnerplätze; 42.500 Mastgeflügelplätze; 1.400 Mastschweineplätze; 450 Sauenplätze.
Bei gemischten Beständen werden gemäß Z 43 letzter Absatz des Anhangs 1 zum UVP-G 2000 die Prozentsätze der jeweils erreichten Platzzahlen addiert, ab einer Summe von 100 % ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. eine Einzelfallprüfung durchzuführen; Bestände bis 5 % der Platzzahlen bleiben unberücksichtigt (zur Berechnung gemischter Bestände vgl. Leitfaden des BMLFUW zur UVP für Intensivtierhaltung idF 2011, S 4 f; zu den Entscheidungskriterien bei einer Einzelfallprüfung S 17).
Der bestehende Betrieb der Antragsteller weist einen gemischten Bestand auf. Er soll mit 511 Mastschweinen um 308 Tiere auf insgesamt 819 erweitert werden; der Bestand mit 1420 Mastgeflügel soll um 4599 auf insgesamt 6019 Tiere erweitert werden; gleichzeitig soll der Bestand von 64 Zuchtsauen aufgelassen werden.
Das Vorhaben wird in Bezug auf die Z 43 lit. a (2. Spalte) und lit. b (3. Spalte) um folgende Prozentsätze erweitert:
Z 43 lit. a (2. Spalte): für Mastschweine ergibt sich ein Prozentsatz von 12,32 %; für Mastgeflügel von 7,7 %. Die zusammengerechneten Prozentsätze ergeben insgesamt 20,02 %.
Z 43 lit. b (3. Spalte): für Mastschweine ergibt sich ein Prozentsatz von 22 %; für Mastgeflügel von 10,82 %. Die zusammengerechneten Prozentsätze ergeben insgesamt 32,82 %.
Gemäß § 3a Abs. 1 Z 1 UVP-G 2000 ist die Änderung von Vorhaben, die eine Kapazitätsausweitung von mindestens 100 % des in Spalte 1 oder 2 des Anhanges 1 festgelegten Schwellenwertes, sofern ein solcher festgelegt wurde, erreichen, einer UVP zu unterziehen. Nach Z 2 dieser Bestimmung ist eine UVP durchzuführen, wenn ein eigens normierter Änderungstatbestand erfüllt ist. Weder werden durch das Vorhaben der Antragsteller mindestens 100 % des Schwellenwertes erreicht, noch wird in Z 43 ein eigener Änderungstatbestand normiert.
Auch werden die Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 durch das Vorhaben nicht erfüllt: Weder ist in der Spalte 1 des Anhanges 1 für die Aufzucht von Tieren ein Schwellenwert normiert (Abs. 2), noch wird der Schwellenwert der Spalte 2 und 3 durch die bestehende Anlage erreicht oder durch die Änderung mit einer gleichzeitigen Kapazitätsausweitung um 50 % des Schwellenwertes erreicht (Abs. 3).
Schließlich sind auch die Voraussetzungen des Abs. 6 im Falle der Kumulierung mit anderen in einem räumlichen Zusammenhang stehenden Vorhaben nicht erfüllt: Der Mindestschwellenwert von 25 % des § 3a Abs. 6 UVP-G 2000 wird bei der Zusammenrechnung der Prozentsätze von Mastschweinen und Mastgeflügel mit insgesamt 20,02 % in Bezug auf Z 43 lit. a (Spalte 2) deutlich unterschritten. Aber auch in Bezug auf Z 43 lit. b (Spalte 3) wird dieser Mindestschwellenwert unterschritten. Die zusammengerechneten Prozentsätze ergeben für Mastschweine und Mastgeflügel zwar insgesamt 32,82 %. Da jedoch im Zuge der Erweiterung des Tierbestandes die Haltung von 64 Zuchtsauen aufgelassen wird, sind diese - was einem Prozentsatz von 14,22 % entspricht - wiederum in Abzug zu bringen. Insgesamt ist somit von einer Erweiterung um einen Prozentsatz von 18,6 % auszugehen.
Nach der Regelung des § 3a Abs. 6 UVP-G 2000 ist eine Einzelfallprüfung nicht durchzuführen, wenn das beantragte Vorhaben eine Kapazität von weniger als 25 % des Schwellenwertes aufweist. Dies ist jedoch beim Vorhaben der Antragsteller der Fall; der Wert liegt auch in der Spalte 3 unter der Mindestschwelle von 25 %, weshalb keine Einzelfallprüfung und somit auch keine UVP durchzuführen ist.
Die Beschwerde des XXXX ist daher abzuweisen.
4. Zu Spruchpunkt B - zur Zulässigkeit der Revisionen:
4.1. Die Revision gegen Spruchpunkt A.I. ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, da die Entscheidung von der Lösung von Rechtsfragen abhängt, denen grundsätzliche Bedeutung zukommt: Die Frage, ob Nachbarn im UVP-Feststellungsverfahren nach der nationalen Rechtslage Parteistellung haben oder gar antragslegitimiert sind, ist auf Grund des eindeutigen Gesetzeswortlautes des § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 und der (bisherigen) ständigen Judikatur des VwGH zu verneinen (VwGH vom 28.06.2005, Zl. 2004/05/0032; 27.09.2007, Zl. 2006/07/0066; 22.04.2009, Zl. 2009/04/0019). Auf Grund der mit Beschluss des VwGH vom 16.10.2013, Zl. 2012/04/0040, dem EuGH vorgelegten Frage zur Vorabentscheidung betreffend die Unionsrechtswidrigkeit der Bindungswirkung eines negativen UVP-Feststellungsbescheides gegenüber Nachbarn sowie des Beschlusses des VwGH vom 30.01.2014, Zl. 2010/05/0173, betreffend die Aussetzung eines Verfahrens über einen negativen UVP-Feststellungsbescheid ist nach Ansicht des Gerichtes aber in Zweifel gezogen, ob der VwGH seine bisherige Judikaturlinie fortführen wird. Somit kann vom Vorliegen einer eindeutigen Rechtsprechung nicht mehr ausgegangen werden, weshalb die Revision zuzulassen ist.
4.2. Die Revision gegen Spruchpunkt A.II. ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Denn trotz Fehlens einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu einer konkreten Fallgestaltung liegt dann keine erhebliche Rechtsfrage vor, wenn das Gesetz selbst eine klare, das heißt eindeutige Regelung trifft (vgl. mutatis mutandis OGH zu § 502 ZPO 22.03.1992, Zl. 5Ob105/90, zuletzt 17.12.2013, 4 Ob 200/13k).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)