OGH 14Os59/06t (RS0120817)

OGH14Os59/06t20.2.2024

Rechtssatz

Nach § 179 Abs 4 Z 4 StPO (§ 182 Abs 4 zweiter Satz StPO) hat jeder Beschluss eines Oberlandesgerichtes über die Fortsetzung der Untersuchungshaft „die bestimmten Tatsachen, aus denen sich der dringende Tatverdacht" für das Oberlandesgericht ergibt, zu enthalten. Das bedeutet, dass einerseits mit Bestimmtheit anzugeben ist, welcher - in Hinsicht auf die mit hoher Wahrscheinlichkeit als begründet angesehenen strafbaren Handlungen (rechtlichen Kategorien, also Tatbeständen; vergleiche § 260 Abs 1 Z 2 StPO) rechtlich als entscheidend beurteilte - Sachverhalt angenommen wurde (sog Feststellungsebene), andererseits klarzustellen ist, auf welchen ganz bestimmten Tatumständen (Beweisergebnissen, sog erheblichen Tatsachen) diese Sachverhaltsannahmen über die sog entscheidenden Tatsachen ruhen (sog Begründungsebene). Geschieht dies nicht, liegt eine Grundrechtsverletzung vor (§ 10 GRBG in Verbindung mit § 281 Abs 1 Z 5 erster Fall StPO). Insoweit unterscheidet sich die formale Begründungspflicht für Haftbeschlüsse nicht von derjenigen für ein Strafurteil.

Normen

GRBG §10
StPO §179 Abs4 Z2
StPO §179 Abs4 Z4
StPO §182 Abs4
StPO §260 Abs1
StPO §281 Abs1 Z5

14 Os 59/06tOGH13.06.2006
13 Os 125/06sOGH20.12.2006

Vgl auch

12 Os 12/07tOGH25.01.2007

Vgl auch

13 Os 81/07xOGH16.07.2007

Beisatz: Das Beschwerdegericht kann sich dabei auch auf die Feststellung haftrelevanter Umstände einiger weniger Taten aus einer umfangreichen Verdachtslage beschränken, doch müssen diese hafttragend sein. (T1)<br/>Beisatz: Den gesetzlichen Deutlichkeitserfordernissen wird nicht entsprochen, wenn sich das Beschwerdegericht damit begnügt, die Sachverhaltsannahmen des Untersuchungsrichters zu zitieren und diese - ohne Herstellung eines Zusammenhangs zur dort vorgenommenen Faktenbezeichnung - teilweise zu kommentieren, ohne jedoch zu irgendeiner der dem Beschuldigten angelasteten Taten eine klare und für Dritte nachvollziehbare Aussage darüber zu treffen, von welchen eigenen Sachverhaltsannahmen es ausging oder auf welchen konkreten Beweisergebnissen diese basieren. (T2)<br/>Beisatz: Um Undeutlichkeit zu vermeiden genügt es nicht, undeutlich auf den Akteninhalt, frühere Beschlüsse oder Entscheidungen des Erstgerichts zu verweisen, vage mehrere Varianten eines möglichen Tatgeschehens anzudeuten und dazu weitgehend pauschal Bezugsstellen aktenkundiger polizeilicher Erhebungsergebnisse zu zitieren. (T3)

14 Os 135/07wOGH30.10.2007

Beisatz: Hier: Grundrechtsverletzung bejaht. (T4)<br/>Beisatz: Die Defizite der Sachverhaltsannahmen erfordern eine unverzügliche Klärung der Haftvoraussetzungen im Rahmen einer Haftverhandlung, nicht aber die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. (T5)

13 Os 127/07mOGH25.10.2007
13 Os 160/07iOGH09.01.2008

Vgl auch

12 Os 3/08wOGH31.01.2008

Vgl auch; Beis wie T1

12 Os 76/08fOGH24.06.2008

Vgl

14 Os 108/08aOGH13.08.2008

Vgl auch

13 Os 181/08dOGH17.12.2008

Beis ähnlich wie T1; Beisatz: Das Beschwerdegericht kann sich zwar darauf beschränken, Sachverhaltsannahmen zum dringenden Tatverdacht nur insoweit zu treffen, als dies für die Haftvoraussetzung des § 173 Abs 1 StPO erforderlich ist. Die solcherart für dringend wahrscheinlich gehaltenen Straftaten müssen jedoch stets den Anforderungen des § 173 Abs 1 zweiter Satz StPO entsprechen. (T6)

14 Os 11/09pOGH13.02.2009

Vgl; Beis wie T6

11 Os 87/09tOGH23.06.2009

Vgl

14 Os 56/09fOGH26.05.2009

Beis wie T3

13 Os 120/09kOGH15.10.2009

Auch

14 Os 130/10iOGH01.10.2010

Auch

14 Os 9/12yOGH16.02.2012
11 Os 94/13bOGH27.06.2013

Auch

13 Os 19/13pOGH27.03.2013

Auch; Auch Beis wie T5; Beisatz: Setzt das Oberlandesgericht im Rahmen einer Beschwerdeentscheidung (§ 87 Abs 1 StPO) die Untersuchungshaft fort, muss es selbst Sachverhaltsannahmen zum dringenden Tatverdacht treffen, welche die rechtliche Beurteilung, ob durch die solcherart als sehr wahrscheinlich angenommenen Tatsachen ‑ objektiv wie subjektiv ‑ eine hafttragende strafbare Handlung begründet wird, ermöglichen. (T7)

11 Os 8/14gOGH11.02.2014

Auch; Beis wie T5; Beis wie T7

11 Os 17/14fOGH24.02.2014
12 Os 51/14pOGH08.05.2014

Auch

11 Os 137/14bOGH25.11.2014

Vgl

11 Os 49/15pOGH28.04.2015

Auch

12 Os 87/15hOGH24.07.2015

Auch; Beis wie T7

14 Os 99/16iOGH25.10.2016

Auch

13 Os 109/16bOGH19.10.2016

Auch

12 Os 98/18fOGH23.08.2018

Auch

15 Os 132/18bOGH09.10.2018

Beis wie T7

15 Os 112/19pOGH01.10.2019

Vgl; Beis wie T1; Beis wie T6

15 Os 54/20kOGH22.05.2020

Vgl

15 Os 61/20iOGH15.06.2020

Vgl

12 Os 101/20zOGH09.09.2020

Vgl

14 Os 84/21sOGH03.08.2021

Vgl; Beis wie T7

13 Os 85/21fOGH09.08.2021

Vgl; Beis nur wie T7

15 Os 63/23pOGH21.06.2023

vgl

15 Os 73/23hOGH05.07.2023

vgl; Beisatz wie T7

14 Os 13/24dOGH20.02.2024

vgl

Dokumentnummer

JJR_20060613_OGH0002_0140OS00059_06T0000_001