OGH 13Os120/09k

OGH13Os120/09k15.10.2009

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Oktober 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Nordmeyer in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krajina als Schriftführerin in der Finanzstrafsache gegen Zoran I***** und andere Beschuldigte wegen Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 18 HR 195/09f des Landesgerichts Linz, über die Grundrechtsbeschwerde des Zoran I***** gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Beschwerdegericht vom 1. September 2009, AZ 7 Bs 285/09z (ON 68 der HR-Akten), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Grundrechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Beschluss setzte das Oberlandesgericht Linz die vom Landesgericht für Strafsachen Wien am 18. Juli 2009 über Zoran I***** verhängte (ON 5 in ON 35) und zuletzt - nach Abtretung und Verbindung (§ 26 Abs 1 StPO) des Verfahrens gegen den Beschwerdeführer mit dem zum AZ 1 St 55/09m bei der Staatsanwaltschaft Linz geführten - mit Beschluss des Landesgerichts Linz vom 24. August 2009 (ON 63) fortgesetzte Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Flucht- und der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 1 und 3 lit b StPO fort.

Dabei ging es zur Haftvoraussetzung des dringenden Tatverdachts - mit Blick auf die Prüfung amtswegigen Vorgehens (§ 10 GRBG iVm §§ 290, 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO) aus Sicht des Obersten Gerichtshofs noch hinreichend deutlich (vgl RIS-Justiz RS0120817, RS0116421; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19) - davon aus, der Beschuldigte Zoran I***** stehe in dringendem Verdacht, die Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG und der Monopolhehlerei nach § 46 Abs 1 lit a FinStrG dadurch begangen zu haben, dass er seit ungefähr April 2009 in Wien vorsätzlich etwa eine Million Stück Filterzigaretten verschiedener Marken mit darauf entfallenden Eingangsabgaben von 192.393 Euro, hinsichtlich welcher zuvor von unbekannten Personen das Finanzvergehen des Schmuggels in die Europäische Union begangen worden war, an sich brachte und dann an mindestens 40 bis 50 Abnehmer auslieferte, wobei es ihm darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen sowie in Tateinheit vorsätzlich Monopolgegenstände (Bemessungsgrundlage: 181.250 Euro), hinsichtlich welcher in Monopolrechte eingegriffen worden war, kaufte und verhandelte (BS 2).

Die - ausschließlich gegen die Annahme der Haftgründe und der Verhältnismäßigkeit gerichtete - Grundrechtsbeschwerde ist allein aufgrund des Umstands, dass in ihr der Tag, der für den Beginn der Beschwerdefrist maßgeblich ist, nicht angeführt und somit gegen das Formgebot des § 3 Abs 1 letzter Satz GRBG verstoßen wurde, nach nunmehriger Rechtsprechung nicht als unzulässig anzusehen (RIS-Justiz RS0114092, zuletzt 15 Os 94/09a).

Die rechtliche Annahme einer der in § 173 Abs 2 StPO genannten Gefahren wird vom Obersten Gerichtshof im Rahmen des Grundrechtsbeschwerdeverfahrens allerdings nur dahin überprüft, ob sie aus den in der angefochtenen Entscheidung angeführten bestimmten Tatsachen abgeleitet werden durfte, ohne dass die darin gelegene Ermessensentscheidung als unvertretbar, also willkürlich angesehen werden müsste (RIS-Justiz RS0117806). Den Haftgrund der Tatbegehungsgefahr folgerte das Oberlandesgericht Linz - nach diesen Kriterien unbedenklich - unter anderem aus der „Einbindung des Beschwerdeführers in eine organisierte kriminelle Struktur, die sich mit umfangreichem illegalen Zigarettenhandel befasst", der wiederholten Tatbegehung seit zumindest Anfang März 2009 sowie der erheblichen Anzahl vom Beschwerdeführer verkaufter Zigaretten (BS 5). Das auf diese Überlegungen nicht Bezug nehmende Vorbringen, das Beschwerdegericht habe einzelne Umstände, nämlich die Hinterlegung eines Bargeldbetrags von 2.000 Euro und die (behauptete) Möglichkeit der Bereitstellung weiterer Mittel für den Unterhalt des Beschuldigten während des Strafverfahrens, bei dieser Prognose nur „unvollständig" bzw „widersprüchlich" erörtert, missachtet diese Anfechtungsvoraussetzungen (14 Os 56/09f; vgl Ratz, ÖJZ 2005, 415 [418]; Reiter, ÖJZ 2007, 391 [401]).

Gleiches gilt für den Einwand, das Beschwerdegericht habe im Zusammenhang mit der Annahme des Haftgrundes der Fluchtgefahr „nicht aufgezeigt, warum es das Vorbringen in der Haftbeschwerde für weniger überzeugend hält". Einen Ermessensmissbrauch des Oberlandesgerichts, das dem Beschwerdevorbringen, die geschiedene Frau des Beschuldigten und die gemeinsamen Kinder lebten in Österreich, in ausdrücklicher Auseinandersetzung (BS 4) mit Hinweis auf die gegenteiligen Angaben des Beschuldigten bei seiner Vernehmung vor dem Zollamt (vgl ON 2 S 45 in ON 35) nicht folgte, macht die Beschwerde solcherart nicht geltend.

Soweit diese abschließend die Verhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft in Zweifel zieht, scheitert sie - trotz gegenteiliger Behauptung - an der Unterlassung einer entsprechenden Argumentation in der Haftbeschwerde und demgemäß an der Erschöpfung des Instanzenzugs (RIS-Justiz RS0114487).

Die Grundrechtsbeschwerde war daher ohne Kostenausspruch zurückzuweisen.

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