OGH 14Os75/89 (RS0092338)

OGH14Os75/8918.1.2023

Rechtssatz

Ein für die Annahme eines Totschlags nach § 76 StGB erforderliches Sich-Hinreißen-lassen in einer heftigen Gemütsbewegung setzt voraus, dass beim Täter zur Tatzeit ein tiefgreifender, mächtiger Erregungszustand der Gefühle nach Art eines "Affektsturmes" vorgelegen hat, der die verstandesmäßigen Erwägungen zurückdrängt und eine ruhige Überlegung ausschließt, sowie nicht nur die normale Motivationsfähigkeit des Täters auszuschalten, sondern sogar stärkste sittliche Hemmungen, wie sie gegen die vorsätzliche Tötung eines Menschen bestehen, hinwegzufegen geeignet ist und der tatsächlich für den späteren, während des Andauerns der beschriebenen Gefühlsimpulse zu fassenden und zu realisierenden Tatentschluss kausal wird.

Normen

StGB §76

14 Os 75/89OGH30.08.1989
15 Os 141/91OGH12.12.1991
12 Os 101/97OGH16.10.1997

Vgl auch

14 Os 20/04OGH14.04.2004

Auch

13 Os 51/04OGH16.06.2004

Auch

14 Os 149/04OGH05.04.2005

Auch; nur: Ein für die Annahme eines Totschlags nach § 76 StGB erforderliches Sich-Hinreißen-lassen in einer heftigen Gemütsbewegung setzt voraus, dass beim Täter zur Tatzeit ein tiefgreifender, mächtiger Erregungszustand der Gefühle nach Art eines "Affektsturmes" vorgelegen hat, der sogar stärkste sittliche Hemmungen, wie sie gegen die vorsätzliche Tötung eines Menschen bestehen, hinwegzufegen geeignet ist und der tatsächlich für den späteren, während des Andauerns der beschriebenen Gefühlsimpulse zu fassenden und zu realisierenden Tatentschluss kausal wird. (T1)

11 Os 22/05bOGH03.05.2005

Auch; Beisatz: Unter einer heftigen Gemütsbewegung im Sinn des § 76 StGB ist ein vor allem durch äußere Gegebenheiten hervorgerufener, impulsiver und intensiver Erregungszustand der Gefühle von kurzer Dauer mit starken Handlungstendenzen und spürbaren körperlichen Begleiterscheinungen, die nicht der Willenskontrolle unterliegen, zu verstehen, der so mächtig ist, dass er die normale Motivationsfähigkeit der Gesamtpersönlichkeit und sogar starke sittliche Hemmungen gegen eine vorsätzliche Tötung ausschaltet. (T2)

15 Os 76/05yOGH25.08.2005

Auch; Beis wie T2

14 Os 97/06fOGH10.10.2006

Vgl auch; Beis wie T2; Beisatz: Nach dem Gesetzeswortlaut sind überdies nur Spontanreaktionen privilegiert, sodass sowohl Tatentschluss als auch Angriffshandlung wegen und während des Affekts erfolgen müssen. (T3)

12 Os 113/08xOGH23.10.2008

Vgl

15 Os 78/13dOGH21.08.2013

Vgl

12 Os 110/14iOGH18.12.2014

Vgl

12 Os 62/16hOGH22.09.2016

Vgl

12 Os 70/17mOGH13.07.2017

Auch

12 Os 91/17zOGH16.11.2017

Auch

12 Os 109/17xOGH19.04.2018
15 Os 130/18hOGH12.12.2018

Vgl; Beis wie T3

15 Os 128/18iOGH21.11.2018

Vgl; Beisatz: Im Fall eines behaupteten Handelns in Abwehr eines (vermeintlichen oder tatsächlichen) Angriffs im asthenischen Affekt kommt eine Tatbeurteilung nach § 76 StGB nicht in Frage, weil § 3 Abs 2 StGB insofern die speziellere und weiterreichende Norm darstellt. (T4)

12 Os 113/18mOGH04.03.2019
13 Os 121/19xOGH07.04.2020

Vgl; Beisatz: § 76 StGB privilegiert die vorsätzliche Tötung eines Menschen (gegenüber § 75 StGB), wenn sich der Täter in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung ‑ im Sinn einer Kausalbeziehung ‑ zur Tat hinreißen lässt. (T5)

15 Os 115/22hOGH18.01.2023

Vgl

Dokumentnummer

JJR_19890830_OGH0002_0140OS00075_8900000_001