OGH 15Os78/13d

OGH15Os78/13d21.8.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. August 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Dr. Michel-Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kurzthaler als Schriftführer in der Strafsache gegen Younes A***** wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Geschworenengericht vom 13. März 2013, GZ 39 Hv 115/12d-118, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Younes A***** aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 22. Mai 2012 in I***** Mohamed K***** durch Versetzen eines Stiches mit einem Küchenmesser von 20,5 cm Klingenlänge von oben nach unten gegen den Kopf vorsätzlich zu töten versucht.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 6 des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Die die - von den Geschworenen zufolge Bejahung der in Richtung Begehung des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB gestellten Hauptfrage unbeantwortet gebliebene - Eventualfrage 6 nach Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs 1 StGB betreffende Fragenrüge führt aus, dass das dabei angeführte Vergehen der schweren Körperverletzung nach „§§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 Z 1 StGB“ nicht existiere. Sie verkennt jedoch, dass die Frage alle gesetzlichen Merkmale des betreffenden Delikts beinhaltete, insbesondere dass die Tat mit einem solchen Mittel und auf solche Weise begangen wurde, womit in der Regel Lebensgefahr verbunden ist, weshalb durch die auf einem offensichtlichen Schreibfehler beruhende Anführung des Abs 1 des § 84 StGB anstatt (richtig:) des Abs 2 kein Verstoß gegen § 312 StPO erfolgte (vgl RIS-Justiz RS0119082; Schindler, WK-StPO § 312 Rz 33, § 314 Rz 4).

Die weitere Rüge, die unter Darstellung einzelner, aus dem Zusammenhang gelöster Angaben des Zeugen Mohamed K*****, wonach er den Angeklagten, nachdem dieser zugestochen und das Blut gesehen hatte, das Messer aus der Hand genommen habe, wogegen der Angeklagte sich nicht gewehrt hätte, ein die (unterbliebene) Stellung einer eigentlichen Zusatzfrage nach Rücktritt vom Versuch (§ 16 Abs 1 erster Fall StGB) hinreichend indizierendes Tatsachensubstrat zu erkennen vermeint, ist nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt.

Sie leitet nämlich nicht deutlich und bestimmt aus dem Gesetz ab, weshalb die relevierten Tatsachen - unter Berücksichtigung der Stichführung gegen den Kopf des Opfers - trotz dieser Ausführungshandlung die Aufhebung der Strafbarkeit des Rechtsmittelwerbers im Sinn des § 16 Abs 1 erster Fall StGB zur Folge haben könnten (Hager/Massauer in WK² §§ 15, 16 Rz 157 ff; Schindler, WK-StPO § 313 Rz 18; Ratz, WK-StPO § 345 Rz 23). Fassbare Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte bei seiner Abstandnahme von der Ausführung weiterer Stiche gegen das Opfer von der Annahme geleitet worden wäre, dass die Realisierung des ursprünglichen Tötungsvorhabens noch weiterer Aggressionsakte bedurft hätte, der Versuch mithin noch nicht beendet gewesen wäre, sind - insbesondere bei gebotener Bedachtnahme auf die vorangegangene Stichführung gegen den Kopf, somit eine lebenswichtige Körperregion - nicht gegeben (Schindler, WK-StPO § 313 Rz 43).

Soweit die Rüge die Unterlassung der Stellung einer Eventualfrage in Richtung des Verbrechens des Totschlags nach §§ 15, 76 StGB reklamiert, lässt sie neuerlich die gebotene Ausrichtung am Verfahrensrecht vermissen. Zur prozessförmigen Darstellung des Nichtigkeitsgrundes hätte es nämlich des Hinweises auf ein Verfahrensergebnis der Hauptverhandlung bedurft, das auf einen allgemein begreiflichen tiefgreifenden Affekt zur Tatzeit und auch auf einen währenddessen entstandenen vorsätzlichen Tötungsentschluss des Angeklagten hingewiesen hätte (vgl Ratz, WK-StPO § 345 Rz 23, 43). Dem wird die Beschwerde nicht gerecht, indem sie bloß anführt, die Zeuginnen Maria P***** und Jaqueline S***** hätten in der Hauptverhandlung über ein Streitgespräch zwischen dem Angeklagten und K***** berichtet und K***** hätte als Zeuge ausgesagt, der Angeklagte wäre aus Eifersucht auf ihn losgegangen (vgl RIS-Justiz RS0092338; Moos in WK² § 76 Rz 23 f).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft folgt (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte