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BGBl II 358/2024

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

358. Verordnung: Altlastenbeurteilungsverordnung

358. Verordnung der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie über die Feststellung von Altlasten, die Risikoabschätzung und Zielwerte für Altlastenmaßnahmen (Altlastenbeurteilungsverordnung – ALBV)

Auf Grund des § 17 des Altlastensanierungsgesetzes, BGBl. Nr. 299/1989, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 30/2024, wird verordnet:

1. Abschnitt

Allgemeines

Ziel

§ 1. Ziel dieser Verordnung ist

  1. 1. die Festlegung von Richtwerten und Kriterien für die Beurteilung des Vorliegens erheblicher Kontaminationen oder erheblicher Risiken bei Altablagerungen und Altstandorten,
  2. 2. die Festlegung von Kriterien für die Risikoabschätzung und
  3. 3. die Festlegung von Zielwerten (Sanierungszielwerte oder Kontrollwerte) für Altlastenmaßnahmen.

Probenahme- und Analysemethoden

§ 2. Die Probenahme und die Untersuchung von Bodenluft-, Feststoff- und Grundwasserproben haben nach dem Stand der Technik zu erfolgen. Insbesondere können die in Anhang 1 genannten Methoden angewendet werden.

2. Abschnitt

Beurteilung von Altablagerungen und Altstandorten

Beurteilung erheblicher Kontaminationen

§ 3. Eine Altablagerung oder ein Altstandort ist erheblich kontaminiert, wenn die Richtwerte der jeweilig anzuwendenden Tabellen A oder der Tabelle B im Anhang 2 überschritten werden.

Beurteilung erheblicher Risiken und Risikoabschätzung

§ 4. Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie hat bei der Beurteilung erheblicher Risiken gemäß § 14 Abs. 7 und 8 sowie der Risikoabschätzung gemäß § 16 des Altlastensanierungsgesetzes, BGBl. Nr. 299/1989, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 30/2024, insbesondere die Ausbreitung der Schadstoffe, die Auswirkungen auf Böden und Gewässer, insbesondere auf deren Nutzung, und die Möglichkeiten der Aufnahme von Schadstoffen durch Menschen zu berücksichtigen.

Ausbreitung der Schadstoffe

§ 5. (1) Bei der Beurteilung der Ausbreitung der Schadstoffe sind die Ausbreitung erstickend wirkender oder brennbarer Gasgemische und die Ausbreitung von Schadstoffen in einem Gewässer maßgeblich.

(2) Die Ausbreitung erstickend wirkender oder brennbarer Gasgemische umfasst die Wahrscheinlichkeit einer Ausbreitung, die Zusammensetzung der Gasgemische und die mögliche Reichweite.

(3) Für die Ausbreitung der Schadstoffe im Grundwasser sind die Schadstofffrachten im Sickerwasser und im unmittelbaren Grundwasserabstrom der kontaminierten Bereiche zu beurteilen sowie die Ausdehnung der Verunreinigungen im Grundwasser („Schadstofffahne“) und die zukünftige Entwicklung abzuschätzen.

Auswirkungen auf Böden und Gewässer, insbesondere auf deren Nutzung

§ 6. (1) Bei der Beurteilung von Auswirkungen auf Böden und Gewässer sind Einschränkungen für die Funktionen des Bodens und das Ausmaß der Verunreinigungen der Gewässer maßgeblich.

(2) Bei der Beurteilung von Auswirkungen auf Nutzungen des Bodens und der Gewässer ist auf die aktuelle und konkret absehbare Nutzung des Standortes und der Umgebung abzustellen.

(3) Bei landwirtschaftlicher Nutzung des Bodens ist zu beurteilen, ob die Pflanzenproduktion und die Verwertung der Produkte als Futter- oder Lebensmittel langfristig sichergestellt sind.

(4) Das von erstickend wirkenden oder brennbaren Gasgemischen ausgehende Risiko entsprechend § 5 Abs. 2 ist unter Berücksichtigung der an dem Standort und in der Umgebung vorhandenen ober- und unterirdischen Bauwerke und deren Nutzungsform abzuschätzen.

(5) Das Risiko möglicher Wirkungen von Schadstoffen auf die Gesundheit von Menschen entsprechend § 7 ist für die möglichen Ausbreitungs- oder Aufnahmepfade abzuschätzen.

(6) Ausgehend von der Beurteilung der vorhandenen Kontaminationen sind die Risiken einer zukünftig erhöhten Mobilisierung von Schadstoffen und einer größeren Ausbreitung abzuschätzen.

Möglichkeiten der Aufnahme von Schadstoffen durch Menschen

§ 7. Die Abschätzung der Möglichkeiten der Aufnahme von Schadstoffen durch Menschen ist für die aktuelle und konkret absehbare Nutzung des Standorts und der Umgebung anhand folgender Kriterien zu beurteilen:

  1. 1. relevante Aktivitäten von Menschen,
  2. 2. mögliche Aufnahmepfade für Schadstoffe und
  3. 3. Art der Aufnahme (oral, inhalativ, dermal).

3. Abschnitt

Zielwerte für Altlastenmaßnahmen

Dekontamination

§ 8. Eine Altlast ist dekontaminiert, wenn nach Durchführung von Sanierungsmaßnahmen die Richtwerte der jeweiligen Tabellen A für die Intensität von Kontaminationen sowie der Tabellen B, C und D im Anhang 2 im Bereich der Altlast und der Umgebung unterschritten werden und kein erhebliches Risiko für Mensch oder Umwelt besteht.

Sicherung

§ 9. Eine Altlast ist gesichert, wenn nach Durchführung von Sanierungsmaßnahmen die Richtwerte der Tabellen B, C und D im Anhang 2 in der Umgebung der Altlast unterschritten werden und kein erhebliches Risiko für Mensch oder Umwelt besteht.

Beobachtung

§ 10. Bei einer Altlast ist nachgewiesen, dass es zu keiner nachteiligen Veränderung des Umweltzustandes in der Umgebung der Altlast kommt, wenn die Richtwerte der Tabellen B, C und D im Anhang 2 nicht überschritten werden und sich für die Konzentrationen relevanter Schadstoffe in der Umgebung der Altlast kein signifikant anhaltend steigender Trend ergibt.

4. Abschnitt

Schlussbestimmungen

Inkrafttreten

§ 11. Diese Verordnung tritt mit 1. Jänner 2025 in Kraft.

Anhang 1

Probenahme- und Analysemethoden

  1. ÖNORM S 2088-1 „Kontaminierte Standorte – Teil 1: Standortbezogene Beurteilung von Verunreinigungen des Grundwassers bei Altstandorten und Altablagerungen“, ausgegeben am 1. Mai 2018
  2. ÖNORM S 2090 „Bodenluft-Untersuchungen“, ausgegeben am 1. Jänner 2006
  3. ÖNORM S 2091 „Altlasten – Feststoff-Probenahme – Entnahme von Feststoffproben von Altablagerungen und Altstandorten“, ausgegeben am 1. Mai 2006
  4. ÖNORM S 2092 „Altlasten – Grundwasser-Probenahme“, ausgegeben am 1. Juli 2008

Anhang 2

Richtwerte für die Beurteilung von Altablagerungen und Altstandorten
sowie für die Festlegung von Maßnahmenzielwerten

Tabellen A: Richtwerte für erheblich kontaminierte Altablagerungen und Altstandorte

Tabelle A1: Kontaminationen mit chlorierten Kohlenwasserstoffen (CKW)

 

Intensität/Ausmaß

Fracht Bodenluft 1) 2)
[g/d]

Summe CKW

50

  

1)

Die Richtwerte für Stofffrachten bei einem 24-stündigen Bodenluftabsaugversuch gelten nur bei gut durchlässigem Untergrund (kf > 10-5 m/s).

2)

CKW-Fracht, die bei einem 24-stündigen Bodenluftabsaugversuch gemäß ÖNORM S 2090 „Bodenluft-Untersuchungen“, ausgegeben am 1. Jänner 2006, an einer stationären Bodenluftabsaugmessstelle absaugbar ist.

  

Eine Altablagerung oder ein Altstandort ist erheblich kontaminiert, wenn der Richtwert für die Intensität und das Ausmaß der Kontamination überschritten ist.

Tabelle A2: Kontaminationen mit Mineralöl

 

Intensität

Ausmaß

Gesamtgehalt
[mg/kg TM1)]

Bodenluft
[mg/m³]

Volumen
[m³]

Fläche
[m²]

Kohlenwasserstoff-Index (GC)

500 – 2 000 2)

5 000

Kohlenwasserstoffe (C5 bis C10) 3)

100 4)

 

5 000

BTEX (Benzol, Toluol, Ethylbenzol, Xylole)

25 5)

 

50 4)

 

5 000

Benzol

5)

 

10 4)

 

5 000

Mineralölphase

vorhanden

500

       

1)

TM … Trockenmasse

2)

Der Richtwert hängt von der stoffgruppenspezifischen Mobilisierbarkeit des Mineralölprodukts ab. Für niedrigsiedende, leicht mobilisierbare Kohlenwasserstoffe (< C22) gilt ein Richtwert von 500 mg/kg, bei einem Anteil von mehr als 80% höhersiedender KW (> C30) gilt ein Richtwert von 2 000 mg/kg.

3)

Der Parameter umfasst die aliphatischen Kohlenwasserstoffe (n- und i-Alkane, cyclo-Alkane, Alkene).

4)

Die Richtwerte für Bodenluftkonzentrationen gelten nur bei gut durchlässigem Untergrund (kf > 10-5 m/s).

5)

Die Richtwerte für Gesamtgehalte von BTEX in Feststoffproben gelten nur bei gering durchlässigem Untergrund (kf < 10-5 m/s).

  

Eine Altablagerung oder ein Altstandort ist erheblich kontaminiert,

  1. wenn ein Richtwert für die Intensität der Kontamination und der Richtwert für das Volumen der Kontamination überschritten wird oder
  2. wenn eine Mineralölphase mit einer Fläche von mehr als 500 m² auf dem Grundwasser vorhanden ist.

Tabelle A3: Kontaminationen mit Teeröl

 

Intensität

Ausmaß

Gesamtgehalt
[mg/kg TM1)]

Volumen
[m³]

Fläche
[m²] 2)

Summe PAK-15 3)

100

 

5 000

Naphthalin

25

 

5 000

Phenolindex

10

4)

Summe Phenol und Alkylphenole

25

 

5 000

Teerölphase

vorhanden

500

     

1)

TM … Trockenmasse

2)

Eine Teerölphase wird unabhängig von ihrer Lage berücksichtigt (zB im ungesättigten Bereich, auf der Wasseroberfläche, auf dem Stauer).

3)

Summe PAK-16 nach US EPA ohne Naphthalin.

4)

Wird der Richtwert für den Phenolindex überschritten, sind die Gesamtgehalte von Phenol und Alkylphenolen (Kresole, Di- und Trimethylphenole) zu bestimmen.

  

Eine Altablagerung oder ein Altstandort ist erheblich kontaminiert,

  1. wenn ein Richtwert für die Intensität der Kontamination und der Richtwert für das Volumen der Kontamination überschritten wird oder
  2. wenn eine Teerölphase mit einer Fläche von mehr als 500 m² im Boden vorhanden ist.

Tabelle A4: Kontaminationen mit Metallen

 

Intensität

Ausmaß

Gesamtgehalt
[mg/kg TM1)]

Eluat 2)
[mg/l]

Volumen
[m³]

Arsen

0,5

 

5 000

Cadmium

0,25

 

5 000

Chrom

2,5

 

5 000

Kupfer

5

 

5 000

Quecksilber

10

0,01

 

5 000

Nickel

2,5

 

5 000

Blei

0,5

 

5 000

       

1)

TM … Trockenmasse

2)

2:1-Eluat gemäß ÖNORM S 2088-1 „Kontaminierte Standorte – Teil 1: Standortbezogene Beurteilung von Verunreinigungen des Grundwassers bei Altstandorten und Altablagerungen“, ausgegeben am 1. Mai 2018

  

Eine Altablagerung oder ein Altstandort ist erheblich kontaminiert, wenn ein Richtwert für die Intensität der Kontamination und der Richtwert für das Ausmaß der Kontamination überschritten werden.

Tabelle A5: Altablagerungen mit Deponiegasbildungspotenzial

 

Intensität
[Vol.-%]

Ausmaß

Volumen
[m³]

reaktiver Übergangsbereich

Methan > 5% und Kohlendioxid > 15%

100 000

 

reaktiver Kernbereich

Summe Methan + Kohlendioxid > 40%

25 000

 
    

Eine Altablagerung ist erheblich kontaminiert,

  1. wenn ein Richtwert für die Intensität der Kontamination und der entsprechende Richtwert für das Ausmaß der Kontamination überschritten wird.

Bei der Beurteilung des Deponiegasbildungspotenzials einer Altablagerung bzw. zur Prüfung der Plausibilität von Deponiegasmessergebnissen sind neben den Richtwerten folgende Kriterien zu berücksichtigen:

  1. Ablagerungshistorie
  2. Art, Aufbau, Beschaffenheit und Aufbringungszeitpunkt der Oberflächenabdeckung
  3. Wasser/Feststoff-Verhältnis der Altablagerung
  4. Lage der Altablagerung zum Grundwasserspiegel
  5. Abfallchemische Ansprache der abgelagerten Abfälle (Feststoffproben)
  6. TOC im Eluat von Feststoffproben (10:1-Eluat gemäß ÖNORM EN 12457-4)
  7. Wassergehalt von Feststoffproben

Tabelle B: Richtwerte für Schadstofffrachten im Grundwasser

Schadstoff/-gruppe

Einheit

Richtwert

Summe CKW

g/d

15

 

Tetrachlorethen

g/d

5

 

Trichlorethen

g/d

5

 

Vinylchlorid

g/d

0,2

 

Kohlenwasserstoff-Index

g/d

50

 

BTEX (Benzol, Toluol, Ethylbenzol, Xylole)

g/d

25

 

Benzol

g/d

0,5

 

Summe PAK-15 1)

g/d

0,5

 

Naphthalin

g/d

1,0

 

Summe Phenol und Alkylphenole

g/d

25

 

Arsen

g/d

5

 

Blei

g/d

5

 

Cadmium

g/d

2,5

 

Chrom

g/d

25

 

Kupfer

g/d

50

 

Nickel

g/d

10

 

Quecksilber

g/d

0,5

 

Zink

g/d

2 500

 

Ammonium

g/d

1 000

 

Bor

g/d

500

 
     

1)

Summe PAK-16 nach US EPA ohne Naphthalin.

  

Eine Altablagerung oder ein Altstandort ist erheblich kontaminiert, wenn der Richtwert für die Schadstofffracht im Grundwasserabstrom überschritten ist.

Tabelle C: Richtwerte für Schadstoffkonzentrationen im Grundwasser

Schadstoff/-gruppe

Einheit

Richtwert

Summe CKW

µg/l

30

 

Tetra- und Trichlorethen

µg/l

9

 

Vinylchlorid

µg/l

0,5

 

Kohlenwasserstoff-Index

µg/l

100

 

BTEX (Benzol, Toluol, Ethylbenzol, Xylole)

µg/l

45

 

Benzol

µg/l

0,9

 

Summe PAK-15 1)

µg/l

1

 

Naphthalin

µg/l

2

 

Arsen

µg/l

9

 

Blei

µg/l

9

 

Cadmium

µg/l

4,5

 

Chrom (gesamt)

µg/l

45

 

Chrom VI 2)

µg/l

9

 

Kupfer

µg/l

100

 

Nickel

µg/l

18

 

Quecksilber

µg/l

0,9

 

Bor

µg/l

900

 
     

1)

Summe PAK-16 nach US EPA ohne Naphthalin.

2)

Gilt bei Nachweis von Verunreinigungen des Grundwassers, die zu > 50% durch sechswertiges Chrom verursacht werden.

  

Tabelle D: Richtwerte für Deponiegaskonzentrationen

Schadstoff

Einheit

Richtwert

Kohlendioxid

Vol.-%

10

 

Methan

Vol.-%

2,5

 
     

Gewessler

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