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BGBl II 357/2024

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

357. Verordnung: CbCR-Safe-Harbour-V

357. Verordnung des Bundesministers für Finanzen zum temporären CbCR-Safe-Harbour (CbCR-Safe-Harbour-V)

Aufgrund des § 55 Abs. 3 Z 1 und Abs. 6 des Mindestbesteuerungsgesetzes – MinBestG, BGBl. I Nr. 187/2023, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 113/2024, wird verordnet:

Qualifizierter länderbezogener Bericht

§ 1. (1) Ein qualifizierter länderbezogener Bericht gemäß § 55 Abs. 3 Z 1 des Mindestbesteuerungsgesetzes – MinBestG, BGBl. I Nr. 187/2023, liegt vor, wenn ein länderbezogener Bericht (Abs. 2) auf der Grundlage einer qualifizierten Finanzberichterstattung (Abs. 3) erstellt wird.

(2) Als länderbezogener Bericht gilt ein entsprechend den Vorschriften über die länderbezogene Berichterstattung im Steuerhoheitsgebiet der obersten Muttergesellschaft oder im Steuerhoheitsgebiet der vertretenden Muttergesellschaft (§ 2 Z 11 des Verrechnungspreisdokumentationsgesetzes, BGBl. I Nr. 104/2019) erstellter Bericht.

(3) Eine qualifizierte Finanzberichterstattung liegt vor, wenn

  1. 1. für deren Erstellung eine Finanzberichterstattung gemäß § 2 verwendet wird,
  2. 2. eine einheitliche Verwendung der Rechnungslegungsdaten gemäß § 3 erfolgt, und
  3. 3. bei Anwendung der Erwerbsmethode bei einem Beteiligungserwerb gemäß § 4 vorgegangen wird.

(4) Die Beurteilung, ob ein qualifizierter länderbezogener Bericht vorliegt, hat für jedes Safe-Harbour-Steuerhoheitsgebiet (§ 52 Abs. 1 MinBestG) gesondert zu erfolgen. Hiefür müssen die Voraussetzungen des Abs. 1 für sämtliche im selben Steuerhoheitsgebiet gelegene Geschäftseinheiten der Unternehmensgruppe vorliegen.

(5) Für Zwecke des Abs. 4 liegt für im selben Steuerhoheitsgebiet gelegene Mitglieder einer Joint-Venture-Gruppe (§ 61 Abs. 1 MinBestG) ein gesondert zu beurteilendes Safe-Harbour-Steuerhoheitsgebiet (§ 52 Abs. 1 MinBestG) vor.

Qualifizierte Finanzberichterstattung

§ 2. (1) Als Grundlagen für eine qualifizierte Finanzberichterstattung gemäß § 55 Abs. 3 Z 1 MinBestG gelten:

  1. 1. Die Finanzkonten, die zur Erstellung des Konzernabschlusses der obersten Muttergesellschaft verwendet werden; oder
  2. 2. Jahresabschlüsse der Geschäftseinheiten, die entweder nach einem anerkannten Rechnungslegungsstandard (§ 2 Z 25 MinBestG) oder einem zugelassenen Rechnungslegungsstandard (§ 2 Z 26 MinBestG) verpflichtend oder freiwillig erstellt werden, sofern die in diesen Abschlüssen enthaltenen Informationen auf der Grundlage dieses Rechnungslegungsstandards fortgeführt werden und verlässlich sind; oder
  3. 3. im Falle einer Geschäftseinheit, die allein aus Gründen der Größe oder der Wesentlichkeit nicht in den Konzernabschluss der Unternehmensgruppe einbezogen wird (unwesentliche Geschäftseinheit), der Jahresabschluss, der für die Erstellung des länderbezogenen Berichts der Unternehmensgruppe verwendet wird.

(2) Als Finanzkonten gemäß Abs. 1 Z 1 gelten die für Konsolidierungszwecke an konzerneinheitliche Ansatz- und Bewertungsregeln angeglichenen Rechnungslegungsdaten (Reporting Packages).

(3) Wurde für eine Betriebsstätte gemäß § 2 Z 13 MinBestG keine gesonderte Finanzberichterstattung gemäß Abs. 1 erstellt, kann der einer Betriebsstätte zuzuordnende Anteil an den Umsatzerlösen und dem Vorsteuergewinn auf der Grundlage der Ergebnisabgrenzung zwischen Stammhaus (§ 2 Z 41 MinBestG) und Betriebsstätte ermittelt werden. Zur Ergebnisabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte können jene Unterlagen herangezogen werden, die für Zwecke der Finanzberichterstattung, des Aufsichtsrechts, des Steuerreportings oder der internen Managementkontrolle erstellt wurden. Ein der Betriebsstätte zugeordneter Verlust darf den Vorsteuergewinn im Steuerhoheitsgebiet des Stammhauses nicht mindern.

Einheitliche Verwendung der Rechnungslegungsdaten

§ 3. (1) Eine qualifizierte Finanzberichterstattung für eine Geschäftseinheit liegt für ein Steuerhoheitsgebiet nur vor, wenn die für die vereinfachte Berechnung gemäß § 5 herangezogenen Rechnungslegungsdaten für diese Geschäftseinheit einheitlich aus derselben Finanzberichterstattung gemäß § 2 stammen.

(2) Eine qualifizierte Finanzberichterstattung für ein Steuerhoheitsgebiet liegt nur vor, wenn die für die vereinfachte Berechnung gemäß § 5 herangezogenen Rechnungslegungsdaten sämtlicher Geschäftseinheiten dieses Steuerhoheitsgebiets mit Ausnahme von unwesentlichen Geschäftseinheiten und Betriebsstätten einheitlich entweder aus Finanzkonten gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 oder aus Jahresabschlüssen gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 stammen.

(3) Die einheitliche Verwendung der Rechnungslegungsdaten gemäß Abs. 1 und Abs. 2 ist für sämtliche Geschäftsjahre beizubehalten, für die die vereinfachte Berechnung gemäß § 5 in Anspruch genommen wird. Dies gilt nicht, wenn aufgrund besonderer Umstände eine Änderung der Rechnungslegungsdaten erfolgt.

Anwendung der Erwerbsmethode bei einem Beteiligungserwerb

§ 4. Die Finanzberichterstattung gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 und 2 einer Geschäftseinheit, in der eine Anpassung des Buchwerts von Vermögenswerten und Schulden berücksichtigt wurde, die aus der Anwendung der Erwerbsmethode bei einem Beteiligungserwerb im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses resultiert, gilt nur unter den Voraussetzungen einer konsistenten Berichterstattung (Z 1) und einer Bereinigung der Firmenwertabschreibung (Z 2) als qualifizierte Finanzberichterstattung:

  1. 1. Eine konsistente Berichterstattung liegt vor, wenn für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 31. Dezember 2022 beginnen, kein länderbezogener Bericht eingereicht wurde, in dem die Anpassung des Buchwerts von Vermögenswerten und Schulden, die aus der Anwendung der Erwerbsmethode bei einem Beteiligungserwerb im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses resultiert, bereits neutralisiert wurde. Eine konsistente Berichterstattung liegt in solchen Fällen dennoch vor, wenn die Geschäftseinheit aufgrund einer späteren gesetzlichen oder aufsichtsrechtlichen Regelung zur Anwendung der Erwerbsmethode in der Finanzberichterstattung gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 und 2 verpflichtet ist.
  2. 2. Eine Bereinigung der Firmenwertabschreibung liegt vor, wenn eine Firmenwertabschreibung aus Beteiligungserwerben nach dem 30. November 2021 dem Mindeststeuer-Nettogewinn hinzugerechnet wird:
    1. a) für Zwecke des Routinegewinntests gemäß § 55 Abs. 1 Z 3 MinBestG; und
    2. b) für Zwecke des Effektivsteuersatztests gemäß § 55 Abs. 1 Z 2 MinBestG, wenn nicht bereits in der Finanzberichterstattung gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 und 2 in Bezug auf die Firmenwertabschreibung eine latente Steuerschuld aufgelöst oder ein latenter Steueranspruch angesetzt oder erhöht wurde.

Vereinfachte Berechnung bei der Anwendung des temporären CbCR-Safe-Harbour

§ 5. (1) Die gemäß den §§ 2 bis 4 herangezogenen Rechnungslegungsdaten dürfen für die vereinfachte Berechnung folgender Posten nicht mehr angepasst oder verändert werden:

  1. 1. Mindeststeuer-Umsatzerlös;
  2. 2. Mindeststeuer-Nettogewinn oder -verlust;
  3. 3. Gesamtbetrag der angepassten erfassten Steuern;
  4. 4. Berücksichtigungsfähige Lohnkosten für berücksichtigungsfähige Beschäftigte;
  5. 5. Berücksichtigungsfähige materielle Vermögenswerte.

(2) Eine Zahlung innerhalb der Unternehmensgruppe, die in den qualifizierten Finanzberichterstattungen des Empfängers als Ertrag und des Zahlers als Aufwand ausgewiesen wird, ist auch für Zwecke der vereinfachten Berechnung (§ 52 iVm § 55 Abs. 1 MinBestG) als Ertrag und Aufwand zu behandeln. Dies gilt ungeachtet der steuerlichen Qualifikation dieser Zahlung und ihres Ausweises im länderbezogenen Bericht.

(3) Soweit eine hybride Gestaltung gemäß § 6 vorliegt, gilt für die vereinfachte Berechnung gemäß § 55 Abs. 1 iVm Abs. 6 MinBestG Folgendes:

  1. 1. Sind in dem im qualifizierten länderbezogenen Bericht auszuweisenden Vorsteuergewinn (-verlust) Aufwendungen im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 1 und 2 enthalten, ist deren Ergebnisauswirkung zu neutralisieren und
  2. 2. ist in dem in der qualifizierten Finanzberichterstattung auszuweisenden Ertragsteueraufwand ein Steueraufwand im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 3 enthalten, ist dessen Ergebnisauswirkung zu neutralisieren.

    Erfolgt ein mehrfacher Abzug von Aufwendungen im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 2 iVm Abs. 3 Z 1 bei im selben Steuerhoheitsgebiet gelegenen Geschäftseinheiten, ist bei einer dieser Geschäftseinheiten keine Neutralisierung der Ergebnisauswirkung gemäß Z 1 vorzunehmen.

Hybride Gestaltungen

§ 6. (1) Als eine nach dem 15. Dezember 2022 vereinbarte hybride Gestaltung gemäß § 55 Abs. 6 MinBestG gilt eine Gestaltung, die

  1. 1. zu einem Abzug von Aufwendungen ohne korrespondierende Erfassung von Erträgen,
  2. 2. zu einem doppelten Abzug von Aufwendungen ohne doppelte Erfassung von Erträgen oder
  3. 3. zu einer doppelten Berücksichtigung eines Steueraufwandes ohne doppelte Erfassung der entsprechenden steuerpflichtigen Erträge führt.

(2) Eine hybride Gestaltung gemäß Abs. 1 Z 1 liegt bei einer gruppeninternen Finanzierungsvereinbarung im Sinne des § 30 Abs. 2 MinBestG vor, soweit diese im Abschluss einer Geschäftseinheit zu Aufwendungen führt und

  1. 1. dies zu keinem entsprechenden Anstieg der korrespondierenden Erträge im Abschluss der Gegenpartei im Sinne des § 30 Abs. 3 MinBestG führt oder
  2. 2. nach vernünftigem Ermessen davon auszugehen ist, dass es über die erwartete Laufzeit der gruppeninternen Finanzierungsvereinbarung zu keinem entsprechenden Anstieg des steuerpflichtigen Einkommens der Gegenpartei im Sinne des § 30 Abs. 3 MinBestG kommt.

    Eine gruppeninterne Finanzierungsvereinbarung gilt nicht als hybride Gestaltung gemäß Abs. 1 Z 1, soweit sich diese auf zusätzliches Kernkapital (§ 33 Abs. 3 MinBestG) bezieht.

(3) Eine hybride Gestaltung gemäß Abs. 1 Z 2 liegt vor, soweit diese zu Aufwendungen im Abschluss einer Geschäftseinheit führt, die

  1. 1. auch im Abschluss einer anderen Geschäftseinheit zu Aufwendungen führen und nicht mit Erträgen verrechnet werden, die in den Abschlüssen beider Geschäftseinheiten enthalten sind oder
  2. 2. bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens einer anderen Geschäftseinheit in einem anderen Steuerhoheitsgebiet abzugsfähig sind und nicht mit Erträgen verrechnet werden, die sowohl
    1. a) im Abschluss der Geschäftseinheit, die den Aufwand in ihrem Abschluss berücksichtigt, als auch
    2. b) im steuerpflichtigen Einkommen der Geschäftseinheit, die diesen Aufwand steuerlich berücksichtigt, enthalten sind.

(4) Eine hybride Gestaltung gemäß Abs. 1 Z 3 liegt vor, soweit derselbe Ertragsteueraufwand bei mehr als einer Geschäftseinheit bei

  1. 1. der Ermittlung der angepassten erfassten Steuern gemäß § 38 MinBestG oder
  2. 2. der vereinfachten Berechnung des Effektivsteuersatzes gemäß § 55 Abs. 1 Z 2 MinBestG berücksichtigt wird

und die entsprechenden steuerpflichtigen Erträge nicht in den Abschlüssen jeder dieser Geschäftseinheiten erfasst sind.

Eine hybride Gestaltung gemäß Abs. 1 Z 3 liegt jedoch nicht vor, wenn die mehrfache Berücksichtigung lediglich deshalb erfolgt, weil bei der vereinfachten Berechnung des Effektivsteuersatzes keine Anpassung für einen Ertragsteueraufwand vorzunehmen ist, der einer anderen Geschäftseinheit bei deren Ermittlung der angepassten erfassten Steuern zuzurechnen wäre (insbesondere gemäß § 44 MinBestG).

(5) Für Zwecke dieser Bestimmung gilt Folgendes:

  1. 1. Der Begriff Geschäftseinheit umfasst unabhängig davon, ob diese Einheit im Safe-Harbour-Steuerhoheitsgebiet gelegen ist:
    1. a) eine Geschäftseinheit iSd § 2 Z 2 MinBestG,
    2. b) ein Mitglied einer Joint-Venture Gruppe iSd § 61 MinBestG und
    3. c) jede Einheit mit einer qualifizierten Finanzberichterstattung, die für Zwecke des temporären CbCR-Safe-Harbour berücksichtigt wurde.
  1. 2. Abschlüsse einer Geschäftseinheit bezeichnet:
    1. a) Abschlüsse, die für die Ermittlung des Mindeststeuer-Gewinns oder -Verlusts einer Geschäftseinheit gemäß § 14 MinBestG verwendet wurden oder
    2. b) die qualifizierte Finanzberichterstattung einer Einheit, die für Zwecke des temporären CbCR-Safe-Harbour verwendet wurde.
  1. 3. eine Gestaltung gilt auch dann als nach dem 15. Dezember 2022 vereinbart, wenn nach diesem Datum:
    1. a) die Gestaltung geändert oder übertragen wird;
    2. b) die Ausübung von aus der Gestaltung resultierenden Rechten oder Pflichten anders als vor diesem Datum erfolgt; oder
    3. c) eine Änderung der bilanziellen Behandlung in Bezug auf die Gestaltung erfolgt.
  1. 4. Bei einer Geschäftseinheit ist auch dann von keinem entsprechenden Anstieg des steuerpflichtigen Einkommens (Abs. 2 Z 2) auszugehen, soweit
    1. a) der im steuerpflichtigen Einkommen enthaltene Betrag mit Steuerattributen, wie etwa einem Verlustvortrag oder einem ungenutzten Zinsvortrag, verrechnet werden kann und in Bezug auf diese Steuerattribute eine Wertberichtigung oder eine Ansatzanpassung im Abschluss der Geschäftseinheit
      1. vorgenommen wurde oder
      2. vorgenommen worden wäre, wenn die Geschäftseinheit nicht die Möglichkeit der Verwertung dieser Steuerattribute im Rahmen einer nach dem 15. Dezember 2022 abgeschlossenen hybriden Gestaltung hätte; oder
    1. b) die Zahlung, die die Aufwendungen verursacht hat, auch zu einer steuerlichen Abzugsfähigkeit bei einer im Steuerhoheitsgebiet der Gegenpartei (§ 30 Abs. 3 MinBestG) gelegenen Geschäftseinheit führt, ohne dass diese als Aufwand bei der Ermittlung des Vorsteuergewinnes für dieses Steuerhoheitsgebiet einbezogen wurde. Dies gilt auch für Fälle, in denen dies daraus resultiert, dass die Geschäftseinheit im Steuerhoheitsgebiet der Gegenpartei an einer transparenten Einheit beteiligt ist, in deren Abschluss die Zahlung als Aufwand erfasst wird.
  1. 5. Ein Aufwand gilt nicht als im Abschluss einer volltransparenten Einheit (§ 2 Z 12 lit. a erster TS MinBestG) erfasst, insoweit er im Abschluss der an ihr beteiligten gruppenzugehörigen Gesellschafter (§ 2 Z 42 MinBestG) erfasst ist.

Inkrafttreten

§ 7. Diese Verordnung ist erstmalig auf Geschäftsjahre anzuwenden, die ab dem 31. Dezember 2023 beginnen.

Mayr

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