Psychotherapie bei Minderjährigen
§ 46.
(1) Bei minderjährigen Patientinnen bzw. Patienten haben Berufsangehörige ihre Entscheidung, eine psychotherapeutische Leistung anzubieten, unter sorgfältiger Berücksichtigung der Rechte, Bedürfnisse und Erwartungen aller Beteiligten zu treffen. Sie haben allen Beteiligten gegenüber eine professionelle Haltung zu wahren. Im Rahmen von Psychotherapie bei Minderjährigen können erforderlichenfalls relevante Bezugspersonen aus dem sozialen Umfeld in die Behandlung einbezogen werden.
(2) Einwilligungsfähig in eine psychotherapeutische Leistung ist eine Minderjährige bzw. ein Minderjähriger nur dann, wenn sie bzw. er über die behandlungsbezogene Entscheidungsfähigkeit verfügt. § 173 ABGB ist anzuwenden. Verfügt die Patientin bzw. der Patient nicht über die behandlungsbezogene Entscheidungsfähigkeit, sind Berufsangehörige verpflichtet, die Einwilligung einer der mit der Obsorge betrauten Personen zur psychotherapeutischen Leistung einzuholen. Können sich die mit der Obsorge betrauten Personen nicht einigen, ist die Durchführung einer psychotherapeutischen Leistung noch nicht entscheidungsfähiger Patientinnen bzw. Patienten in den Fällen des § 181 ABGB von einer gerichtlichen Entscheidung abhängig.
(3) Die Einwilligung der mit der Obsorge betrauten Personen setzt deren umfassende Aufklärung gemäß § 42 voraus.
(4) Entscheidungsfähige minderjährige Patientinnen bzw. Patienten sind umfassend gemäß § 42 aufzuklären. Ihre Einwilligung in die psychotherapeutische Leistung ist nach Aufklärung vorab einzuholen. Bei Gefahr in Verzug kann eine Behandlung gemäß § 173 Abs. 3 ABGB ohne Einwilligung geboten sein.
(5) Berufsangehörige sind sowohl gegenüber den minderjährigen Patientinnen bzw. Patienten als auch gegenüber den am therapeutischen Prozess teilnehmenden mit der Obsorge betrauten Personen bzw. sonstigen Bezugspersonen hinsichtlich der von den jeweiligen Personen der bzw. dem Berufsangehörigen anvertrauten Geheimnisse zur Verschwiegenheit verpflichtet. Soweit eine Minderjährige bzw. ein Minderjähriger über die behandlungsbezogene Entscheidungsfähigkeit verfügt, bedarf eine Einsichtnahme in die sie bzw. ihn betreffende Dokumentation durch mit der Obsorge betraute Personen ihrer bzw. seiner Einwilligung. Es gelten die Ausnahmen gemäß § 45.
Zuletzt aktualisiert am
03.05.2024
Gesetzesnummer
20012578
Dokumentnummer
NOR40261817
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