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Der verfassungsrechtlich zulässige Wirkungsbereich des Rechtspflegers in der Verwaltungsgerichtsbarkeit: Klarstellung des Verfassungsgerichtshofes in zwei Anläufen

AufsätzeGunther GruberZVG 2015, 117 Heft 2 v. 1.4.2015

In der ordentlichen Gerichtsbarkeit gibt es schon seit langem (vgl die Sechste Gerichtsentlastungsnovelle BGBl 1919/222) den Rechtspfleger als Typus von Organwaltern. Dessen rechtliche Position war aber in verfassungsrechtlicher Hinsicht umstritten (vgl schon Merkl, Gerichts-Zeitung, 80. Jg, 12, 15.6.1929) und bedurfte es zur verfassungsrechtlichen Verankerung der Einfügung eines Art 87a B-VG in den Abschnitt über die Gerichtsbarkeit durch das BVG BGBl 1962/162. Wenn darin die rechtlichen Rahmenbedingungen umschrieben sind, so sind die dort angesprochenen, durch Bundesgesetz genau zu bezeichnenden „Arten von Geschäften der Gerichtsbarkeit erster Instanz“ (vor BGBl I 2009/47 auch noch beschränkt auf: „in Zivilrechtssachen“) vom Wortlaut her nicht näher eingegrenzt (eine ursprünglich angedachte, ausdrückliche Grundsatzregelung, dass die Gerichtsbarkeit von Richtern auszuüben ist, wurde nicht realisiert). In der Lehre wurde jedoch die Auffassung vertreten, dass die Urteilsfindung weitgehend Richtern vorbehalten bleiben müsse (Fasching, Gerichtsorganisation 66 ff). In dieselbe Richtung gehen auch die Gesetzesmaterialien zu Art 87a B-VG (idF BGBl 1962/162), wonach (vgl ErläutRV 655 BlgNR 9. GP , 3) „die Übertragung von Geschäften der Gerichtsbarkeit [...] an Rechtspfleger, einen Ausnahmefall gegenüber der Tätigkeit des Richters darstellt. Durch die Wahl der Worte ‚Arten von Geschäften‘ wird ferner zum Ausdruck gebracht, daß sowohl bestimmte Verfahren zur Gänze [...] als auch gewisse Akte innerhalb vom Richter durchzuführender Verfahren den Rechtspflegern übertragen werden dürfen. Welche Verfahren und Akte dies im einzelnen sein sollen, wird der Bundesgesetzgeber zu bestimmen haben. Es kann wohl davon ausgegangen werden, daß der Bundesgesetzgeber den Rechtspflegern nur jene Geschäfte übertragen wird, die sich ihrem Wesen nach für die Übertragung eignen.“

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