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Citata non verba. Warum die am häufigsten selbst-zitierte Entscheidung des VfGH (VfSlg 8009/1977) zu seinen Gelungensten gehört

AufsätzeLando Kirchmair**Prof. Dr. iur. habil. Lando Kirchmair, Vertretungsprofessor für Nationales und Internationales Öffentliches Recht mit dem Schwerpunkt Kulturgüterschutz, Institut für Kulturwissenschaften/Institut für Öffentliches Recht und Völkerrecht, Universität der Bundeswehr München, Werner-Heisenberg-Weg 39, 85579 Neubiberg, Deutschland, <lando.kirchmair@unibw.de > sowie Ko-Leiter des European Constitutional Court Network (ECCN) Projekts gefördert im go!digital Next Generation Programm der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (GDNG_2018-008_ECCN), Fachbereich Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht, Universität Salzburg, Kapitelgasse 5–7, 5020 Salzburg, Österreich, <lando.kirchmair@sbg.ac.at >.
Großer Dank für ausgezeichnete Zusammenarbeit im Rahmen des ECCN-Projekts im Allgemeinen und insbesondere für die diesem Beitrag zu Grunde liegenden Daten gebührt Georg Berger, Christoph Ivanusch, Lisa Lechner und Isabel Staudinger.
ZÖR 2021, 61 Heft 1 v. 15.3.2021

Einleitung

Welche Entscheidung sieht der VfGH selbst als seine Gelungenste an? Ohne einen aus mehreren Personen bestehenden Rechtsspruchkörper psychologisieren zu wollen, scheint diese Frage nicht beantwortet werden zu können. Oder vielleicht doch? Die empirische Rechtswissenschaft, und damit einhergehend die Analyse quantitativer juristischer Daten, nimmt auch im Verfassungsrecht eine zunehmend präsentere Rolle ein.11Für einen Überblick zur steigenden Relevanz der empirischen Rechtswissenschaft für das Verfassungsrecht, siehe bspw Niels Petersen/Konstantin Chatziathanasiou, Empirische Verfassungsrechtswissenschaft. Zu Möglichkeiten und Grenzen quantitativer Verfassungsvergleichung und Richterforschung, AöR 2019, 501; Lando Kirchmair/Lisa Lechner, Was heißt und zu welchem Ende betreibt man juristische Netzwerkanalyse? Eine neue Methode in der Verfassungsrechtsvergleichung, ZöR 2020, 773. Im Rahmen dieses Beitrags wird die Antwort auf die Umfrage auf eine quantitative Analyse der Zitationspraxis des VfGH gestützt.22Die Begriffe Zitationspraxis bzw Zitat werden hier allgemein als Referenz auf eine andere Entscheidung verstanden, auch wenn dieser Referenz kein wortwörtliches Zitat zu Grunde liegt. Dies basiert auf der Vermutung, dass die praktische Relevanz einer Entscheidung – mit gewissen Abstrichen33Abstriche sind deshalb einzuräumen, da ein Zitat an sich noch keine abschließende Aussage über die Bezugnahme auf die zitierte Entscheidung erlaubt. So bleibt bspw offen, ob ein Zitat zur positiven Bestärkung einer Position oder zur expliziten Abgrenzung von dieser herangezogen wird. Eine Auslassung kann uU auch große Aussagekraft besitzen, die mit dieser Methode nicht erfasst werden kann. Ein weiterer großer Unterschied ist, ob der VfGH „selbst“ in seinen Erwägungen das Zitat vornimmt, oder ob das Zitat auf die Zusammenfassung der Passagen von Parteienvorbringen zurückzuführen ist. Im Rahmen dieses Beitrags werden diese Unterscheidungen ausgeblendet. Trotz dieser Einschränkungen sind quantitative Daten dennoch von Relevanz. Sie erlauben – im Unterschied zu qualitativen Analysen – eine gewisse Fehlertoleranz in dieser Hinsicht. So fallen zuvor benannte Einschränkungen bei einer gewissen Stichprobengröße im Verhältnis zu anderen quantitativen Ergebnissen (also bspw der am zweithäufigsten zitierten Entscheidung) nicht mehr stark ins Gewicht. Schlussendlich gilt für jede zitierte Entscheidung, also auch bloß in zusammengefassten Parteivorbringen enthaltene Zitate, dass sie – wenn auch zT in unterschiedlicher oder bescheidener Rolle – in irgendeinem Kontext für die Entscheidung, in der sie zitiert wird, als relevant angesehen wurde. – von der Häufigkeit abgeleitet werden kann, mit welcher sie zitiert wird.

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