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Aktuelle versicherungsrechtliche Entscheidungen des OGH

JudikaturOGHUniv.-Prof. Dr. Michael GruberZFR 2013/10ZFR 2013, 32 Heft 1 v. 12.2.2013

OGH 19. 4. 2012, 7 Ob 34/12v

Aufklärungsobliegenheit, Vorsatz

Obliegenheiten nach dem Versicherungsfall dienen dem Zweck, den Versicherer (VR) vor vermeidbaren Belastungen und ungerechtfertigten Ansprüchen zu schützen. Die Drohung mit dem Anspruchsverlust soll den Versicherungsnehmer (VN) motivieren, die Verhaltensregeln ordnungsgemäß zu erfüllen; ihr kommt eine generalpräventive Funktion zu (RIS-Justiz RS0116978). Den VR trifft die Beweislast für das Vorliegen des objektiven Tatbestands einer Obliegenheitsverletzung. Im Fall eines solchen Nachweises ist es dann Sache des VN, zu behaupten und zu beweisen, dass er die ihm angelastete Obliegenheitsverletzung weder vorsätzlich noch grob fahrlässig begangen hat (RIS-Justiz RS0081313). Eine leichte Fahrlässigkeit bleibt demnach ohne Sanktion (RIS-Justiz RS0043728). Gelingt dem VN der Beweis der leichten Fahrlässigkeit nicht, so steht ihm nach § 6 Abs 3 VersVG auch bei "schlicht" vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Obliegenheitsverletzung der Kausalitätsgegenbeweis offen. Unter Kausalitätsgegenbeweis ist der Nachweis zu verstehen, dass die Obliegenheitsverletzung weder auf die Feststellung des Versicherungsfalls noch auf die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des VR einen Einfluss gehabt hat (RIS-Justiz RS0116979). Nur der VN, der eine Obliegenheit mit dem Vorsatz verletzt, die Beweislage nach dem Versicherungsfall zulasten des VR zu manipulieren (sog "dolus coloratus"), verwirkt den Anspruch, und es ist der Kausalitätsgegenbeweis ausgeschlossen (RIS-Justiz RS0081253, RS0109766). Nicht erforderlich ist, dass der VN geradezu und ausschließlich mit dem Ziel handelt, den VR zu täuschen (Betrugsabsicht); es genügt, wenn er erkennt, dass die von ihm dargelegten oder unvollständig angegebenen Umstände, die für die Beurteilung der Leistungspflicht des VR maßgeblich sind, Letztere beeinträchtigen oder fehlleiten können und er sich damit abfindet. Täuschung liegt vor, wenn der VN einen Vermögensvorteil anstrebt, aber auch, wenn er durch die Angaben unrichtiger Tatsachen einen für berechtigt gehaltenen Anspruch durchsetzen oder einfach "Schwierigkeiten" bei der Schadensfeststellung verhindern will (RIS-Justiz RS0109766). Absichtlich unvollständig gemachte Angaben des VN gegenüber dem VR, die sich erkennbar nicht darauf bezogen, diesen zu täuschen, sind nicht als dolus coloratus zu werten und erlauben dem VN den Kausalitätsgegenbeweis (RIS-Justiz RS0109767). Die Frage, ob dem VN dolus coloratus vorzuwerfen ist, ist primär eine Tatfrage.

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