Während viele Jahrzehnte lang der Big Brother aus dem dystopischen Roman von George Orwell als Paradigma für „Überwachung“ iwS diente, führt uns die aktuell in atemberaubenden Tempo voranschreitende Digitalisierung aller Lebensbereiche vor Augen, dass es für unsere Privatsphäre auch sehr gefährlich werden kann, wenn sich viele „kleine“ Brüder unserer Datenspuren bemächtigen (wollen), die wir ubiquitär hinterlassen. Das hat bekanntlich auch schon der staatliche Sicherheitsapparat erkannt, wenn er zB gesetzlichen Zugriff auf Videoüberwachungsanlagen privater Rechtsträger anstrebt. Aber auch ohne diese handreichende Überwachungs-Weiterung ist evident, dass die leichte (und leistbare) Verfügbarkeit modernster digitaler Überwachungstechnologie, deren Auswertungs- und Verknüpfungsmöglichkeiten in vergleichbarem analogem Verdichtungsgrad ehedem höchstens von staatlichen Geheimdiensten leistbar waren, gerade in Abhängigkeitsverhältnissen zu einer Zunahme struktureller Unterlegenheit kontrollierter Personen führt. Zygmunt Bauman spricht diesbezüglich trefflich von einem post-panoptischen (Kontroll-)Machtverhältnis. Das trifft natürlich auch auf das Arbeitsverhältnis mit seiner sowieso schon strukturellen Abhängigkeitssituation des AN zu. Insofern ist es erwartbar gewesen, dass diese neuen, auf die Privatsphäre gerichteten Angriffsvektoren letztlich auch unter dem Gesichtspunkt von Art 8 EMRK sowohl auf ihre Rechtmäßigkeit per se hin als auch hinsichtlich der Rechtmäßigkeit aus ihrem faktischen Einsatz abgeleiteter Folgen für die betroffenen AN geprüft werden. Mit den Wertungen des EGMR zu diesem gesellschaftlichen Umbruch (auch) im Arbeitsverhältnis setzt sich die folgende Entscheidungsbesprechung auseinander und will damit zur österreichischen Rezeption der jüngsten E der Großen Kammer des EGMR zur Überwachung am Arbeitsplatz beitragen.