Ein tradiertes Grunddogma des Urheberrechts lautet: Das Urheberrecht schütze nicht die abstrakte Idee, sondern lediglich den Form gewordenen Gedanken, also die konkrete Ausformung und (End-)Gestaltung eines Werks. Der Grundsatz findet sich nicht nur im österreichischen Urheberrecht, sondern auch in ausländischen, europarechtlichen und völkerrechtlichen Rechtsnormen. Eine exakte Definition und Abgrenzung der "Idee" fehlt jedoch. Bei neu auftauchenden Werkarten der Literatur und Kunst im weiteren Sinn führt die Ablehnung des Urheberrechtsschutzes "abstrakter Ideen" vielfach zu Abgrenzungsschwierigkeiten und zur Rechtsunsicherheit und zur Frage, ob solchen Werkarten Urheberrechtsschutz zukommen kann. Der Beitrag hinterfragt das Dogma des fehlenden Urheberrechtsschutzes abstrakter Ideen kritisch und kommt zum Schluss, dass dieses zu undifferenziert ist. Zu unterscheiden sind (1) Ideen, die objektiv auf die Gestaltung von Werken der Literatur und Kunst gerichtet sind und (2) sonstige Ideen. Auf Gestaltung gerichtete Ideen kann Urheberrechtsschutz zukommen, soweit sie nur ausreichend komplex und individuell sind, um durch eine Monopolisierung das Werkschaffen Dritter nicht unzumutbar zu beeinträchtigen. Ein Fixieren der Idee in einem körperlichen Medium ist nach österreichischem - anders als nach US-amerikanischem Urheberrecht - keine Voraussetzung für den Urheberrechtsschutz. Die These soll anhand verschiedener Beispiele illustriert und überprüft werden.