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Innerstaatliche Bestimmungen, die der Nichtigerklärung des Widerrufs entgegenstehen, werden wegen offenkundigen Widerspruchs zum Gemeinschaftsrecht durch den Anwendungsvorrang verdrängt

JudikaturRPA-SlgRPA-Slg 2005/47RPA 2005, 363 Heft 6 v. 1.2.2006

VfGH, 26.09.2005, B 1330/04

Art 2 Abs 1 lit b RL 89/665/EWG

Wie sich aus dem Urteil des EuGH vom 2.6.2005, Rs C 15/04 „Koppensteiner“ eindeutig ergibt, haben Vergabenachprüfungsbehörden nationales Recht, das einer Überprüfung des Widerrufs entgegensteht, unbeachtet zu lassen. Zwar hat der Verfassungsgerichtshof wiederholt entschieden, dass die Frage, ob eine Bestimmung des Gemeinschaftsrechts Vorrang vor innerstaatlichem Recht genießt, keine verfassungsrechtliche Frage ist (VfSlg 15.215/1998 u.a.). Ist jedoch der Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht offenkundig, so ist eine dem Gemeinschaftsrecht widersprechende Auslegung der belangten Behörde der Gesetzlosigkeit gleichzuhalten, und zwar auch dann, wenn sich die Offenkundigkeit erst während des Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof zeigt (vgl VfSlg 15.448/1999). Der angefochtene Bescheid, mit dem der beschwerdeführenden Gesellschaft zu Unrecht eine Sachentscheidung (über den Antrag auf Nichtigerklärung des Widerrufs) verweigert wurde, ist daher aufzuheben. Auf Grund der offenkundigen Gemeinschafsrechtswidrigkeit sind Bestimmungen, die der Anfechtung von Widerrufsentscheidungen des öffentlichen Auftraggebers entgegenstehen, nicht präjudiziell, sodass dem Verfassungsgerichtshof die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens verwehrt ist (VfSlg 15.368/1998).

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