Welche Rolle spielt eine kommunistische Vergangenheit bei den Bemühungen eines EU-Mitgliedstaats, das EU-Kartellrecht konkret anzuwenden? Zumal ja auch unter den „alten“ Mitgliedstaaten Unterschiede bestehen, ist es von großem Interesse, bei den nach 2004 beigetretenen sog „neuen“ nicht nur ihre Eigenart als Gruppe, sondern auch die Unterschiede unter ihnen zu erkunden. In ihrer Einleitung (Kapitel 1) legt Malinauskaite überzeugend dar, weshalb die EU als wahrhaftiges Labor der vergleichenden Rechtswissenschaft und die mittel- und osteuropäischen Staaten („Central & Eastern European“) (CEE) besondere Chancen bieten, um derartigen Fragestellungen nachzugehen. Nicht nur verfügten die CEE-Staaten zZ ihres Beitritts aufgrund ihrer bisherigen ökonomischen Verfassung über keinerlei Erfahrungen, Strukturen und Fachwissen in Sachen Wettbewerbspolitik und Kartellrecht, auch sei für die Übernahme des relevanten acquis communautaire äußerst kurze Zeit vorhanden gewesen. Dabei koinzidierte die „Bing Bang“-Erweiterung nicht zufällig mit der Modernisierung der kartellrechtlichen Durchsetzung durch die Durchführungs-VO (VO 1/2003 ), gefolgt von den RL 2019/1 („ECN+“) „zur Stärkung der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten im Hinblick auf eine wirksamere Durchsetzung“ bzw 2014/104 zur privaten Rechtsdurchsetzung durch Schadenersatzklagen. Somit mussten sie sich nicht nur einer ihnen bis dahin fremden Rechts- und Verwaltungskultur anpassen; auch änderte sich der Club, dem sie beitraten, ab dem Zeitpunkt ihres Beitritts. Für ihre Untersuchung hat Malinauskaite eine funktionalistische Methode gewählt. Unionsrechtliche Begriffe werden als Maßstab („benchmark“) einzelner Beobachtungen und der Vergleiche unter ihnen herangezogen, wobei sie ihre Analyse als rechtsdogmatisch einstuft. Die Autorin ist sich bewusst, dass eine „totale Immersion“ in jedem Einzelfall aus praktischen Gründen (zB Sprachhürden) nicht machbar sei (5).