Das juridische Urteil lebt aus der angeborenen Fähigkeit des Menschen, zu urteilen und über Urteile zu urteilen. Da das iudicare und das de iudicio iudicare zwei verschiedene Tätigkeiten sind, ist es zweckmäßig, sie durch sprachliche Zeichen zu unterscheiden. Wir haben für das Ergebnis dieser Tätigkeiten die Namen Basis- und Metaurteil vorgeschlagen. Der Vorschlag weicht bewußt von den Termini ab, die innerhalb der Klasse der Rechtsbehelfe und Rechtsmittel üblich sind, wie etwa „erstinstanzliches Urteil“, Rechtsmittelentscheidung“ usw, weil diese Nomenklatur die Tatsache vernachlässigt, daß die in einem „zweiten Rechtsgang“ ergehenden Urteile keineswegs immer Urteile über Urteile sind, sondern sehr oft Basisurteile. Wenn eine Behörde nach Erhebung eines Einspruches gegen eine Strafverfügung (§ 460 StPO, § 47 VStG) den Beschuldigten neuerlich bestraft, dann ist dieser Akt der Vollziehung ein Basisurteil und kein Metaurteil, weil die Strafverfügung durch den Einspruch beseitigt wurde, somit kein Urteil über ein Urteil erlassen werden konnte. Ähnlich liegen die Verhältnisse im Falle einer sogenannten vollen Berufung, wenn darunter die Einrichtung verstanden wird, daß die Berufungsbehörde ohne Bedachtnahme auf das bisherige Verfahren und das angefochtene Urteil neuerlich verhandeln und entscheiden muß. Hingegen ist der Ausspruch, ob der nach § 548 ZPO erlassene Zahlungsauftrag aufrecht erhalten bleibt, nachdem Einwendungen erhoben wurden, ein Metaurteil, denn die Wortverbindung „aufrecht erhalten bleiben“ zeigt, daß die Einwendungen das Basisurteil nicht beseitigt haben. Ebenso sind Entscheidungen über eine Wiederaufnahmsklage Metaurteile, und zwar über eine Klage nach § 530 Z 2 ZPO, weil beurteilt werden muß, ob das Basisurteil auf die als Wiederaufnahmsgrund behauptete falsche Zeugenaussage gegründet ist, über eine nach § 530 Z 7 ZPO, weil es darum geht, ob die Benützung der neuen Tatsachen und/oder Beweismittel eine günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde. Hingegen führt die Entscheidung über Nichtigkeitsgründe der Straf- und Zivilprozeßordnung nicht immer zur Bildung eines Metaurteiles: wenn das Verfahren, dessen Ergebnis das angefochtene Urteil ist, oder das angefochtene Urteil selbst an einer bisher unbeachtet gebliebenen Nichtigkeit leiden (etwa § 477 Abs 1 Z 1 ZPO, § 281 Abs 1 Z 1 StPO ‚ausgeschlossener Richter‘, § 477 Abs 1 Z 3 ZPO ‚unzuständiges Gericht‘, § 281 Abs 1 Z 1 a StPO ‚Fehlen eines Verteidigers‘), dann ist die Tätigkeit des Rechtsmittelgerichtes nicht ein de iudicio iudicare, sondern ein iudicare. Die Qualifikation der Rechtsmittel als devolutive und als suspensive aber vermittelt überhaupt kein Verständnis für die Unterscheidung in Basis- und Metaurteile, vielmehr gehört die eine in das Kapitel „Zuständigkeit“ und die andere in das Kapitel „Rechtskraft.“