Nach Art 15 OECD-MA kommt grundsätzlich dem Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht an Einkünften aus unselbständigen Tätigkeiten zu. Allerding darf auch der Tätigkeitstaat jene Einkommensteile eines nicht selbständig Erwerbstätigen besteuern, die auf die dort physisch ausgeübte Arbeit entfallen. Kein Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaates besteht grundsätzlich hinsichtlich in Drittstaaten ausgeübter Tätigkeiten. Dennoch nahm der niederländische Fiskus im Fall eines in Deutschland ansässigen und in den Niederlanden angestellten Berufskraftfahrers ein Besteuerungsrecht über sämtliche Einkommensteile des Lkw-Fahrers an. Der BFH hat in seiner Entscheidung I R 45/18 v 1. 6. 2022 festgestellt, dass Deutschland als Ansässigkeitsstaat das Recht zur Besteuerung von jenen Teilen des Einkommens des Berufskraftfahrers zustand, welches auf Zeiten entfallen ist, an denen der Bf nicht im anderen Vertragsstaat unterwegs war. An den Tagen, an denen das genaue Ausmaß der Beschäftigung im Tätigkeitsstaat nicht feststellbar war, ging der BFH von einer hälftigen Teilung des Besteuerungsrechts aus - eine praktikable Lösung, die aber möglicherweise einige Aspekte außer Acht gelassen hat.