ASVG: § 255, § 273
OGH 19. 1. 2016, 10 ObS 148/15k
Sowohl Invalidität (§ 255 ASVG) als auch Berufsunfähigkeit (§ 273 ASVG) setzen ein Herabsinken der Arbeitsfähigkeit des betroffenen Versicherten im Vergleich zu einem "gesunden" Versicherten voraus. Verfügt aber ein Versicherter noch über die Arbeitskraft, die ihn befähigt, den bisher ausgeübten Beruf ohne Beeinträchtigung seines Gesundheitszustands weiterhin auszuüben, so kann seine Arbeitsfähigkeit nicht unter die Hälfte derjenigen eines zum Vergleich heranzuziehenden "gesunden" Versicherten gesunken sein, weil auch dieser nur über eine solche Arbeitskraft verfügen muss. Erst wenn feststeht, dass der Versicherte seine bisher ausgeübte Berufstätigkeit nicht weiterhin verrichten kann, kommt es darauf an, ob er auf andere Berufstätigkeiten verwiesen werden darf (stRsp seit 10 ObS 112/87). Kann daher der Versicherte aufgrund seines medizinischen Leistungskalküls noch in seinem eigenen Beruf weiterarbeiten, ist die Größe des Arbeitsmarkts in diesem Beruf nicht zu prüfen, da keine Verweisung iSd § 255 ASVG vorliegt. Für die Frage der Invalidität ist nämlich nicht entscheidend, ob der erlernte und überwiegend ausgeübte Beruf am Arbeitsmarkt allenfalls nur noch eine geringe Bedeutung hat.