Entsprechend der gesellschaftsrechtlichen Definition ist eine Ausgliederung ein Vorgang, durch den eine Gesellschaft einen Teil ihres Aktiv- und Passivvermögens auf eine oder mehrere dadurch neu gegründete Gesellschaften (begünstigte Gesellschaften) gegen Gewährung von Anteilen der begünstigten Gesellschaften an die übertragende Gesellschaft überträgt. Gemäß § 47 Z 2 EU-UmgrG gilt der Vorgang einer Ausgliederung für gesellschaftsrechtliche Zwecke als Spaltung. Für steuerliche Zwecke fällt eine Ausgliederung im Sinne des § 47 Z 5 EU-UmgrG jedoch unter Art. III UmgrStG, wenn diese die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 Z 2 UmgrStG sinngemäß erfüllt (siehe Rz 760c). Eine Ausgliederung gilt somit zwar für gesellschaftsrechtliche Zwecke als Spaltung und erfolgt grundsätzlich aufgrund von gesellschaftsrechtlichen Vorschriften im Sinne des § 32 Abs. 1 UmgrStG (dazu Rz 1645b), jedoch geht die Regelung des § 12 Abs. 4 UmgrStG der Regelung des § 32 Abs. 1 UmgrStG als lex specialis vor, sodass eine Ausgliederung für steuerliche Zwecke als Einbringung gilt.
Für die steuerliche Behandlung einer Spaltung nach dem EU-UmgrG ist folglich maßgeblich, ob die Gegenleistung an die übertragende Kapitalgesellschaft (Anwendungsbereich von Art. III UmgrStG) oder an die Anteilsinhaber der übertragenden Kapitalgesellschaft (Anwendungsbereich von Art. VI UmgrStG; siehe dazu Rz 1645b) gewährt wird.
Eine Ausgliederung im Sinne des § 47 Z 5 EU-UmgrG kann - wie auch sonstige grenzüberschreitende Spaltungen im Sinne des EU-UmgrG (siehe Rz 1645b) - als Abspaltung zur Neugründung, nicht jedoch zur Aufnahme erfolgen. Zudem kann auf Grundlage des EU-UmgrG auch eine Ausgliederung ausschließlich grenzüberschreitend innerhalb der EU oder des EWR durch Kapitalgesellschaften erfolgen (§ 47 EU-UmgrG iVm § 2 Z 2 EU-UmgrG), wobei "Hinaus-Ausgliederungen" und "Hinein-Ausgliederungen" unterschieden werden. Eine Ausgliederung, an der ausschließlich inländische Kapitalgesellschaften teilnehmen, ist daher nicht möglich.Im Zuge einer Ausgliederung kann Vermögen aber auch gleichzeitig auf mehrere Kapitalgesellschaften übertragen werden. Dabei müssen zumindest zwei an der Spaltung beteiligte Kapitalgesellschaften in verschiedenen Mitgliedstaaten (EU/EWR) ansässig sein (vgl. § 47 Z 1 iVm Z 2 und § 2 Z 2 EU-UmgrG); eine Ausgliederung durch eine inländische Kapitalgesellschaft auf eine inländische und eine ausländische Kapitalgesellschaft in einem Vorgang ist daher denkbar; diesfalls würde somit auch im Hinblick auf die Übertragung zwischen den inländischen Gesellschaften eine Einbringung vorliegen, wenn die sonstigen Voraussetzungen des Art. III UmgrStG erfüllt sind (dazu Rz 760c).
Für Zwecke des Gesellschaftsrechtes erfolgt die Ausgliederung unter Gesamtrechtsnachfolge; dem folgt in diesem besonderen Fall der Einbringung grundsätzlich auch das Steuerrecht (zu den Sondertatbeständen mit zivilrechtlicher Gesamtrechtsnachfolge siehe bereits Rz 643).
Die Anwendbarkeit von Art. III UmgrStG im Falle von Ausgliederungen bedingt, dass die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1, 2 und Abs. 3 Z 2 UmgrStG sinngemäß erfüllt sind. Daraus ergibt sich insbesondere Folgendes:- Im Zuge einer Ausgliederung muss begünstigtes Vermögen im Sinne des § 12 Abs. 2 Z 1 bis 3 UmgrStG (Betrieb, Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil, qualifizierter Kapitalanteil) gegen Gewährung einer Gegenleistung im Sinne des § 19 UmgrStG übertragen werden, das für sich alleine einen positiven Verkehrswert (am Stichtag, jedenfalls aber am Tag des Abschlusses des Spaltungsvertrages) aufweist. Im Falle der Übertragung auf mehrere Kapitalgesellschaften setzt die Anwendung des Art. III UmgrStG die Übernahme von begünstigtem Vermögen und das Vorliegen eines positiven Verkehrswertes im Hinblick auf jede einzelne übernehmende Körperschaft voraus; andernfalls liegt hinsichtlich der nicht unter Art. III UmgrStG fallenden Vermögensübertragung eine verunglückte Einbringung vor, die zur Aufdeckung der diesbezüglichen stillen Reserven im übertragenen Vermögen führt. Da die Ausgliederung unter Art. III UmgrStG (und nicht unter Art. VI UmgrStG) fällt, muss im Zuge der Ausgliederung nicht ausschließlich begünstigtes Vermögen übertragen werden.
- Im Hinblick auf die übernehmende(n) Körperschaft(en) müssen - wie bei sonstigen grenzüberschreitenden Einbringungen - die Anforderungen des § 12 Abs. 3 Z 2 UmgrStG erfüllt sein, wobei im Falle der Ausgliederung ausschließlich die Übernahme von begünstigtem Vermögen durch EU/EWR-Gesellschaften in Frage kommt (§ 2 Z 2 EU-UmgrG). Diese müssen mit inländischen Kapitalgesellschaften vergleichbar sein oder in der Anlage des UmgrStG genannt werden (zu übernehmenden EU-Gesellschaften siehe Rz 756).
- Auch in formaler Hinsicht muss eine Ausgliederung die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 UmgrStG sinngemäß erfüllen; dazu gehören auch entsprechende Bilanzen. Dabei kann jedoch davon ausgegangen werden, dass auch der nach dem EU-UmgrG zu erstellende Spaltungsplan (vgl. insbesondere § 49 EU-UmgrG) als "Einbringungsbilanz" gilt, wenn aus dem Spaltungsplan bzw. einer Beilage zum Spaltungsplan auch die steuerlichen Werte ersichtlich sind (§ 15 UmgrStG). Wird keine gesonderte "Einbringungsbilanz" für das übertragene Vermögen erstellt, sind einbringungsspezifische Regelungen, die auf die Abbildung bestimmter Maßnahmen im Rahmen der "Einbringungsbilanz" abstellen (zB die Vornahme rückwirkender Maßnahmen gemäß § 16 Abs. 5 UmgrStG), im Falle der Ausgliederung gesondert bzw. ergänzend zum Spaltungsplan darzustellen.
- Für die Ausgliederung besteht aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Grundlage des EU-UmgrG grundsätzlich Firmenbuchzuständigkeit, weshalb für die Einhaltung der 9-Monatsfrist der Zeitpunkt der Anmeldung der Ausgliederung beim Firmenbuch entscheidend ist. Im Falle der "Hinaus-Ausgliederung" (Neugründung einer ausländischen übernehmenden Körperschaft) besteht - mangels österreichischer Firmenbuchzuständigkeit - jedoch Finanzamtszuständigkeit.
- Eine Meldung gemäß § 13 Abs. 1 UmgrStG beim Finanzamt hat im Falle von Ausgliederungen nach dem EU-UmgrG bei Firmenbuchzuständigkeit nicht zu erfolgen (bei "Hinaus-Ausgliederung" hat aufgrund der Finanzamtszuständigkeit eine Meldung zu erfolgen; siehe obiger Bulletpoint).
- Auch für Ausgliederungen hat ab 2024 zusätzlich zur Anmeldung beim Firmenbuch (bzw. zusätzlich zu einer Meldung bei "Hinaus-Ausgliederungen") eine standardisierte Anzeige gemäß § 43 Abs. 1 UmgrStG zu erfolgen, wobei der Anzeigeverpflichtung eines Umgründungspartners, der (noch) nicht über eine inländische Steuernummer verfügt (Ausgliederung zur Neugründung), im Rahmen einer gemeinsamen kombinierten Anzeige nachgekommen werden kann (siehe Rz 1899 ff).
Damit kommen im Falle der grenzüberschreitenden Ausgliederung von Kapitalanteilen gegen Gewährung einer Gegenleistung an die übertragende Körperschaft auch die Entstrickungsregelungen des Art. III UmgrStG zur Anwendung.
Beispiel:
Die inländische A1-GmbH überträgt ihren 50%-Anteil an der inländischen A2-GmbH auf die neu gegründete deutsche D-GmbH gegen Gewährung von Anteilen an der D-GmbH auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage des § 47 Z 5 EU-UmgrG (Ausgliederung). Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1, 2 und Abs. 3 Z 2 UmgrStG werden erfüllt, sodass steuerlich eine Einbringung nach Art. III UmgrStG vorliegt. Daher kommt trotz Vorliegens einer Einschränkung des Besteuerungsrechtes im übertragenen Vermögen (Anteil an der A2-GmbH) das Anteilstauschregime (§ 16 Abs. 1a UmgrStG) zur Anwendung und die Übertragung des Kapitalanteils erfolgt zu Buchwerten. Zu den Rechtsfolgen im Hinblick auf das einbringungsbedingte Entstehen einer steuerneutralen internationalen Schachtelbeteiligung bei der A1-GmbH sowie das Zusammenspiel von § 16 Abs. 1a und § 20 Abs. 7 Z 1 UmgrStG siehe ausführlich Rz 860h.
Variante:
Würde anlässlich der Übertragung des Anteils an der A2-GmbH die Gewährung einer Gegenleistung hingegen nicht an die übertragende A1-GmbH erfolgen, sondern an deren Anteilsinhaber, würde die Übertragung nicht unter Art. III UmgrStG, sondern unter Art. VI UmgrStG fallen. Aufgrund der Einschränkung des Besteuerungsrechtes hinsichtlich des übertragenen Vermögens (Anteil an der A2-GmbH) gegenüber einem EU-Staat kann die übertragende A1-GmbH gemäß § 32 Abs. 1a UmgrStG die Entrichtung der Steuerschuld in Ratenzahlung beantragen (siehe dazu Rz 1655a). Die Rechtsfolgen auf Anteilsinhaberebene richten sich nach § 36 Abs. 1a UmgrStG (Steuerneutralität des Anteilstausches im Falle von innerhalb der EU bzw. des EWR ansässigen Anteilsinhabern; siehe dazu Rz 1733b).