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Wegzugsbesteuerung bei Anteilen an Immogesellschaften im Verhältnis zu Deutschland

BMF2022-0.879.53614.12.20222022

EAS 3442

Veräußert eine in Österreich ansässige GmbH, deren Vermögen zum vorherigen Bilanzstichtag noch zu nahezu 100% aus unbeweglichem Vermögen - und zwar in Form einer einzigen in Österreich belegenen Immobilie - bestand, dieses Immobilienvermögen, stellt sich die Frage, ob für den in Deutschland ansässigen Anteilseigner eine Wegzugsbesteuerung gemäß § 27 Abs. 6 Z 1 EStG 1988 eintritt und wenn ja, zu welchem Zeitpunkt.

Gemäß § 27 Abs. 6 Z 1 EStG 1988 wird eine Wegzugsbesteuerung durch Umstände ausgelöst, die im Hinblick auf eine Beteiligung zu einer Einschränkung des österreichischen Besteuerungsrechts im Verhältnis zu anderen Staaten führen. Solche Umstände können auch aufgrund eines anwendbaren DBA eintreten (vgl etwa EAS 3157, EAS 3434, EStR 2000 Rz 2518 und Rz 6148). Diesfalls manifestiert sich der "Umstand" in jenem Zeitpunkt, mit dem ein anwendbares DBA das Besteuerungsrecht Österreichs hinsichtlich der Beteiligung einschränkt.

Aufgrund von Art. 13 Abs. 2 DBA-Deutschland hätte Österreich im gegenständlichen Fall zunächst eine allfällige Veräußerung der GmbH-Beteiligung besteuern dürfen, da es sich - zumindest bis zur Veräußerung der Immobilie - unstrittig um Anteile an einer Gesellschaft gehandelt hat, deren Aktivvermögen überwiegend aus unbeweglichem Vermögen in Österreich besteht. Eine Einschränkung des österreichischen Besteuerungsrechts iSd § 27 Abs. 6 Z 1 EStG 1988 tritt durch den Verlust des Status als solche "Immogesellschaft" ein, da diesfalls die Veräußerung der Beteiligung nicht von Art. 13 Abs. 2, sondern von Art. 13 Abs. 5 DBA-Deutschland erfasst wäre, der das Besteuerungsrecht ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat der Anteilseigner zuweist.

Ob eine "Immogesellschaft" vorliegt, bestimmt sich gemäß Abs. 4 des Protokolls zum DBA-Deutschland nach den Verhältnissen des letzten Bilanzstichtags vor der Veräußerung, wobei konkret die Höhe des Aktivvermögens in der Handelsbilanz maßgeblich ist. Wird nun unterjährig, also zwischen zwei Bilanzstichtagen, ein Grundstück veräußert, ist dies für Zwecke von Art. 13 Abs. 2 DBA-Deutschland aufgrund der Bilanzstichtagsbetrachtung zunächst unbeachtlich. Würde nämlich nach der Grundstücksveräußerung - aber vor dem nächsten Bilanzstichtag - auch die Beteiligung veräußert, dürfte Österreich die Beteiligungsveräußerung gem. Art. 13 Abs. 2 DBA-Deutschland besteuern, da das Aktivvermögen der Gesellschaft zum letzten Bilanzstichtag überwiegend aus unbeweglichem Vermögen bestand. Somit kann auch im Zeitpunkt der Grundstücksveräußerung noch keine Wegzugsbesteuerung eintreten, da das Besteuerungsrecht Österreichs eben noch aufrecht ist.

Erst wenn im Zeitpunkt der nächsten Bilanzerstellung erneut das Verhältnis des Aktivvermögens ermittelt wird und das Vermögen dann nicht mehr überwiegend aus unbeweglichem Vermögen besteht, wäre Österreich nicht mehr gemäß Art. 13 Abs. 2 DBA-Deutschland besteuerungsberechtigt. Es käme daher zu einer Wegzugsbesteuerung gemäß § 27 Abs. 6 Z 1 EStG 1988, wobei die Veräußerung mit Ablauf dieses Bilanzstichtages fingiert würde.

EAS 3326 wird hiermit aufgehoben.

Bundesministerium für Finanzen, 14. Dezember 2022

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 27 Abs. 6 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Art. 13 Abs. 2 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 13 Abs. 5 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Anlage 1 Abs. 4 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002

Schlagworte:

Immobiliengesellschaft, Wegzugsbesteuerung, Immoklausel, unbewegliches Vermögen, Beteiligungsveräußerung, Einschränkung des Besteuerungsrechts

Verweise:

EAS 3157
EAS 3326
EAS 3434
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 2518
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 6148

Stichworte