Grundsätzlich ist die Tätigkeit eines Vertreters danach zu beurteilen, ob er ein Unternehmerwagnis trägt und an über die ausdrücklich übernommenen Vertragspflichten hinausgehende Weisungen des Geschäftsherrn gebunden ist. Der Umstand, dass ein Vertreter einen Gewerbeschein für die Vermittlungstätigkeit besitzt und dass von seinen Provisionseinkünften keine Lohnsteuer einbehalten wird, kann nur als Anzeichen für eine selbständige Tätigkeit gewertet werden; er reicht aber für sich allein nicht aus, ein Dienstverhältnis auszuschließen. Das Vorliegen eines Unternehmerwagnisses ist vorrangig anhand folgender Umstände zu beurteilen:
- a) Regelung über den Ersatz der Kosten des Vertreters: Einem Arbeitnehmer muss der Arbeitgeber die mit der Verrichtung der aufgetragenen Geschäftsbesorgung verbundenen Auslagen ersetzen. Dem selbständigen Handelsvertreter gebührt grundsätzlich kein Ersatz für die durch den Geschäftsbetrieb entstandenen allgemeinen Kosten und Auslagen (§ 13 Abs. 1 Handelsvertretergesetz, BGBl. Nr. 88/1993). Hat daher ein Vertreter kein seiner Tätigkeit zuordenbares Betriebsvermögen und werden die anfallenden Ausgaben vom Auftraggeber ersetzt, spricht dies für ein Dienstverhältnis (VwGH 25.10.1994, 90/14/0184).
- b) Unternehmerische Gestaltung der Tätigkeit: Für das Vorliegen von Unternehmerrisiko, somit gegen ein Dienstverhältnis, spricht, wenn der Vertreter durch eigene Geschäftseinteilung, Auswahl eigener Hilfskräfte, Gestaltung einer mehr oder weniger zweckmäßigen Organisation der Tätigkeit, günstige oder ungünstige Bestreitung von betrieblichen Anschaffungen den Ertrag seiner Tätigkeit in nennenswerter Weise zu beeinflussen vermag, wenn also der Erfolg der Tätigkeit und daher auch die Höhe seiner Einnahmen weit gehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der Ausdauer und der persönlichen Geschicklichkeit sowie den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängig ist (VwGH 19.11.1979, 3508/78, 131, 132/79; VwGH 20.3.1985, 83/13/0070; VwGH 10.4.1985, 83/13/0154, 0162, 0163; VwGH 11.8.1993, 92/13/0022).
- c) Vereinbarung von Provisionen und Fixum: Erhält der Vertreter neben einer Provision ein zur Bestreitung des Lebensunterhaltes hinreichendes Fixum, ein verrechenbares Pauschale für die Bewirtung der Mitarbeiter und ein ebenfalls verrechenbares Pauschale für Dienstfahrten mit dem eigenen Pkw, spricht dies für ein Dienstverhältnis (VwGH 19.11.1979, 3508/78, 0131/79, 0132/79; VwGH 10.4.1985, 83/13/0154, 0162, 0163; VwGH 11.8.1993, 92/13/0022). Vgl. hiezu auch EStR 2000 Rz 5417, Stichwort "Abschlussagent" und "Handelsvertreter".
Siehe Geschäftsführer, Vorstandsmitglieder, Stiftungsvorstände, Rz 981 ff.
Siehe "Unterrichtende Tätigkeit", Rz 1012 ff.
Für ein Dienstverhältnis bei Zeitschriftenwerbern sprechen die Weisungsgebundenheit, der Bezug eines Fixums, eine Spesenvergütung, die Berichterstattungspflicht und die Verwendung der Betriebsmittel des Auftraggebers.
Zeitungskolporteure, die ihre Tätigkeit in einem vom Auftraggeber bestimmten zeitlichen und örtlichen Rahmen unter Konkurrenzverbot ausüben und die auf Grund eines Fixums kein Unternehmerwagnis tragen, stehen in einem Dienstverhältnis (
VwGH 31.7.1996, 95/13/0220). Fehlt diese enge Bindung (Verkauf von Zeitungen auf reiner Erfolgsbasis und ohne dienstrechtliche Zwangsmittel des Auftraggebers), so handelt es sich trotz eines gewissen zeitlichen und örtlichen Rahmens um kein Dienstverhältnis (VwGH 2.6.1982, 81/13/0190, 82/13/0053).
Sind Zustellfahrer bei der Ausübung ihrer Tätigkeit in die im Betrieb des Auftraggebers bestehenden betrieblichen Abläufe eingegliedert und bei der Durchführung ihrer Tätigkeit weisungsgebunden liegt ein Dienstverhältnis gemäß
§ 47 Abs. 2 EStG 1988 vor (
VwGH vom 13.12.2021 Ra 2021/15/0108).