European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021150108.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Beim Revisionswerber, der ein Auslieferungslager betrieb und unter anderem Zustellfahrer beschäftigte, von denen Pakete zugestellt bzw. für die Versendung abgeholt wurden, wurde eine gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben (GPLA) für die Jahre 2011 bis 2015 durchgeführt. Die Prüferin stellte fest, dass der Revisionswerber im Prüfungszeitraum Zustellfahrer im „Werkvertrag“ beschäftigt habe. Im Rahmen der durchgeführten Ermittlungen sei jedoch festgestellt worden, dass es sich dabei um Dienstverhältnisse im Sinne des § 47 EStG 1988 handle.
2 Das Finanzamt folgt der Prüferin und schrieb dem Revisionswerber Dienstgeberbeiträge und Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2011 bis 2015 vor.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis, in dem eine ordentliche Revision für nicht zulässig erklärt wurde, gab das Bundesfinanzgericht einer gegen die im Anschluss an die GPLA ergangenen Bescheide erhobenen Beschwerde keine Folge.
4 Das Bundesfinanzgericht erachtete folgenden Sachverhalt als erwiesen.
„Der [Revisionswerber] hat seit 1999 ein [...]‑Paket‑Auslieferungslager für den Bereich [...] betrieben. Der [Revisionswerber] war als Franchisenehmer Subunternehmer für [X]. Die Organisation und Verwaltung ist über [X] gelaufen. Sämtliches Inventar, wie Computer, Hubstapler und Scanner haben [X] gehört.
Zwischen 3:00 und 5:00 Uhr wurden mit Lastkraftwagen Pakete angeliefert und durch vom [Revisionswerber] nichtselbständig beschäftigte Personen sortiert. Die anschließende Auslieferung der Pakete erfolgte durch Zusteller, mit denen der [Revisionswerber] ‚Werkverträge‘ abgeschlossen und nach seinen Angaben als Subunternehmer beschäftigt hat. Von den insgesamt 17 Touren wurde jedem Zusteller eine bestimmte Tour bzw. Touren zugewiesen.
Die mit den Zustellern abgeschlossenen Werkverträge wurden auf unbestimmte Zeit mit einer Kündigungsfrist von einem Monat abgeschlossen. In den Werkverträgen verpflichteten sich die Zusteller [X]‑Kleidung zu tragen. Die Anschaffungs‑ und Betriebskosten der für die Zustellung der Pakete geeigneten Fahrzeuge (Transporter) hatten die Zusteller selbst zu tragen. Das Zustellfahrzeug war auf eigene Kosten [...] zu lackieren und mit einer [X‑Aufschrift zu versehen. Der Revisionswerber verlangte von den Zustellern ein einheitliches Erscheinungsbild der Zustellfahrzeuge und eine einheitliche und saubere Arbeitskleidung. Die Zusteller mussten eine von [X] ausgestellte Identifikationskarte während ihrer Tätigkeit bei sich tragen. Den Zustellern ordnete der [Revisionswerber] für die Zustellung der Pakete fixe Touren zu. Expresspakete mussten zu einem gewissen Zeitpunkt zugestellt werden. Die Zusteller haben für ihre Tätigkeit monatlich einen Betrag zwischen € 4.000,00 und € 4.500,00 erhalten. Den Zustellern wurden vom [Revisionswerber] ihrer Tour entsprechend Rolllisten und Handscanner, in dem alle Pakete eingescannt waren, für ihre Tätigkeit zugewiesen.
Nachdem die Pakete mittels Lkw angeliefert und durch Lagerarbeiter auf die einzelnen Touren aufgeteilt wurden, mussten die Zusteller in den frühen Morgenstunden im Zentrallager die entsprechend der ihnen vom [Revisionswerber] zugeteilten Tour von ihnen auszuliefernden Pakete übernehmen und nach Durchführung der Tour zum Zentrallager bis spätestens 17 Uhr zurückzukehren.
Die Zustellfahrer haben vom [Revisionswerber] Scanner und Rolllisten ausgehändigt erhalten, in denen die auszuliefernden Pakete erfasst waren. Die Scanner und Rolllisten mussten nach der Zustellung täglich wieder im Zentrallager ebenso wie vereinnahmte Geldbeträge zurückgegeben werden. Der [Revisionswerber] hatte aufgrund der Vertragsbeziehungen zu [X] anhand der geführten Rolllisten und Scanner die entsprechenden Daten an [X] weiterzuleiten.“
5 Den als erwiesen angenommenen Sachverhalt würdigte das Bundesfinanzgericht dahingehend, dass die Zustellfahrer bei der Ausübung ihrer Tätigkeit in die im Betrieb des Revisionswerbers bestehenden betrieblichen Abläufe eingegliedert gewesen seien und diese Tätigkeit auch weisungsgebunden ausgeübt hätten. Es lägen Dienstverhältnisse iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 vor.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Zu ihrer Zulässigkeit trägt die Revision vor, die Frage, ob eine „unselbständige Tätigkeit“ oder ein „Dienstvertrag“ vorliege, sei äußerst vielschichtig und es gelte hier mehrere Kriterien zu betrachten und zu erörtern, die überdies branchenspezifisch anzuwenden seien. Umso mehr erscheine eine einheitliche, klare Vorgabe für die jeweiligen Unternehmer geboten zu sein, um hier Missstände oder Ungleichbehandlungen hintanzuhalten. Eine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der Beurteilung einer Dienstnehmereigenschaft für kleine Unternehmer, die Lieferdienste für größere oder zwischengeschaltete, mittlere Unternehmen tätigten, liege offenbar nicht vor, zumal es bei einer klaren diesbezüglichen Judikatur wohl nicht zu einer derartigen Ungleichbehandlung, wie sie etwa durch das bekämpfte Erkenntnis hergestellt werde, kommen könnte.
11 Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG aufgezeigt.
12 Der Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 sind zwei Kriterien zu entnehmen, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. In Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf weitere Abgrenzungskriterien (wie etwa auf das Fehlen eines Unternehmerrisikos, oder die Befugnis, sich vertreten zu lassen) Bedacht zu nehmen (vgl. z.B. den Beschluss VwGH 18.10.2017, Ra 2017/13/0066, mwN). Ob bzw. in welcher Ausprägung und Intensität im konkreten Fall die einzelnen genannten Kriterien vorliegen, ist eine Sachverhaltsfrage (vgl. z.B. VwGH 18.12.2013, 2009/13/0230, mwN).
13 Vom Bundesfinanzgericht wurde der eingangs dargelegte, als erwiesen angenommene Sachverhalt dahingehend gewürdigt, dass die Zustellfahrer bei der Ausübung ihrer Tätigkeit in die im Betrieb des Revisionswerbers bestehenden betrieblichen Abläufe eingegliedert waren und diese Tätigkeit auch weisungsgebunden ausgeübt haben. Dass die Sachverhaltsfeststellungen des Bundesfinanzgerichts mangelhaft wären oder dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Beurteilung dieses Sachverhalts unter dem Aspekt des § 47 Abs. 2 EStG 1988 fehle, wird durch die allgemein gehaltenen Ausführungen im Rahmen der gesonderten Darstellung der Gründe für die Zulässigkeit der Revision nicht aufgezeigt.
14 Der Umstand, dass der Unzulässigkeitsausspruch des Verwaltungsgerichts keine Begründung enthält oder sich als unrichtig erweist, vermag im Übrigen die Zulässigkeit einer Revision ebenfalls nicht zu begründen (vgl. idS VwGH 18.3.2015, Ra 2015/02/0039; VwGH 10.2.2015, Ra 2015/02/0016, mwN).
15 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 13. Dezember 2021
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