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10.1.2 Zufluss von Geld oder geldwerten Vorteilen

BMFBMF-010200/0024-IV/6/201925.8.2015

10.1.2.1 Allgemeines

Rz 4009
Einnahmen müssen grundsätzlich von außen zufließen. Bloße Wertzuwächse, die in der Einkunftsquelle selbst liegen, fließen nicht zu und stellen demnach auch keine Einnahmen iSd § 15 EStG 1988 dar. Nicht entscheidend sind die subjektiven Vorstellungen der am Leistungsaustausch Beteiligten; daher sind sowohl die Bewertung der Zuwendung durch den Empfänger, als auch ein allfälliges Fehlen der Absicht der Vorteilsgewährung durch den Leistenden ohne Belang. Zur zeitlichen Erfassung siehe Rz 4601 ff.

Rz 4010
Nicht entscheidend ist, ob auf die Einnahme ein Rechtsanspruch besteht oder nicht; so zählen auch freiwillig vom Arbeitgeber übernommene Leistungen sowie Leistungen von dritter Seite (zB Incentive-Reisen) zu den Einnahmen; Trinkgelder zählen zu den Einnahmen, sofern sie nicht steuerfrei sind (§ 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988, vgl. LStR 2002 Rz 92a ff

Rz 4011
Vorteilsgewährungen gegenüber Angehörigen des Arbeitnehmers sind diesem zuzurechnen (VwGH 28.2.1973, 1192/72, betr.Verkauf eines Grundstückes an den Ehegatten des Arbeitnehmers). Erhält hingegen der Ehepartner auf Grund des Dienstvertrages nach dem Tod des Ehegatten das unentgeltliche Nutzungsrecht an der Dienstwohnung eingeräumt, dann liegen bei ihm insoweit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vor.

Rz 4011a
Zur Behandlung von geldwerten Vorteilen als Zuwendung einer Privatstiftung siehe StiftR 2009 Rz 249 ff.

Rz 4011b
Wird einem Dienstnehmer oder einem Aufsichtsratsmitglied einer Gesellschaft die Option eingeräumt, die von ihm gezeichneten Aktien dieser Gesellschaft (zum wirtschaftlichen Eigentum daran siehe LStR 2002 Rz 216) innerhalb einer bestimmten Frist zum Ausgabekurs an diese zurückzugeben, liegt darin ein geldwerter Vorteil iSd § 15 Abs. 2 EStG 1988, wenn die Aktien zum Zeitpunkt der Optionsausübung unter dem Ausgabepreis notieren. Der geldwerte Vorteil, der in der Differenz zwischen Ausgabepreis und dem tatsächlichen Wert der Aktien im Zeitpunkt der Optionsausübung besteht, fließt im Zeitpunkt der Optionsausübung zu.

10.1.2.2 Ersparte Aufwendungen

Rz 4012
Ersparte Aufwendungen können zu geldwerten Vorteilen führen, wenn ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit einer Leistung gegeben ist. Dies ist etwa bei einem Verzicht des Arbeitgebers auf Zinsen für den Arbeitnehmer der Fall. Ebenso führt die vom Mieter übernommene Rückzahlung eines vom Vermieter aufgenommenen Darlehens nach Maßgabe der Rückzahlungen zu Mieteinnahmen (VwGH 13.5.1992, 87/13/0083). Nach dem 31. Dezember 2003 zugeflossene Ablösesummen für ein Rentenstammrecht aus einer Kaufpreisrente stellen steuerpflichtige Einnahmen dar (Rz 7039), es sei denn, es wurde in die alte Rechtslage optiert (siehe Rz 7002a ff). Siehe auch Rz 6865.

10.1.2.3 Verbotene Tätigkeiten

Rz 4013
Einnahmen aus einer verbotenen Tätigkeit aber auch Vorteile, die sich ein Arbeitnehmer gegen den Willen des Arbeitgebers verschafft, sind steuerpflichtig (VwGH 4.6.1985, 85/14/0016, betr. unerlaubte Benützung des arbeitgebereigenen KFZ; VwGH 16.1.1991, 90/13/0285, betr. veruntreute Gelder). Ebenso sind Einnahmen aus einer den guten Sitten widersprechenden Betätigung steuerpflichtig (vgl. § 23 Abs. 2 BAO).

10.1.2.4 Schadenersatzleistungen

Rz 4014
Ob die unter dem Titel des Schadenersatzes geleisteten Zahlungen zu Einnahmen führen oder nicht, hängt davon ab, ob ein Zusammenhang zwischen dem schadenskausalen Ereignis und der außerbetrieblichen Einkunftsquelle existiert.

Zu den Einnahmen zählen Schadenersatzleistungen dann, wenn diese einerseits im Zusammenhang mit einer steuerrelevanten Tätigkeit stehen, andererseits nicht der Vermögenssphäre des Geschädigten zuzurechnen sind. Zur Vermögenssphäre zählen etwa Leistungen des Versicherers, welche anlässlich der Vernichtung eines Mietwohngrundstückes durch ein Elementarereignis zur Auszahlung gelangen. Als Einnahmen gelten auch vom Arbeitgeber ersetzte Verwaltungsstrafen (VwGH 29.1.1991, 91/14/0002).

Schadenersätze bei denen der unmittelbare Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit nicht vorhanden ist (zB Schadenersatz wegen sexueller Belästigung von Dienstnehmerinnen durch Arbeitgeber), führen nicht zu Einnahmen. Auch die Zahlung von Schmerzensgeld stellt keine steuerbare Einnahme dar, es sei denn, es liegen Rentenzahlungen iSd § 29 Z 1 EStG 1988 vor. Schadenersatzleistungen, welche im Zusammenhang mit nicht steuerwirksamen Wertminderungen stehen, stellen keine Einnahmen dar. Ersatzleistungen, die ein Bestandgeber für die Wertminderung des Bestandobjektes erhält (vgl. VwGH 19.9.1989, 89/14/0107) oder Entschädigungen für die Verschlechterung des Gebäudezustandes (vgl. VwGH 14.6.1988, 87/14/0014) unterliegen daher nicht der Einkommensteuer.

10.1.2.5 Verzicht auf Einnahmen

Rz 4015
Der Verzicht auf eine nichtbetriebliche Forderung einer natürlichen Person gegenüber einer anderen natürlichen Person führt ebenso wie der Verzicht auf künftige Einnahmen zwischen diesen Personen nicht zu einem Einnahmenzufluss beim Gläubiger, da Zufluss und Rückzahlung grundsätzlich nicht fingiert werden dürfen (vgl. VwGH 17.3.1994, 91/14/0076; VwGH 21.7.1998, 98/14/0021). Trifft jedoch der Anspruchsberechtigte eine Verfügung (Vorausverfügung), was mit den verzichteten Einnahmen zu geschehen habe (zB Anordnung, das Geld einem gemeinnützigen Zweck zuzuführen), so liegt eine Maßnahme der Einkommensverwendung vor und die Einnahmen gelten als dem Anspruchsberechtigten zugeflossen. Wird auf einen bereits entstandenen Anspruch zu Gunsten Dritter verzichtet, so kommt diesem Verzicht der Charakter von Einnahmen zu, da eine derartige Leistung bereits als Einkommensverwendung einzustufen ist.

Zum Verzicht eines Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft auf eine bereits entstandene Forderung gegen die Gesellschaft siehe Rz 2599.

10.1.2.6 Erlass von Verbindlichkeiten

Rz 4016
Der Erlass von Verbindlichkeiten aus privaten Motiven führt im außerbetrieblichen Bereich mangels Erfassung der Vermögenssphäre grundsätzlich zu keinen Einnahmen. Dies gilt dann nicht, wenn der Schulderlass ein Leistungsentgelt im Rahmen einer steuerlich beachtlichen Einkunftsquelle darstellt (zB der Arbeitgeber verzichtet zugunsten des Arbeitnehmers auf die Rückzahlung eines Darlehens).

10.1.2.7 Wegfall einer Rentenschuld

Rz 4017
Der Wegfall einer Rentenschuld sowie auch die Ermäßigung der Verbindlichkeit in Folge von Kursschwankungen führen zu keinen Einnahmen; andererseits führen auch Forderungsverluste in diesen Fällen zu keinen Werbungskosten.

10.1.2.8 Rückzahlung von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung

Rz 4018
Erfolgt eine Rückerstattung geleisteter Beitragszahlungen zur gesetzlichen Sozialversicherung ohne dass ein Anspruch auf eine ASVG-Pension entstanden ist (zB durch eine Beendigung des Dienstverhältnisses vor Erreichung des Pensionsalters), so ist eine Rückzahlung der vom Steuerpflichtigen an das Institut geleisteten Pflichtbeiträge, die in den Vorjahren bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Werbungskosten abgezogen wurden, im Jahr des Rückflusses als Einnahmen bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu erfassen und zum laufenden Tarif zu versteuern (VwGH 23.10.1990, 89/14/0178).

Rz 4019
Erfolgt die Beitragsrückerstattung an den Versicherten bei Pensionsantritt bzw. nach Entstehen eines Pensionsanspruches an Stelle der laufenden Pensionsleistung, so ist von einer Pensionsabfindung auszugehen. Um die begünstigte Besteuerung nach § 67 Abs. 8 lit. b EStG 1988 in Anspruch nehmen zu können, ist es notwendig, dass eine Pensionszusage bzw. ein statutarisch festgelegter Anspruch auf eine Pension durch den Arbeitgeber bestanden hat und die Abfindungszeiträume zumindest sieben Jahre umfassen (vgl. dazu LStR 2002 Rz 1110).

10.1.2.9 Sachzuwendungen im betrieblichen Interesse

Rz 4020
Vorteile, die der Arbeitgeber im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse gewährt, werden nicht zum Zwecke der Entlohnung vorgenommen und stellen keine Einnahmen dar. Das eigenbetriebliche Interesse wiegt umso geringer, je höher aus der Sicht des Arbeitnehmers die Bereicherung anzusehen ist. Aufwendungen, die im Rahmen der Erfüllung arbeitsschutzrechtlicher Bestimmungen (zB Bildschirmarbeitsbrillen, Schutzausrüstungen gemäß § 70 ASchG) getätigt werden oder welche Ausfluss der dem Arbeitgeber obliegenden Fürsorgepflichten nach § 18 AngG sind (zB Anschaffung und Zuweisung ergonomischer Arbeitsmittel), liegen ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers und führen zu keinem Vorteil aus dem Dienstverhältnis.

Rz 4021
Eine Werbeaufschrift auf dem vom Arbeitnehmer privat genutzten Firmenauto schmälert hingegen nicht den Sachbezug. Überlässt ein Arbeitgeber seinen Bediensteten die Trophäen der von ihnen in seinem Jagdrevier getätigten Wildabschüsse, stellt dies auch dann einen geldwerten Vorteil und damit einen Sachbezug dar, wenn die Wildabschüsse im betrieblichen Interesse des Arbeitgebers erfolgt sind. Für die Bewertung dieses Sachbezuges ist maßgebend, welchen Betrag der Empfänger hätte aufwenden müssen, um im Wege der Jagdausübung eine Trophäe zu erwerben (VwGH 27.2.2001, 98/13/0007).

Rz 4022
Bei der Kostentragung für eine im betrieblichen Interesse gelegene Auslandsreise, welche auf Grund ihrer Gestaltung auch für außenstehende Dritte interessant ist, ist das betriebliche Interesse in besonderer Weise zu dokumentieren.

Rz 4023
Die unentgeltliche Zurverfügungstellung einer Dienstwohnung stellt nur dann keinen geldwerten Vorteil dar, wenn der Arbeitnehmer sie ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers in Anspruch nimmt. Ein solches ausschließliches dienstliches Interesse liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn dem Arbeitnehmer keine andere als die Dienstwohnung zur Befriedigung seines regelmäßigen Wohnbedürfnisses zur Verfügung steht (VwGH 25.11.1997, 93/14/0109). Weder das Bestehen des Dienstgebers auf der Benutzung der Dienstwohnung noch das Vorliegen eines erheblichen betrieblichen Interesses des Dienstgebers an der Benutzung der Dienstwohnung steht der Qualifizierung einer Dienstwohnung als geldwerter Vorteil aus dem Dienstverhältnis für sich allein schon entgegen. Von einer Ausschließlichkeit des Interesses des Arbeitgebers an der Benutzung einer Dienstwohnung durch den Dienstnehmer kann im Fall der wesentlich größeren Nutzfläche der Dienstwohnung gegenüber der Privatwohnung, die auch den Angehörigen des Steuerpflichtigen die Mitbenutzung der Dienstwohnung als Mittelpunkt der Lebensinteressen ermöglicht, keine Rede sein (VwGH 2.8.2000, 97/13/0100).

Rz 4024
Ein geldwerter Vorteil liegt nicht vor, wenn dem Arbeitnehmer ein arbeitgebereigenes Fahrzeug ausschließlich zur Verrichtung von Dienstfahrten zur Verfügung gestellt wird (VwGH 23.4.1998, 96/15/0246).

10.1.2.10 Annehmlichkeiten, Gelegenheitsgeschenke

Rz 4025
Bloße Annehmlichkeiten bzw. Aufmerksamkeiten (z.B. Blumenstrauß zum Geburtstag) stellen keine Einnahmen dar, da solche im Allgemeinen als nicht mehr messbar empfunden werden. Ebenso sind Gelegenheitsgeschenke zu beurteilen, soweit sie über Annehmlichkeiten nicht hinausgehen (vgl. diesbezüglich auch die Befreiung für übliche Sachzuwendungen im Rahmen von Betriebsveranstaltungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 14 EStG 1988).

Rz 4026
Die Grenze zwischen steuerlich unbeachtlichen Aufmerksamkeiten und geldwerten Vorteilen ist fließend. Sie wird dann nicht überschritten, wenn sich Arbeitnehmer bestimmten Leistungen aus Gründen der Konvention nicht entziehen können. Bei der laufenden Abgabe von verbilligten Treibstoffen kann von geringfügigen und somit nicht steuerbaren Annehmlichkeiten keine Rede mehr sein (VwGH 19.9.1995, 91/14/0240). Ebenso stellt die unentgeltliche Nutzung von durch den Arbeitgeber angemieteten Tennis- und Squashplätzen keine bloße Annehmlichkeit dar (vgl. diesbezüglich aber die Steuerbefreiung des § 3 Abs. 1 Z 13 EStG 1988).

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