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Besteuerung anteiliger Anleihezinsen bei Wohnsitzverlegung nach Deutschland

BMFBMF-010221/0440-IV/4/201224.8.20122012

EAS 3293

Gemäß Artikel 11 DBA-Deutschland dürfen Zinsen, die aus Österreich stammen und an eine in Deutschland ansässige Person gezahlt werden, ausschließlich in Deutschland besteuert werden. Dieser Tatbestand stellt auf den Zeitpunkt der Zahlung, nicht aber auf den Zeitraum ab, für den die Zinsen gezahlt worden sind (Zuflussprinzip und kein Kausalitätsprinzip). Deutschland ist daher in Zuzugsfällen im Recht, wenn es auf der Grundlage von Artikel 11 DBA-Deutschland steuerlich auch auf jene - nach Zuzug gezahlten - Zinsen zugreift, die auf vor dem Zuzug liegende Zeiträume entfallen. Wurde daher im Jahr 2009 von der österreichischen Depotbank aus Anlass des beim Wohnsitzwechsel stattgefundenen Depotwechsels von den bis dahin abgereiften anteiligen Stückzinsen Kapitalertragsteuer einbehalten (EStR 2000 Rz 7762), ist diese gemäß Art. 11 DBA-Deutschland rückerstattungsfähig (EAS 2480). Da im beschriebenen Fall eine auf Grund eines völkerrechtlichen Vertrages vorgesehene Rückzahlung geltend gemacht werden soll, ist der Rückzahlungsantrag gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 AVOG 2010 beim Finanzamt Bruck-Eisenstadt-Oberwart zu stellen.

Durch das Budgetbegleitgesetz 2011 wurde allerdings das Wesen der Stückzinsen verändert. Waren sie bisher "Zinsen" und stellten sie sonach "Früchte" der zugrundeliegenden Wertpapiere dar, werden sie nunmehr als Teil des Veräußerungserlöses, also als Teil des Substanzwertzuwachses der veräußerten Wertpapiere angesehen. In diesem Sinn führen die Erläuterungen des BBG zu § 27 EStG 1988 aus: "Stückzinsen sollen hingegen künftig nicht mehr als Einkünfte aus der Überlassung von Kapital zu erfassen sein, sondern als Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen." Dies aber löst auf der Abkommensebene eine Zuordnung zu Artikel 13 der dem OECD-Muster entsprechenden DBA aus. Dies wiederum entbindet von der Anwendung des Zuflussprinzips und bewirkt - wie im Fall des Wertzuwachses in Kapitalbeteiligungen -, dass die Stückzinsen im Wegzugsfall in der Besteuerungszuständigkeit des Wegzugsstaates verbleiben; ein Rückzahlungsanspruch, wie er noch in EAS 2480 als gegeben angesehen wurde, besteht daher nicht mehr, wenn der Wegzug aus Österreich ab 1. April 2012 erfolgte.

Bundesministerium für Finanzen, 24. August 2012

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 11 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
§ 18 Abs. 1 Z 1 AVOG 2010, Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 9/2010
§ 27 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Wegzugsbesteuerung, Stückzinsen, Kausalitätsprinzip, Zuflussprinzip

Verweise:

EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 7762
EAS 2480

Stichworte