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Mobile Abfallverwertungsanlage

BMFBMF-010221/1553-IV/4/201123.12.20112011

EAS 3257

Wird von einem österreichischen Unternehmen für einen Kunden in Tschechien die Abfallverwertung durchgeführt, wobei hierzu eine mobile Abfallverwertungsanlage auf dem Betriebsgelände des tschechischen Kunden fest mit dem Erdboden verbunden wird, so würde dies zum Entstehen einer tschechischen Betriebstätte im Sinn von Artikel 5 Abs. 1 DBA-Tschechien führen, wenn die Anlagennutzung länger als 6 Monate andauert. Wird hingegen die Abfallverwertung innerhalb von 4 Monaten durchgeführt und die Anlage in der Folge wieder abgebaut und in Österreich sowie in der Slowakei zum Einsatz gebracht, dann könnte eine tschechische Betriebstätte nur entstehen, wenn die Abfallverwertung auf dem Betriebsgelände des tschechischen Kunden jährlich wiederkehrend durchgeführt wird.

Diese Auslegung beruht auf Z 6 (fünfter Satz) des OECD-Kommentars zu Art. 5 OECD-MA. Darnach kann auch im Fall einer Unterschreitung der üblicherweise maßgebenden sechsmonatigen Frist eine wiederkehrende Benutzung der örtlichen Gegebenheiten zu einer Betriebstätte führen. Nach der Kommentarauffassung muss in solchen Fällen jeder Zeitraum, in dem der Standort genutzt wird, im Zusammenhang mit allen Nutzungszeiträumen beurteilt werden, wobei dies "mehrere Jahre" umfassen kann ("which may extend over a number of years").

In einem jüngst von der OECD hierzu gegebenen Beispiel (siehe Ziffer 33 des Public Discussion Draft "Interpretation and Application of Article 5 of the OECD Model Taxation" vom 12. Oktober 2011; http://www.oecd.org/dataoecd/23/7/48836726.pdf ) würde die Anmietung eines Verkaufsstandes bei einer Messeveranstaltung für die Dauer von 15 Jahren zu einer Betriebstätte auch dann führen, wenn die jährliche Nutzung lediglich 5 Wochen beträgt. Es lässt sich aus diesem Beispiel allerdings keine eindeutige Aussage für die Lösung des eingangs geschilderten Sachverhaltsbildes gewinnen.

Ob der Aufstellungsort der Abfallverwertungsanlage daher eine so intensive Etablierung auf dem tschechischen Staatsgebiet darstellt, dass ihm Betriebstätteneigenschaft zuzumessen ist, wird vom Gesamtbild der Verhältnisse abhängen. Nach Auffassung des BMF wird - wie sich aus dem OECD-Beispiel erschließen lässt - der jährliche Wiederholungszeitraum umso länger sein müssen, je kürzer die jährliche Standortnutzung ausfällt. Aber auch bei längeren Nutzungszeiträumen wird eine bloß einmalige Wiederholung, sonach ein Vertragsabschluss für bloß 2 Jahre jedenfalls nicht ausreichen, eine Betriebstättenbegründung zu bewirken, es sei denn, dass der Vertrag verlängert werden kann.

Um in Zweifelsfällen dieser Art internationale Konfliktsituationen möglichst zu vermeiden wird daher eine Abklärung mit der tschechischen Steuerverwaltung anzuraten sein. Denn eine Steuerfreistellung auf österreichischer Seite könnte nur für den Fall einer international gleichgerichteten Abkommensauslegung in Anspruch genommen werden.

Bundesministerium für Finanzen, 23. Dezember 2011

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 5 Abs. 1 DBA CZ (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Tschechien (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 39/2007
Art. 5 OECD-MA, OECD-Musterabkommen

Schlagworte:

Betriebstätte, Abfallverwertungsanlage, wiederkehrende Standortnutzung, 6-Monats-Frist

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